Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1953/A-1/141-2022 – Voraussetzungen für Pflege und Betreuung mit Zukunft
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Königsberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Jetzt sind wir wieder beim Murmeltierchen, das zwar nicht täglich, aber schön langsam jede Landtagssitzung grüßt. Bald jede Landtagssitzung diskutieren wir hier über den herrschenden Pflegenotstand in Niederösterreich. Wir diskutieren, diskutieren, dass einem da heraußen schon schwindelig wird – mit dem traurigen Ergebnis, dass durch die Blockade der Mehrheitspartei ÖVP wenig bis gar nichts an Maßnahmen zur Umsetzung kommen. Da hat ja die Landeshauptfrau vor ein paar Wochen einen wahren Pflegetsunami medial gehämmert. Wie immer ist aus dem Tsunami nicht einmal eine Kapillarwelle geworden. Alles ist ruhig, nichts bewegt sich. Genau das zeigt im Großen und Ganzen auch dieser schwarze Antrag, den wir heute hier diskutieren, wieder einmal auf. Es zeigt auch das Interesse der ÖVP am eigenen Antrag, wenn man die Anwesenheit anschaut – die ist auch nicht allzu groß ausgefallen. Wie gesagt, den Antrag zu beschreiben … dort wird ein bisschen der Ist-Zustand beschrieben oder besser gesagt verharmlost, ein Blau-gelbes Pflegepaket, welches nur lauwarme Luft enthält, über den schwarzen Klee gelobt, der Hinweis, dass in ganz Europa die Situation auch nicht besser ist und das Abschieben der ganzen Verantwortung auf den Bund. Das sind so die Kernpunkte dieses Antrages, aber keine konkreten Lösungsvorschläge. Keine konkreten Maßnahmen zur Entschärfung der derzeitigen Missstände im Pflegebereich. Und die werden heute wieder wir Freiheitlichen einfordern. Dazu werden wir eben einen Zusatzantrag mit sechs konkreten und klaren Forderungen, vor allem auch für den eigenen Wirkungsbereich der Landesregierung, einbringen und darauf darf ich dann später noch zurückkommen. Ich habe es schon letzte Landtagssitzung angesprochen: Der Verweis, dass der Personalmangel im Pflegebereich ein EU-weites Problem sei, das ist schon ein besonderes Zuckerl. Sonst hören wir von der ÖVP auch immer – das habe ich auch letztes Mal gesagt – dass wir Vorzeigeland in allen Bereichen sind, in Österreich, in Europa, auf der ganzen Welt, bis ins Universum und jetzt redet man sich auf ein europäisches Problem aus. „Da kann man halt nichts machen“, sagt die ÖVP. Aber ich sage euch eines: Nein, es ist kein europäisches Problem. Dieser Notstand ist hausgemacht und geschuldet einer völlig falschen und verfehlten Pflegepolitik der ÖVP im Land NÖ. (Beifall bei der FPÖ, Abg. Ing. Huber und Abg. Mag. Kollermann.) Geschätzte Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, Sie wollen die Zahl der Ausbildungsplätze um 400 erhöhen … das ist auch gut so. Aber da muss man auch die Anreize schaffen, dass diese auch in Anspruch genommen werden. Da ist es zu wenig, die Studiengebühren zu ersetzen und vor allem ist es zu wenig, Auszubildenden in den Bereichen „Pflegeassistenz“, „Pflegefachassistenz“ und im „diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegedienst“ eine monatliche Prämie von sage und schreibe 420 Euro anzubieten. Das habe ich auch in der letzten Sitzung schon gesagt: Das geht aus wie das Hornberger Schießen. Keine alleinerziehende Mutter, kein Familienvater kann mit 420 Euro sein Dasein fristen. Damit kann man nicht einmal die Miete zahlen oder die Lebensmittelkosten begleichen. 