Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1797/A-8/43-2021 – KURZ mal aufgehetzt? Gestalten, statt aufhalten – Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung in Niederösterreich JETZT!
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Schmidt (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in wenig vorangegangenen Aktuellen Stunden so viel Einigkeit unter NEOS, FPÖ, GRÜNE und SPÖ gehört wie heute. Alle meine Vorredner haben über die ganztägige Schulform gesprochen. Bevor ich jetzt mit meiner eigentlichen Rede beginnen möchte, muss ich da unbedingt etwas klarstellen. Am 12. Juli 2016 war Ministerratssitzung in Wien und da hat eine Sonja Hammerschmid, damalige Bildungsministerin, dem Kanzler und dem Vizekanzler vorgestellt, was man mit 1,2 Milliarden Euro im Kinderbetreuungsbereich machen kann. Sie waren sich einig, dass das eine ganz tolle Sache ist. Dann sitzt dort ein Niederösterreicher und dann lese ich am 13.10.2021 in einem Kurier, wo drinnen steht, dass ein gewisser Niederösterreicher, der damals Innenminister war, hergegangen ist und gesagt hat: „Wir müssen noch einmal darüber reden. Wir gehen nicht an die Öffentlichkeit.“ Lieber Herr Landtagsabgeordneter Erber, Sie reden nach mir (Abg. Ebner: Ebner.) … Ebner … Was hat der Herr damalige Innenminister Sobotka gehabt, dass er dem nicht zustimmt? Vielleicht können Sie uns allen – und ich glaube auch die FPÖ und alle anderen Parteien sind interessiert, da eine Antwort zu bekommen? Warum haben wir das nicht gemacht? (Beifall bei der SPÖ und Abg. Ing. Huber.) Warum haben wir nicht die 250 Millionen Euro und in die Kinderbetreuung in Niederösterreich hineingesteckt? (Abg. Ing. Ebner, MSc: Ist ja passiert.) Diesen Kindern, die da oben sitzen, denen sind wir verantwortlich. Alle – und diesen Kindern muss es gut gehen. Wie wir ja wissen, und ich komme jetzt gleich zu meiner eigentlichen Rede: Ich möchte über die bildungspolitischen Komponenten und über die frauenpolitischen Komponenten sprechen, die dieses Land betreffen und vor allem in der Kinderbetreuung. Sehr geehrter Herr Präsident! Die bildungspolitische Komponente – für uns ist das deshalb so wichtig, weil wir der Meinung sind, dass die Kindergärten die erste Bildungseinrichtung sind, in der die Kinder hinkommen. Das ist der Bildungsbereich, der elementarpädagogische Bereich, wo die Kinder erstmalig außerhalb der Familienstruktur – und das ist einfach so – von den Eltern hingegeben werden, das erste Mal Kontakt mit anderen, mit vielen Kleinkindern haben, sich dort sozialen Kontakt erarbeiten müssen und wo sie einfach auch die ersten Bildungserfahrungen haben. In diesem Bereich braucht man sehr kompetente Leute und sehr gute Pädagoginnen und Pädagogen, die das auch meistern. Damit wir nicht sagen können, wir reden da jetzt über Bundesgeschichten, muss man gleich sagen: Gerade im kindergartenpädagogischen Bereich – und eine Margit Göll sitzt da als Bürgermeisterin und ehemalige Kindergarteninspektorin und sie weiß, dass es unheimlich schwierig ist, dass die Pädagogen vom Land angestellt sind und die Gemeinden für die Kindergartenhelferinnen verantwortlich sind. In diesem Sinne wissen wir alle, dass der Kindergarten jener Bereich ist, wo sozial benachteiligte Familien davon am meisten profitieren. Die Kinder profitieren deshalb, weil sie es dort lernen, die Lernfreude entfacht wird und ihnen gemeinsam eine Lernbereitschaft vermittelt wird. Gerade in diesem Bereich, wo wir zu wenige Kräfte haben, zu wenige Kinderbetreuungsplätze, wird es notwendig sein, mehr zu investieren. (Beifall bei der SPÖ.) Der Umkehrschluss von meiner Rede ist nämlich der: Wenn wir dort die Kinder so früh und zeitig fördern können, haben wir zu wenig, werden die nicht gefördert und haben die Kinder noch mehr Nachteile und können dann im Laufe der Volksschule und Mittelschule oder Gymnasien, wo auch immer der Bildungsweg hingeht, niemals das aufholen, was sie im Kindergarten versäumt haben. Nun zur frauenpolitischen Komponente. Wir wissen alle: Teilzeitarbeit ist weiblich. Überstunden sind männlich. Jede zweite Frau in Niederösterreich ist teilzeitbeschäftigt und nur jeder zehnte unselbständig beschäftigte Mann arbeitet Teilzeit. Was bedeutet das? Auf der einen Seite verdienen Frauen als Teilzeitbeschäftigte viel weniger als wenn sie den ganzen Tag arbeiten gehen, auf der anderen Seite kostet die Kinderbetreuung so viel, dass sie es sich nicht leisten können und sehr viel dafür zahlen müssen. Der Wiedereinstieg der Mütter ist eine Herausforderung