Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1953/A-1/141-2022 – Voraussetzungen für Pflege und Betreuung mit Zukunft
Berichterstatterin
Redner
- Edith Kollermann (NEOS) Tagesordnungspunkt 13 Video und Sitzungsbericht
- Silvia Moser (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 13 Video und Sitzungsbericht
- Erich Königsberger (FPÖ) Tagesordnungspunkt 13 Video und Sitzungsbericht – mit Zusatzantrag
- Karin Scheele (SPÖ) Tagesordnungspunkt 13 Video und Sitzungsbericht – mit Zusatzantrag
- Anton Erber (ÖVP) Tagesordnungspunkt 13 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, FPÖ, GRÜNE, Abg. Ing. Huber, Ablehnung SPÖ, NEOS
Zusatzantrag Abg. Königsberger betreffend Maßnahmen zur Stärkung der Pflege in Niederösterreich abgelehnt: Zustimmung FPÖ, Abg. Ing. Huber, Ablehnung ÖVP, SPÖ, GRÜNE, NEOS
Zusatzantrag Abg. Mag. Scheele betreffend Pflegenotstand in unseren Krankenhäusern und Pflegeheimen beenden – klare und qualitätsvolle Personalausstattungsregelungen jetzt setzen abgelehnt (Stimmengleichheit): Zustimmung SPÖ, FPÖ, GRÜNE, NEOS, Abg. Ing. Huber, Ablehnung ÖVP
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Wir kommen zum Verhandlungsgegenstand Ltg.-1953, Antrag der Abgeordneten Erber u.a. betreffend Voraussetzungen für Pflege und Betreuung mit Zukunft. Ich ersuche die Frau Abgeordnete Zeidler-Beck die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatterin Abg. Mag. Marlene Zeidler-Beck(ÖVP): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Ich berichte zum Antrag der Abgeordneten Erber, Hinterholzer u.a. betreffend Voraussetzungen für Pflege und Betreuung mit Zukunft. Der Antrag wurde im Sozial-Ausschuss ja bereits diskutiert. Er liegt in schriftlicher Form vor. Ich darf daher gleich zum Antrag kommen (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird ersucht, an die Bundesregierung und insbesondere den zuständigen Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz heranzutreten und darauf hinzuwirken, dass in Abstimmung mit den Ländern insbesondere folgende Punkte rasch umgesetzt werden:
- Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes hinsichtlich der Kompetenzen und Einsatzmöglichkeiten der in Pflegeberufen tätigen Menschen im Sinnen der Notwendigkeiten in der Praxis;
- Sicherstellung der langfristigen Finanzierung des Pflegesystems in Österreich;
- Konkretisierung der Verwendungsmöglichkeiten der Gelder für die Pflege und die Pflegeausbildung;
- Konkretisierung der Rahmenbedingungen für den Bereich der Pflegelehre und
- Gewährleistung der Teilbarkeit der 24-h-Betreuung.“
Ich bitte um Debatte und Abstimmung.
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Geschätzte Frau Abgeordnete, herzlichen Dank für die Berichterstattung. Ich darf die Debatte eröffnen und als erster Rednerin der Frau Abgeordneten Edith Kollermann von den NEOS das Wort erteilen.
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns hier heute mit einem der wichtigsten sozial- und gesundheitspolitischen Themen, die es aktuell überhaupt gibt und trotzdem erschöpft sich dieses riesige und komplexe Thema der Gesundheits- und Sozialpolitik – und ich nenne das wirklich ganz bewusst gemeinsam – in einem einzigen Antrag der ÖVP. In dem geht es eigentlich nur darum ein paar Löcher zu stopfen in einem kaputten Boot, gerade so, dass man darin sitzen bleiben kann und gerade so, dass man nicht untergeht. Da frage ich mich schon: Ist das Ihr Ernst? Ist die ÖVP wirklich so plan- und ideenlos? Dürfen Sie keine Lösungskompetenz haben oder können Sie es wirklich nicht? Ich zitiere aus dem vorliegenden Antrag, da steht unter anderem Ihr gern verwendeter „Claim“ der letzten Monate und parallel tut das Land NÖ, was ein Land tun kann für Pflege und Betreuung mit Zukunft. Dem stelle ich ein anderes Zitat gegenüber. Es stammt aus dem Mund der Mutter der Pflege, von Florence Nightingale, und ich übersetze das sinngemäß. Sie hat gesagt: „Nicht Worte, sondern Handlungen und Ergebnisse braucht das Land.“ Die Bundeskompetenz in der Pflege liegt bei der Festlegung der Grundsätze. Es ist aber nicht so, dass Sie als Landesregierung – und es ist ja niemand da, also offensichtlich ist dieses Thema unglaublich wichtig genommen von der Landesregierung – keine Kompetenzen haben, sondern die Vollziehungs- und die Ausführungskompetenz ist komplett Ländersache. Daher müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, ob Niederösterreich wirklich alles tut, was das Land tun kann oder ob das – Vorsicht Spoiler – wieder einmal eine dieser leeren Worthülsen ist, um die noch relativ kurze Zeit bis zur nächsten Wahl zu überbrücken. Die Forderungen des Antrags sind die Minimalversion der Minimalversion der Minimalversion dessen, was in der Pflege gebraucht wird: so mutlos, so ideenlos, so unfassbar traurig. Ihr Ansatz da drinnen ist: Ausbildungsprämien. Eh super, aber was braucht man wirklich? Man braucht gute, angemessene Arbeitsbedingungen, damit die Menschen diesen Beruf ergreifen wollen und in diesem Beruf auch drinnenbleiben wollen. Ihr Ansatz: Teilbarkeit von 24-Stunden-Betreuung. Was braucht es wirklich in der 24-Stunden-Betreuung? Der Herr Kollege Erber weiß das ganz sicher. Er darf nur wahrscheinlich nicht mehr hineinschreiben in so einen Antrag. Es braucht eine höhere Qualifizierung. Es braucht Qualitätsstandards. Es braucht eine soziale Absicherung für die Betreuerinnen und Betreuer und es braucht wohnortnahe Anlaufstellen sowohl für die Pflegebedürftigen als auch für die Angehörigen. Noch ein Ansatz, der vorkommt in dem Antrag: Sicherstellung der Finanzierung. „No na.