Zusammenfassung
Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2305/H-19-2022 – NÖ Hinweisgeberschutzgesetz (NÖ HGSG)
Berichterstatter
Redner
- Indra Collini (NEOS) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht
- Helga Krismer-Huber (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht – mit Resolutionsantrag
- Jürgen Handler (FPÖ) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht
- Christian Samwald (SPÖ) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht – mit Abänderungsantrag
- Martin Michalitsch (ÖVP) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Abänderungsantrag Abg. Mag. Samwald abgelehnt: Zustimmung SPÖ, GRÜNE, NEOS, Ablehnung ÖVP, FPÖ, Abg. Ing. Huber
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, SPÖ, GRÜNE, NEOS, Ablehnung FPÖ, Abg. Ing. Huber
Resolutionsantrag Abg. Dr. Krismer-Huber betreffend Notwendige Nachbesserung beim NÖ Hinweisgeberschutzgesetz – Möglichkeit zum Whistleblowing auch bei Verstößen gegen nationales und Landesrecht abgelehnt: Zustimmung SPÖ, GRÜNE, NEOS, Ablehnung ÖVP, FPÖ, Abg. Ing. Huber
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Zum nächsten Tagesordnungspunkt beabsichtige ich folgende Verhandlungsgegenstände wegen des sachlichen Zusammenhanges gemeinsam zu verhandeln: Ltg.-2305, Vorlage der Landesregierung betreffend NÖ Hinweisgeberschutzgesetz; Ltg.-2306, Vorlage der Landesregierung betreffend Landesgesetz, mit dem das NÖ Landes-Bedienstetengesetz, die Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 und das Landes-Vertragsbedienstetengesetz geändert werden – NÖ Hinweisgeberschutz-Begleitgesetz Landesdienstrecht; Ltg.-2307, Vorlage der Landesregierung betreffend Landesgesetz, mit dem die NÖ Gemeindebeamtendienstordnung 1976 und das NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 1976 geändert werden – NÖ Hinweisgeberschutz-Begleitgesetz Gemeindedienstrecht. Ich ersuche Herrn Abgeordneten Hauer die Verhandlungen zu den genannten Verhandlungsgegenständen einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Hauer(ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich darf zur Ltg.-2305 betreffend Hinweisgeberschutzgesetz berichten. Der vorliegende Gesetzesentwurf dient zur Umsetzung der europäischen Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden. Die Richtlinie verfolgt das Ziel, um den gemeinsamen Mindeststandard zum Schutz von Personen festzulegen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße gegen das Unionsrecht erlangen und diese melden und offenlegen. Das Geschäftsstück liegt in den Händen der Abgeordneten und ich darf zum Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses kommen über die Vorlage der Landesregierung betreffend NÖ Hinweisgeberschutzgesetz (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der vorliegende Gesetzesentwurf betreffend NÖ Hinweisgeberschutzgesetz wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses Erforderliche zu veranlassen.“
Herr Präsident, ich ersuche um Einleitung der Debatte und Abstimmung und ich darf zum nächsten Geschäftsstück Bericht erstatten zum Landesgesetz, mit dem das NÖ Landes-Bedienstetengesetz, die Dienstpragmatik der Landesbeamten und das Landes-Vertragsbedienstetengesetz geändert werden bzgl. Begleitgesetz ... aus diesem Grunde, 2306 Geschäftsstück. Ich verzichte auf eine detaillierte Berichterstattung, da das Geschäftsstück in den Händen der Abgeordneten liegt und ich darf daher zum Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Landesgesetz, mit dem das NÖ Landes-Bedienstetengesetz, die Dienstpragmatik der Landesbeamten und das Landes-Vertragsbedienstetengesetz geändert werden bzgl. NÖ Hinweisgeberschutz-Begleitgesetz Landesdienst (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der vorliegende Gesetzesentwurf betreffend Landesgesetz, mit dem das NÖ Landes-Bedienstetengesetz, die Dienstpragmatik der Landesbeamten und das Landes-Vertragsbedienstetengesetz geändert werden – NÖ Hinweisgeberschutz-Begleitgesetz Landesdienstrecht, wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses Erforderliche zu veranlassen.“
Ich darf zum nächsten Geschäftsstück, 2307, kommen. Ebenfalls ein Hinweisgeberschutz-Begleitgesetz bzgl. Gemeindedienstrecht. Ich verzichte auch hier auf eine detaillierte Berichterstattung, da das Geschäftsstück in den Händen der Abgeordneten liegt und ich darf zum Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Landesgesetz, mit dem die NÖ Gemeindebeamtendienstordnung und das NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz zur Änderung kommen werden, dem NÖ Hinweisgeberschutz-Begleitgesetz Gemeindedienstrecht (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der vorliegende Gesetzesentwurf betreffend Landesgesetz, mit dem die NÖ Gemeindebeamtendienstordnung und das NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz geändert werden – NÖ Hinweisgeberschutz-Begleitgesetz Gemeindedienstrecht, wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses Erforderliche zu veranlassen.“
Herr Präsident, ich ersuche auch hier um Einleitung der Debatte und Durchführung der Abstimmung.