420 Euro entsprechen nicht einmal der Hälfte der Sozialhilfe und das ist kein gangbarer Weg, Menschen für eine Berufsveränderung zu motivieren. Das wird nur funktionieren, wenn man bereits in der Ausbildung ein Einkommen zum Auskommen entrichtet – so analog zur Ausbildung von Polizei oder Justizwacheschülern. In dem Antrag der ÖVP wird auch auf die Dislozierung von 50 Ausbildungsplätzen von Krems nach Mistelbach als Errungenschaft bejubelt. Da ist euch anscheinend auch entgangen, dass durch eine Verlagerung von Ausbildungsplätzen kein einziger Platz mehr geschaffen wird. Aber das ist halt die typische ÖVP-Arithmetik: 50 Plätze verlagern, ergibt für die SCHWARZEN ein Plus. Von mir gibt es dafür einen glatten „Fleck“ und ein „Nicht genügend“, setzen. Des Weiteren wird hier angeführt, dass durch Zu- und Neubauten im Bereich der stationären Langzeitpflege 2.000 neue Pflegeplätze entstehen werden. Das ist auch zu begrüßen, aber ich weise auch in aller Deutlichkeit darauf hin, dass wir bereits jetzt 400 leerstehende Betten in unseren Pflege- und Betreuungszentren haben. Ursache: Personalmangel. Daher: Natürlich „Ja“ zum Ausbau und Neubau unserer Pflege- und Betreuungszentren, aber unter der Prämisse, dass wir für diese 2.000 neuen Betten auch genügend Personal zur Verfügung haben. Daher muss jetzt und sofort gehandelt werden und es müssen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt werden (Beifall bei der FPÖ.) und – wie immer – eine der wichtigsten davon ist für uns die Einführung dieses Lehrberufes „Pflege und Betreuung“. Auch wenn es die GRÜNEN nicht verstehen, wir müssen bei der Ausbildung unserer Jugend ansetzen. Hier liegt der Schlüssel für eine sichere, für eine effiziente und hochwertige Pflege in der Zukunft. Lieber Kollege Erber, ich spreche dir ja ein Engagement im Bereich der Pflege wirklich nicht ab. Du musst dich nur im eigenen Klub durchsetzen. Aber mich freut es, wenn du vor ein paar Tagen im Kurier diesen Lehrberuf erwähnst, ihn für wichtig und richtig hältst und wenn ich dann lese, dass man ja die ersten zwei Jahre Theorie unterrichten könnte und im dritten Jahr dann in die Praxis wechselt. Da habe ich mir gedacht, Kollege Erber, das kenne ich von irgendwo – aber es freut mich, wenn unsere Gedanken, wenn unsere Inputs übernommen werden – egal wie er kommt, Hauptsache dieser Beruf kommt und wir sind es niemandem neidig, wenn er unsere Ideen nachahmt und auch verlautbart. (Beifall bei der FPÖ und Abg. Ing. Huber.) Wie gesagt, Ziel muss es sein unsere Pflegekräfte im eigenen Land auszubilden mit hohem Qualitätsstandard und nicht halb ausgebildetes Personal aus dem Osten oder von irgendwelchen Inseln zu importieren, dazu dann die Nostrifikation so aufzuweichen, dass hier jede und jeder als geeignet erscheint und gut ausgebildet dargestellt wird. Nein, wir Freiheitliche wollen unser Geld in die Ausbildung unserer jungen Landsleute investieren und nicht an irgendwelche Bananenrepubliken überweisen. Daher zusammengefasst: Hoch qualifizierte Fachkräfte ausbilden, unserer Jugend die Chance auf einen zukunftssicheren Beruf mit Arbeitsplatzgarantie zu geben, diesen entsprechend zu entlohnen, die geleistete Arbeit wertschätzen und für alle ein planbares Freizeit- und Familienleben zu gewährleisten. Nur so können wir unser Pflegesystem auch nachhaltig absichern. Dem Antrag der ÖVP werden wir aber trotzdem zustimmen, da ja ein Tropfen auf den heißen Stein immer noch besser als keiner ist. Trotzdem ist er für uns zu wenig weitreichend und er enthält keine konkreten Maßnahmen, vor allem im eigenen Wirkungsbereich. Wie gesagt, dafür gibt es ja uns