“ Natürlich braucht es eine Sicherstellung der Finanzierung, eine langfristige Sicherstellung. Aber so, wie wir das schon bei anderen Anträgen heute gehört haben, geht es ja nicht nur darum, Geld in irgendein System zu schaufeln, sondern es geht doch darum zu schauen: Was wird gebraucht? Und wie kann man das am besten machen und wie kann man das nachhaltig finanzieren? Deshalb braucht es auch hier dieses „Pflegegesamtkonzept“ und das ist nicht ein leeres Wort. Da ist ja Inhalt drinnen. Das muss ja inhaltlich gefüllt sein und es muss einen Finanzierungsteil haben. Die inhaltlichen Punkte da drinnen sind – wir kennen sie schon längst alle: Was erwartet uns durch die demographische Entwicklung? Was bedeutet das – wenn die Lebenserwartung steigt – für den Gesundheitszustand der älteren Bevölkerung? Wie können wir erreichen, dass Menschen zu einem späteren Zeitpunkt Pflegeleistungen benötigen? Wie, wo und durch wen findet Pflege statt? Welche Qualifikationen und Strukturen werden dafür benötigt? Was funktioniert bereits gut – es ist ja nicht so, dass wir nichts haben – und wo muss dringend nachgebessert werden? Und der zweite Teil ist dieses Konzept für die Finanzierung und da könnte man darüber diskutieren, ob man da von einem Beitrags, teilweise steuerfinanzierten, Konzept auf eines der beiden Modelle umsteigt. Wie könnte man einen Fonds dotieren – wodurch wird der nachhaltig abgesichert? – der sich genau darum kümmert? Das wäre umzusetzen. Tatsächlich haben aber vor mittlerweile schon fast fünf Jahren die politischen Parteien – alle außer NEOS – den Pflegeregress abgeschafft. Das ist eine Vogel-Strauß-Politik und das ist eigentlich so ein Paradebeispiel dafür, dass man es immer wieder nennen muss. Man könnte sagen, man geht halt Schritt für Schritt. Aber in dem Fall ist halt der letzte Schritt vor dem ersten gegangen worden. Das ist nicht so, dass man das nicht hätte abschaffen können, aber ich brauche ja zuerst gesamt eine Idee darüber, was wir wann brauchen und wie wir es finanzieren. Wir haben einen ganz wesentlichen Hebel in der Betrachtung der Gesundheits- und Pflegepolitik, der in diesem Antrag überhaupt nicht vorkommt. Wie schaffen wir es, dass die Menschen länger gesund bleiben, dass sie gesünder alt werden? Da ist genau nichts drinnen in dem ganzen Antrag und das ist eigentlich der größte Hebel und ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass dieses Wissen um Prävention, dass das vor der ÖVP Niederösterreich geheimgehalten wird. Auch wenn die Landesrätin darauf achtet – sie ist ja heute auch nicht da – dass meine Tour durch die Pflegeheime möglichst verhindert wird und dass wir NEOS am besten nicht mit irgendwelchen Praktikerinnen und Praktikern sprechen, gibt es über die Herausforderungen im Pflegebereich aber doch einige, die uns Auskunft geben und uns auch ihre Sicht der Dinge schildern. Vielleicht sollten Sie auch öfter einmal die Gelegenheit nutzen und mit Pflegewissenschafterinnen, mit Hausärzten, mit Gesundheitsökonomen und Praktikern, Praktikerinnen in dem Bereich auch zu sprechen oder ich empfehle ein Buch an dieser Stelle, ein sehr aktuelles Buch von Barbara Fisa, Norbert Bachl und Alexander Biach mit dem Titel „Raus aus der Pflegefalle“. Prävention, also die Vorbeugung und Krankheitsvermeidung, macht bei den gesamten laufenden Gesundheitskosten nur einen Bruchteil aus. Daher sind wir – und ich zitiere aus diesem Werk (liest:)„Weltmeister in der Reparaturmedizin und Schlusslicht bei der Prävention und Gesunderhaltung“. Wir könnten jetzt einen ganzen Nachmittag, der schon fast vorbei ist, und den Abend damit verbringen, Schuldzuweisungen zu machen, warum das so ist. Aber wir können auch die nächsten Minuten oder die nächste halbe Stunde damit verbringen zu überlegen: Was ist zu tun, damit wir – uns selbst auch – aber insgesamt der niederösterreichischen Bevölkerung ein Altern in Würde und Gesundheit ermöglichen? Ich wage zu behaupten, dass die Lösung auch hier einen liberalen Ansatz … dass das hier zu finden ist. Es beginnt mit einer Eigenverantwortung in einer Verbindung mit Solidarität und mit Anreizsystemen. Dann funktionieren sowohl der Markt als auch der Sozialstaat. Was ist es also, was man laut Analyse von Expertinnen und Experten braucht? Erstens: Eine Etablierung von Vorsorgeprogrammen. Wir alle kennen das oder alle, die Eltern sind, kennen den Mutter-Kind-Pass. Aber wir bräuchten auch einen, der dann die späteren Lebensphasen begleitet und hier mit ganz konkreten Zielen auch arbeitet im Bereich von Ernährung, von Bewegung, von Sozialkontakten, die ja einen wesentlichen Anteil daran haben, wie gesund Menschen dann auch sind. Zweitens: Die rasche Umsetzung der Ziele für die Primärversorgungseinheiten mit einem vielleicht auch Ausbau, mit Pflegekompetenzzentren, die wohnortnahe gut verfügbar sind. Da kann ich die ganze Hauskrankenpflege miteinbeziehen in unterschiedlichen, losen Kooperationen oder mit einer Eingliederung. Drittens: Chronika-Programme. Es ist ganz, ganz massiv, wie stark die Menschen beeinträchtigt sind und wie frühzeitig im Vergleich zu anderen Ländern hier auch eine massive Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes stattfindet, wenn es hier keine flächendeckenden Chronikaprogramme – also speziell im Bereich „Diabetes“ gibt. Viertens: Eine qualitativ hochwertige Ausbildung und Perspektiven für den Pflegeberuf und Fünftens: Forschungsgeld. Ganz speziell auch wie unterstützt man auch in Zukunft neue Strukturen, die es geben wird mit der E-Medizin, mit digitalen Prozessen, mit Hilfsmitteln? Hier brauchen wir wirklich innovative Lösungen. Ja, eine substanzielle Veränderung im Pflegebereich bedeutet, die Fenster aufzureißen und frische Luft und frische Ideen hereinzulassen. Es bedeutet, die passive Versorgungsmentalität und auch den inneren Schweinehund zu überwinden und aktiv zu werden. Es bedeutet, sich mehr Lebensqualität zu erarbeiten. Das ist auch etwas, was wir schon fast nicht mehr gewohnt sind, dass wir das von uns selber auch fordern, aber es wird uns nicht geschenkt. Es ist etwas, wofür wir etwas tun müssen und was auch sehr positive Aspekte hat, wenn man sich das erarbeitet. Schließlich ein generationengerechtes und nachhaltiges Gesundheits- und Pflegesystem für alle zu sichern. „Es bedeutet“ – und hier zitiere ich noch einmal aus dem Buch „Raus aus der Pflegefalle“(liest:)„Es bedeutet nicht mehr und nicht weniger als langfristig die Pflegenotwendigkeit zu vermindern statt Ressourcen zu verschwenden.“ Das, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist es, was verantwortungsbewusste Landespolitiker für Pflege und Betreuung in Zukunft tun können und tun müssen. Wenn Sie Gesundheit und Pflege nicht in einem denken, dann haben Sie den Auftrag leider nicht verstanden. Diesem mutlosen Alibiantrag können wir nicht zustimmen. Das geht besser. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächster Rednerin erteile ich der Frau Abgeordneten Silvia Moser von den GRÜNEN das Wort.