Zweiter Präsident Moser: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gelangt die Frau Abgeordnete Indra Collini, NEOS.
Abg. Mag. Collini(NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegenschaft! Sehr geehrte Damen und Herren! Niederösterreich bekommt ein Hinweisgeberschutzgesetz. Gut, dass ein Land hier tut, was ein Land tun „muss“ – denn das mit dem „Kann“, das kennen wir ja schon, das öffnet ja doch hin und wieder die ein oder andere Tür für Ausreden und gerade wenn es darum geht, dass man Dinge ans Licht bringen möchte, die im Verborgenen liegen, passiert es gern, dass diese Tür in der Politik der ÖVP auch genommen wird. Österreich muss auf Basis von Unionsbestimmungen ein zeitgemäßes Hinweisgebersystem einrichten. Niederösterreich war bisher säumig. Dies sogenannte „Whistleblower-EU-Richtlinie“ hätte ja bereits Ende letzten Jahres umgesetzt werden sollen. Wir NEOS haben die Einrichtung eines solchen Hinweisgebersystems ja auch immer wieder beantragt. Die ÖVP hat selbiges immer wieder abgelehnt. Warum wohl? Wie dem auch sei, jetzt ist es endlich so weit und diesen Schritt begrüßen wir NEOS – sehr. Denn mit dem Thema „Korruption“ sind die Menschen in Österreich ja mittlerweile tagtäglich konfrontiert und es muss endlich aufgeräumt werden, weil es ist ja wirklich zum Übergeben, was wir da tagtäglich lesen dürfen. Es ist dringend ein Kehrbesen notwendig und das zeigen auch die jüngsten Aussagen von Thomas Schmid, die offenbaren, dass gerade die ÖVP ein systemisches Problem mit Korruption hat oder anders gesagt, viel zu viele ÖVP-Politiker haben kein Problem mit Korruption. So durften wir aus den Medien erfahren, dass Wolfgang Sobotka, ein Protagonist der niederösterreichischen ÖVP, offenbar zugunsten des türkis-schwarzen Freundeskreises ins Steuerverfahren eingegriffen hat. Wir erfahren, dass man es sich gerichtet hat bei den unsauberen Parteigeschäften, den unsauberen niederösterreichischen Parteigeschäften. Ah, der Herr Ebner schüttelt den Kopf. Er hat das nicht gelesen. Gut, dass ich den Text dabei habe. Ich zitiere Thomas Schmid (liest:)„Mag. Sobotka intervenierte bei mir dahingehend, dass er mir mitteilte, (Unruhe bei der ÖVP.) dass es betreffend Alois Mock Institut oder Alois Mock-Stiftung – das weiß ich nicht genau – sowie die Erwin-Pröll-Stiftung, dass es Steuerprüfungen gebe (Abg. Ing. Ebner, MSc: Der Thomas Schmid hat die Wahrheit? Das ist ein Blödsinn! Das wurde bereits heute widerlegt!) und dass das doch nicht sein könne. (Unruhe bei der ÖVP.) Es sei zu erledigen. Ich habe diese Information im BMF weitergegeben. Es ist dann im Sinne von Mag. Sobotka erledigt worden.