Zusammenfassung
Antrag des Umwelt-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1706-1/A-2/60-2021 – Zulassungsprozess von Pflanzenschutzmitteln auf fachlich-wissenschaftlicher Basis und unter Beachtung des Vorsorgeprinzips
Berichterstatterin
Redner
- Helmut Hofer-Gruber (NEOS) Tagesordnungspunkt 12 Video und Sitzungsbericht
- Helga Krismer-Huber (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 12 Video und Sitzungsbericht
- Ina Aigner (FPÖ) Tagesordnungspunkt 12 Video und Sitzungsbericht
- Josef Wiesinger (SPÖ) Tagesordnungspunkt 12 Video und Sitzungsbericht – mit Abänderungsantrag
- Helga Krismer-Huber (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 12 Video und Sitzungsbericht
- Richard Hogl (ÖVP) Tagesordnungspunkt 12 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Abänderungsantrag Abg. Wiesinger abgelehnt: Zustimmung SPÖ, GRÜNE, Ablehnung ÖVP, FPÖ, NEOS, Abg. Ing. Huber
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, FPÖ, NEOS, Abg. Ing. Huber, Ablehnung SPÖ, GRÜNE
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Damit kommen wir zur Ltg.-1706-1, Antrag gemäß § 34 unserer Landtagsgeschäftsordnung des Abgeordneten Edlinger betreffend Zulassungsprozess von Pflanzenschutzmitteln auf fachlich-wissenschaftlicher Basis und unter Beachtung des Vorsorgeprinzips. Ich ersuche die Frau Abgeordnete Suchan-Mayr die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatterin Abg. Mag. Suchan-Mayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich berichte zum Antrag des Abgeordneten Edlinger gemäß § 34 zum Antrag Ltg.-1706 betreffend Zulassungsprozess von Pflanzenschutzmitteln auf fachlich-wissenschaftlicher Basis und unter Beachtung des Vorsorgeprinzips. Niederösterreichs Bäuerinnen und Bauern bewirtschaften 920.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche, davon rund 690 Hektar Ackerfläche. Sie sind für die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln verantwortlich, die mit höchster Qualität und unter Einhaltung höchster Standards produziert werden. Erschwerend kommen die Auswirkungen des Klimawandels hinzu. Um dennoch zu garantieren, dass landwirtschaftliche Produkte in Österreich auch weiterhin konkurrenzfähig und nachhaltig produziert werden können, braucht es faire Wettbewerbsbedingungen. Eine wissenschafts- und faktenbasierte Umweltpolitik ist unabdingbar, insbesondere zur Sicherung der Versorgung mit regionalen Lebensmitteln. Das gilt auch für den integrierten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für die Produktion von gesunden Lebensmitteln. Die Zulassung für die Anwendung etwaiger Schutzmittel für Pflanzen ist europarechtlich geregelt. Sie erfolgt in Österreich durch eine Bundesbehörde, dem Bundesamt für Ernährungssicherheit. Pflanzenschutzmittel dürfen in Österreich nur dann zugelassen werden, wenn bei ordnungsgemäßer Anwendung negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit von Menschen aufgrund für den Zulassungsprozess streng durchgeführte Prüfungen und breit angelegte Studien ausgeschlossen werden können. Aufgrund dieses Verfahrens nach wissenschaftlichen Kriterien ist Glyphosat in Europa zugelassen. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wurde die Anwendung von Glyphosat in Österreich auf Bundesebene jedoch im Rahmen der europarechtlichen Möglichkeiten eingeschränkt. Teilverbote gibt es hier. Konkret von dem Verbot umfasst, ist die private Verwendung im Haus- und Kleingartenbereich, auch auf Flächen, die von der Allgemeinheit oder von gefährdeten Personengruppen genutzt werden, darf Glyphosat nicht mehr eingesetzt werden. Im Hinblick auf die angeführten Aufgaben der nachhaltigen und regionalen Landwirtschaft gilt es sicherzustellen, dass für ökologisch sinnvolle Bereiche wie dem Bodenschutz Minimalbodenbearbeitung bzw. Erosionsschutz durch Begrünungen weiterhin ein geeignetes Instrument zur Verfügung steht. Ich komme zum Antrag des Umwelt-Ausschusses über den Antrag gemäß § 34 des Abgeordneten Edlinger betreffend Zulassungsprozess von Pflanzenschutzmitteln auf fachlich-wissenschaftlicher Basis und unter Beachtung des Vorsorgeprinzips (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Die NÖ Landesregierung wird ersucht an die Bundesregierung heranzutreten und diese aufzufordern,
- ein klares Bekenntnis zur heimischen Lebensmittelversorgung und zur wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung der heimischen landwirtschaftlichen Produktion abzulegen;
- sich für faire Wettbewerbsbedingungen für die heimische Lebensmittelversorgung einzusetzen und
- sich bei den zuständigen europäischen Institutionen, insbesondere der Europäischen Kommission, dafür einzusetzen, dass die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln europaweit weiterhin ausschließlich auf fachlich-wissenschaftlicher Basis und unter Beachtung des Vorsorgeprinzips erfolgen soll – analog zur Zulassung von Medikamenten bzw. Arzneimitteln.