Abg. Mag. Silvia Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen der ÖVP! Ihr wisst genauso gut wie ich, dass derzeit im Bund intensive Gespräche genau zu den Themen laufen, die ihr in diesem Antrag angesprochen habt – Gespräche und Verhandlungen genau zu diesen Themen. Ich finde es daher nicht nur völlig unnötig, sondern sogar kontraproduktiv, als Niederösterreich mit einem solchen Antrag in diese Verhandlungen quasi hineinzufahren und so zu tun, als wenn die ÖVP in der Regierung im Bund gar nicht beteiligt wäre. Es wäre vielleicht generell ein bisschen günstiger, wenn nicht immer die Zurufe aus den Ländern gewisse Verhandlungen und Aktivitäten des Bundes irritieren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich sage hier auch, statt sich bei den Bundesthemen da jetzt wichtig zu machen, wäre es gut, einmal die eigenen Hausaufgaben zu erledigen – und zwar zielführend und zukunftsfähig – jene, die im eigenen Kompetenzbereich liegen. Ich sage da nur als Stichwort „Ausbildung Pflege“, „Arbeitsbedingungen Pflege“, „Personalschlüssel Pflege“ usw., usw. Ich habe es hier in der vorigen Sitzung bei der Aktuellen Stunde schon gesagt: „Reden ist silber, Tun ist gold.“ Bei der Pflege brauchen wir endlich Aktivitäten. Geredet haben wir viel und tun wir viel, aber es ist viel zu spät gehandelt worden und wir können jetzt noch einmal sämtliche Anträge und was weiß ich was aufwärmen, es wird nichts nutzen. Während wir hier reden und diskutieren, sind Landeskliniken im Notbetrieb, werden Stationen geschlossen, sind Menschen zu Hause unversorgt, etc. In diesem Zusammenhang ist vielleicht auch angebracht hier in dieser äußerst schwierigen Situation einmal all jenen „Danke“ zu sagen, die sozusagen den Betrieb am Laufen halten, die einspringen, die Nachtdienst über Nachtdienst machen, die Stunden im Monat zusammenbekommen, die weit über ihre Soll-Arbeitszeit hinausgehen. Diese Menschen halten den Betrieb aufrecht. Diese Menschen haben unseren Dank verdient. (Beifall bei den GRÜNEN, den NEOS und einzelnen Abgeordneten der SPÖ und ÖVP.) Zum Antrag selber: Wir werden ihm zustimmen, auch wenn wir einige Forderungen kritisch sehen. Natürlich: Sicherstellung der langfristigen Finanzierung des Pflegesystems – „no na ned“ – soll man das machen, die Verwendung der Gelder genauer regeln, ja. Kritisch sehe ich allerdings die Novellierung des GuK. Ich bin nicht grundsätzlich dagegen, aber ich befürchte ein Nivellement nach unten. Wir müssen auch in der Pflegekrise versuchen, die Qualität zu halten. Was ich befürchte: Die Agenden der diplomierten Gesundheits- und Pflegepersonen mit einer fundierten dreijährigen Ausbildung dann an die Pflegefachassistenz zu übergeben – das ist für mich nicht unproblematisch. Die Pflegelehre, die ist für mich nicht die Rettung der Pflege. Sie ist ein Verheizen von jungen Menschen. Ich kann mir eine klassisch duale Pflege überhaupt nicht vorstellen mit 15 am Pflegebett – das ist einfach unverantwortlich – Leid und Tod zu erleben. Es ist für eine klassisch duale Ausbildung das Personal in der Praxis nicht vorhanden, einfach nicht vorhanden. Pflegelehre vielleicht sogar denkbar für Spätberufene, für Umsteigerinnen ab einem gewissen Alter, ja, aber nicht für 15-Jährige. Die Teilbarkeit der 24-Stunden-Pflege, ja das prolongiert und verschärft halt die Situation der 24-Stunden-Betreuerinnen. Von Kundenseite her betrachtet könnte es manchmal sogar wirklich wünschenswert sein. Das heißt, im Nachbarschaftsbereich eine 24-Stunden-Betreuerin für zwei Klientinnen. Naja, warum nicht? Aber ist es nicht gerade bei 24-Stunden-Betreuung der Sinn und auch der Wunsch, dass die Betreuten ständig eine Person an der Seite haben? Das wäre dann eigentlich kontraproduktiv – und das muss man auch sagen – ein Wahnsinn für die 24-Stunden-Kraft. Punktuelle Tätigkeiten, die man vielleicht auch ins Auge fassen könnte, die sollten nach wie vor von den sozialen Diensten getätigt werden. Hier darf es auch – meiner Meinung nach – nicht zu einem Preisdumping kommen. Kollege Erber, du schlägst immer wieder sogenannte „Wohngemeinschaften“ vor mit mehreren Betreuungsbedürftigen und 24-Stunden-Betreuerinnen. Da bin ich wirklich sehr, sehr kritisch. Meiner Meinung nach schrammt das wirklich daran vorbei, dass man rechtliche Grundlagen umgeht, so wie die NÖ Pflegeheim-Verordnung, die ja nicht nur für Heime, sondern auch für Pflegeplätze und Pflegeinrichtungen gilt. Wir hatten so etwas schon einmal in Niederösterreich. Das wurde Gott sei Dank von der Pflegeaufsicht rasch geschlossen. Wie gesagt: Die Verhandlungen auf Bundesebene laufen. Sie laufen auf Hochtouren. Wir haben hier Vertrauen zu unserem Bundesminister Johannes Rauch und seinem Team, dass wir hier sinnvolle und zukunftstaugliche (Abg. Ing. Mag. Teufel: Da seid ihr aber die Einzigen, die … unverständlich.) Lösungen finden. Wir stimmen dem Antrag auch deswegen zu im Sinne von „Wir wollen alles prüfen – keine Chance unnötig vergehen lassen, alle Möglichkeiten ausschöpfen“, um unser Pflegesystem aufrecht zu halten und die Qualität zu sichern und um das Personal zu entlasten. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Erich Königsberger von der FPÖ das Wort.