“ Weil es erledigt wurde, das war wahrscheinlich der Grund, warum der Herr Bundespräsident auch vorhin ein Statement abgegeben hat, weil alles so in Ordnung zuläuft in der ÖVP in Österreich. Fakt ist: Hier ist eingegriffen worden und jede Person, die in diesem Land Steuern zahlen muss und jeder, der schon einmal eine Finanzprüfung hatte, dem bleibt da, was man da liest, echt die Spucke weg. Denn während die einen brav ihre Steuern zahlen, können es sich andere ganz offensichtlich einfach richten. Da gibt es ein schwarz-türkises-grün-gelbes Netzwerk und für die gelten andere Regeln und das sind nämlich jene zum eigenen Vorteil. So und was Herrn Sobotka betrifft: Die strafrechtlichen Konsequenzen werden die Gerichte zu klären haben, doch die politisch moralischen Grenzüberschreitungen, die die Sobotka-ÖVP Niederösterreich, aber auch Sobotka selbst gemacht haben, da werden Sie die Verantwortung tragen müssen. Wenn nur noch ein kleiner Funke Anstand da ist, dann weiß der Herr Sobotka auch, was zu tun ist. Er sollte den Hut nehmen. Es muss endlich aufgeräumt werden in diesem „Korrumpantenstadl“ und ein Schlüssel dazu sind zeitgemäße Whistleblower-Plattformen oder eben Hinweisgebersysteme. Die sind ein Schlüssel, damit Politikerinnen nicht ihrer Machtfülle erliegen, ein Schlüssel, dass Freunderlwirtschaft ein Ende hat, dass Steuergeld nicht zweckentfremdet wird, das Steuergeld effizient eingesetzt wird, dass Missstände aufgezeigt werden. Jetzt gibt es natürlich einen Knackpunkt, dass ein solches System auch in der Umsetzung seine Wirkung entfalten kann. Der Knackpunkt ist der Schutz der Hinweisgeber, dass sich die Menschen trauen etwas zu melden, wenn sie das Gefühl haben, dass da etwas nicht sauber läuft, dass Mitarbeiterinnen des Landes NÖ sich trauen etwas zu melden ohne dass sie Angst davor haben müssen, dass es unangenehme, persönliche Konsequenzen gibt. Der vorliegende Gesetzestext sieht diese zwar sehr umfassend vor, wie Hinweisgeber zu schützen sind und das ist auch gut und wichtig und richtig so. Es hängt natürlich auch dann von der Umsetzung ab, wie das in der Realität gelingen kann. Wir NEOS werden natürlich ganz genau darauf schauen, wie das hier auch in die Umsetzung kommt dieses Gesetz. Wie man das machen kann? Da darf ich nach Wien verweisen zur Fortschrittskoalition. Da hat NEOS gezeigt, wie man so ein System implementieren kann, dass es auch gerade das Meldesystem der politischen Einflussnahme entzogen ist und so muss es auch in Niederösterreich sein. Abschließend noch einen zweckdienlichen Hinweis: Die Tatsache, dass erst Gemeinden über 10.000 Einwohnerinnen verpflichtet sind ein solches System zu installieren, bedeutet in der niederösterreichischen Praxis, dass rund 550 der 573 niederösterreichischen Städte und Gemeinden ein solches System nicht haben werden. (Abg. Ing. Erber, MSc.) Wenn wir alle hier herinnen ernsthaft daran arbeiten wollen, dass die Politik endlich wieder rauskommt aus diesem Schmuddeleck, in das sie sich hineinmanövriert hat oder einige uns hineinmanövriert haben, dann müssen wir auch das in Angriff nehmen. Dankesehr. (Beifall bei den NEOS.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gelangt die Frau Abgeordnete Helga Krismer-Huber, GRÜNE.