2. Durch diesen Antrag gemäß § 34 LGO 2001 wird der Antrag Ltg.-1706/A-2/60-2021 miterledigt.“
Ich bitte um Diskussion und anschließende Beschlussfassung. Danke.
Präsident Mag. Wilfing: Damit steigen wir in die Debatte ein und als Erster gelangt Abgeordneter Helmut Hofer-Gruber von den NEOS zu Wort.
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sprechen übers Glyphosatverbot oder ein mögliches Glyphosatverbot. Der ursprüngliche Antrag der SPÖ hat da einen umfangreichen Problemaufriss zum Thema „Glyphosat“ enthalten und tatsächlich verdient das Thema eine ausführliche Behandlung. Es geht letztlich dabei um die Frage, wie wir uns ernähren wollen, wie wir mit unserer Umwelt umgehen wollen? Es geht um die Bewertung von Umweltschutz, Lippenbekenntnissen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Interessen. Es geht um die Rolle der ÖBB als Glyphosat-Großverwender. Es geht um mögliche Alternativen und deren Wirkungen und auch Nebenwirkungen. Es geht um mögliche Schwarzimporte, europäische Lösungen … mit einem Wort: Es geht um vieles. Aber – wie üblich – wird so ein Antrag im Ausschuss nicht diskutiert, sondern mit einem Antrag nach § 34 miterledigt. Dieser § 34-Antrag, der uns hier vorliegt, ist ein total verwässerter Wohlfühlantrag. Das Wort „Glyphosat“ kommt im Antragstext kein eiziges Mal vor. Wie daher ein Antrag, der konkret auf ein Glyphosatverbot abzielt, miterledigt werden kann, bleibt dem Beobachter verborgen. Aber wenn wir schon über diesen 34-er beschließen, dann schauen wir doch hinein, was da tatsächlich so drinnen steht. Erster Punkt: Ein Bekenntnis zur heimischen Landwirtschaft. „No na net.“ Interessant der zweite Punkt: Faire Wettbewerbsbedingungen für die heimische Lebensmittelversorgung und Landwirtschaft. Was ist denn damit gemeint? Dass die heimische Landwirtschaft nach denselben angeblich so schlechten Standards produzieren soll, wie die bösen ausländischen Produzenten? Was wär denn dann der Unterscheid? Nur der Preis? Hoffentlich nicht, weil das wäre ein bisschen wenig. Aber vielleicht meinen Sie ja auch, dass sich die Politik endlich für bessere Erzeugerpreise einsetzen soll. Erzeugerpreise, die nicht zuletzt aufgrund der enormen unter ÖVP-Wirtschaftsministern entstandenen Konzentration im Handel so niedrig sind. Tatsächlich hat es die zuständige Ministerin ja vor kurzem entdeckt, wie man den Medien entnehmen konnte. Ich habe genau das schon im Jahr 2018 entdeckt und in meiner Rede zum Grünen Bericht 2017 thematisiert – Sie können es nachlesen. Aber es freut mich natürlich, dass hier jetzt vielleicht endlich etwas passiert. Eigentlich wäre das ja Aufgabe der Interessensvertretung, also der Landeslandwirtschaftskammer. Aber in diesem hochsubventionierten Verein sitzen ja nicht nur Vertreter der Bauern, sondern auch gleich die Raiffeisenorganisation. Dass von dort nichts kommt, darf daher nicht verwundern. Kommen wir zu Punkt drei des Antrags. Auch das ist selbstverständlich. Die EU agiert ja genauso wie das hier gefordert wird und dem stimmen wir natürlich auch zu. Und das ganze Verfahren gehört ja auch nach Europa, mit dem Ziel insgesamt weniger chemisch-synthetischen Pflanzenschutz einzusetzen und integrierten Pflanzenschutz zu forcieren. Was wir NEOS vermeiden wollen ist, dass das Mittel A mit Mittel B ersetzt wird ohne Nutzen für die Umwelt. Summa summarum werden wir diesem Antrag trotz allem zustimmen, aber nicht weil er so toll oder so mutig ist, sondern weil er so allgemein und beliebig formuliert ist, dass man ihn einfach nicht ablehnen kann, ohne als Gegner der heimischen Landwirtschaft zu gelten und das sind wir ja bekanntlich nicht. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Mag. Wilfing: Die nächste Wortmeldung ergeht an die Frau Abgeordnete Helga Krismer-Huber von den GRÜNEN.
