Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1797/A-8/43-2021 – KURZ mal aufgehetzt? Gestalten, statt aufhalten – Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung in Niederösterreich JETZT!
Redner
- Kerstin Suchan-Mayr (SPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Indra Collini (NEOS) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Georg Ecker (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Vesna Schuster (FPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Martin Huber (fraktionslos) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Elvira Schmidt (SPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Bernhard Ebner (ÖVP) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Reinhard Teufel (FPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Kathrin Schindele (SPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Hannes Weninger (SPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Damit kommen wir zur Aktuellen Stunde mit dem Thema KURZ mal aufgehetzt? Gestalten, statt aufhalten – Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung in Niederösterreich JETZT und ich ersuche Frau Abgeordnete Suchan-Mayr zur Darlegung der Meinung der Antragsteller das Wort zu nehmen.
Abg. Mag. Suchan-Mayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptfrau-Stellvertreter! Werte Landesräte! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Titel dieser Aktuellen Stunde KURZ mal aufgehetzt? Gestalten, statt aufhalten – Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung in Niederösterreich JETZT! ist zugegebenermaßen ein ungewöhnlicher und entschuldigen Sie meine Stimme, aber zwischen Sprachlosigkeit über die Vorkommnisse der letzten Wochen und einer herbstlichen Verkühlung versuche ich den richtigen Ton zu finden. Aber wir im NÖ Landtag, wir verantwortliche Politikerinnen und Politiker für das Land NÖ können uns den Entwicklungen der letzten Tage, der letzten Wochen, nicht entziehen. Was hier innenpolitisch zu beobachten war, schockiert mich und ist ein schwerer Schlag für die gesamte Politik. Die politische Elite vom mittlerweile zur Seite getretenen ÖVP-Bundeskanzler abwärts zeichnet ein Bild, von dem sich die Österreicherinnen und Österreicher und auch unsere Landsleute in Niederösterreich verständlicherweise abwenden. Gestatten Sie mir eine persönliche Anmerkung: Was ich hier lesen musste bzw. wie der ehemalige türkise Bundeskanzler und seine Prätorianer sich austauschten, ist genau das Gegenteil von dem, was mich zu meinem politischen Engagement bewegt hat. (Beifall bei der SPÖ und Abg. Ing. Huber.) Ich kenne auch viele in den Reihen der ÖVP Niederösterreich, die mit diesem Kurs nicht immer glücklich waren und auch aktuell von diesem zutage getretenen Sittenbild, von dieser Skrupellosigkeit, sehr enttäuscht sind. Der Umgang ist das eine – wie jedoch mit sinnvollen politischen Maßnahmen der damaligen Kern-Mitterlehner-Regierung umgegangen worden ist, wie sinnvolle Maßnahmen auch für unsere niederösterreichischen Landsleute aus Machtgier torpediert wurden, ist das andere. Das kann ich und das können wir nicht akzeptieren (Beifall bei der SPÖ.) – vor allem beim Thema der heutigen Aktuellen Stunde hier im NÖ Landtag, der Kinderbetreuung, der finanziellen Mittel für eine bessere Kinderbetreuung für unsere ersten Bildungseinrichtungen. Ich darf bzw. muss hier auch kurz aus diesen unsäglichen Chatprotokollen zitieren, man kann es ja nachlesen oder es ist mittlerweile auch hinlänglich bekannt … Thomas Schmid schreibt (liest:)„Wir müssen bei Banken aufpassen. Die …“ – und „die“, zur Erklärung, sind eben der damalige SPÖ-Bundeskanzler Kern und ÖVP-Vizekanzler Mitterlehner – „wollen 1,2 Milliarden Euro für Nachmittagsbetreuung, für einen Rechtsanspruch und Vereinbarung Bund-Gemeinden ohne Länder. Megasprengstoff.“ Und Kurz antwortet (liest:)„Gar nicht gut!!! Wie kannst du das aufhalten?“ Weiter schrieb Kurz (liest:) „Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“ Kann ich ein Bundesland aufhetzen? An dieser Stelle frage ich mich: War Niederösterreich das Bundesland, das Sebastian Kurz aufgehetzt hat? Hat er Niederösterreich kontaktiert? Diese Frage steht hier im Raum. Und weil Sie auch alle genau wissen, dass wir hier einen Aufholbedarf haben – gerade im Kinderbetreuungsbereich, im Kinderbildungsbereich – und der Stillstand seit 2016 ist hier offensichtlich. Schauen Sie sich selbst die Zahlen an! Statistisch bewiesen beispielsweise in der Kindertagesheimstatistik, liebe Kolleginnen und Kollegen der ÖVP. Schauen Sie sich den Aufschwung im Burgenland, in Kärnten oder in Wien an! Fragen Sie bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in Tirol oder in Vorarlberg nach! Auch hier gab es Fortschritte seit 2016. Schwer vorzustellen, dass die Bundesländer Vorarlberg oder Tirol unter den aufgehetzten schwarzen Bundesländern waren. Aber in Niederösterreich stagnieren die Zahlen seit dem Zeitpunkt dieser Chats 2016 jedenfalls auffällig. Aber für mich als Familiensprecherin ist die viel wichtigere Frage: Wie geht es den Familien? Wie geht es den Eltern und den Kindern in unserem Land in Niederösterreich? Gibt es eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Gibt es eine echte Wahlfreiheit? Beginnen wir hier bei den Kleinsten im Bereich der Kleinkinderbetreuung, nämlich im Bereich der Null- bis Zweieinhalbjährigen. 2,5 Jahre ist in diesem Zusammenhang ein besonders interessantes Thema, weil im niederösterreichischen Kindergartengesetz geregelt ist, dass man einen Kindergartenplatz ab dem 2,5. Lebensjahr bekommt. Das heißt: Überspitzt könnte man sagen, in Niederösterreich feiern wir nicht den zweiten oder den dritten Geburtstag, sondern den 2,5., weil da darf man dann ja in den Kindergarten gehen. Aber dabei darf man nicht außerachtlassen, dass der Kündigungs- und Entlassungsschutz für Karenz eben gerade für Frauen, für Arbeitnehmerinnen – und hier sind eben besonders die Frauen die Leidtragenden – eben nach dem zweiten Geburtstag, nach dem zweiten Lebensjahr der Geburt des Kindes, endet. Das heißt: Hier hat man dort, wo es keine andere Betreuungsmöglichkeit gibt, z. B. durch Großeltern, echte Probleme, diese Lücke zu schließen. Viele Frauen, ich nenne hier ganz bewusst wieder die Frauen, weil es eben vorwiegend ein weibliches Thema ist, verlieren auch oftmals ihren Job oder laufen eben Gefahr. Diese Lücke gehört geschlossen. (Beifall bei der SPÖ.) Dort wo es Krippen bzw. Kleinkinderbetreuungseinrichtungen gibt, sind sowohl die Gemeinden als auch die Eltern finanziell gefordert. Wie Sie wissen, ich bin selbst Bürgermeisterin in St. Valentin und wir betreiben hier gemeinsam mit der Volkshilfe NÖ zwei Kleinkinderbetreuungseinrichtungen. Für die Gemeinde St. Valentin sind das Ausgaben in der Größenordnung von rund 140.000 Euro für diese beiden Kinderhäuser. Wissen Sie, wie viel die Eltern für einen Ganztagesplatz in einer Krippe zahlen müssen? Ein Beispiel aus dem Bezirk Tulln zeigt uns, wie hoch die Belastung einer Familie ist. Ein berufstätiger vollzeitarbeitender Vater, Mutter teilzeitbeschäftigt, pendeln, eine zweijährige Tochter … sie haben das Glück in einer Gemeinde zu wohnen, wo es eine Kleinkinderbetreuungseinrichtung gibt. Fünf Tage die Woche inkl. Mittagessen … hier fallen monatlich zwischen 430 und 470 Euro an. Wenn man weiß, dass das Medianeinkommen in Niederösterreich, also jenes Einkommen, wo 50 % der Beschäftigten darunter verdienen und 50 % darüber, bei etwas mehr als 2.200 Euro liegt, dann stellt man fest, dass hier ein gravierender Teil des Haushaltsbudgets für die Kinderbetreuung aufgeht. Und das kann sicher nicht unser politischer Anspruch sein. (Beifall bei der SPÖ.) Andere Bundesländer, wie beispielsweise Wien oder das Burgenland, zeigen hier