Abg. Königsberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Jetzt sind wir wieder beim Murmeltierchen, das zwar nicht täglich, aber schön langsam jede Landtagssitzung grüßt. Bald jede Landtagssitzung diskutieren wir hier über den herrschenden Pflegenotstand in Niederösterreich. Wir diskutieren, diskutieren, dass einem da heraußen schon schwindelig wird – mit dem traurigen Ergebnis, dass durch die Blockade der Mehrheitspartei ÖVP wenig bis gar nichts an Maßnahmen zur Umsetzung kommen. Da hat ja die Landeshauptfrau vor ein paar Wochen einen wahren Pflegetsunami medial gehämmert. Wie immer ist aus dem Tsunami nicht einmal eine Kapillarwelle geworden. Alles ist ruhig, nichts bewegt sich. Genau das zeigt im Großen und Ganzen auch dieser schwarze Antrag, den wir heute hier diskutieren, wieder einmal auf. Es zeigt auch das Interesse der ÖVP am eigenen Antrag, wenn man die Anwesenheit anschaut – die ist auch nicht allzu groß ausgefallen. Wie gesagt, den Antrag zu beschreiben … dort wird ein bisschen der Ist-Zustand beschrieben oder besser gesagt verharmlost, ein Blau-gelbes Pflegepaket, welches nur lauwarme Luft enthält, über den schwarzen Klee gelobt, der Hinweis, dass in ganz Europa die Situation auch nicht besser ist und das Abschieben der ganzen Verantwortung auf den Bund. Das sind so die Kernpunkte dieses Antrages, aber keine konkreten Lösungsvorschläge. Keine konkreten Maßnahmen zur Entschärfung der derzeitigen Missstände im Pflegebereich. Und die werden heute wieder wir Freiheitlichen einfordern. Dazu werden wir eben einen Zusatzantrag mit sechs konkreten und klaren Forderungen, vor allem auch für den eigenen Wirkungsbereich der Landesregierung, einbringen und darauf darf ich dann später noch zurückkommen. Ich habe es schon letzte Landtagssitzung angesprochen: Der Verweis, dass der Personalmangel im Pflegebereich ein EU-weites Problem sei, das ist schon ein besonderes Zuckerl. Sonst hören wir von der ÖVP auch immer – das habe ich auch letztes Mal gesagt – dass wir Vorzeigeland in allen Bereichen sind, in Österreich, in Europa, auf der ganzen Welt, bis ins Universum und jetzt redet man sich auf ein europäisches Problem aus. „Da kann man halt nichts machen“, sagt die ÖVP. Aber ich sage euch eines: Nein, es ist kein europäisches Problem. Dieser Notstand ist hausgemacht und geschuldet einer völlig falschen und verfehlten Pflegepolitik der ÖVP im Land NÖ. (Beifall bei der FPÖ, Abg. Ing. Huber und Abg. Mag. Kollermann.) Geschätzte Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, Sie wollen die Zahl der Ausbildungsplätze um 400 erhöhen … das ist auch gut so. Aber da muss man auch die Anreize schaffen, dass diese auch in Anspruch genommen werden. Da ist es zu wenig, die Studiengebühren zu ersetzen und vor allem ist es zu wenig, Auszubildenden in den Bereichen „Pflegeassistenz“, „Pflegefachassistenz“ und im „diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegedienst“ eine monatliche Prämie von sage und schreibe 420 Euro anzubieten. Das habe ich auch in der letzten Sitzung schon gesagt: Das geht aus wie das Hornberger Schießen. Keine alleinerziehende Mutter, kein Familienvater kann mit 420 Euro sein Dasein fristen. Damit kann man nicht einmal die Miete zahlen oder die Lebensmittelkosten begleichen. 420 Euro entsprechen nicht einmal der Hälfte der Sozialhilfe und das ist kein gangbarer Weg, Menschen für eine Berufsveränderung zu motivieren. Das wird nur funktionieren, wenn man bereits in der Ausbildung ein Einkommen zum Auskommen entrichtet – so analog zur Ausbildung von Polizei oder Justizwacheschülern. In dem Antrag der ÖVP wird auch auf die Dislozierung von 50 Ausbildungsplätzen von Krems nach Mistelbach als Errungenschaft bejubelt. Da ist euch anscheinend auch entgangen, dass durch eine Verlagerung von Ausbildungsplätzen kein einziger Platz mehr geschaffen wird. Aber das ist halt die typische ÖVP-Arithmetik: 50 Plätze verlagern, ergibt für die SCHWARZEN ein Plus. Von mir gibt es dafür einen glatten „Fleck“ und ein „Nicht genügend“, setzen. Des Weiteren wird hier angeführt, dass durch Zu- und Neubauten im Bereich der stationären Langzeitpflege 2.000 neue Pflegeplätze entstehen werden. Das ist auch zu begrüßen, aber ich weise auch in aller Deutlichkeit darauf hin, dass wir bereits jetzt 400 leerstehende Betten in unseren Pflege- und Betreuungszentren haben. Ursache: Personalmangel. Daher: Natürlich „Ja“ zum Ausbau und Neubau unserer Pflege- und Betreuungszentren, aber unter der Prämisse, dass wir für diese 2.000 neuen Betten auch genügend Personal zur Verfügung haben. Daher muss jetzt und sofort gehandelt werden und es müssen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt werden (Beifall bei der FPÖ.) und – wie immer – eine der wichtigsten davon ist für uns die Einführung dieses Lehrberufes „Pflege und Betreuung“. Auch wenn es die GRÜNEN nicht verstehen, wir müssen bei der Ausbildung unserer Jugend ansetzen. Hier liegt der Schlüssel für eine sichere, für eine effiziente und hochwertige Pflege in der Zukunft. Lieber Kollege Erber, ich spreche dir ja ein Engagement im Bereich der Pflege wirklich nicht ab. Du musst dich nur im eigenen Klub durchsetzen. Aber mich freut es, wenn du vor ein paar Tagen im Kurier diesen