Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1797/A-8/43-2021 – KURZ mal aufgehetzt? Gestalten, statt aufhalten – Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung in Niederösterreich JETZT!
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Vesna Schuster (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! 1,2 Milliarden Euro. 1,2 Milliarden Euro für Familien, für Kinder – einfach verhindert. Verhindert von einem ÖVP-Ex-Bundeskanzler, der glaubte, unantastbar und unfehlbar zu sein. Einer, der den Familien und allen Menschen in diesem Land jahrelang nur etwas vorgemacht hat, dem aber in Wirklichkeit, wie wir ja in den letzten Wochen mitbekommen haben, Familien und Kinder vollkommen gleichgültig sind. Denn sein Ego geht vor und seine Familie, die türkise Familie hat Vortritt, nicht die Familien in Österreich. Das ist die Familienpolitik der ÖVP. Diese Art von Familienpolitik ist grauslich und höchst bedenklich. Bundesländer gegeneinander aufhetzen, Geld, welches so dringend für die Kinderbetreuung gebraucht wird, verhindern … damit hat man jeder Mutter, jedem Vater, jeder Alleinerziehenden eine Ohrfeige verpasst – mit voller Wucht. Für den eigenen Vorteil verhinderte man den Vorteil für 100.000 Familien. Der Ausbau von Kinderbetreuung ist seit Jahren sehr dringend nötig. Familien kommen an ihre Grenzen. Sie wissen nicht mehr, wie sie Arbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen sollen. Alleinerziehende verzweifeln, weil es keine an das Berufsleben angepasste Kinderbetreuung gibt. Diese Menschen leisten ihren Beitrag für dieses Land. Sie arbeiten, zahlen ihre Beiträge in alle möglichen Töpfe des Staates, sie sind Eltern – und ein machtgieriger ÖVP-Ex-Kanzler macht sich sein eigenes Spiel daraus und pfeift auf all diese fleißigen Menschen. Es ist unfassbar und man findet kaum Worte, die keinen Ordnungsruf nach sich ziehen würden. Insgesamt gibt es laut Kindertagesheimstatistik 2019/20 in Niederösterreich 1.376 institutionelle Kinderbetreuungseinrichtungen. Rund 80 % davon sind Kindergärten für Kinder ab zweieinhalb Jahren. Die restlichen Einrichtungen sind Tagesbetreuungseinrichtungen, Krippen oder altersgemischte Gruppen, die auch jüngere Kinder aufnehmen. Die Betreuungsquote der Kinder unter drei Jahren liegt noch immer deutlich unter der Zielvorgabe der EU und dem Bedarf der Eltern. 2020 war nur jedes vierte Kind im Niederösterreich-, aber jedes zweite Kind im Österreichdurchschnitt in einer Kinderbetreuungseinrichtung, deren Öffnungszeiten beiden Eltern Vollzeiterwerbsmöglichkeiten ermöglichten. Der Anteil der Kinder in Einrichtungen ist im Vergleich zum Vorjahr zwar gestiegen, von 20,7 auf 24,5%, im Bundesländervergleich ist Niederösterreich damit dennoch an letzter Stelle. Den Kindergarten besucht in Niederösterreich jedes dritte Kind, das sind 36 %, nur vormittags. Nicht einmal die Hälfte der Kinder nimmt dort auch ein Mittagessen ein. Was sind die großen Probleme der Eltern, wenn es um Kinderbetreuung geht? Es sind die Öffnungszeiten und es sind die Kosten. Wenn Kindergärten um 15 oder 16 Uhr schließen, dann hat das mit der heutigen Lebensrealität nichts zu tun. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird immer schwieriger. Wie soll das funktionieren, wenn eine Mutter, womöglich alleinerziehend, im Handel bis 18 oder 19 Uhr arbeiten muss oder bis 17 Uhr im Büro sein soll? Das mag bei Großfamilien klappen, aber die hat leider nicht jeder. Ein weiteres Problem sind die wochenlangen Schließungen der Kindergärten. Die Statistik Austria erhebt jährlich für jedes Bundesland, wie lang die Kindergärten geschlossen sind. Etwa zwei Drittel aller Kindergärten hatten hierzulande im vergangenen Kindergartenjahr sechs oder sieben Wochen geschlossen. Man richtet sich bei den Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen nach den Bedürfnissen und Wünschen der Eltern, heißt es vom Land NÖ. „Vor allem im Sommer zeigt sich, dass die Familien sich sehr gut selbst organisieren“, so auf ORF NÖ am 20.5.2019. Welcher Dienstnehmer hat sieben Wochen Urlaub im Jahr? Welche Eltern hat das Land NÖ denn da befragt? Ich spreche hier aus Erfahrung. Auch meine Kinder waren einmal klein. Da hat man dann als Alleinerzieher zwei, drei Jobs und hetzt von einer Arbeitsstelle zur anderen und dann rennt man noch zum Kindergarten, denn wenn man sein Kind zu spät abholt, kostet das noch mehr. Den Chef kann man auch nicht ständig bitten, ein paar Minuten früher gehen zu dürfen oder wieder einmal bitte nur am Vormittag arbeiten zu können und wenn es geht am Samstag bitte frei zu bekommen. So etwas verstehen viele Menschen nicht, die diese Erfahrung nicht gemacht haben und schon gar nicht ein Sebastian Kurz, der überhaupt keinen Bezug zum Alltag der Menschen hat, der null Bezug zu Kindern hat. Um die Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen dem Berufsleben der Eltern anzupassen, braucht es mehr Personal und mehr Geld. Die Kosten der Kinderbetreuung sind auch untragbar geworden. Wenn man alles zusammenrechnet, kann sich doch kaum jemand noch zwei, drei Kinder leisten. Es geht nicht immer um dieses „Nichtwollen“, sondern leider geht es immer öfter um dieses „Wie soll ich denn das bezahlen?“ So viel Geld, so viel Steuergeld, welches auch von Eltern bezahlt wurde, die sich die Kinderbetreuung nicht leisten können, so viel von diesem Geld wird in andere sinnlose sogenannte „Projekte“ geschmissen. Millionen und Millionen werden für die Selbstdarstellungen in Pressekonferenzen und in Inserate von ÖVP und türkisen Politikern verschwendet. Man hat es ja – von arbeitenden Bürgern. Große Sprüche werden von selbigen geklopft: „Kinder sind unsere Zukunft“, „Wir lassen niemanden im Stich.“, „Gleiche Bildungschancen für alle“, „Entlastung der Familien“ usw. – sehr viel warme Luft. Davon konnten wir uns insbesonders die letzten Wochen überzeugen. Flächendeckende, leistbare Kinderbetreuungseinrichtungen sind hier Mangelware. Deswegen muss der Ausbau von Kinderbetreuung mit mehr Personal, längeren Öffnungszeiten und leistbar für jeden das Gebot der Stunde sein. Einfach einmal die großen Ansagen und Ansprachen weglassen und handeln. Und all das muss passieren, bevor wir über einen Rechtsanspruch diskutieren. Man kann keinen Rechtsanspruch fordern, wenn die Rahmenbedingungen nicht geschaffen sind. Man stellt sich vor, es gibt plötzlich den geforderten Rechtsanspruch sowohl auf die ganztägige Kinderbetreuung als auch auf einen Platz ab dem ersten Geburtstag. Klingt großartig. Aber dann … dann gibt es keinen Platz. Es gibt nicht genug Personal. Nicht genügend Mittel stehen zur Verfügung – einfach noch nicht ausgebaut. Aus diesem Grund: Rechtsanspruch gut und schön, aber leider noch nicht spruchreif, weil man davor die Grundlagen dazu schaffen muss und vor allem Politiker, die den Bezug zur Realität und zum Volk nicht verloren haben. (Beifall bei der FPÖ.)
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