vor, wie es funktionieren könnte. Viele Landsleute, die ihren Wohnort beispielsweise von Wien nach Niederösterreich verlegen, können es gar nicht fassen, dass Niederösterreich hier so hinterherhinkt und die Kinderbetreuung auch solch enorme Kosten verursacht. Aber machen wir auch einen Blick auf die Betreuungsquoten im Kleinkindbereich. Die Statistik Austria weist in der Kindertagesheimstatistik 2020/21 aus, dass im Bereich der Einjährigen in Niederösterreich nur 12,7 % in institutioneller Kinderbetreuung sind. Das ist der schlechteste Wert im Bundesländerranking. Kein anderes Bundesland weist eine derart niedrige Quote auf. Wir sind hier Schlusslicht. Im Bereich der Zweijährigen ist die Quote deutlich höher, auch bzw. vorwiegend aufgrund der Tatsache, dass man eben ab 2,5 Jahren in den Kindergarten gehen kann. Dies zeigt ganz deutlich: Wenn es ein Angebot gibt, dann wird dieses auch angenommen. Gehen wir in den Bereich der Kindergartenkinder, also die Altersgruppe über 2,5 Jahren. Die Betreuungsquote bei den Drei- bis Fünfjährigen liegt bei 97,3 %. Das sagt uns, dass die Kinder auch tatsächlich im Kindergarten sind. In diesem Bereich jedoch stehen tausende Eltern in Niederösterreich vor einer anderen Herausforderung. Hier kämpfen die Eltern mit den täglichen Öffnungszeiten und den Jahresöffnungszeiten, die vielfach mit einem Beschäftigungsverhältnis nicht vereinbar sind. Schließzeiten mit 13, 14 oder 15 Uhr, wie sie in vielen niederösterreichischen Gemeinden Realität sind, stellen für berufstätige Eltern oftmals große Herausforderung oder gar unüberwindbare Hürden dar. Von den Schließtagen, die immer noch viel zu viele sind, gar nicht zu reden und darüber hinaus werden ab 13 Uhr in Niederösterreich Elternbeiträge fällig. Also der Kindergarten am Nachmittag kostet etwas. Man sieht, dass sowohl im Bereich der Kleinkinderbetreuung als auch im Bereich der niederösterreichischen Kindergärten massiver Aufholbedarf besteht. Die politische Komponente in diesem Zusammenhang mit der Kinderbetreuung: Wir sehen, dass hier bereits ein gesellschaftlicher Konsens in Österreich dabei ist, dass die Kinderbetreuung ausgebaut werden muss. Es gibt hier vielerlei Gründe. Zum Ersten: Die Kinderbetreuung muss so ausgestaltet sein, dass es eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt. Der Familienverbund, das heißt, die Situation, wie es vor 20, 30 Jahren war, Vater, Mutter, Kind, Großeltern in einem Haus, gibt es heutzutage oft nicht mehr und wir müssen uns hier anderes überlegen. Für den Wirtschaftsstandort sehr wichtig – denn dort, wo Kinderbetreuungsplätze geschaffen werden, entstehen auch Arbeitsplätze. Die guten Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind auch wesentlich, um den ländlichen Raum zu stärken. Ich kenne viele Familien, die sagen: „Dort oder in diesem Ort, in jener Stadt, gibt es gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Wir möchten dort hinziehen.“ Also wir sollten allen in Niederösterreich gleiche Chancen in ihren Orten geben. Beschäftigungsturbo habe ich schon erwähnt und vor allem ein Gewinn für die Zukunft. Denn die Bildungslaufbahn eines Kindes ist auch geprägt, wenn sie schon früh in Kindergärten gefordert werden. Diese Liste ließe sich noch sehr lange fortsetzen. Aber mittlerweile gibt es, wie schon gesagt, einen sehr breiten gesellschaftlichen Konsens. Wir haben das auch im Vorjahr diskutiert nach der Verbesserung und Umsetzung eines Rechtsanspruchs auf qualitätsvolle Kinderbildungsplätze, Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag. Bereits im September 2020 haben die Sozialpartner gemeinsam mit der Industriellenvereinigung hier ein Papier für bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie präsentiert. Wir haben auch damals dazu einen Antrag eingebracht, der leider hier keine Mehrheit gefunden hat. Auch ein Jahr später haben dann die gleichen Institutionen eine „Roadmap“ für einen Rechtsanspruch auf qualitätsvolle Kinderbetreuung präsentiert. Auch hier soll eben der wohnortnahe Platz in der Kinderbildung und –betreuung ab dem Herbst 2023 ab zwei Jahren sein und ab 2025 ab dem ersten Geburtstag des Kindes. Hier braucht es eine gemeinsame Anstrengung. Eine gemeinsame Anstrengung des Bundes, gemeinsam mit den Bundesländern und den Gemeinden – so kann dieser wichtige Bereich auch gestaltet werden und unser Ziel nach einem Rechtsanspruch auch umgesetzt werden. Eines ist natürlich ganz klar: Das Kindergartenwesen ist nach wie vor Ländersache. Auch die junge Industrie hat mit folgender Aussage aufhorchen lassen: Ich zitiere von Frau Eichhorn (liest:) „Die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsangeboten darf nicht über die Karrieremöglichkeit einer berufstätigen Mutter entscheiden.“ Oder auch Nationalrat Karlheinz Kopf ist dieser Meinung, wenn er sagt (liest:)„Wir haben ein Riesenarbeitskräftepotenzial bei Frauen. Wir wollen aber nicht Teilzeitjobs forcieren. Schon jetzt arbeitet die Hälfte der Frauen Teilzeit. Das ist eine Armutsfalle im Alter. Viele Frauen wollen mehr arbeiten, können aber wegen fehlender Kindergartenplätze nicht. Das bedeutet natürlich einen hohen finanziellen Anspruch, eine Herausforderung. Hier muss der Bund Geld in die Hand nehmen.“ Das sagt Karlheinz Kopf, der hier leider Gottes auch noch immer in der ÖVP Vorbehalte gegen diese Forderung sieht. Hier stelle ich mir auch die Frage: Warum oder gibt es diese Vorbehalte in der ÖVP Niederösterreich oder warum gibt es diese Vorbehalte immer noch? Können Sie für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher diese Vorbehalte gegen diese Forderung endlich ausräumen? Das zeigt auch: Im kommenden Monat wird es die Budget-Debatte zeigen, wo die ÖVP Niederösterreich ihre Prioritäten setzt. Dass wir hier gute Ideen auch leben lassen, gemeinsam hier im Sinne unserer Kinder das Beste für die Zukunft unseres Landes wollen. Im Kinderbetreuungsbereich haben wir nun die Chance, hat auch die ÖVP Niederösterreich nun die Chance, das viel zitierte „Miteinander“ ins Zentrum zu rücken und endlich gemeinsam die notwendigen Maßnahmen anzugehen. (Beifall bei der SPÖ.) Her mit der Kindermilliarde! Her mit der Kinderbetreuungsmilliarde! Denn dann können wir es gemeinsam schaffen. Dazu haben wir auch heute unseren Antrag zur Gerechtigkeit für Kinder eingebracht und ersuchen hier auch gemeinsam das Ziel zu verfolgen, dass der Bund diese zusätzlichen 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau der Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsplätze sowie den Ausbau von Nachmittagsbetreuung und ganztägige Schulformen bereitstellt. Ja, es braucht eine landesweite Kraftanstrengung im Sinne unserer Kinder und Eltern, im Sinne auch unseres Familienlandes und das dürfen wir uns nicht nur auf die Fahnen heften – es geht darum, das Leben der Kinder, der Familien, das Leben der Menschen in Niederösterreich zu verbessern. Persönlich freue ich mich darauf, wenn hier mehr und mehr ein Umdenken – wir haben es bei den Beispielen gesehen – auch in der ÖVP kommt und wir hier endlich zu Umsetzungen kommen. Treten wir in einen Dialog und beginnen wir mit den notwendigen Schritten! Beginnen wir heute! Lassen wir die Kinder, die Mamas und Papas, die Omas und Opas, aber auch die Pädagoginnen und Pädagogen, die Kinderbetreuerinnen und Kinderbetreuer, die in den Gemeinden auch angestellt sind, hier nicht länger warten. Gehen wir es gemeinsam an und setzen wir den nächsten Schritt. Doch die alles und letzte entscheidende Frage ist: Ist auch die ÖVP Niederösterreich bereit dazu? Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Indra Collini von den NEOS. Während sie zum Rednerpult geht, kann ich noch die vierte Klasse der Volksschule Seyring auf unserer Zuhörertribüne begrüßen. (Beifall im Hohen Hause.)