Lehrberuf erwähnst, ihn für wichtig und richtig hältst und wenn ich dann lese, dass man ja die ersten zwei Jahre Theorie unterrichten könnte und im dritten Jahr dann in die Praxis wechselt. Da habe ich mir gedacht, Kollege Erber, das kenne ich von irgendwo – aber es freut mich, wenn unsere Gedanken, wenn unsere Inputs übernommen werden – egal wie er kommt, Hauptsache dieser Beruf kommt und wir sind es niemandem neidig, wenn er unsere Ideen nachahmt und auch verlautbart. (Beifall bei der FPÖ und Abg. Ing. Huber.) Wie gesagt, Ziel muss es sein unsere Pflegekräfte im eigenen Land auszubilden mit hohem Qualitätsstandard und nicht halb ausgebildetes Personal aus dem Osten oder von irgendwelchen Inseln zu importieren, dazu dann die Nostrifikation so aufzuweichen, dass hier jede und jeder als geeignet erscheint und gut ausgebildet dargestellt wird. Nein, wir Freiheitliche wollen unser Geld in die Ausbildung unserer jungen Landsleute investieren und nicht an irgendwelche Bananenrepubliken überweisen. Daher zusammengefasst: Hoch qualifizierte Fachkräfte ausbilden, unserer Jugend die Chance auf einen zukunftssicheren Beruf mit Arbeitsplatzgarantie zu geben, diesen entsprechend zu entlohnen, die geleistete Arbeit wertschätzen und für alle ein planbares Freizeit- und Familienleben zu gewährleisten. Nur so können wir unser Pflegesystem auch nachhaltig absichern. Dem Antrag der ÖVP werden wir aber trotzdem zustimmen, da ja ein Tropfen auf den heißen Stein immer noch besser als keiner ist. Trotzdem ist er für uns zu wenig weitreichend und er enthält keine konkreten Maßnahmen, vor allem im eigenen Wirkungsbereich. Wie gesagt, dafür gibt es ja uns Freiheitliche. Dafür werde ich jetzt einen Zusatzantrag mit sechs konkreten Maßnahmen einbringen. Wenn es um unsere pflegebedürftigen Landsleute und das Pflegepersonal geht, helfen wir der ÖVP gerne auf die Sprünge, vor allem, weil das derzeit herrschende Pflegechaos auch keine Ausreden und keine Aufschübe mehr duldet. Pflege und Betreuung sind unbestritten das Zukunftsthema Nummer eins und auch das Tagesthema Nummer eins. Bis 2030 werden österreichweit siebzig- bis hunderttausend zusätzliche Pflegekräfte benötigen. In Niederösterreich – nur um das System aufrecht erhalten zu können – rund 15.000 zusätzliche Betreuungskräfte. Jene Menschen, die im Pflegebereich arbeiten, stoßen jeden Tag an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und das nicht erst seit Corona. Einerseits sind die Pflegeheime maßlos überfüllt, die Wartelisten werden immer länger. Andererseits stehen hunderte Betten leer, weil das Personal an allen Ecken und Enden fehlt. Ich stelle daher folgenden Zusatzantrag der Abgeordneten Königsberger, Landbauer, Aigner, Dorner, Handler, Vesna Schuster, Teufel zum Antrag des Abgeordneten Erber betreffend Voraussetzungen für Pflege und Betreuung mit Zukunft betreffend Maßnahmen zur Stärkung der Pflege in Niederösterreich (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird ersucht, im eigenen Wirkungsbereich und in Absprache mit dem zuständigen Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz darauf hinzuwirken, dass
1. die erforderlichen gesetzlichen Änderungen für die Einführung des Lehrberufes „Pflege und Betreuung“ geschaffen werden;
2. ein Anstellungsmodell für pflegende Angehörige in Niederösterreich geschaffen wird;
3. eine Förderung der Pflegedienstleistungen im Bereich der mobilen Heimpflege möglich ist, auch wenn die Voraussetzungen für die Erreichung einer Pflegestufe nicht gegeben sind;
4. eine Reform des Modelles der 24-Stunden-Betreuung mit einem besseren Fördermodell für zertifizierte höhere Qualitätsstandards erarbeitet wird;
5. eine deutliche und bedarfsangepasste Erhöhung der Anzahl der Standorte mit stationärer Palliativbetreuung und eine Erhöhung der Anzahl der Palliativbetten in Niederösterreich in die Wege geleitet wird und
6. eine Evaluierung der Auslastung aller Pflege- und Betreuungszentren in Niederösterreich durchgeführt wird, auf Basis deren Ergebnisse konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der steigenden Nachfrage für Plätze in Pflegeheimen gesetzt werden und in den Aus- und Neubau von Pflege- und Betreuungszentren investiert wird.“
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es ist fünf nach zwölf. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit sofort zu handeln. Deshalb ersuche ich Sie auch um breite Zustimmung zu unseren Vorschlägen. Alle unsere Landsleute, die im Zusammenhang mit der Pflege stehen – und da spreche ich auch meinen herzlichen Dank dafür aus – oder irgendwann einmal stehen werden, die haben sich ein rasches und effektives Handeln der Politik redlich verdient. Dem SPÖ-Antrag werden wir unsere Zustimmung ebenfalls erteilen, da auch wir der Meinung sind, dass man für genügend Personal zu sorgen hat, einen dementsprechenden Personalschlüssel zu entwerfen hat und nicht wieder über hundert Prozent des Personalschlüssels dann belegt sind und Menschen zu pflegen sind, die man dann gar nicht mehr pflegen kann, weil die Zeit fehlt. Deshalb werden wir auch diesem Antrag zustimmen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächster Rednerin erteile ich der Frau Abgeordneten Karin Scheele von der SPÖ das Wort.