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin sehr froh, dass die Sozialdemokratie wieder einen Vorstoß macht. Es war eine große Bewegung damals vor der Wahl. Ich glaube, wir waren uns über viele Parteien – vielleicht die ÖVP etwas gespalten – aber über weite Parteigrenzen hinweg einig, dass Glyphosat ausgedient hat. Leider ist es noch immer auf europäischer Ebene bis zum 15.12.2022 zugelassen. Die jetzt amtierende Bundesregierung hat sich sofort auf den Weg gemacht und das ist auch Teil des ursprünglichen Antrags gewesen, auf den ist auch Bezug genommen worden, dass auch für Österreich ein Totalverbot angestrebt werden soll. Dementsprechend ist man bei der EU-Kommission vorstellig geworden. Leider war das Ergebnis dann ein ernüchterndes. Die sogenannten „Bemerkungen“ waren doch so, dass es politisch dann keine Mehrheit gab zu sagen: Wir trauen uns das zu als Österreich, doch keine allzugroße Nation, hier, das Totalverbot auszusprechen und dann auch umzusetzen. Da gab es keine Mehrheit und dass man sozusagen hier gemeinsam am Ball bleibt, das begrüße ich sehr. Was vielleicht viele nicht wissen ist, dass bereits ab morgen ein öffentlicher Konsultationsmechanismus läuft. Es geht um die weitere Zulassung von Glyphosat in der Europäischen Union. Jetzt könnte ich Zweckoptimismus verbreiten, aber es sehen halt nicht sehr viele Nationalstaaten in der Europäischen Union das so, wie viele Bürgerinnen und Bürger das sehen. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Wir haben auch, was die Antiatompolitik betrifft, als österreichischer Nationalstaat ein großes Alleinstellungsmerkmal und es scheint so zu sein, dass es auch beim Glyphosat in diese Richtung geht, denn die Bewertungsgruppe Frankreich, Holland, Ungarn und Schweden … hat man nicht so das Gefühl, dass die jetzt so groß auf unserer Seite wären. Letztendlich knüpft das Thema – und da bin ich einfach Naturwissenschaftlerin – ein bisschen an die Aktuelle Stunde an. Also es gibt hier einfach sehr, sehr viele Aspekte bei diesem Pestizid. Das eine ist die Bodengesundheit. Das andere ist, von der Seite man es versucht hat anzupacken, ob es eben einen Krebs, einen Tumor bei Menschen als Lebensmittelkonsumentin, -konsument hervorruft, ob es sich toxisch auf die Reproduktion auswirkt. Leider sind die Ergebnisse nach wie vor so, dass es eben nicht karzinogen, mutagen und reproduktionstoxisch ist. Was jetzt von den Antragstellern ins Treffen geführt wird ist, dass Tschechien hier im Zuge des Vorstelligwerdens bei der Europäischen Kommission eine andere Antwort bekommen hat. Das ist sehr positiv, denn vielleicht gibt es noch die ein oder andere Chance gemeinsam mit der ÖVP dieses Teilverbot in Österreich auszudehnen. Seitens der GRÜNEN gibt es in der Tat großes Interesse und wenn ich an das österreichische Umweltprogramm „ÖPUL“ denke, dann müssen wir auch dort Bezug nehmen und sagen, dass Glyphosat nicht die Lösung ist. Ich weiß, dass sehr viele Agrarierinnen und Agrarier in Niederösterreich bei der ÖVP glauben, dass es eine quasi Bewirtschaftungsform gibt, wo man einmal mit Glyphosat hineingehen muss. Das haben wir uns auch gemeinsam, als wir damals