für die Frau, für die Mutter, aber auch für die ganze Familie. Wie schaut das in Niederösterreich aus? Schaut man sich das „Working Paper“ des Österreichischen Instituts für Familienforschung im Auftrag der Arbeiterkammer NÖ aus den vergangenen Jahren an, so spricht das eine eindeutige Sprache. Wenn Mütter sich entscheiden müssen, ob sie nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten gehen, dann spielen verschiedene Faktoren eine große Rolle. Zu den drei stärksten Faktoren zählen: Jede zweite Familie entscheidet sich danach, ob überhaupt auch genügend verfügbare Plätze da sind, ob ich überhaupt das Kind irgendwo hinschicken kann. Der zweite Einflussfaktor ist: Sind die Bedürfnisse des Kindes dort in der Bildungseinrichtung auch wirklich abgedeckt? Und der dritte Faktor, der da am stärksten erwähnt ist, ist immer die finanzielle Situation in der Familie. Da muss man einfach sagen, so wie auch meine Vorredner schon gesagt haben: In Niederösterreich passen die Schließtage nicht. Wenn ich da in andere Bundesländer schaue, z. B. nach Wien, haben wir Schließtage von zwei bis drei Tagen. In Niederösterreich müssen wir mal zehn rechnen. Die Öffnungszeiten sind eine reinste Katastrophe. Wir wissen alle: Mit zwei Kindern kann der Bürgermeister aufsperren und das ist kein Angebot für eine Mutter, die arbeiten gehen muss: Wo gebe ich dann mein Kind hin, wenn mein Kind das einzige Kind ist, das diese Betreuung braucht? Aber auch die Gruppengrößen. Wir wissen, dass gerade in Pandemiezeiten, wo der Kindergarten geöffnet war, die Kindergartenpädagoginnen, die waren, die das System aufrechterhalten haben, dass es die waren, die sich für die Kinder eingesetzt haben, obwohl sie nicht gewusst haben, ob sie selbst krank werden. Eine Wertschätzung diesen Pädagoginnen und Pädagogen gegenüber haben wir alle miteinander nicht. Mit einem Satz: Wir brauchen mehr Kinderbetreuungsplätze. Uns muss bewusst sein, dass wir da verantwortlich sind als Politikerinnen und Politiker, damit es denen dort oben, unseren Kindern auch wirklich gut geht. (Beifall bei der SPÖ.) Und nun zu einem Problem für Frauen, das mich als Landesfrauenvorsitzende der SPÖ Niederösterreich besonders beschäftigt. Wenn ich den Satz sage, und ich sage ihn öfter: „Die Lücke gehört geschlossen.“ Was meine ich damit? Wir haben in Niederösterreich das Problem, dass Kinder mit zweieinhalb Jahren im Kindergarten aufgenommen werden. Aber die Mütter, die meisten machen es sich nicht leicht und die meisten machen das auch nicht freiwillig, müssen nach dem zweiten Geburtstag ihres Kindes wieder arbeiten gehen. Wir als SPÖ sind der Meinung und die Kerstin Suchan-Mayr, meine Vorrednerin, hat das schon vorher gesagt: Wir wünschen die Wahlfreiheit jeder Mutter, dass sie sagen kann: „Mein Kind kann in den Kindergarten gehen“, bereits mit zwei, hat einen Kindergartenplatz und kann das Kind dorthin schicken. Aber wir müssen dafür die Rahmenbedingungen in Niederösterreich schaffen. Das machen wir nicht. Für uns Sozialdemokraten in Niederösterreich ist es daher klar: Die Lücke zwischen dem Karenzende und dem Kindergartenbeginn – diese sechs Monate gehören einfach geschlossen. Die Gemeinden dürfen dabei aber nicht auf der Strecke bleiben, weil wir wissen, dass die Gemeinden immer wieder sehr viel im Kindergartenbereich einzahlen müssen und schon in den letzten Jahren sehr viel dafür geleistet haben. Deshalb sind wir dafür, dass wir einen nächsten Schritt in Niederösterreich setzen. Reduzieren wir gemeinsam das Alter auf zwei Jahre im NÖ Kindergartengesetz und geben wir unseren Landsleuten einen Rechtsanspruch darauf! Dann sind wir einen Schritt weiter. Wenn wir auch noch die Öffnungszeiten ausdehnen, dann ist eine Möglichkeit, eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich gegeben. (Abg. Hundsmüller: Her mit dem Zaster! Her mit der Marie! – Beifall bei der SPÖ.) Wir haben die Möglichkeit den Kindern das zurückzugeben, was einige Personen in den letzten Jahren verabsäumt haben. Es darf kein politisches Taktieren geben. Die Familien brauchen die Nachmittagsbetreuung. Wir brauchen den Ausbau der Kinderbetreuung. Her mit der Kindergartenmilliarde! Wir brauchen sie jetzt und wir brauchen keine leeren Worte, sondern wir brauchen endlich Taten. (Abg. Hundsmüller: Bravo! – Beifall bei der SPÖ.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Baden
- Klub/Fraktion:
- Klub der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Niederösterreichs
- Wahlpartei:
- Sozialdemokratische Partei Österreichs