Abg. Mag. Scheele (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zum Thema des jetzigen Antrages, Voraussetzungen für Pflege und Betreuung mit Zukunft, möchte ich ein Bild das heute schon strapaziert und gezeichnet wurde, wieder in Erinnerung rufen: Der Kollege Christoph Kainz hat – wie es um das Budget für unser Bundesheer gegangen ist – gesagt, es hat Leute gegeben, die im Bilderbuch geblättert haben und aufgewacht sind. Mein Appell an die FPÖ Niederösterreich: Legen wir das Bilderbuch weg, wenn es um die Situation der Pflege und der Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Kliniken geht. (Beifall bei der SPÖ.) Meine Fraktion wird dem Antrag nicht zustimmen. Man kann natürlich immer einen Punkt finden, wo man sagt: „Das ist halbwegs richtig.“ Aber ich finde, Niederösterreich macht in dem Bereich nicht, was es zu tun hat. Wenn meine 13-jährige Tochter zu mir kommt und sich bei mir beschwert über Hausübungen, über Lehrer und Lehrerinnen, dann sage ich zu ihr: „Emma, wenn du etwas weiterbringen willst und wenn du etwas erreichen willst, ist es immer gescheiter, wenn du schaust, was du selbst machst und dich nicht über die anderen beschwerst, an andere Forderungen stellst.“ Ich glaube, dass diese Pflegesituation in Niederösterreich so gravierend ist, dass auch die ÖVP ein Verhalten an den Tag legen muss, das wir unseren Kindern nahelegen – nämlich an sich selbst zu arbeiten und dort, wo man steht, zu graben und die notwendigen politischen Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei den NEOS.) Ich bin ja in vielen der Themen mit meiner Kollegin von den NEOS einverstanden. Bei der Pflege und im Gesundheitsbereich gibt es ein ganz wichtiges Thema, das uns trennt – nämlich der Abschaffung des Pflegeregresses. Der steht heute auch nicht drinnen. Ich glaube nur, dass er wichtig ist. Wenn man sagt, Frau Kollegin Kollermann, dass Gesundheit und Pflege gleich gedacht werden, dann bringt die Logik es mit sich, dass ich nicht bei dem einen eine Finanzierung habe und beim anderen eine Vermögenssteuer, wo manche das gesamte Hab und Gut, das sie besitzen, das ihr Eigentum ist, für diese Pflege hergeben müssen. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir nicht nachdenken müssen, welche Vermögensgüter wir hergeben müssen, wenn wir im Krankenhaus sind, wenn wir in unseren Kliniken sind. Und wenn du sagst: „Gesundheit und Pflege“ und da geb ich dir recht „müssen gemeinsam gedacht werden“, dann hat das auch zur Folge, dass der Pflegeregress als er abgeschaffen wurde, richtig war und wichtig war für eine gute Qualität der Pflege für unsere Menschen, die in Niederösterreich leben. Ich werde einen zusätzlichen Antrag – der Kollege von der FPÖ hat es schon gesagt – einbringen und zwar betreffend Pflegenotstand in unseren Krankenhäusern und Pflegeheimen beenden – klare und qualitätsvolle Personalausstattungsregelungen jetzt setzen. Ein Problem in Niederösterreich ist, dass die Personalregelungen, die wir haben, nicht kontrollierbar sind, dass es keine Indikatoren für die Ergebnisqualität gibt. Ich glaube, da müssen wir daran arbeiten, das Bilderbuch in dem Bereich weglegen, und wirklich anfangen umzusetzen. Ich glaube, alle von uns – und es ist ja so, da muss man nicht einmal das Klinikum besuchen – egal wo man hingeht, trifft man Menschen, die entweder Angehörige gerade in einem Pflegeheim haben oder im Klinikum haben oder die arbeiten und die sich bitter beschweren. Und nicht, weil sie nicht belastbar sind, sondern weil die Situation einfach wirklich gravierend ist und weil man zuschaut. Man schiebt die heiße Kartoffel auf eine andere politische Ebene und tut nicht das, was man seit langem tun hätte können. Die Arbeiterkammer NÖ, Fachgewerkschaften, die Ärztekammer in Niederösterreich weisen seit Jahren – wahrscheinlich kann man jetzt schon fast sagen Jahrzehnten – auf die Problematik hin. Die Pandemie hat die gesamte Situation natürlich nur verschärft und als jemand, der aus unserem Gebiet kommt, ist es eigentlich tragisch das mitansehen zu müssen, was im Landesklinikum Baden-Mödling zurzeit passiert. Auch das hätte sich niemand erwartet, dass das 2022 sein wird. (Abg. Kainz: Aber wir haben eine Pandemie, Frau Kollegin.) Ja, wir haben eine Pandemie. Aber wir wissen, dass wir eine Pandemie haben und lieber Kollege Kainz, wir hatten vorher schon eine schwierige Personalsituation (Abg. Kainz: Stimmt.) und von dem her, denke ich mir, hätte man reagieren können (Abg. Kainz: Da ist es immer gegangen. Aber jetzt ist es die Pandemie.) und wir haben die Pandemie schon seit zwei Jahren. Ich glaube, gefühlte hundert Mal diskutieren wir den Personalschlüssel hier und von euch hat es nicht einmal einen Millimeter an Interesse an Entgegenkommen gegeben. (Abg. Kainz: Stimmt ja nicht!) Deswegen, lieber Christoph, (Abg. Kainz: Attraktivierung Pflegeberufe und und und.) du kannst dich … ich habe nicht so eine dünne Haut wie der Kollege Erber. Das heißt, ich rede meine Rede weiter. Aber ich sage dir, du kannst dich gerne zu einer tatsächlichen Berichtigung, was auch immer, nachher melden. Ich stelle jetzt den Antrag der SPÖ-Fraktion vor (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, im Sinne der Antragsbegründung, das heißt massiver Druck und Überbelastung des Personals in unseren Kliniken, in unseren Pflegeheimen mit den Gefahren, die davon ausgehen … möge beschließen:
1. darauf hinzuwirken, dass die Regelung des § 22a NÖ Krankenanstaltengesetzes hinsichtlich der Personalbedarfsplanung und dem Personaleinsatz auch tatsächlich der erforderliche Bedarf entsprechend erhoben und anschließend auch entsprechend Personal zur Verfügung gestellt wird;
2. in der NÖ Pflegeheim Verordnung (LGBl. 9200-6) einen Mindestpersonalschlüssel für die Pflegeheime in NÖ festzusetzen,
3. ein rechtlich verbindliches, transparentes, überprüfbares, auf moderne wissenschaftliche Methoden gestütztes, umfassendes Konzept für das Qualitätsmanagement für NÖ Pflegeheime und Krankenanstalten unter Berücksichtigung der zusätzlichen Erfordernisse (z. B. Bildung von mehreren Teams, Poollösungen) aufgrund der derzeitigen Pandemiesituation zu entwickeln und
4. resultierend daraus die Budgetmittel im Gesundheits- und Sozialhilfebereich für die benötigten Dienstposten in diesem Bereich zur Verfügung zu stellen.“
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, die noch immer mit dem Bilderbuch im Bereich der Pflege und der Kliniken sitzen, legen wir gemeinsam diese Bilderbücher weg! Stimmen wir diesem ganz konkreten Antrag zu! Suchen wir nicht die Schuld und die Schwierigkeiten auf der anderen politischen Ebene, sondern entscheiden wir, handeln wir auf der Ebene, wo die Verantwortung für die verbindlichen Pflegeschlüssel liegt! Ich hoffe auf eine Mehrheit diesmal, weil die Pandemie ist uns ja auch hinlänglich bekannt und danke herzlich für eure Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Anton Erber von der ÖVP das Wort.