beim Marchfeldkanal waren, angesehen. Es gibt Vertreter in der Landeslandwirtschaftskammer, die durchs Land touren und glauben, dass es nur so geht. Auch hier ist es, glaube ich, nicht die wissenschaftlich letzte Erkenntnis. Es gibt auch andere Formen. Und vor allem es gibt die, nach Möglichkeit auf fast alles zu verzichten. Das heißt eben, man muss das dementsprechend honorieren. Das ist ein höherer Aufwand, das sind geringere Erträge. Wenn wir das wollen als Gesellschaft, dann muss man das auch ganz klar auf den Boden bringen. Das eine oder andere, was vielleicht hier im Hause nicht bekannt ist, dass der geschäftsführende Direktor der zuständigen europäischen Behörde, der „EFSA“, ein Österreicher ist – der Bernhard Url, den ich als sehr integren Wissenschaftler kenne, der auch vor einigen Jahren im „Profil“ ein sehr, sehr exorbitant sachliches Interview gegeben hat. Zumindest von der Behördenseite, nämlich wenn wieder jemand kommt und jede Institution in Frage stellt, kann ich nur sagen: „Also ich glaube, dass das eine Institution ist, die wirklich am Puls der Wissenschaft hier Daten liefert.“ Aber es liegt eben dann an der Politik – an uns – was wir daraus machen. Daher ist mein, nicht nur Appell, sondern – jetzt sind sehr wenig Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten da – … aber die GRÜNEN werden hier weiter am Ball bleiben. Daher unterstützen wir den Antrag, der jetzt von der Mehrheit der ÖVP eingebracht wird, nicht und ich gehe fast davon aus, die Sozialdemokratie wird ihren Antrag noch einmal einbringen, dem wir natürlich die Zustimmung geben und würde sagen: Bleiben wir weiterhin am Ball! Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Ina Aigner, FPÖ.
Abg. Aigner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kollegen! 1974 war Glyphosat eine große Neuerung für die Landwirtschaft. Es gab kein anderes Pestizid, das so effektiv und zudem scheinbar ungefährlich war. Inzwischen haben sich die Perspektiven verändert und die Chemikalie steht im Mittelpunkt einer lang anhaltenden öffentlichen Debatte. Viele Studien belegen dem Pestizid keinen Einfluss auf den Körper. Wieder andere besagen genau das Gegenteil und versuchen einen gesundheitsschädlichen Effekt nachzuweisen. Die Diskussion und Forschung ist hier noch lange nicht beendet. Die Europäische Union hat am 27.11.2017 der Verlängerung der Zulassung für das Pestizid um fünf Jahre zugestimmt. Nach heutigen Forschungsarbeiten kann aber davon ausgegangen werden, dass Glyphosat in der heutzutage verwendeten Konzentration keine Gefahr für den Menschen darstellt. Vermutlich wird diese Annahme in den nächsten Jahren in weiteren Forschungsarbeiten erneut nachgewiesen und untermauert werden. Es ist davon auszugehen, dass die Zulassung für das Pestizid im Jahr 2022 erneut verlängert wird und das ist auch gut so. Solange es keine Alternative gibt, darf es kein Verbot geben. Unsere Landwirte versorgen uns mit Nahrung. Im Bereich der Tierhaltung erschweren wir ihnen dieses. Und im Ackerbau sollen wir das auch? Was passiert nun, wenn wir Glyphosat verbieten? Wir importieren z. B. Erdäpfel aus Ägypten. Die spritzen was und wie viel sie wollen und die Transportwege kommen auch noch dazu. Die Bevölkerungszahlen steigen immer weiter an. Wir müssen essen, um zu überleben. Kein Landwirt wird unnötig viel Glyphosat spritzen, weil es kostet Geld. Das Argument des Insektensterbens durch das Pestizid kann ebenfalls entkräftet werden. Blühstreifen oder Brachflächen