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Hoher NÖ Landtag! Also ich bin sehr froh, dass ... nein, ich muss anders anfangen. Das ist schon so ein Tag, wo man dann wieder froh ist, dass man bei der Europäischen Union ist, dass es möglich ist, dass es in ganz Europa irgendwie geklärt sein sollte, wer irgendwie einen Hinweis geben kann, wo etwas falsch rennt, geschützt wird, dass er das melden kann und dass er nicht irgendwie mit Sanktionen dann belangt wird, behaftet wird. Das ist eine schöne Sache innerhalb der Europäischen Union. Ich finde das ja auch lustig, dass dieses „Verpfeifen“ ja wirklich im Englischen „Whistleblower“ heißt und wir sagen jetzt Hinweisgeber, weil wenn man draußen sagt „Hinweisgeber“, wird man wahrscheinlich gar nicht so schnell draufkommen, dass es – für die, die heute zuschauen, es geht wirklich um eine „Whistleblower-Gesetz“ und ich glaube, das ist der Begriff der eher geläufig ist. (Abg. Dr. Michalitsch: Heute versteht man Englisch schon besser als Deutsch.) Genau. Eben schon selten der Fall in einem legistischen Zusammenhang, aber geläufiger als der deutsche Begriff. Das heißt, wirklich ein riesengroßer Fortschritt im sorgsamen Umgang mit Steuergeldern. Mir sind die Dinge gar nicht so fremd, wie Sie sich das vorstellen können – von beiden Seiten nämlich. Zum einen darf ich hier Opposition betreiben, habe auch schon Fälle in der eigenen Gemeinde gehabt. Also mir es das schon irgendwie bekannt und ich bin immer sehr froh, wenn Dinge an die Oberfläche kommen, weil zum einen geht es dann wieder in der richtigen Richtung weiter und es lernen auch alle Beteiligten dazu, auch die, denen man auf die Finger klopfen muss. Bei dem Gesetz ist es jetzt aber leider so, dass in Niederösterreich wieder nur das mindeste gemacht wird und das finde ich sehr bedauerlich. Man hätte jetzt einen größeren Wurf machen können. Wir hätten sagen können, wir beschränken das nicht auf das gemeinsame EU-Recht. Dass man weiß, worum es da geht: Also da geht es um das Auftragswesen, um die Verkehrssicherheit und Umweltschutz, um den Verbraucherschutz. Also es gibt quasi Gesetze, für die soll das jetzt dann gelten. Es gilt aber z. B. nicht für unsere Landesgesetze und es gilt auch nicht für unsere nationalen Rechte und das ist in dem Fall ein riesengroßes Manko. Wenn es um die Vergabe geht oder sie geht dann vielleicht noch in einen anderen Bereich hinein und es ist jetzt keine EU-weite Ausschreibung, aber es ist drunter und man hat einen Hinweis und hat einen Verdacht, dann könnte man das an keine Stelle herantragen. Daher, liebe Regierungsfraktionen, insbesondere die ÖVP: Das ist sehr schade, dass man die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat und hier sofort umfassend für Landes- und Bundesgesetze Vorsorge trifft. Eine Möglichkeit haben Sie noch und das ist jetzt der Resolutionsantrag, den ich einbringe. Ich lese nur den Beschlusstext vor, den Sachverhalt habe ich jetzt dargelegt (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, dem NÖ Landtag eine Novelle des NÖ Hinweisgeberschutzgesetzes zum Beschluss vorzulegen, welche die Ausdehnung des sachlichen Anwendungsbereiches auf nationales und Landesrecht enthält.“
Dann ist es nämlich ziemlich umfassend. Sehr geehrte Damen und Herren, vielleicht habe ich in Niederösterreich als Opposition schon mehr erlebt als meine Vorrednerin. Dementsprechend bin ich auch nicht mehr so künstlich aufgeregt, möchte aber der Kollegin Indra Collini schon mitgeben: Wenn Ihnen das so wichtig ist, dass die Dinge aufgeklärt werden, dann reden Sie wirklich bitte mit Ihrer Kollegin Krisper, wirken auf sie ein und nehmen die Arbeit im Untersuchungsausschuss auf. Sie sind Opposition im Bund und das ist Ihr Auftrag und ich habe kein Verständnis, dass Sie das nicht tun. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN, LR Waldhäusl, Abg. Königsberger und Abg. Razborcan.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Jürgen Handler, FPÖ.