Abg. Erber, MBA (ÖVP): Geschätzte Präsidentin! Werte Präsidenten! Ich kann trotzdem nicht umhin, um schon die Außergewöhnlichkeit der Zeit auch zu betonen, das heißt, es war schon eine ganz besondere Anstrengung jetzt in den letzten zwei Jahren. Ich glaube auch, jeder, der ein bisschen mit dieser Thematik befasst ist, der kann das nicht wegsprechen und wird das auch bestätigen. Faktum ist natürlich, dass uns Mitarbeiter fehlen. Und wenn Mitarbeiter fehlen, ist natürlich auch klar, dass das, was von jenen, die da sind, geleistet werden muss, nicht der Norm entspricht, sondern dass das weit darüber hinausgeht. Jetzt habe ich ja da durchaus auch geklatscht und möchte es auch noch einmal wiederholen: Man kann da eh nur sagen: „Danke, danke, danke“. Und diese Verantwortung, die die Mitarbeiter haben – und zwar das ist halt ein ganz besonderer Beruf, sage ich jetzt sehr bewusst, weil es halt da nicht so geht, dass ich wie in einem Lager das halt liegen lasse, sondern da geht es um Menschen und da geht es in Wahrheit um das Wohlsein und das Gesundsein und das Versorgtsein von Menschen. Also da kann man gar nicht oft genug danken und da schließe ich mich durchaus ganz, ganz gerne an. Wie ich gesagt habe, man kann es nicht wegdiskutieren: 10.000 Mitarbeiter werden wir brauchen bis ins Jahr 2030. Wenn das schon angesprochen worden ist vom Redner der Freiheitlichen: Natürlich geht es darum, auch Junge für die Pflege zu begeistern. Wenn da jetzt so gesagt worden ist: Na da wird das so übernommen und so … Ich stehe da auch nicht an, dass ich sage, ich bin da auch – weil das gekommen ist – zu Beginn sehr skeptisch gewesen bei jungen Menschen mit 15 nach der Pflichtschule, wenn man eine Pflegelehre macht. Aber es ist durchaus ein Weg, wenn man den verantwortungsvoll geht, dass man eben sagt: Vorher machen wir den theoretischen Teil und dann den praktischen. Dann ist das durchaus etwas, wo Niederösterreich „Ja“ dazu sagt und das ist ja nicht so, wie es heute ein paar Mal dargestellt worden ist, dass jetzt Niederösterreich da immer hinten nach ist, sondern in Wahrheit … wir sind ja sogar eins der ersten zwei Bundesländer, die sagen: Wir hätten das gerne sozusagen einmal in den Versuch eingeführt. Also wir sind da nicht hinten nach, sondern durchaus vorne weg. Die Ausbildungsplätze sind auch angesprochen worden und ich meine, das widerspricht sich dann schon selber, wenn man zuerst sagt: „Niederösterreich tut halt so gar nichts“ und dann wird selber zitiert, was Niederösterreich macht und zwar plus 400 auf 2.100 Ausbildungsplätze mehr, dann ist das durchaus etwas, das ja auch mit dementsprechenden Finanzierungen verbunden ist. Also hier zu sagen: „Niederösterreich würde nicht“ – das ist halt schlichtweg falsch, weil Niederösterreich tut da sehr wohl sehr viel bei den Ausbildungsplätzen. Jetzt kann man natürlich, wenn man es will, bei allem sagen: „Viel zu wenig“ oder vielleicht ist auch „gar nichts“, aber wir können es ja nicht wegdiskutieren, dass es ein großer Ansatz einmal ist herzugehen, die Schulgelder zu übernehmen, weil das hatten wir vorher nicht. Also vorher und jetzt besser, ja, indem wir die Schulgelder übernehmen und diese Ausbildungsprämie von 420 Euro pro Monate, das zwölf Mal im Jahr, das ist schon ein Start und ein Ansatz. Ich verhehle da auch gar nicht, wenn da so oft … ich meine, es kommt so oft diese Kritik an der ÖVP und dann kommt so oft auch der Wunsch nach Gemeinsamkeit … ja, das wäre schon das, was ich mir auch wünschen würde, dieses „Miteinander“, aber ich trau es mich ja gar … (Abg. Mag. Scheele: Stimm zu!) … ja, ja … (Abg. Mag. Scheele: Stimm zu, Toni, und wir arbeiten miteinander!) ich trau es mich ja gar nicht laut sagen, weil jedes Mal, wenn ich sage „miteinander“, dann kommen die Zwischenrufe und sagen, wie furchtbar dass wir nicht sind und meine Bitte ist es ja tatsächlich, dass wir es miteinander machen (Abg. Mag. Scheele: Ich habe inhaltlich kritisiert.). Frau Abgeordnete Scheele, ich glaube ja auch, gerade in Zeiten wie diesen und wir sehen ja das, dass von (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele und Abg. Kainz.) den Arbeitslosenzahlen die Wirtschaft jetzt durchaus sehr, sehr gut funktioniert. Ich würde mir da auch wünschen, jetzt durchaus mit einer Gemeinsamkeit mit dem AMS, dass wir es schaffen – und das ist ja auch angesprochen worden – dass wir nicht nur jetzt diese 420 Euro plus die Schulgelder haben, sondern dass wir es auch schaffen – und zwar bevor ein Mensch arbeitslos sein muss, damit er sozusagen dann eine Finanzierung für eine Ausbildung kriegt – sondern dass wir auch Programme zusammenbringen (Abg. Mag. Scheele: Ich rede vom Personalschlüssel.), die die Finanzierung während der Ausbildung übernehmen und zwar für jene Menschen, die sagen: „Eigentlich, ich möchte meinen Beruf nochmal wechseln und ich sehe im Bereich Pflege eine Zukunft und mache das.“ Also das wäre schon ein großer Schritt. Da brauchen wir jetzt wirklich dieses „Gemeinsame“ und (Abg. Mag. Scheele: Ich bin dabei, wenn du beim Personalschlüssel dabei bist.) dieses auch „Miteinander“. Aber vielleicht noch immerhin (Abg. Mag. Scheele: Der will nur keinen Schlüssel.), damit ich es auch darstelle: Es sind mehr als 5.000 Euro pro Jahr, diese Ausbildungsprämie. Also es kann immer mehr sein, aber 5.000 Euro sind 5.000 Euro. Das möchte ich schon dazu sagen. Auch dieses Ausbauprogramm, ich möchte es beziffern mit den 300 Millionen Euro – das ist doch auch durchaus ein Betrag mit 300 Millionen Euro, der es sich nicht verdient, dass das so einfach als Nichts bezeichnet wird oder einfach ganz wenig, weil es nicht stimmt. Also: Was wir natürlich brauchen – und das verhehle ich gar nicht, ich habe es vorher angesprochen, nicht nur Corona und man darf jetzt nicht alles auf Corona schieben – ist diese Anstrengung und zwar gemeinsam auch mit den Personalvertretern, gemeinsam mit den Gemeinden … also wir brauchen da sehr viel, wir brauchen da sehr viel Gemeinsamkeit auch dazu. Und wenn jetzt angesprochen