wären beispielsweise gute Ausgleichsmaßnahmen, um die biologische Vielfalt zu erhalten. Vermutlich wird die Landwirtschaft auch im Jahr 2022 noch Glyphosat nutzen, weil es sich bewährt hat, um einen Ernteausfall durch Schädlinge zu vermeiden und ein entsprechendes Ersatzmittel verfügbar sein wird. Wir müssen hier schon sachlich mit Fakten diskutieren. Pflanzenschutzmittel dürfen in Österreich nur zugelassen werden, wenn bei ordnungsgemäßer Anwendung negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit von Menschen ausgeschlossen werden können. Wie bei Arzneimitteln entscheiden hier Experten nach wissenschaftlichen Tatsachen und Fakten über den Einsatz dieser Mittel. Genau aufgrund dieses Verfahrens ist Glyphosat in Österreich zugelassen. Wir Freiheitliche bekennen uns ganz klar zur heimischen Lebensmittelversorgung, ihrer wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung der Landwirtschaft in unserem Land. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Die nächste Wortmeldung ergeht an den Abgeordneten Josef Wiesinger, SPÖ.
Abg. Wiesinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Weitere Schritte für ein Glyphosatverbot … wir setzen uns dafür ein, dass ein Totalverbot von Glyphosat endlich umgesetzt wird. Warum sage ich das? Es ist bewiesen: Es wächst keine Pflanze mehr, außer sie wurde gentechnisch verändert. Keine Pflanze mehr. Von diesen Giftbomben werden jährlich 330 Tonnen, 330 Tonnen jährlich, österreichweit, aufgebracht. Und die Absatzmengen sind international und auch in Österreich in den letzten 15 Jahren deutlich gestiegen. Seit 2019 werden Klagen gegen den Konzern in den USA geführt und das Ersturteil lautete: zwei Milliarden Schadenersatz an einen krebskranken Patienten. Und alle Berufungsverfahren und alle weiteren Verfahren wurden abgelehnt bzw. hat der Konzern verloren. Mit weiteren Klagen in Amerika, in den USA ist zu rechnen. Der Konzern weiß das auch, hat ursprünglich schon, mit dem Geld, das die Europäer einzahlen, elf Milliarden als Rücklage für mögliche Klagen angelegt, hat da mit August 21, bei dem Urteil, das er wieder verloren hat, weitere Rückstellungen von 4,5 Milliarden auf die Seite gelegt. Damit ist ihm offensichtlich bewusst, dass er diese Klagen alle verlieren wird. Das Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmittels Glyphosat muss daher verboten werden, da es für Mensch, Tier und Umwelt eine gesundheitsgefährdende Wirkung darstellt. Als mögliche negative gesundheitliche Auswirkung könnten laut Studien unter anderem auch chronische und langfristige Erkrankungen auftreten. Die WHO hat es auch zusätzlich noch als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. (Abg. Schmidl: Wahrscheinlich!) Biologische Düngemittel sind imstande, Schädlinge genauso gut zu bekämpfen wie die umweltschädliche Chemiekeule. Das hat sich bereits vielfach bewährt. (Abg. Kasser: Wir bekämpfen keine Schädlinge. Wir bekämpfen … unverständlich.) Abseits von gesetzlichen Verboten könnten auch positive Lenkungseffekte durch Agrarförderungen (Unruhe bei Abg. Kasser.) signifikant zur Pestizidreduktion beitragen. Dies wird auch von den Autoren der gegenständlichen Machbarkeitsstudie befürwortet. Bis heute gibt es kein generelles Glyphosatverbot im Rahmen der freiwilligen Teilnahme am ÖPUL. Daher soll für die kommende Periode vielleicht die Teilnahme am ÖPUL auch ein verpflichtender Verzicht als Voraussetzung gelten. Niederösterreich könnte hier mit positivem Beispiel