Abg. Handler (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Landesrat! Hoher Landtag! Zum NÖ Hinweisgeberschutzgesetz: Das vorliegende Gesetz dient zur Umsetzung einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 zum sogenannten Schutz von Personen und inhaltlich geht es zum Schutz von sogenannten „Hinweisgebern“. Es gibt hier aber in dem vorliegenden Gesetzesentwurf einige Problemstellungen, welche nicht klar nachvollziehbar sind oder in weiterer Folge zu Irritationen und Unverhältnismäßigkeiten führen können. Es stellt sich für mich die Frage, wie mit z. B. Lehrlingen, welche noch minderjährig sind, die als sogenannte „Hinweisgeber“ auftreten, vorgegangen wird? Sind in diesen Fällen die Erziehungsberechtigten einzubeziehen oder wie sieht es in diesen Fällen mit den Kontaktdaten oder Identifikationsdaten mit den Erziehungsberechtigten aus und sind diese ebenfalls durch das Hinweisgeberschutzgesetz geschützt? Und da auch Stichwort „Datenschutz“ ... das geht hier nicht klar ersichtlich heraus. Weiters sind für Gemeinden unter 10.000 Einwohnern bzw. weniger als 50 Arbeitnehmer keiner internen Hinweisgebersysteme verpflichtet. Diese Formulierungen im Gesetzestext sind missverständlich und es legt auch nahe, dass für Hinweisgebung über Sachverhalte mit weniger als 50 Beschäftigten kein Schutz für Hinweisgeber bestehen soll. Es wird auch bei der Einrichtung der sogenannten „Meldekanäle“ auf keine Betriebsvereinbarungen oder ein Mitwirkungsrecht der Personalvertretung hingewiesen. Es kommt kein einziges Mal vor in dieser ganzen Gesetzgebung, welche aus unserer Sicht dementsprechend aber einzubinden wäre, weil ja die Personalvertretung sehr wohl mit allem, was Gesundheit, Wirtschaftlichkeit, Personal usw. zu tun hätte, zumindest bei der Errichtung der ganzen Geschichte. Problematisch sehe ich es auch, dass die sogenannten „Hinweisgeber“ mitunter nicht wissen, was unionsrechtlich erlaubt ist und es auch nicht genau definiert ist, was genau mit den Informationen passiert und welche tatsächlich angezeigt werden und wer diese Fälle konkret beurteilt. Ob dieser sogenannte Schutz für Hinweisgeber tatsächlich vorhanden ist, lässt sich auch sehr schwer feststellen, weil oft ist guter Glauben, Unwissen oder Willkür ... liegen diese drei Dinge oft sehr nah zusammen. Deswegen werden wir auch diesem Antrag oder dieser Gesetzesvorlage nicht unsere Zustimmung geben. Ich möchte aber noch kurz eingehen auf diesen Abänderungsantrag des Abgeordneten Samwald, sprich der SPÖ. Da sind ein paar Abänderungen drin, die ich schon stark hinterfrage, weil z. B. § 2 Z. 4 lautet: „ ...Verstöße, Handlungen oder Unterlassungen, die ...“ und da wollen Sie hinzufügen „... Verwaltungsübertretungen sowie Missstände insbesondere gegen das Arbeitnehmerinnenschutzgesetz in Zusammenhang mit gesundheitsberuflichen Verpflichtungen und Regelungen darstellen.“ Also wenn ich das jetzt so einführen würde ... drehen wir zwei Jahre zurück. Jetzt war in allen öffentlichen Gebäuden Maskenpflicht. Jetzt geht einer ... macht eine kurze Pause ... ist vielleicht ein Arbeitskollege oder vielleicht ein unguter Vorgesetzter ... das passiert vielleicht zwei, drei Mal ... mache ich ein Foto ... auch wenn er nur eine Pause macht ... melde das anonym wo auf und dann soll er eine Verwaltungsstrafe bekommen. So sehe ich das. Oder beim Straßenbau, wenn ich jetzt ... Beispiel: mit der Trennscheibe schneide ... irgendein Eisen abschneide ... müsste ich Schutzbrille tragen usw. Jetzt mache ich einen Schnitt und mache das nicht ... ist vielleicht auch mein Vorgesetzter, den ich nicht mag ... das passiert zwei, drei Mal, fotografiere und melde das und dann kriegt der vielleicht auch eine Verwaltungsstrafe. Ich glaube, das ist schon mehr Bespitzelung im Dienst selbst, im Landesdienst oder auch „wuascht“ jetzt in welcher Arbeit und das, glaube ich, schießt über das Ziel hinaus, dass man solche Dinge nicht in diesem Gesetz braucht, weil das erstens einmal Unmut bringt und zweitens: Wem kann ich dann noch vertrauen, welchem Arbeitskollegen? Wenn ich einen unguten Vorgesetzten habe, den ich vielleicht nicht so mag, könnte ich den so sehr unter Druck setzen und jede Kleinigkeit aufzeigen – aber wirklich jede Kleinigkeit – dass er irgendwann einmal freiwillig geht, weil er nicht weiß, wer ihn da anzeigt. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Christian Samwald, SPÖ. Ich erteile es ihm.