Abg. Mag. Collini(NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Landesregierung! Werte Kollegenschaft! Sehr geehrte Damen und Herren! 1,2 Milliarden Euro wären es gewesen. 1,2 Milliarden Euro für die Kinder in unserem Land. 1,2 Milliarden Euro für die Chancen und für ihre Zukunft. Da ist wirklich ein gutes Paket auf dem Weg gewesen – oder wäre auf dem Weg gewesen – für einen Ausbau der Ganztagesschulen, der Kinderbetreuung und ein Rechtsanspruch darauf. Ja, wäre. Wenn nicht der ÖVP-Jüngling Sebastian Kurz aus Gründen eigener Profilierung und aus der Machtgier heraus, den anderen den Erfolg nicht gönnend, dieses Projekt torpediert hätte. „Welches Land kann ich aufhetzen?“ steht da in den Ermittlungsakten. Es geht mir genau gleich. Auch ich stelle mir wie viele andere hier die Frage, welches Land da wohl mitgemacht hat beim Aufhetzen? Liebe Familien in Niederösterreich, liebe Frauen, Sie können sich beim Altkanzler Kurz und bei der ÖVP dafür bedanken, dass Sie keinen Rechtsanspruch auf die von Ihnen so dringend benötigten Kinderbetreuungsplätze haben und dass es so gut wie keine Ganztagsschulen in verschränkter Form in Niederösterreich gibt. Denn das System ÖVP hat einen Mann groß gemacht, der sich mit grauslichen Methoden an die Parteispitze geputscht hat, der Wahlen mit Steuergeld erkauft hat und der gute Projekte – die Abschaffung der kalten Progression gehört da übrigens auch dazu – aufgrund des eigenen Egos und aus reinen Machtgründen heraus, torpediert und verhindert hat. Und weil in den vergangenen Tagen natürlich immer wieder die Unschuldsvermutung angesprochen wurde, lassen Sie mich hier in aller Deutlichkeit sagen: Selbstverständlich gilt die Unschuldsvermutung für alle gleich. Allerdings juristisch – und das ist die Aufgabe der unabhängigen Justiz – nicht jedoch politisch und erst recht nicht moralisch. Die Menschen in diesem Land sind entsetzt. Sie sind schockiert und sie sind tief erschüttert. Ich kann da auch mit Blick auf die alten Parteien nur sagen: zu Recht. Werte ÖVP, Abgrenzung allein ist nicht genug. Weil jetzt geht es darum, alles zu unternehmen, dass das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder hergestellt wird. Man kann nicht einfach nur den einst hochgelobten Strahlemann fallen lassen, sich abputzen, zur Tagesordnung übergehen und einfach so weitermachen wie vorher. Jetzt geht es darum, diese politischen Sümpfe trocken zu legen. Jetzt geht es darum, für eine Politik der sauberen Hände zu sorgen. Der Schlüssel dazu ist Transparenz. Weil: Wer saubere Hände hat, hat nichts zu verstecken. Und wer saubere Hände hat, der scheut auch die Transparenz nicht. Können Sie sich noch erinnern an den Sager vom Nationalratspräsidenten und ehemaligen ÖVP-Landesrat Wolfgang Sobotka? Was hat er gesagt? „Für jedes Geschäft gibt es ein Gegengeschäft.“ Bei einem Interview mit dem Herrn Fellner hat er das gesagt. Was hat er damit zum Ausdruck gebracht? Er hat gezeigt, wie all die Politik funktioniert in der Zusammenarbeit mit den Medien – wie er sich das vorstellt. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: So eine Art von Politik will ich nicht. Ich will in unserem Land z. B. Medien, die unabhängig arbeiten können und die Menschen objektiv informieren können. Und ich will auch, dass Niederösterreich hier mit gutem Beispiel vorangeht und endlich Transparenz schafft. Dass unseren Anträgen hier heute nicht zugestimmt wird, zeigt für mich, dass die ÖVP wohl auch aus ihrer größten Krise nichts gelernt hat. Wo ist denn die von Sebastian Kurz angekündigte neue Politik? Da gibt es jetzt noch ein Zitat, an das ich Sie erinnern möchte. Das ist das Zitat, das traurigerweise wohl bekannteste von der bisherigen Ära Van der Bellen, das hat geheißen: „So sind wir nicht.“ Aber jetzt geht es darum, das auch zu beweisen. Vor allem die Volkspartei Niederösterreich mit ihrer absoluten Mehrheit wird jetzt klar und unmissverständlich beweisen müssen, dass sie so nicht ist. Das wird nicht gelingen, wenn Sie unsere Vorschläge für mehr Transparenz und für einen achtsamen Umgang mit Steuergeld weiterhin kategorisch ablehnen. Sie nennen sich zwar die „neue“ ÖVP, drinnen ist aber das alte System und alte Politik. Ideen, die nicht von Ihnen selbst kommen, werden einfach niedergestimmt – ganz egal, wie sinnvoll sie sind. Weil im Fokus steht der Erhalt des Machtsystems und es geht Ihnen nicht um die besten Lösungen für die Menschen in diesem Land. Die niederösterreichischen Familien, die Frauen, unsere Kinder – sie alle hätten diese 1,2 Milliarden dringend gebraucht. Das Land hätte es gebraucht. Dass Frauen keine echte Wahlfreiheit haben zwischen Kind oder Beruf, das bringt nicht nur für die Frauen gravierende Nachteile. Gerade jetzt, wo unsere Unternehmen so händeringend nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern suchen, wird dies auch eine belastende Wachstumsbremse für den Wohlstand von uns allen in diesem Land werden. Wir NEOS setzen uns seit Jahren für einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ein – und zwar ab dem ersten Geburtstag. In Niederösterreich gibt es hier zwei ganz große Lücken, die zu schließen sind. Die erste Lücke ist diese Lücke nach der Karenzzeit. Die meisten Elternteile gehen spätestens nach zwei Jahren nach der Karenz wieder zurück in den Job – und Kindergartenplatz gibt es ab zweieinhalb. Das geht sich einfach nicht aus. Einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gibt es in Niederösterreich übrigens erst ab fünf Jahren, also im letzten Jahr vor dem Schuleintritt. Der zweite Bereich ist dann dort, wo es ganz besonders prekär wird. Das ist, wenn Frauen sich entscheiden, bereits nach einem Jahr wieder arbeiten zu gehen. Da gibt es in Niederösterreich schlichtweg kaum Betreuungsplätze für diese Altersgruppe. Wenn wir hinschauen nach Krems, nach St. Pölten, nach Waidhofen oder im ganzen Bezirk Lilienfeld gibt es eine einzige Kindergrippe. Wenn man überhaupt einen Platz bekommt, ist der meist sehr, sehr teuer. Niederösterreich ist hier extrem schlecht aufgestellt und wir sind auch extrem weit weg von der Lebensrealität der Familien hier in diesem Land. Dass wir es nicht gut machen, zeigt auch der Blick auf die Schließtage und der Blick auf die Öffnungszeiten der Kindergärten. Wir NEOS wollen eine gut ausgebaute und eine leistbare Betreuungsinfrastruktur mit Rechtsanspruch ab dem ersten Geburtstag, damit sich gerade Frauen nämlich nicht für Kind oder Beruf entscheiden müssen, damit Frauen eine echte Wahlfreiheit haben. Und: Wir wollen allen Kindern die Flügel heben. Darum müssen wir in Niederösterreich auch endlich die Ganztagsschulen, nämlich echte Ganztagsschulen in verschränkter Form ausbauen. Denn dieses Modell bietet gerade jenen Kindern Chancen, die es vielleicht von zu Hause aus her nicht so gut haben und nicht so gute Rahmenbedingungen haben. Das wäre auch ein Modell für gelingende Integration, das hier einen großen Beitrag leisten würde. Werte ÖVP, werfen Sie Ihr antiquiertes Familienbild, ihr tradiertes Rollenbild bitte endlich über Bord und widmen Sie sich ganz ideologiebefreit Ihrer Aufgabe – nämlich das Land für die Menschen und ganz besonders für unsere Kinder, für unsere Jugendlichen nach vorne zu bringen. Danke. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort gelangt der Abgeordnete Georg Ecker von den GRÜNEN.
Abg. Mag. Ecker, MA(GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Landesräte! Werte Damen und Herren! Wir alle wissen, was in den letzten Wochen passiert ist. Wir alle kennen die Chats. Wir alle haben sie gelesen. Wir alle sind entsetzt darüber, was gerade in diesem Bereich der Kinderbetreuung hier gesagt wurde und dass hier offenbar in der Vergangenheit mehr möglich gewesen wäre, insbesondere beim Ausbau der Nachmittagsbetreuung. Ich möchte hier an dieser Stelle nicht zu sehr über die Vergangenheit reden. Es braucht nämlich gerade in der Bildungspolitik immer auch den Blick in die Zukunft. Ich möchte ein chancenreiches Land Niederösterreich für unsere Kinder, weil ich bin überzeugt, dass das der Grundstein ist für ein zukunftsreiches Niederösterreich. Ein wesentlicher Baustein dafür ist der Ausbau der ganztägigen Schulformen, insbesondere solche mit verschränktem Unterricht. Das funktioniert dann so, dass in den Schulen die Einheiten von Unterricht, von Freizeit und von Lernzeiten abwechseln. Genau diesen Ausbau braucht es. Er bietet Wahlfreiheit – endlich – für die Eltern, für die Familien in unserem Land. Die gibt es nämlich heute in Niederösterreich definitiv nicht. Es sind nur ganz wenige Schulen in unserem Land, die tatsächlich nach diesem Modell organisiert sind. Damit haben viele Familien in Niederösterreich, die so eine verschränkte Form bevorzugen würden, schlicht und einfach keine Möglichkeit, keine Chance, dass die Kinder in diesen Familien eine solche Schule besuchen. Darunter leiden tatsächlich Familien. Darunter leiden tatsächlich Schülerinnen, die gerne die Vorteile einer solchen verschränkten Form in der Ganztagsschule erleben würden. Welche Vorteile bietet das? Einerseits die gesicherte Betreuung am Nachmittag, damit mehr Flexibilität, mehr Freiheit für die Familien in ihrer Tagesgestaltung. Mit der verschränkten Form gibt es aber auch zahlreiche Vorteile für die Kinder, die diese Schulen besuchen. Einerseits kann der Tagesablauf viel flexibler gestaltet werden. Die Schülerinnen und Schüler können tatsächlich dann lernen, wenn es für ihre Konzentration am besten ist. Der Tagesablauf in so einer Schule kann endlich kindgerecht gestaltet werden. Auf die Bedürfnisse der Kinder kann ganz flexibel eingegangen werden. Allen Kindern kann gleichermaßen die notwendige Unterstützung gegeben werden bei der Bewältigung der täglichen Herausforderungen, der täglichen schulischen Anforderungen. Die Kinder nehmen keine Arbeit mit nach Hause. Um 15:30 Uhr hört die Schule auf, dann haben sie frei. Dann können sie ihre Freizeitangebote wahrnehmen, können zu den Vereinen gehen, Sportunterricht, Musikunterricht, was auch immer die Kinder bzw. auch gemeinsam mit den Familien dann machen wollen. Man sollte eigentlich meinen, dass es unumstritten ist, dass es ein solches Angebot geben soll auch hier in Niederösterreich. Wir haben heute einen Antrag dazu eingebracht, der genau das fordert. Die Ablehnung dieses Antrags hat gezeigt, dass dem leider in Niederösterreich nicht so ist. Ich betone an dieser Stelle noch einmal: Worum es geht, ist wirklich eine Wahlfreiheit, ein Angebot zu schaffen für diejenigen, die solch ein Angebot in Anspruch nehmen wollen, das derzeit nicht gegeben ist. Wir brauchen das in Niederösterreich dringend. Die Eltern und vor allem die Schülerinnen brauchen das dringend. (Beifall bei den GRÜNEN.) Auch im Bereich der Elementarpädagogik gibt es ein ähnliches Problem. Auch hier hat es mehrmals in diesem Haus die Ablehnung gegeben für Anträge von uns, auch von Kolleginnen und Kollegen anderer Parteien, um hier für Verbesserung zu sorgen. Die Öffnungszeiten, wenn man sich das im Vergleich anschaut, Niederösterreich mit anderen Bundesländern, unter anderem Wien, die hier auch sehr gut unterwegs sind, dann sieht man, dass hier noch großer Aufholbedarf ist. Die Schließtage sind noch immer zu viele in Niederösterreich für ein allumfassendes Angebot. Die Gruppengrößen sind zu groß. Es wurde angesprochen: Für die Ein- bis Zweieinhalbjährigen gibt es an vielen Orten, vor allem in den ländlicheren Gemeinden, überhaupt kein Angebot heute in Niederösterreich. Was für beides gilt, ist eines: Der Bund hat hier in den vergangenen Jahren eine Rolle eingenommen – nämlich jene Rolle, auch Geld zur Verfügung zu stellen, über das Bildungsinvestitionsgesetz bzw. vor allem bei der Elementarpädagogik über 15a-Vereinbarungen. Die unmittelbare Verantwortung liegt aber bei den Ländern. Länder können auch in Eigenregie hier vorgehen, können umsetzen. Vorarlberg zeigt das beispielsweise bei der Ganztagsschule, Wien bei der Kinderbetreuung. Für uns hier im NÖ Landtag muss schon klar sein: Wir sind hier verantwortlich für Niederösterreich und damit muss man die Landesregierung schon fragen, warum hier in Niederösterreich nichts voran geht, insbesondere auch die Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, die ja Teil dieser Regierung sind hier in Niederösterreich und auch ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP haben. Niemand hindert das Land NÖ hier voranzugehen. Niemand hindert das Land NÖ ein flächendeckendes Angebot für Ganztagsschulen zu schaffen. (Abg. Mag. Scheele: Was ist mit der … unverständlich?) Niemand hindert das Land NÖ, dass es eine flächendeckende und umfassende Kinderbetreuung gibt. (Heiterkeit bei Abg. Mag. Scheele: Der war gut. – Beifall bei den GRÜNEN.) Sehr vereehrte Damen und Herren, wer ein chancenreiches Niederösterreich für unsere Kinder will und wer damit ein zukunftsreiches Niederösterreich will, der beginnt hier, der investiert in die Kinder. Es ist dringend nötig. Dankeschön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächste zu Wort kommt die Frau Abgeordnete Vesna Schuster, FPÖ.