vorangehen und auf die Bundesregierung einwirken. Zusätzlich könnte die EU in der neuen Förderungsperiode von 21 bis 27, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den biologischen Landbau zu stärken und den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren. In weiterer Folge könnte sich auf EU-Ebene ein derartiges Verbot durchsetzen. Daher stellen wir den Abänderungsantrag Wiesinger, Mag. Suchan-Mayr, Hundsmüller und Mag. Samwald zum Antrag des Umwelt-Ausschusses betreffend Zulassungsprozess von Pflanzenschutzmittel auf fachlich-wissenschaftlicher Basis unter Beachtung des Vorsorgeprinzips betreffend weitere Schritte für ein Glyphosatverbot. Der Antragstenor des Umwelt-Ausschusses wird abgeändert, sodass er zu lauten hat (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert an die Bundesregierung heranzutreten, und diese aufzufordern
- das Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmittels Glyphosat im Sinne des Vorsorgeprinzips zu verbieten;
- für die Teilnahme am ÖPUL einen verpflichtenden Verzicht auf glyphosathaltige Herbizide umzusetzen
- und sich auf EU – Ebene für ein EU-weites Glyphosatverbot in allen Bereichen einzusetzen.“
(Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Es hat sich noch einmal die Frau Abgeordnete Krismer-Huber von den GRÜNEN zu Wort gemeldet und ich ersuche sie zum Rednerpult zu kommen.
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Damit ich heute, wenn ich hinausgehe, nicht da draußen etwas Falsches sage, muss ich jetzt bei den Freiheitlichen nachfragen, ob ich die Kollegin Ina Aigner richtig verstanden habe. Ich wollte zuerst einmal damit beginnen, ob Sie Ihren Kollegen Rauch kennen? Den Freiheitlichen Rauch. Nicht meinen in Vorarlberg, sondern Ihren Rauch – den kennen Sie? Gut. Wissen Sie, was der am 20. Mai 21 via OTS ausgesendet hat? (Liest:) „Es führt kein Weg an einem Verbot von Glyphosat vorbei.“ Haben Sie das gewusst? (Unruhe bei der FPÖ.) Haben Sie nicht gewusst? Deshalb bin ja ich da. (Heiterkeit im Hohen Hause.) Deshalb lese ich Ihnen jetzt noch etwas vor und zwar – ich schaue ja selten hin, aber ich weiß es existiert, sie, die Homepage der Freiheitlichen Partei. Also ich bin keine Userin, aber jetzt ist es passiert. Also ich oute mich – es ist jetzt das erste Mal gewesen. (Abg. Ing. Mag. Teufel: Sehr löblich.) Und da lese ich Ihnen etwas vor, weil, Kollegin Ina Aigner, vielleicht wissen Sie dann, warum meine Irritation so groß ist. Die BLAUEN zeigen wieder einmal, dass sie die wahren GRÜNEN sind. (liest:)„In der Sitzung des Nationalrats am heutigen Mittwoch werden die Weichen für ein Verbot des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat in Österreich gestellt. Die FPÖ unterstützt einen entsprechenden Antrag der SPÖ.“ Zitat: „Es gibt genügend Studien, in denen die Gefahr, die Glyphosat für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen hat, ausreichend belegt werden. Es ist daher ein Zeichen für verantwortungsvolle Umweltpolitik, dieses Verbot auf Schiene zu bringen:“ Erklärt FPÖ-Klubobmann Hofer am 12. Juni 2019. Das ist, was ich weiß, ganz fix freiheitliche Position gegen Glyphosat zu sein. Also wenn ich heute bei der Tür hinaus gehe, darf ich sagen: „Die Freiheitliche Partei in Niederösterreich ist für Glyphosat.“(Abg. Aigner: Ja. Unverständlich.) Gut, passt. Danke für die Mitarbeit. (Beifall bei den GRÜNEN. – Heiterkeit bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort kommt der Abgeordnete Richard Hogl, ÖVP.