Abg. Mag. Samwald(SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Ganz kann ich der Wortmeldung des Abgeordneten Handler nicht folgen, denn ich glaube, wir sehen das Gesetz eher positiv und es soll ja Schutz bieten und man soll nicht immer vom Schlechtesten ausgehen, dass es zum Denunzieren und zum Schlechtmachen anderer verwendet wird. Ich glaube, es ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir sollten hier nicht paranoid sein insofern, weil ein Gesetz nie dazu dienen kann, andere schlecht zu machen und andere anzupatzen und davon gehen wir nicht aus. Im Gegenteil, wenn du sagst im Arbeitnehmerinnenschutzgesetz ... genau hier wollen wir eine Verbesserung erreichen, weil viele Angestellte trauen sich hier vielleicht – um das berufliche Fortkommen nicht in Gefahr zu stellen – hier keine Meldung zu machen. Wenn das natürlich jetzt im Negativen ausgenutzt werden sollte, muss man sich das im Detail anschauen. Aber grundsätzlich zu profitieren, wenn man einen anderen schlechtmacht, glaube ich, das geht völlig an der Materie des Gesetzes vorbei und auch völlig am Sinn und Zweck des Gesetzes. Darum ist es uns auch wichtig, dass wir das auch ins innerstaatliche Recht übernehmen, denn im Geltungsbereich sind keine Verstöße gegen innerstaatliches Recht, Strafgesetzbuch im Arbeitnehmerinnenschutzgesetz, vorgesehen und das sind ja – sind wir uns ehrlich – in der Praxis die häufigsten Anwendungsfälle. Darum wollen wir auch entsprechend diesen Wirkungskreis erweitern. Ich glaube, es ist auch ein Instrument der Qualitätssicherung und auch zum Schutz vor potenziellen Schäden geeignet und auch bei Haftungsfragen ein gutes Werkzeug. Ich darf daher auch gleich zum Antrag kommen in kompakter Form (liest:)
„Die Abänderung lautet wie folgt:
§ 2 Z. 4 lautet:
„Verstöße: Handlungen oder Unterlassungen, die
a. rechtswidrig sind und mit den Rechtsakten der Europäischen Union und jenen Bereichen des Unionsrechts im Zusammenhang stehen, die in den sachlichen Geltungsbereich nach § 4 fallen, oder
b. dem Ziel oder Zweck der Vorschriften der Rechtsakte der Europäischen Union und jener Bereiche des Unionsrechts, die in den sachlichen Geltungsbereich nach § 4 fallen, oder
c. in den sachlichen Geltungsbereich
- in den ersten Abschnitt des Strafgesetzbuches oder
- Verwaltungsübertretungen sowie Missstände, insbesondere gegen das Arbeitnehmerinnenschutzgesetz im Zusammenhang mit gesundheitsberufsrechtlichen Verpflichtungen und Regelungen darstellen,
fallen;“
§ 4 Abs. 5 lautet:
„Dieses Gesetz gilt für die Meldung von Verstößen gegen Rechtsvorschriften, die in den Anwendungsbereich
- des ersten Abschnittes des Strafgesetzbuches oder
- Verwaltungsübertretungen sowie Missstände, insbesondere gegen das Arbeitnehmerinnenschutzgesetz im Zusammenhang mit gesundheitsberufsrechtlichen Verpflichtungen und Regelungen darstellen,
fallen;“
§ 4 Abs. 5 des Entwurfes erhält die Bezeichnung Abs. 6“
§ 5 Abs. 2 lautet:
„Dieses Gesetz gilt auch für anonyme Meldungen von Verstößen.“
Ich glaube, wir sind gut daran, dieses Gesetz auch umzusetzen und es auf innerstaatliches Recht auszuweiten. Dankesehr. (Beifall bei der SPÖ.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Martin Michalitsch, ÖVP.