Abg. Vesna Schuster (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitgieder! Hohes Haus! 1,2 Milliarden Euro. 1,2 Milliarden Euro für Familien, für Kinder – einfach verhindert. Verhindert von einem ÖVP-Ex-Bundeskanzler, der glaubte, unantastbar und unfehlbar zu sein. Einer, der den Familien und allen Menschen in diesem Land jahrelang nur etwas vorgemacht hat, dem aber in Wirklichkeit, wie wir ja in den letzten Wochen mitbekommen haben, Familien und Kinder vollkommen gleichgültig sind. Denn sein Ego geht vor und seine Familie, die türkise Familie hat Vortritt, nicht die Familien in Österreich. Das ist die Familienpolitik der ÖVP. Diese Art von Familienpolitik ist grauslich und höchst bedenklich. Bundesländer gegeneinander aufhetzen, Geld, welches so dringend für die Kinderbetreuung gebraucht wird, verhindern … damit hat man jeder Mutter, jedem Vater, jeder Alleinerziehenden eine Ohrfeige verpasst – mit voller Wucht. Für den eigenen Vorteil verhinderte man den Vorteil für 100.000 Familien. Der Ausbau von Kinderbetreuung ist seit Jahren sehr dringend nötig. Familien kommen an ihre Grenzen. Sie wissen nicht mehr, wie sie Arbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen sollen. Alleinerziehende verzweifeln, weil es keine an das Berufsleben angepasste Kinderbetreuung gibt. Diese Menschen leisten ihren Beitrag für dieses Land. Sie arbeiten, zahlen ihre Beiträge in alle möglichen Töpfe des Staates, sie sind Eltern – und ein machtgieriger ÖVP-Ex-Kanzler macht sich sein eigenes Spiel daraus und pfeift auf all diese fleißigen Menschen. Es ist unfassbar und man findet kaum Worte, die keinen Ordnungsruf nach sich ziehen würden. Insgesamt gibt es laut Kindertagesheimstatistik 2019/20 in Niederösterreich 1.376 institutionelle Kinderbetreuungseinrichtungen. Rund 80 % davon sind Kindergärten für Kinder ab zweieinhalb Jahren. Die restlichen Einrichtungen sind Tagesbetreuungseinrichtungen, Krippen oder altersgemischte Gruppen, die auch jüngere Kinder aufnehmen. Die Betreuungsquote der Kinder unter drei Jahren liegt noch immer deutlich unter der Zielvorgabe der EU und dem Bedarf der Eltern. 2020 war nur jedes vierte Kind im Niederösterreich-, aber jedes zweite Kind im Österreichdurchschnitt in einer Kinderbetreuungseinrichtung, deren Öffnungszeiten beiden Eltern Vollzeiterwerbsmöglichkeiten ermöglichten. Der Anteil der Kinder in Einrichtungen ist im Vergleich zum Vorjahr zwar gestiegen, von 20,7 auf 24,5%, im Bundesländervergleich ist Niederösterreich damit dennoch an letzter Stelle. Den Kindergarten besucht in Niederösterreich jedes dritte Kind, das sind 36 %, nur vormittags. Nicht einmal die Hälfte der Kinder nimmt dort auch ein Mittagessen ein. Was sind die großen Probleme der Eltern, wenn es um Kinderbetreuung geht? Es sind die Öffnungszeiten und es sind die Kosten. Wenn Kindergärten um 15 oder 16 Uhr schließen, dann hat das mit der heutigen Lebensrealität nichts zu tun. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird immer schwieriger. Wie soll das funktionieren, wenn eine Mutter, womöglich alleinerziehend, im Handel bis 18 oder 19 Uhr arbeiten muss oder bis 17 Uhr im Büro sein soll? Das mag bei Großfamilien klappen, aber die hat leider nicht jeder. Ein weiteres Problem sind die wochenlangen Schließungen der Kindergärten. Die Statistik Austria erhebt jährlich für jedes Bundesland, wie lang die Kindergärten geschlossen sind. Etwa zwei Drittel aller Kindergärten hatten hierzulande im vergangenen Kindergartenjahr sechs oder sieben Wochen geschlossen. Man richtet sich bei den Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen nach den Bedürfnissen und Wünschen der Eltern, heißt es vom Land NÖ. „Vor allem im Sommer zeigt sich, dass die Familien sich sehr gut selbst organisieren“, so auf ORF NÖ am 20.5.2019. Welcher Dienstnehmer hat sieben Wochen Urlaub im Jahr? Welche Eltern hat das Land NÖ denn da befragt? Ich spreche hier aus Erfahrung. Auch meine Kinder waren einmal klein. Da hat man dann als Alleinerzieher zwei, drei Jobs und hetzt von einer Arbeitsstelle zur anderen und dann rennt man noch zum Kindergarten, denn wenn man sein Kind zu spät abholt, kostet das noch mehr. Den Chef kann man auch nicht ständig bitten, ein paar Minuten früher gehen zu dürfen oder wieder einmal bitte nur am Vormittag arbeiten zu können und wenn es geht am Samstag bitte frei zu bekommen. So etwas verstehen viele Menschen nicht, die diese Erfahrung nicht gemacht haben und schon gar nicht ein Sebastian Kurz, der überhaupt keinen Bezug zum Alltag der Menschen hat, der null Bezug zu Kindern hat. Um die Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen dem Berufsleben der Eltern anzupassen, braucht es mehr Personal und mehr Geld. Die Kosten der Kinderbetreuung sind auch untragbar geworden. Wenn man alles zusammenrechnet, kann sich doch kaum jemand noch zwei, drei Kinder leisten. Es geht nicht immer um dieses „Nichtwollen“, sondern leider geht es immer öfter um dieses „Wie soll ich denn das bezahlen?“ So viel Geld, so viel Steuergeld, welches auch von Eltern bezahlt wurde, die sich die Kinderbetreuung nicht leisten können, so viel von diesem Geld wird in andere sinnlose sogenannte „Projekte“ geschmissen. Millionen und Millionen werden für die Selbstdarstellungen in Pressekonferenzen und in Inserate von ÖVP und türkisen Politikern verschwendet. Man hat es ja – von arbeitenden Bürgern. Große Sprüche werden von selbigen geklopft: „Kinder sind unsere Zukunft“, „Wir lassen niemanden im Stich.“, „Gleiche Bildungschancen für alle“, „Entlastung der Familien“ usw. – sehr viel warme Luft. Davon konnten wir uns insbesonders die letzten Wochen überzeugen. Flächendeckende, leistbare Kinderbetreuungseinrichtungen sind hier Mangelware. Deswegen muss der Ausbau von Kinderbetreuung mit mehr Personal, längeren Öffnungszeiten und leistbar für jeden das Gebot der Stunde sein. Einfach einmal die großen Ansagen und Ansprachen weglassen und handeln. Und all das muss passieren, bevor wir über einen Rechtsanspruch diskutieren. Man kann keinen Rechtsanspruch fordern, wenn die Rahmenbedingungen nicht geschaffen sind. Man stellt sich vor, es gibt plötzlich den geforderten Rechtsanspruch sowohl auf die ganztägige Kinderbetreuung als auch auf einen Platz ab dem ersten Geburtstag. Klingt großartig. Aber dann … dann gibt es keinen Platz. Es gibt nicht genug Personal. Nicht genügend Mittel stehen zur Verfügung – einfach noch nicht ausgebaut. Aus diesem Grund: Rechtsanspruch gut und schön, aber leider noch nicht spruchreif, weil man davor die Grundlagen dazu schaffen muss und vor allem Politiker, die den Bezug zur Realität und zum Volk nicht verloren haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der fraktionslose Abgeordnete Martin Huber.