Abg. Hogl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen des NÖ Landtages! Es war jetzt schön zuzuhören, wie man sich so gegenseitig die Schuld zuschiebt, wann wer etwas gesagt hat. Aber Leopold Figl hat immer einen alten Spruch zitiert, wo es geheißen hat: Vor der Wahl, unterm Krieg und nach der Jagd wird am meisten gelogen. (Heiterkeit im Hohen Hause.) Um das vielleicht alles ein bisschen ins rechtere Licht zu rücken … ins richtige Licht, nicht ins rechte … habe ich mir die Anträge sehr genau angeschaut. Nicht nur den, den Josef Edlinger als § 34-Antrag gestellt hat, obwohl ein Vorredner gesagt hat, es wurde dort nie „Glyphosat“ verwendet – drei Mal steht es in diesem Text drinnen, nur zur Information. Man sieht, wie genau manche diese Anträge lesen. Ich habe mich bemüht, das sehr genau zu lesen. Ich habe auch den ursprünglichen SPÖ-Antrag gelesen und da steht gleich zu Beginn (liest:)„… das heißt, wo Glyphosat gespritzt wird, wächst keine Pflanze mehr“, um auf der nächsten Seite zu sagen (liest:)„Glyphosat wird in der Landwirtschaft beispielsweise zur Vorsaat bzw. Vorlaufbehandlung, vor allem bei Mais, Zuckerrübe und Sojabohne, zur Nacherntebehandlung insbesondere auf Getreidestoppeln und auch zur Reihenbehandlung in Obst- und Weinbau eingesetzt.“ Da sieht man eigentlich einen fachlichen Widerspruch, weil wenn dort auf dem Eck, wo man das spritzt, nichts mehr wachsen würde, könnten auch hintennach dann nicht Rüben oder Sojabohnen oder Kartoffeln und dergleichen wachsen. Da beginnt eigentlich das eigentliche Thema. Das müssen wir gesamt betrachten – weil auch vom Umweltprogramm gesprochen wurde. Was erwartet sich unsere Bevölkerung insbesondere auch von den Bauern und vor allem durch das Umweltprogramm? Auf der einen Seite einmal einen Erosionsschutz. Wir haben viel Winderosion gehabt. Wir haben viel Wassererosion. Wir haben immer wieder die Landwirte darauf gedrängt, wir sollen doch endlich Winterbegrünungen anlegen. Sie durchwurzeln den Boden. Sie binden den Stickstoff und sie halten vor allem die Erosion hintan. Und Winterbegrünungen haben nur dann einen Sinn, wenn man sie nicht irgendwann im November wegräumt – das waren so die ersten Versuche der Winterbegrünung, damit man im Frühjahr wieder etwas anbauen kann – sondern Winterbegrünungen haben den Sinn, dass sie über den Winter tatsächlich den Boden auch durchwurzeln und so die Winderosion als auch Wassererosionen bewirken hintan zu halten. Wenn ich dann mit wenigen Abgasen, mit wenigen Traktorüberfahrten dann etwas anbauen möchte, muss ich eben diese Winterbegrünung entsprechend wegbringen. Wenn ich das jetzt ohne Glyphosat oder ohne geeignete Mittel mache, muss ich drei, vier Arbeitsgänge machen, muss einmal viel CO2 in die Luft blasen und auf der anderen Seite die Erde so fein machen, dass sie beim ersten Regen wieder davonschwimmt oder beim ersten Wind wieder davonfliegt. Jetzt kann ich die Direktsaat-Minimalbodenbearbeitung, was uns Kosten sparen hilft in der Landwirtschaft auf der einen Seite, und auf der anderen Seite auch begünstigt, dass die Winterbegrünung sehr lange stehen und den Boden durchwurzeln kann, … dann brauche ich eben einen Glyphosateinsatz, der aber fachlich begründet ist, wo es genaue Aufwandmengen gibt und wo Landwirte das durchführen, die eine Ausbildung haben in der Landwirtschaft, die auch eine fachliche Weiterbildung haben – nicht jeder Landwirt darf Glyphosat anwenden, wenn er nicht den Sachkundenachweis