Freiheitliche. Dafür werde ich jetzt einen Zusatzantrag mit sechs konkreten Maßnahmen einbringen. Wenn es um unsere pflegebedürftigen Landsleute und das Pflegepersonal geht, helfen wir der ÖVP gerne auf die Sprünge, vor allem, weil das derzeit herrschende Pflegechaos auch keine Ausreden und keine Aufschübe mehr duldet. Pflege und Betreuung sind unbestritten das Zukunftsthema Nummer eins und auch das Tagesthema Nummer eins. Bis 2030 werden österreichweit siebzig- bis hunderttausend zusätzliche Pflegekräfte benötigen. In Niederösterreich – nur um das System aufrecht erhalten zu können – rund 15.000 zusätzliche Betreuungskräfte. Jene Menschen, die im Pflegebereich arbeiten, stoßen jeden Tag an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und das nicht erst seit Corona. Einerseits sind die Pflegeheime maßlos überfüllt, die Wartelisten werden immer länger. Andererseits stehen hunderte Betten leer, weil das Personal an allen Ecken und Enden fehlt. Ich stelle daher folgenden Zusatzantrag der Abgeordneten Königsberger, Landbauer, Aigner, Dorner, Handler, Vesna Schuster, Teufel zum Antrag des Abgeordneten Erber betreffend Voraussetzungen für Pflege und Betreuung mit Zukunft betreffend Maßnahmen zur Stärkung der Pflege in Niederösterreich (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird ersucht, im eigenen Wirkungsbereich und in Absprache mit dem zuständigen Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz darauf hinzuwirken, dass
1. die erforderlichen gesetzlichen Änderungen für die Einführung des Lehrberufes „Pflege und Betreuung“ geschaffen werden;
2. ein Anstellungsmodell für pflegende Angehörige in Niederösterreich geschaffen wird;
3. eine Förderung der Pflegedienstleistungen im Bereich der mobilen Heimpflege möglich ist, auch wenn die Voraussetzungen für die Erreichung einer Pflegestufe nicht gegeben sind;
4. eine Reform des Modelles der 24-Stunden-Betreuung mit einem besseren Fördermodell für zertifizierte höhere Qualitätsstandards erarbeitet wird;
5. eine deutliche und bedarfsangepasste Erhöhung der Anzahl der Standorte mit stationärer Palliativbetreuung und eine Erhöhung der Anzahl der Palliativbetten in Niederösterreich in die Wege geleitet wird und
6. eine Evaluierung der Auslastung aller Pflege- und Betreuungszentren in Niederösterreich durchgeführt wird, auf Basis deren Ergebnisse konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der steigenden Nachfrage für Plätze in Pflegeheimen gesetzt werden und in den Aus- und Neubau von Pflege- und Betreuungszentren investiert wird.“
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es ist fünf nach zwölf. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit sofort zu handeln. Deshalb ersuche ich Sie auch um breite Zustimmung zu unseren Vorschlägen. Alle unsere Landsleute, die im Zusammenhang mit der Pflege stehen – und da spreche ich auch meinen herzlichen Dank dafür aus – oder irgendwann einmal stehen werden, die haben sich ein rasches und effektives Handeln der Politik redlich verdient. Dem SPÖ-Antrag werden wir unsere Zustimmung ebenfalls erteilen, da auch wir der Meinung sind, dass man für genügend Personal zu sorgen hat, einen dementsprechenden Personalschlüssel zu entwerfen hat und nicht wieder über hundert Prozent des Personalschlüssels dann belegt sind und Menschen zu pflegen sind, die man dann gar nicht mehr pflegen kann, weil die Zeit fehlt. Deshalb werden wir auch diesem Antrag zustimmen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)
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