Abg. Ing. Huber: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Hoher Landtag! KURZ mal aufgehetzt? Das ist genau das, was in den letzten Tagen und Wochen das Hauptgesprächsthema im Lande ist. Man muss darüber nachdenken: War es nur bei der Kinderbetreuung, wo KURZ mal aufgehetzt wurde? Oder welche Gesetzesmaterien wurden noch aufgrund der parteipolitischen Machtpolitik des zweimaligen Ex-Kurzkanzlers verhindert? Wie viele Programme wurden einfach verhindert, um machtparteipolitisch gewinnen zu können, eine Partei zu übernehmen, die „türkise Buberlpartie“ hat eindeutig auf dem Rücken unserer Kinder Politik gemacht. Im Volksmund würde man sagen: „Diese Partie“, es ist noch immer nicht alles heraußen, was da alles verhindert wurde, gechattet wurde oder auch beschlossen oder ausgegeben wurde an Millionen von Steuergeldern, würde man sagen, „die gehören mit dem nassen Fetzen vertrieben“. Es gibt hier diese Chats. Es ist müßig diese Chats hier zu wiederholen oder aufzuzählen. Jeder kann sich ein Bild davon machen und es ist einfach nur zu sagen: „Liebe türkise ÖVP, schämen Sie sich. Schämen Sie sich.“ Sie sollten endlich wieder zurückkommen zu einer normalen Politik. Sie haben es früher in Ihrem Parteinamen gehabt: Volkspartei. Davon sind sie reihenweise entfernt. Sie haben mit Ihrem zweifachen Ex-Bundeskanzler, der dieses Land in eine Situation gebracht hat, die dieses Land nicht verdient. Sie haben mit Ihrer türkisen Familie dieses Land verraten. Sie haben dieses Land in den Nachbarländern, auf der ganzen Welt lächerlich gemacht. Sie haben dieses Land veräppelt. Sie haben dieses Land einfach … die Liebe zu diesem Land, die ein Politiker haben sollte, haben Sie nicht gelebt. Sie haben einfach die Liebe zu Ihrem Machtrausch und zu Ihrer Parteipolitik gelebt. Wenn man sich die unzähligen und sehr skurrilen Pressekonferenzen der letzten Tage anhört, wo auch der Satiriker Hanger dabei war, der dann irgendwie so aufgezählt hat, gegen wen ermittelt wird. Ich glaube, das ist schon wichtig, dass man hier die Namen auch nochmals wiederholt, gegen wen eigentlich ermittelt wird. Denn es hat dieser zweifache Ex-Kurzkanzler gesagt: „Bald wird jeder jemanden kennen.“ Jetzt wird es aber so weit sein, dass bald jeder jemanden kennt, der von dieser türkisen Partie im „Häfn“ sitzt. Daher: Ermittelt wird gegen Ex-Vizekanzler Josef Pröll, Ex-Finanzminister Hartwig Löger, Finanzminister Gernot Blümel, zweifachen Ex- und Kurzkanzler Sebastian Kurz, Ex-Parteivize Bettina Glatz-Kremsner, Kabinettschef Bernhard Bonelli, Ex-Generalsekretär Thomas Schmid … das ist der mit den 2.500 „Beidlfotos“ … Generalsekretär Thomas Schmid, ÖBAG-Sprecherin Melanie Laure, Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter, Medienbeauftragter Gerald Fleischmann, Ministeriumssprecher Johannes Pasquali, Kanzlersprecher Johannes Frischmann und die ÖVP. Diese nicht vollständige Liste von Satiriker Hanger wird wahrscheinlich noch länger werden und ich kann Sie, liebe jemalige ÖVP, auffordern: Bitte sorgen Sie dafür, dass dieses Bild der ÖVP endlich ein Ende hat! Nehmen Sie sich zusammen, denken Sie zurück an den letzten Parteitag in St. Pölten, wo Sie noch an diesen Kurz geglaubt haben, wo Sie ihm mit Ihrer Stimme ein tolles Ergebnis bereitet haben. Sie werden mittlerweile auch selbst erkannt haben, dass dieser Weg ein kurzer und falscher war. An meinen Kollegen Ebner, der als übernächster Redner dann zu Wort kommt: Sie haben jetzt die Chance, bei den Österreichern und Niederösterreichern einen ersten Schritt zu setzen und sich zu entschuldigen. Nicht nur für die Kinderbetreuungszeiten, sondern für den ganzen Schlamassel, in den Sie dieses Land gebracht haben.
Präsident Mag. Wilfing: Herr Abgeordneter Martin Huber, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf zu diesen besagten Fotos, deren Begriff ich nicht verstanden habe, in Bezug auf Thomas Schmid. Weiters begrüßen darf ich auf – von Ihnen – der linken Zuhörertribüne die Volksschule Moorbad Harbach und auf der rechten Seite die Volksschule Gerasdorf. (Beifall im Hohen Hause.) Die nächste Wortmeldung ergeht an die Frau Abgeordnete Elvira Schmidt, SPÖ.
Abg. Schmidt (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in wenig vorangegangenen Aktuellen Stunden so viel Einigkeit unter NEOS, FPÖ, GRÜNE und SPÖ gehört wie heute. Alle meine Vorredner haben über die ganztägige Schulform gesprochen. Bevor ich jetzt mit meiner eigentlichen Rede beginnen möchte, muss ich da unbedingt etwas klarstellen. Am 12. Juli 2016 war Ministerratssitzung in Wien und da hat eine Sonja Hammerschmid, damalige Bildungsministerin, dem Kanzler und dem Vizekanzler vorgestellt, was man mit 1,2 Milliarden Euro im Kinderbetreuungsbereich machen kann. Sie waren sich einig, dass das eine ganz tolle Sache ist. Dann sitzt dort ein Niederösterreicher und dann lese ich am 13.10.2021 in einem Kurier, wo drinnen steht, dass ein gewisser Niederösterreicher, der damals Innenminister war, hergegangen ist und gesagt hat: „Wir müssen noch einmal darüber reden. Wir gehen nicht an die Öffentlichkeit.“ Lieber Herr Landtagsabgeordneter Erber, Sie reden nach mir (Abg. Ebner: Ebner.) … Ebner … Was hat der Herr damalige Innenminister Sobotka gehabt, dass er dem nicht zustimmt? Vielleicht können Sie uns allen – und ich glaube auch die FPÖ und alle anderen Parteien sind interessiert, da eine Antwort zu bekommen? Warum haben wir das nicht gemacht? (Beifall bei der SPÖ und Abg. Ing. Huber.) Warum haben wir nicht die 250 Millionen Euro und in die Kinderbetreuung in Niederösterreich hineingesteckt? (Abg. Ing. Ebner, MSc: Ist ja passiert.) Diesen Kindern, die da oben sitzen, denen sind wir verantwortlich. Alle – und diesen Kindern muss es gut gehen. Wie wir ja wissen, und ich komme jetzt gleich zu meiner eigentlichen Rede: Ich möchte über die bildungspolitischen Komponenten und über die frauenpolitischen Komponenten sprechen, die dieses Land betreffen und vor allem in der Kinderbetreuung. Sehr geehrter Herr Präsident! Die bildungspolitische Komponente – für uns ist das deshalb so wichtig, weil wir der Meinung sind, dass die Kindergärten die erste Bildungseinrichtung sind, in der die Kinder hinkommen. Das ist der Bildungsbereich, der elementarpädagogische Bereich, wo die Kinder erstmalig außerhalb der Familienstruktur – und das ist einfach so – von den Eltern hingegeben werden, das erste Mal Kontakt mit anderen, mit vielen Kleinkindern haben, sich dort sozialen Kontakt erarbeiten müssen und wo sie einfach auch die ersten Bildungserfahrungen haben. In diesem Bereich braucht man sehr kompetente Leute und sehr gute Pädagoginnen und Pädagogen, die das auch meistern. Damit wir nicht sagen können, wir reden da jetzt über Bundesgeschichten, muss man gleich sagen: Gerade im kindergartenpädagogischen Bereich – und eine Margit Göll sitzt da als Bürgermeisterin und ehemalige Kindergarteninspektorin und sie weiß, dass es unheimlich schwierig ist, dass die Pädagogen vom Land angestellt sind und die Gemeinden für die Kindergartenhelferinnen verantwortlich sind. In diesem Sinne wissen wir alle, dass der Kindergarten jener Bereich ist, wo sozial benachteiligte Familien davon am meisten profitieren. Die Kinder profitieren deshalb, weil sie es dort lernen, die Lernfreude entfacht wird und ihnen gemeinsam eine Lernbereitschaft vermittelt wird. Gerade in diesem Bereich, wo wir zu wenige Kräfte haben, zu wenige Kinderbetreuungsplätze, wird es notwendig sein, mehr zu investieren. (Beifall bei der SPÖ.) Der Umkehrschluss von meiner Rede ist nämlich der: Wenn wir dort die Kinder so früh und zeitig fördern können, haben wir zu wenig, werden die nicht gefördert und haben die Kinder noch mehr Nachteile und können dann im Laufe der Volksschule und Mittelschule oder Gymnasien, wo auch immer der Bildungsweg hingeht, niemals das aufholen, was sie im Kindergarten versäumt haben. Nun zur frauenpolitischen Komponente. Wir wissen alle: Teilzeitarbeit ist weiblich. Überstunden sind männlich. Jede zweite Frau in Niederösterreich ist teilzeitbeschäftigt und nur jeder zehnte unselbständig beschäftigte Mann arbeitet Teilzeit. Was bedeutet das? Auf der einen Seite verdienen Frauen als Teilzeitbeschäftigte viel weniger als wenn sie den ganzen Tag arbeiten gehen, auf der anderen Seite kostet die Kinderbetreuung so viel, dass sie es sich nicht leisten können und sehr viel dafür zahlen müssen. Der Wiedereinstieg der Mütter ist eine Herausforderung für die Frau, für die Mutter, aber auch für die ganze Familie. Wie schaut das in Niederösterreich aus? Schaut man sich das „Working Paper“ des Österreichischen Instituts für