wird die Pflege… (Unruhe bei der SPÖ.) … na Moment, wenn da jetzt angesprochen wird: „Die Pflegereform ist nicht konkret und wird nicht umgesetzt“, dann möchte ich schon sagen: Es ist halt nunmal so aufgestellt, dass die Kompetenz Bund und Länder haben. (Abg. Mag. Scheele: Da sind wir beinander. Machen wir das, was wir können: einen Pflegeschlüssel.) Die letzten Minuten habe ich jetzt sozusagen dargestellt, was wir in Niederösterreich machen, aber das täuscht doch nicht darüber hinweg, dass der Bund auch gefordert ist, diese grundsätzlichen Aufgaben zu erledigen, die auf Bundeskompetenz sind. (Abg. Mag. Scheele: Ihr seid inhaltlich unverständlich.) Jetzt brauchen wir doch nicht diskutieren. Die letzten Jahre bin ich der letzte, der den Sozialministern da das Wollen abspricht, aber die letzten Jahre waren geprägt … ich meine, die letzten zwei Jahre waren sowieso mit der Pandemie verpflastert von den Gesundheits- und Sozialministern, aber auch schon davor. Da kommt ein Minister, mit dem kannst du ein Gespräch führen und wenn du ein Gespräch geführt hast, kommt der nächste Minister. Das heißt, da hat es jetzt ein Kommen und Gehen gegeben. Das hat ja auch jeder mitgekriegt. Und in Wahrheit, immer das was nicht gemacht worden ist, war die Pflegereform. (Abg. Mag. Scheele: Aber in Niederösterreich waren wir schon… unverständlich. Da hätten wir schon arbeiten können.) Tatsache ist, wir reden schon 10 Jahre davon. (Abg. Mag. Scheele: Ich weiß, ich weiß, ich weiß.) Ich meine, ich bitte Sie schon, gehen Sie nicht einfach so weg und sagen „ÖVP und ÖVP“, weil die ÖVP hat keinen Gesundheitsminister gestellt und auch keinen Sozialminister, sehr wohl aber die SPÖ in dieser letzten Zeit drei. Also ich mache Ihnen das nicht zum Vorwurf, aber nur, wenn Sie so sagen, Sie wären da komplett draußen, dann stimmt das so einfach nicht, sondern die SPÖ ist da mit drinnen und liebe Frau Kollegin, Sie haben – und ich zitiere Sie jetzt wörtlich – gesagt (liest:)„Das ist ja kein Problem, das wir jetzt haben, sondern die AK weist schon seit Jahrzehnten darauf hin.“ Das heißt, Sie selber haben das bestätigt, dass das in Wahrheit etwas ist, das seit Jahrzehnten schon ein großes Thema ist. So … und zur langfristigen Finanzierung wird es ohne den Bund nicht gehen. Das heißt, da braucht es schon die Länder dazu, aber ohne den Bund wird das nicht gehen. Jetzt, weil das so kritisch auch von der grünen Vertreterin gekommen ist, diese Teilbarkeit der 24-Stunden-Betreuung. Sehr viele haben da gesagt, sie wollen da diese Höherqualifizierung und ich bin ja jetzt nicht so, dass ich sage: Qualifizierung ist nicht das Wort zu sprechen, aber worum geht es denn bei einer 24-Stunden-Betreuung? Es ist heute nur zwei Mal als Pflege bezeichnet worden, aber worum geht es denn? Ich muss das jetzt schon einmal auch darstellen …(Unruhe bei Abg. Mag. Scheele.) … ja da winkt sie die ganze Zeit, ich meine, ich gebe mir eh wirklich Mühe, dass ich es auch darstelle (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele.) … die 24-Stunden-Betreuung soll das ersetzen, wenn in der Familie keiner da ist. Wir sind zu 85 % noch aufgestellt, dass die Familie die Versorgung der Altenpflege und betreuungsbedürftigen Menschen übernimmt. Jetzt haben wir aber schon 60 % Single- und Zweipersonenhaushalte. Das heißt, da wird halt keiner mehr da sein, der das dann einmal macht. Und das ist in Wahrheit die 24-Stunden-Betreuung, die jene Tätigkeit übernimmt, die sonst die Familie macht. Also da liegt es an der 24-Stunden-Betreuung. Und Frau Kollegin Moser, wenn Sie da gesagt haben, Sie sind da sehr skeptisch, weil das so in Richtung Pflegeeinrichtungen geht, wo die Pflegeaufsicht schon einmal kritisch war … ja aber genau an das ist ja nicht gedacht, sondern in Wahrheit … worum geht es? Dort, wo keine Familie mehr da ist, dass die nicht ins Pflege- und Betreuungszentrum müssen, weil am liebsten bleiben sie in den eigenen vier Wänden und wenn sie das nicht können, zumindest in der eigenen Gemeinde. Das heißt, da geht es um eine Versorgung, um eine Betreuung und da – durch dieses Modell – soll auch noch genug Geld übrigbleiben, wenn eine Pflege notwendig ist, dass sie Sozial Medizinische Dienste – Hilfswerk, Caritas, Volkshilfe – auch zukaufen können. Das heißt, die Pflege soll sehr wohl über Spezialisten und über Qualifizierte auch passieren. Das heißt, das ist eine Form, die klein, übersichtlich in der Gemeinde sozusagen dem zweiten Wunsch der Menschen erledigt werden soll. Ich sage das noch einmal: Da ist gedacht, nicht dass eine wie ein Nurmi von einem Haus zum nächsten rast mit irgendeinem Auto, sondern betreute Einrichtungen, wo drei, vier, fünf je nach Notwendigkeit 24-Stunden-Betreuungskräfte vor Ort sind, die schauen auf die alten Leute und wenn eine Pflege notwendig ist, dann wird die zugekauft und zwar von den Spezialisten der Sozial Medizinischen Dienste. Das ist diese Überlegung dahinter. Damit möchte ich noch einmal (Abg. Weninger: Wir haben schon alles verstanden. – Heiterkeit bei Abg. Rosenmaier.) zum Schluss kommen, bedanke mich da eh ganz, ganz herzlich für diese Vorschläge, die Sie da einbringen, allerdings möchte ich Sie schon noch einmal bitten, sozusagen auch diesen „gemeinsamen“ Weg zu gehen und zwar Niederösterreich geht voran. Aber das, was unbestritten ist: Da gibt es grundsätzliche Dinge vom Bund zu erledigen und das geht nicht, dass wir es jedes Jahr aufs nächste Jahr verschieben und dass ein Minister kommt und geht und mit dem nächsten reden wir wieder über die Pflegereform. Da heißt, ich erwarte mir von dem nächsten und von dem jetzigen Sozialminister – und ich sage es auch, ich traue ihm das auch zu – ich erwarte mir, dass mehr als geredet wird, weil es ist heute schon gesagt worden: Es kommt nicht aufs Reden an, sondern aufs Tun. (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele.) Und das erwarte ich mir vom Sozialminister. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
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