hat. Wir haben Pflanzenschutzgeräte, die dementsprechend auch immer wieder überprüft sein müssen und damit auch geeignet sein müssen. Somit können wir das Glyphosat anwenden. Es wachsen dann die Kulturpflanzen nach und in der Sikkation, sprich zur Abreife, wo es tatsächlich um das Produkt geht, wo es tatsächlich um das Lebensmittel geht, darf Glyphosat nicht mehr eingesetzt werden. Das haben wir mit dem Teilverbot erreicht. Das Teilverbot war eine gute Grundlage und mit dem Teilverbot haben wir auch erreicht, dass nicht nur unsachgemäß irgendwo in Privatgärten, irgendwo auf Straßenflächen oder –plätzen unsachgemäß ohne Überprüfung, ohne Schulung, in zu hoher Konzentration mit Glyphosat gearbeitet werden darf. Aber wissen Sie, was mir wirklich weh tut? Dass man heute die Landwirtschaft immer so hinstellt und die Landwirte, als wären sie keine Fachleute. Dass man einem Landwirt, der ausgebildet ist und auch weitergebildet ist, der Pflanzenschutzgeräte hat, die geeignet sind, die überprüft werden, nicht zutraut, der auch auf eine Wirtschaftlichkeit schauen muss, nicht zutraut, dass er das sachgemäß anwenden kann. Jedem Arzt traut man zu, dass man Medikamente sachgemäß anwenden kann. (Abg. Hundsmüller: Nicht jedem.) Wir haben auch Behörden, die diese Mittel zulassen und überprüfen und an die halten wir uns. Und die werden ständig in Frage gestellt. Wir wollen die Bevölkerung versorgen mit leistbaren Lebensmitteln. Nicht jeder kann sich top Bio-Lebensmittel leisten. Viele müssen auf Lebensmittel hingreifen, die auch für einen durchschnittlichen Einkommenverdiener für einen Haushalt erschwinglich sind. Die Supermarktketten machen da ein Doppelspiel. Den österreichischen Bauern wollen sie immer Pflanzenschutzverbote und noch mehr Auflagen auferlegen. Auf der anderen Seite kommen Produkte aus dem Ausland, wie die berühmten Erdäpfel aus Ägypten, wo sehr wohl auf diese Standards nicht geachtet wird, wo sehr wohl Glyphosat gespritzt wird, wo sehr wohl Glyphosat oft noch weit bis in die Ernte hinein verwendet wird. Aber auch das nehmen dann die Leute, die Menschen auf und das ist genauso schädlich. Es ist nicht unschädlicher, nur weil es im Ausland angewendet wurde, auch wenn es dort noch stärker angewendet wurde. Nein, das ist genauso schädlich, wenn nicht noch schädlicher. Wir wollen doch in Österreich unsere Bevölkerung mit guten fachgerecht produzierten Lebensmitteln, die aber auch leistbar sind und für jedermann erschwinglich sind – und das müsste auch der Sozialdemokratie ein großes Anliegen sein – zur Verfügung stellen. Deshalb bitte ich Sie alle: Machen wir nicht immer so Fachdiskussionen, die wir vielleicht eh nicht so ganz richtig ausführen, wie es dieser Antrag mit dem Widerspruch zeigt, sondern sind wir froh, dass wir diesen § 34-Antrag haben. Bekennen wir uns zur österreichischen Landwirtschaft, zur österreichischen Lebensmittelversorgung und zu Pflanzenschutzmittel, die geprüft sind und ordnungsgemäß angewendet wurden und nicht irgendwo angewendet wurden, wo niemand darauf schaut und wo es keine Fachkenntnisse gibt. Stehen wir zur österreichischen Landwirtschaft! Trauen wir es ihnen zu! Sie können es. Wir werden jetzt nicht zu früh sterben, nur weil wir österreichische Produkte essen. Ganz im Gegenteil: Wir werden gesunde Lebensmittel haben und auch wirtschaftlich sein. Dankeschön und stimmen wir diesem § 34 zu. (Beifall bei der ÖVP.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.