Familienforschung im Auftrag der Arbeiterkammer NÖ aus den vergangenen Jahren an, so spricht das eine eindeutige Sprache. Wenn Mütter sich entscheiden müssen, ob sie nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten gehen, dann spielen verschiedene Faktoren eine große Rolle. Zu den drei stärksten Faktoren zählen: Jede zweite Familie entscheidet sich danach, ob überhaupt auch genügend verfügbare Plätze da sind, ob ich überhaupt das Kind irgendwo hinschicken kann. Der zweite Einflussfaktor ist: Sind die Bedürfnisse des Kindes dort in der Bildungseinrichtung auch wirklich abgedeckt? Und der dritte Faktor, der da am stärksten erwähnt ist, ist immer die finanzielle Situation in der Familie. Da muss man einfach sagen, so wie auch meine Vorredner schon gesagt haben: In Niederösterreich passen die Schließtage nicht. Wenn ich da in andere Bundesländer schaue, z. B. nach Wien, haben wir Schließtage von zwei bis drei Tagen. In Niederösterreich müssen wir mal zehn rechnen. Die Öffnungszeiten sind eine reinste Katastrophe. Wir wissen alle: Mit zwei Kindern kann der Bürgermeister aufsperren und das ist kein Angebot für eine Mutter, die arbeiten gehen muss: Wo gebe ich dann mein Kind hin, wenn mein Kind das einzige Kind ist, das diese Betreuung braucht? Aber auch die Gruppengrößen. Wir wissen, dass gerade in Pandemiezeiten, wo der Kindergarten geöffnet war, die Kindergartenpädagoginnen, die waren, die das System aufrechterhalten haben, dass es die waren, die sich für die Kinder eingesetzt haben, obwohl sie nicht gewusst haben, ob sie selbst krank werden. Eine Wertschätzung diesen Pädagoginnen und Pädagogen gegenüber haben wir alle miteinander nicht. Mit einem Satz: Wir brauchen mehr Kinderbetreuungsplätze. Uns muss bewusst sein, dass wir da verantwortlich sind als Politikerinnen und Politiker, damit es denen dort oben, unseren Kindern auch wirklich gut geht. (Beifall bei der SPÖ.) Und nun zu einem Problem für Frauen, das mich als Landesfrauenvorsitzende der SPÖ Niederösterreich besonders beschäftigt. Wenn ich den Satz sage, und ich sage ihn öfter: „Die Lücke gehört geschlossen.“ Was meine ich damit? Wir haben in Niederösterreich das Problem, dass Kinder mit zweieinhalb Jahren im Kindergarten aufgenommen werden. Aber die Mütter, die meisten machen es sich nicht leicht und die meisten machen das auch nicht freiwillig, müssen nach dem zweiten Geburtstag ihres Kindes wieder arbeiten gehen. Wir als SPÖ sind der Meinung und die Kerstin Suchan-Mayr, meine Vorrednerin, hat das schon vorher gesagt: Wir wünschen die Wahlfreiheit jeder Mutter, dass sie sagen kann: „Mein Kind kann in den Kindergarten gehen“, bereits mit zwei, hat einen Kindergartenplatz und kann das Kind dorthin schicken. Aber wir müssen dafür die Rahmenbedingungen in Niederösterreich schaffen. Das machen wir nicht. Für uns Sozialdemokraten in Niederösterreich ist es daher klar: Die Lücke zwischen dem Karenzende und dem Kindergartenbeginn – diese sechs Monate gehören einfach geschlossen. Die Gemeinden dürfen dabei aber nicht auf der Strecke bleiben, weil wir wissen, dass die Gemeinden immer wieder sehr viel im Kindergartenbereich einzahlen müssen und schon in den letzten Jahren sehr viel dafür geleistet haben. Deshalb sind wir dafür, dass wir einen nächsten Schritt in Niederösterreich setzen. Reduzieren wir gemeinsam das Alter auf zwei Jahre im NÖ Kindergartengesetz und geben wir unseren Landsleuten einen Rechtsanspruch darauf! Dann sind wir einen Schritt weiter. Wenn wir auch noch die Öffnungszeiten ausdehnen, dann ist eine Möglichkeit, eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich gegeben. (Abg. Hundsmüller: Her mit dem Zaster! Her mit der Marie! – Beifall bei der SPÖ.) Wir haben die Möglichkeit den Kindern das zurückzugeben, was einige Personen in den letzten Jahren verabsäumt haben. Es darf kein politisches Taktieren geben. Die Familien brauchen die Nachmittagsbetreuung. Wir brauchen den Ausbau der Kinderbetreuung. Her mit der Kindergartenmilliarde! Wir brauchen sie jetzt und wir brauchen keine leeren Worte, sondern wir brauchen endlich Taten. (Abg. Hundsmüller: Bravo! – Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Bernhard Ebner, ÖVP.
Abg. Ing. Ebner, MSc (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hoher Landtag! Als ich den Titel von der heutigen Aktuellen Stunde gelesen habe, war für mich eines klar: In Wahrheit versucht man jetzt mit einem politischen Thema auch quasi ein trojanisches Pferd zu bedienen und hier auch Themen anzusprechen, die vielleicht hier in Niederösterreich gar nicht Platz finden. Leider glauben manche, dass wir jetzt auch hier im NÖ Landtag über Parteipolitiker und Chats der Bundesebene reden müssen. Als Landesgeschäftsführer der Volkspartei Niederösterreich kann ich das zu einem gewissen Teil aus taktischen Gründen auch nachvollziehen. Ich verstehe, dass aus parteitaktischen Gründen vielleicht versucht wird, den Streit der Bundesebene auch nach Niederösterreich zu tragen. (Heiterkeit bei Abg. Mag. Scheele.) Ich sage Ihnen eines: Es ist schon spannend, dass Sie sich alle Sorgen machen um die Österreichische Volkspartei. Und ich sage Ihnen eines: (Unruhe bei der SPÖ.) Wir als Volkspartei Niederösterreich waren nie SCHWARZ. Wir waren aber auch nie TÜRKIS. Wir waren, wir sind und wir bleiben immer BLAU-GELB. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei der ÖVP.) Wir waren, wir sind und wir bleiben immer den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern verpflichtet, weil das unser klarer Anspruch ist. Und ja, wenn man über das Thema spricht, so muss man eines auch ganz klar sagen und das ist heute auch in einem Kommentar von Oliver Pink sehr deutlich formuliert worden: Wahr ist, dass die SPÖ damals das Geld aus der Bankenabgabe in ihr ideologisches Projekt, den Ausbau der Ganztagesschulen mit verschränktem Unterricht, stecken wollte – für die nachfolgenden zwei Jahre. Erst danach hätte die offene Nachmittagsbetreuung gefördert werden sollen. Noch dazu wollte das Sozialdemokratische Bildungsministerium das Geld selbst verteilen, vorbei an den Ländern. Da muss ich an dieser Stelle ganz klar sagen: Es war gut so, dass das damals umverhandelt wurde, das Geld trotzdem geflossen ist – nämlich auch in die Kinderbetreuung geflossen ist – und wir da als Land NÖ auch mitreden konnten und es auch in unsere Bereiche investieren konnten. (Beifall bei der ÖVP.) Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, ich bin mir sicher, Sie waren in den letzten Tagen und Wochen auch viel unterwegs. Ich zumindest war viel unterwegs. Auf der einen Seite bei Parteiveranstaltungen, wo wir uns mit vielen Funktionärinnen und Funktionären getroffen haben. Wir waren viel unterwegs auf Kirchenplätzen. Wir sind viel in den Wirtshäusern unterwegs, wo wir am Stammtisch diskutieren. Wir sind viel bei den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern, bei unseren Landsleuten, und ja (Abg. Präs. Mag. Renner: Wir auch.) ich habe dabei auch viele Gespräche geführt, Gespräche geführt mit Parteimitgliedern, mit Mitgliedern anderer Parteien und natürlich mit unserern Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern und ich kann Ihnen eines sagen: Alle Gespräche, die ich geführt habe, hatten einen gemeinsamen Beweggrund. Es ist immer um Niederösterreich gegangen. Alle Gespräche waren gut. Alle Gespräche waren konstruktiv. Alle Gespräche haben immer nur eines im Sinn gehabt: Wie können wir Niederösterreich weiterentwickeln? Wie können wir Niederösterreich noch besser machen? (Beifall bei der ÖVP.) Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen es: Niederösterreich ist ein Land wie kein anderes. Niederösterreich, ein Land, das da ist und das haben wir gerade in den letzten eineinhalb Jahren gemeinsam auch bewiesen, indem wir für alle auch da waren. Niederösterreich ist ein Land, das versteht, wo alle Generationen in allen Regionen zusammenarbeiten. Niederösterreich ist ein Land das hilft, jenen, die Hilfe brauchen und diese auch bei uns finden. Und Niederösterreich ist auch ein Land, das handelt – schneller und kraftvoller als alle anderen acht Bundesländer. Vielleicht waren Sie auch in den letzten Wochen im Ausland. Ich war in Deutschland und habe mich dort auch umgehört. (Unruhe bei Abg. Weninger und Abg. Präs. Mag. Renner.) Viele von Ihnen haben vielleicht auch in den letzten Tagen und Wochen die bundespolitischen Ereignisse natürlich verfolgt – sei es im Nationalrat, dass man sich die Sitzungen mitangeschaut hat oder medial oder auf irgendwelchen anderen Kanälen. Wenn man das sieht und hört – und das muss man ganz klar so sagen – wenn man das sieht und hört, was da geboten wurde – sei es im Ausland oder auf Bundesebene, dann kommen praktisch alle und auch ich zu einem einfachen Schluss: Gut, dass wir in Niederösterreich sind. (Beifall bei der ÖVP.)