Abg. Dr. Michalitsch(ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Es geht um das Hinweisgeberschutzgesetz ... ist ja schon einiges gesagt worden. Aus unserer Sicht ist es eine Umsetzung einer EU-Richtlinie und zwar wie das – aus meiner Sicht – ein guter Weg ist, eine 1:1-Umsetzung. Wir haben nichts weggelassen und wir haben nichts dazugefügt und die Richtlinie und das Gesetz sind damit auch klar – an den Kollegen Handler gerichtet. Man sieht auch den Kreis des EU-Rechts im Gesetz ganz klar definiert, um welche Dinge es geht und um welche nicht und das finde ich eigentlich gut. Das Land NÖ hat die Verpflichtung für sich und die Gemeinden einfach Hinweisgebersysteme einzuführen – das heißt, dort wo man Hinweise geben kann – und zweitens den Schutz dieser Personen entsprechend vorzunehmen. Auf den Kollegen Samwald eingehend glaube ich, dass wir bei der anonymen Hinweisvergebung ... die haben wir nicht drinnen, so wie auch die Mehrzahl der anderen Bundesländer – Oberösterreich, Steiermark, Salzburg, Kärnten, Burgenland, Vorarlberg – nicht, weil ja viele Bereiche des Gesetzes auch keinen Sinn machen. Wie soll ich jemandem bestätigen, dass der Hinweis eingegangen ist, wenn er anonym ist und ich ihn nicht kenne? Auch dem Anonymen eine Rückmeldung zu geben macht aus unserer Sicht wenig Sinn. Was aber das Gesetz beinhaltet ist, dass wenn jemand anonym einen Hinweis gibt und im Zuge des Verfahrens oder durch irgendeinen Umstand ist die Anonymität dann nicht mehr gegeben, dann genießt er den vollen Schutz des Gesetzes. Was die Ausweitung, die jetzt von verschiedenen Rednern gefordert wurde, betrifft, so glaube ich, dass wir ein sehr elaboriertes Rechtsschutzsystem haben. Weil jetzt z. B. der Umweltschutz genannt wurde: Da haben wir die weisungsfreie – Kollege Ebner – weisungsfreie Patienten- ... und die weisungsfreie Umweltschutzanwaltschaft und für die Patienten und Pflege, also im sensiblen Bereich der Gesundheit haben wir die Patienten- und Pflegeanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft – insbesondere manche Staatsanwaltschaften – gehen ja, wenn man dem glaubt, was auf Bundesebene diskutiert wird, liebend gern anonymen Hinweisen nach und ... kann man jetzt die aktuelle Diskussion auf Bundesebene auch sehen ... machen auch alles Mögliche, um ihre Arbeit z. B. vom Parlament auch zeitlich getrennt zu halten. Also mit anderen Worten: Ich denke, wir haben in Österreich und auch in Niederösterreich ein gutes System, dass Rechtsschutz gegeben wird und durchgeführt wird und auch – was der Kollege genannt hat – die Arbeitnehmerinnenschutzgesetze mit den Inspektoraten. Also ich denke, da gibt es ein wirklich gutes System, dass diese Hinweise auch verfolgt werden und sachgerecht überprüft werden. Daher denke ich, dass dieses Gesetz ein guter Schritt ist. Die Umsetzung intern wird durch die Landesamtsdirektion erfolgen, extern durch die Gleichbehandlungsbeauftragte und ich denke, das ist ein guter erster Schritt, um zu schauen, wie sich das in der Zukunft bewährt. Daher stehen wir voll und ganz zu diesem Gesetz und werden es auch mit Überzeugung beschließen. Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
Zweiter Präsident Moser: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort. Er verzichtet.
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.