„Gut, dass wir in Niederösterreich sind“, sagen viele auch deshalb, weil für uns in Niederösterreich die wichtigsten Anliegen der Menschen die Aufgaben für unsere Politik sind – sei es bei der Arbeit und Wirtschaft, wo es darum geht, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, wo wir sehr, sehr gut unterwegs sind, sogar schon besser als 2019, wo wir ein Wirtschaftswachstum haben von 4,8 %. Das ist der stärkste Aufschwung seit 14 Jahren, wo wir die höchste Kaufkraft haben in ganz Österreich und die niedrigste Arbeitsgefährdung. Oder: Wenn wir das Thema „Mobilität“ hernehmen, wo wir gemeinsam die größte Tarifreform im öffentlichen Verkehr seit Jahrzehnten auf den Weg gebracht haben, wobei ich da ganz klar sage: „Billiger haben wir geschafft. Besser und bequemer müssen die öffentlichen Verkehrsmittel noch werden.“ Oder im Bereich Gesundheit, wo wir gemeinsam die LGA geschaffen haben, wo wir die medizinische Versorgung in Niederösterreich sicherstellen. Oder im Bereich Umwelt- und Klimaschutz, wo wir auch hier Vorreiter sind, wo wir gemeinsam als Land NÖ das tun, was ein Land tun kann, wo es darum geht, erneuerbare Energien zu unterstützen und diese zu fördern, wo es darum geht, den Klimaschutz voranzutreiben und wo es darum geht, dass auch ein Drittel unserer Landsfläche bereits als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist und diese auch erhalten gehören. Hier sind wir vorne in Niederösterreich und deswegen sagen viele: „Gut, dass wir in Niederösterreich sind.“(Beifall bei der ÖVP.) Ja, ich sage das auch an dieser Stelle: Wir als Volkspartei Niederösterreich arbeiten gerne mit allen zusammen, wenn es um die Themen für Niederösterreich geht, weil wir den Sozialstaat stärken wollen. Ich schätze, das will die SPÖ genauso. Oder weil wir unsere Heimat besser machen wollen, so wie es die FPÖ z. B. auch in manchen Bereichen will. Oder weil wir unsere Umwelt schützen wollen, so wie es die GRÜNEN wollen (Abg. Dr. Krismer-Huber: Alle wollen das!) oder weil wir auch gerne querdenken wollen, wie einige wenige bei den NEOS auch das machen wollen. Wir alle in der Volkspartei Niederösterreich arbeiten gut und gerne mit allen Parteien zusammen, weil uns auch egal ist, von wem eine Idee kommt. Hauptsache sie ist blau-gelb und Hauptsache sie hilft Niederösterreich. (Beifall bei der ÖVP.) Auch hier einige Beispiele wie z. B. die Landesstrategie. Erst vor zwei Tagen ist sie quasi wieder präsentiert worden, der nächste Schritt präsentiert worden, gemeinsam von unserer Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner mit der SPÖ und mit der FPÖ, wo es darum geht, die Fragebogenaktion, die größte Haushaltsbefragung in die Wege zu leiten, wo jetzt die Fragebögen ausgeschickt werden, wo wir gemeinsam an der Zukunft zusammenarbeiten, wo wir gemeinsam Niederösterreich weiterentwickeln. Oder wenn es um den Beschluss zum Ausbau und Investitionsplan 2020 bis 2030 der NÖ Pflege- und Betreuungszentren geht, die wichtig sind für uns in Niederösterreich, ebenfalls einstimmig beschlossen. Oder – und da hoffe ich heute, dass wir den Beschluss, was die IST-A betrifft, wo es darum geht, den Ausbau in 3,28 Milliarden Euro zu unterstützen, mit dem wir das IST-A und somit Niederösterreich als Wissenschaftsland neben renommierten Einrichtungen wie z. B. Oxford, Harvard oder dem MIT etablieren. (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele.) Ich hoffe, dass wir auch das einstimmig beschließen werden, wie übrigens jedes zweite Gesetz hier im Landtag einstimmig beschlossen wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Landtag! Gerade in den letzten Tagen hat sich gezeigt, wie einmalig das ist, was wir in Niederösterreich tun und wie wir das in Niederösterreich tun. Meine Bitte ist: Vergessen wir nicht, warum wir das tun: Wir arbeiten für Niederösterreich. Wir sind den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern verpflichtet und vergessen wir nicht, wofür wir das tun: Damit alle Landsleute heute und in Zukunft sagen können: „Gut, dass wir in Niederösterreich sind.“(Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wilfing: Zusätzlich zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Reinhard Teufel von der FPÖ.
Abg. Ing. Mag. Teufel(FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Hoher Landtag! Der Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung, den die SPÖ hier einfordert, sollte eigentlich in unserem Sinne sein als Solidargemeinschaft und die ÖVP bemüht in diesem Zusammenhang immer das „Miteinander“. Wir Freiheitliche unterstützen das Ansinnen unserer Kollegen von der Sozialdemokratie. (Abg. Hundsmüller: Bravo!) Wenn wir jetzt erfahren haben, dass es im Jahr 2017 schon eine Einigung gegeben hat zwischen SPÖ und ÖVP, wo man sich mehr oder weniger durchgerungen hat, eine ganztägige Kinderbetreuung auf den Weg zu bringen und dann erfahren wir auch, dass das mehr oder weniger in den Wind geschossen wurde bzw. sabotiert worden ist, da kann man ja sagen, ok, man kann auch weltanschaulich oder ideologisch einen anderen Zugang zu den Themen haben, wo man sagt, man spricht sich ganz klar gegen die ganztägige Kinderbetreuung aus. Das ist ja ok. Aber was wir jetzt wissen ist, dass das Motiv dieser Verhinderung ein verwerfliches war und ist: Nämlich andere scheitern zu lassen, um Dritte zu schädigen und sich selbst zu erhöhen. Ja, bum! Das ist die DNA dieser türkisen Truppe in Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Wir wissen heute, dass unser aufopfernd zur Seite getretener Bundeskanzler (Heiterkeit bei Abg. Hundsmüller.) dieses bereits vor der Umsetzung befindliche Ansinnen aus rein egoistischen, karrieretechnischen Gründen, also aus purer unverhohlener Machtgier verhindert hat. Das Projekt „Ballhausplatz“, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP Niederösterreich, wird auch die Staatsanwaltschaft noch einige Monate und Jahre beschäftigen. Der aufstrebende türkise „Wunderwuzi“ und Kanzler in spe versuchte damals wirklich das Schicksal der Mütter unserer Kinder und unserer Familien hier auch in Niederösterreich zu verschlechtern. Während der nunmehr entzauberte Ex-Kanzler 2019 die gestellte Ibiza-Falle zum Anlass nahm, die FPÖ unter fadenscheinigen, moralischen Begründungen aus der Regierung zu werfen, schreckte er selbst nicht davor zurück, Land und Leute zu schaden, wenn es um seinen persönlichen Aufstieg ging. Diese unappetitlichen Chats, die wirklich tief in die DNA, in die Struktur dieser türkisen Jungherrentruppe blicken lassen, haben natürlich dazu geführt, dass dieser türkise Strahlemann und einige seiner türkisen Entourage nun zu Fall gebracht worden sind. Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, auch von der ÖVP Niederösterreich, da werden noch weiter fallen und vielleicht ist der eine oder andere auch aus Niederösterreich. Es wird nämlich immer deutlicher, dass sich unter der türkisen Hochglanzfassade in Wahrheit ein türkises, unmoralisches, machtgieriges Netzwerk verbirgt – in den Ministerien und auch in den ausgelagerten Unternehmen, das nun auch jenen auf den Kopf fällt, die weniger aus Überzeugung als aus strategischem Kalkül diese türkise Jungherrentruppe unterstützt haben. Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Stunde der Wahrheit angebrochen. Für den Rechtsstaat, für die Medien und auch für die ÖVP Niederösterreich ist es eine Nagelprobe, die jetzt mehr oder weniger behauptet SCHWARZ zu sein und mit den TÜRKISEN eigentlich nichts am Hut gehabt zu haben. (Abg. Ing. Ebner, MSc: BLAU-GELB, du hast nicht zugehört!) Auch die niederösterreichische ÖVP ist nun aufgefordert (Abg. Weninger: Und rot-weiß-rot.) Farbe zu bekennen und zu zeigen, dass ihr das Wohl der Menschen wichtiger ist als die unmoralischen Machtspiele dieser Truppe. Wir sind schon neugierig, ob der türkise Sekundant aus der ÖVP Niederösterreich, der Herr Andreas Hanger, ob ihm seine türkise Tätigkeit abgegolten wird, indem er dann wieder auf der niederösterreichischen Landtagsliste steht bei der kommenden Nationalratswahl. (Abg. Ing. Ebner, MSc: Es gibt keine Landtagsliste.) Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, zeigen Sie, dass Sie sich nicht nur kurz mal aufhetzen lassen, sondern dass Ihnen die Lösung sozialer Missstände wichtiger sind. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Weiters zu Wort gemeldet hat sich die Frau Abgeordnete Kathrin Schindele, SPÖ.
Abg. Schindele (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Hoher Landtag! Herr Kollege Ebner, ich schätze dich sehr und ich weiß, du schätzt mich auch (Heiterkeit im Hohen Hause.), aber das sage ich jetzt nur, weil ich mir denken kann, dass du vielleicht hinausschreien wirst. KURZ mal aufgehetzt? Das war der erste Teil dieser Aktuellen Stunde und ich muss ehrlich sagen, mich interessiert noch immer die Antwort auf diese Frage. Weil „KURZ mal aufgehetzt?“ Das war der erste Satz. Ich verstehe wirklich nicht, Herr Kollege Ebner, dass du nicht wütend bist. Ich kenne dich nämlich ganz anders. Weil ich war und bin wirklich noch entsetzt darüber, als ich erfahren habe, dass 1,2 Milliarden Euro für Kinder aufgrund von Machtgier eures Alt-Bundeskanzlers Kurz verhindert wurden, dass Familien um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beraubt wurden. Und du warst heute wirklich sehr ruhig für mich. Da könnte ein bisschen ein falscher Eindruck entstehen. Was wir auch nicht gewusst haben ist, dass die Kinderbetreuung ein reines Bundesthema ist. Ich glaube, das ist uns allen hier herinnen neu. Aber jetzt geht es noch einmal um die 1,2 Milliarden Euro und punkto möglicher Aufhetzung der ÖVP Niederösterreich und um Aufklärung. Deswegen möchte ich als gewählte Volksvertreterin, als Pädagogin, als Steuerzahlerin wissen: Ja oder nein? War die ÖVP Niederösterreich, die blau-gelbe ÖVP Niederösterreich durch Kurz aufgehetzt? Ja oder nein? Falls ja, dann wäre eine Entschuldigung das mindeste, gefolgt von einer lückenlosen Aufklärung und dem sofortigen Zurverfügungstellen der verhinderten Gelder, damit umgehend der nächste Schritt im Kinderbetreuungsbereich gesetzt werden kann. (Beifall bei der SPÖ.) Falls nein, ein Angebot: Schließt euch doch unserer Forderung „Her mit der Kinderbetreuungsmilliarde“ an. Dann kämpfen wir miteinander für das Recht der Familien. (Beifall bei der SPÖ.) Deswegen, meine Damen und Herren der ÖVP Niederösterreich, wiederhole ich hier noch einmal meine Frage und vergessen Sie nicht: Keine Antwort ist auch eine Antwort. War die ÖVP Niederösterreich aufgehetzt? Ja oder nein? Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Weiters zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Hannes Weninger, SPÖ.
Abg. Weninger(SPÖ): Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meiner Kollegin Schindele auf die Frage: War die ÖVP Niederösterreich aufgehetzt oder nicht? Ich weiß es nicht, aber es schaut so aus. Ich möchte nur in dieser Debatte, die ruhiger verlaufen ist, sachlicher verlaufen ist als zu erwarten war, weil die überwiegende Mehrheit der Parteien, der Fraktionen in diesem Landtag sich einhellig zu den familienpolitischen, bildungspolitischen Schwerpunkten, wie es die Sozialdemokratie formuliert hat, dahintergestellt hat, nur das Vorspiel ein bisschen erwähnen. Weil der Klubobmann der ÖVP hat gestern noch in seiner Pressekonferenz gesagt: „Da werden Bundesthemen nach Niederösterreich gespielt“, als ob Niederösterreich nichts mit Österreich zu tun hätte oder der Parteisekretär der ÖVP sagt: „Wir waren nie SCHWARZ. Wir waren nie TÜRKIS. Wir waren immer BLAU-GELB.“(Abg. Ing. Ebner, MSc: Stimmt ja!) Ich weiß nicht, ob du auf dem „Bussi-Bussi-Parteitag“ der ÖVP im VAZ warst vor kurzem. Da wart ihr noch alle miteinander sehr „Bussi-Bussi“ und TÜRKIS. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei der SPÖ.) Aber wäre ja möglich, dass das nur gespielt war. (Abg. Ing. Ebner, MSc: Da müssen sogar deine eigenen Leute lachen.) Aber ich habe mich auch gefragt, als ich heute im Kurier gelesen habe … da ist gestanden: „Für die ÖVP wird sich der Parteisekretär Ebner zu Wort melden.“ Ich habe mir gedacht, was ist das für eine Nachricht? Dann habe ich ein bisschen nachgedacht und gedacht, warum meldet sich nicht die Bildungssprecherin oder der Bildungssprecher? Warum nicht die Familiensprecherin oder der Familiensprecher der ÖVP? Warum der Parteisekretär? Nach der Rede, Kollege, ist klar: Weil es euch nicht um Kinder, um Frauen und um Familien geht, sondern nur um die Partei. Deshalb war es auch sinnvoll in eurem Gedankengang, dass sich der Parteisekretär zu Wort meldet und nicht die zuständigen Sprecherinnen im Landtag. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn du sagst, die anderen Parteien oder wir als Sozialdemokraten, wir machen uns Sorgen um die ÖVP: Also da kannst du dir sicher sein – und wir kennen uns sehr gut – wir machen uns absolut keine Sorgen um euch. Warum wir Sorgen haben und warum wir das heute in aller Deutlichkeit formuliert haben? Weil wir uns sorgen um die Kinder, um die Frauen und um die Familien in diesem Land. Solange ihr eure blau-gelbe Parteipolitik über die Interessen der Familien, der Kinder und der Jugend stellt, müssen wir uns Sorgen machen um dieses Land. Ich erinnere dich – wir haben schon öfter eine historische Auseinandersetzung gehabt: Du hast gesagt BLAU-GELB ist eure Farbe. Ich weiß nicht, ob du die dritte Strophe der niederösterreichischen Landeshymne kennst? Da heißt es – nein, singen tu ich nicht, aber den Text kann ich zitieren (liest:) „Haltet hoch die Fahnen, blau-gold“, nein, blau-gold heißt das, ja? „blau-gold und rot-weiß-rot …“. Also bekennen wir uns zumindest zu den Inhalten unserer Landeshymne. Vergessen wir nicht auf Österreich und auf rot-weiß-rot, wenn es uns parteipolitisch nicht gefällt. Aber ich bin bekannt dafür, dass ich immer sehr versachliche und versuche das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen (Abg. Hundsmüller: unverständlich. – Heiterkeit bei der SPÖ.) … ja, die müssen sich auch erst daran gewöhnen … aber Kollege Ebner, es ist einfach eine inhaltliche Auseinandersetzung und für das gibt es ein Parlament. Für das gibt es politische Parteien, die Ideologien haben, die Interessen haben, die Ideen für die Zukunft haben. Dafür sind wir da, das können wir sachlich diskutieren. Und dann steht halt fest, dass die SPÖ – und ich höre wirklich mit Wohlwollen – die NEOS, die Freiheitlichen und die GRÜNEN zumindest hier im Landtag die gleiche Position vertreten, dass wir für einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr eintreten. Die ÖVP nicht. Dass wir einen Rechtsanspruch auf ganztägige kostenlose Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr wollen – und die ÖVP nicht. Dass wir ein ganztägiges Schulangebot mit verschränkter Unterrichtsform wollen – und die ÖVP nicht. So ist es halt in der Politik. Da braucht man dann nicht untergriffig werden, wie das halt der Herr Altkanzler gemacht hat, sondern da kann man sich auch klar hinstellen, vermitteln, was ist meine Position, was ist eure Position und je nach Mehrheitsverhältnissen darüber politisch entscheiden. Was der wirkliche Punkt ist, der mich so schmerzt: Dass mit diesen Kurz-Chats und seinem ganzen Umfeld nicht nur die politische Debatte verhindert wird, sondern dass wir bishin zu einzelnen Kommentatoren in Tageszeitungen so in das Fahrwasser kommen: „Ihr seid eh alle so.“(Abg. Präs. Mag. Renner: Richtig.) Und wir sind nicht alle so. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass selbst bei euch nicht alle so sind – oder ich kenne die meisten (Beifall bei der ÖVP.) – ich glaube, dass niemand von euch so ist. Wir haben scharfe politische Konfrontationen da herinnen. Aber viele von euch kenne ich seit vielen Jahren – du schaust so betroffen: Ich bin mir sicher, du bist nicht so. (Heiterkeit im Hohen Hause.) Wir kennen uns schon so lange. Ich habe noch nie, glaube ich, mit dir politisch übereingestimmt. Aber du bist nicht so wie dieser Kurz und seine Leute. (Abg. Hinterholzer: Das ehrt dich.) Und das färbt nämlich demokratiepolitisch nicht nur auf uns als Abgeordnete ab. Wir halten das aus. Aber wir haben tausende Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Städten und Gemeinden. Die werden alle in einen Topf geworfen. Wir haben tausende Mitarbeiterinnen in unseren Ortsparteiorganisationen vom Hilfswerk bis zur Freiheitlichen Jugend, was es da alles gibt, die sich alle tagtäglich bemühen in ihrem politischen Interesse die Menschen zu vertreten und anzusprechen. Und dann gibt es ein paar so „Rotzbuam“, die aus purem Machtinteresse (Unruhe bei der ÖVP.) … „Rotzbua“ ist ok …
Präsident Mag. Wilfing: Zumindest grenzwertig.
Abg. Weninger(SPÖ): … ist grenzwertig. Ok. Ich will die Grenze ja nicht überschreiten, (Beifall bei der SPÖ und FPÖ.) darum habe ich dieses Wort, was ich vor „Rotzbua“ stellen wollte, ja nicht erwähnt … dass wir uns alle miteinander schlechtmachen lassen. Seid so weit, liebe ÖVP Niederösterreich, beantwortet die Frage der Kollegin Schindele, redet ein ernstes Wort mit dem Sobotka, erinnert euch an den „Bussi-Bussi-Parteitag“ in St. Pölten, entschuldigt euch bei den niederösterreichischen, blau-goldenen Landsleutinnen und Landsleuten! Nehmt das ernst und dann können wir gemeinsam wieder über politische Inhalte debattieren. Das verlangen die Menschen von euch. Es wird euch kein Stein aus der Krone fallen. Ihr müsst es sowieso in ein paar Tagen, in ein paar Wochen oder in ein paar Monaten machen. Macht es schnell, dann ist der Schmerz bald vorbei und wir können wieder vernünftig für dieses Land weiterarbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor und somit erkläre ich die erste Aktuelle Stunde für beendet.
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