Zusammenfassung
Antrag des Kommunal-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1858/A-1/134-2021 – NÖ Gemeindeordnung 1973 (NÖ GO 1973), NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz (NÖ STROG), NÖ Gemeindeverbandsgesetz, NÖ Gemeindewasserleitungsverbandsgesetz (NÖ GWLVG), Gesetz über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden – Änderungen
Berichterstatter
Redner
- Josef Balber (ÖVP) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht
- Helmut Hofer-Gruber (NEOS) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht – mit Zusatzantrag
- Silvia Moser (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht – mit Resolutionsantrag
- Dieter Dorner (FPÖ) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht
- Hannes Weninger (SPÖ) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht
- Christian Gepp (ÖVP) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, SPÖ, NEOS, Ablehnung FPÖ, GRÜNE, Abg. Ing. Huber
Zusatzantrag Abg. Mag. Hofer-Gruber Unterstützung abgelehnt
Resolutionsantrag Abg. Mag. Silvia Moser, MSc betreffend Zeitgemäße Zurverfügungstellung der Unterlagen für Mandatar*innen der Gemeinden und Städte und Vorbesprechung sämtlicher Geschäftsstücke in den Ausschüssen abgelehnt: Zustimmung FPÖ, GRÜNE, NEOS, Abg. Ing. Huber, Ablehnung ÖVP, SPÖ
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt und ich beabsichtige folgende Verhandlungsgegenstände wegen des sachlichen Zusammenhanges gemeinsam zu verhandeln: Ltg.-1858, Antrag mit Gesetzesentwurf der Abgeordneten Balber u.a. betreffend Änderung der NÖ Gemeindeordnung 1973, des NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetzes, des NÖ Gemeindeverbandsgesetzes, des NÖ Gemeindewasserleitungsverbandsgesetzes und des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden. Ltg.-1854, Antrag der Abgeordneten Dorner u.a. betreffend Stärkung der Minderheitenrechte im Gemeinderat. Ich darf die Abgeordneten Mold und Landbauer ersuchen, die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Mold (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Ich berichte zum Verhandlungsgegenstand Ltg.-1858 betreffend Änderung der NÖ Gemeindeordnung. Im Zuge der Covid-19-Pandemie wurde im Rahmen des NÖ Covid-19-Gesetzes die Möglichkeit geschaffen, Sitzungen von Kollegialorganen der Gemeinde und Statutarstädte im Wege einer Videokonferenz abzuhalten oder Beschlüsse im Umlaufwege herbeizuführen. Diese Instrumente haben sich als praktikabel erwiesen und sollen daher den niederösterreichischen Städten und Gemeinden hinsichtlich der regulär nicht öffentlichen Sitzungen – Gemeindevorstand bzw. Stadtrat, Stadtsenat und Gemeinderatsausschüsse – grundsätzlich erhalten bleiben. Nicht beibehalten wird jedoch die Möglichkeit der Abhaltung einer Sitzung des Gemeinderates im Wege einer Videokonferenz oder einer Beschlussfassung im Umlaufwege. Ich komme daher zum Antrag des Kommunal-Ausschusses (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der beiliegende Gesetzesentwurf betreffend Änderung der NÖ Gemeindeordnung 1973, des NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetzes, des NÖ Gemeindeverbandsgesetzes, des NÖ Gemeindewasserleitungsverbandsgesetzes und des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses Erforderliche zu veranlassen.“
Frau Präsidentin, ich ersuche die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Danke, Herr Abgeordneter. Ich darf den Herrn Klubobmann Landbauer bitten, die Berichterstattung fortzusetzen.
Berichterstatter Abg. Landbauer, MA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Ich berichte zur Ltg.-1854, Antrag des Kommunal-Ausschusses über den Antrag der Abgeordneten Dorner u.a. betreffend Stärkung der Minderheitenrechte im Gemeinderat (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle unter Abgehen von der 24-Stunden-Frist zur Verteilung der Verhandlungsunterlagen vor der Verhandlung im Landtag gemäß § 42 Abs. 1 LGO 2001 beschließen:
Der Antrag wird abgelehnt.“
Sehr geehrte Frau Präsident, ich bitte um Einleitung der Debatte und um Herbeiführung der Abstimmung.
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Ich eröffne die Debatte und als erster Redner zum Wort gelangt der Herr Abgeordnete Josef Balber von der ÖVP.
Abg. Balber(ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Ich darf zum Verhandlungsgegenstand 1858 folgende Stellung beziehen: Die im Rahmen des NÖ Covid-19-Gesetzes geschaffene Möglichkeit zur Abhaltung von Sitzungen von Kollegialorganen der Gemeinde und Statutarstädte per Videokonferenz haben sich durchwegs als praktikabel erwiesen und sollen daher in angepasster Form beibehalten werden. Zur Änderung der NÖ Gemeindeordnung 1973 ist auszuführen, dass es durchaus Sinn macht, dass der Gemeinderat in physischer Form zusammentritt. Wir machen dies hier auch ausschließlich im Landtag. Allerdings ist es durchaus zeitgemäß, die Möglichkeit der Digitalisierung verstärkt auch in den Gremien der Gemeinden in Anspruch nehmen zu können. Die Möglichkeit der Abhaltung als Videokonferenz soll lediglich hinsichtlich der regulären nicht öffentlichen Sitzungen des Gemeindevorstandes, des Stadtrates und der Ausschüsse gelten. Hier ist zur Abhaltung von Sitzungen im Wege einer Videokonferenz die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich. Die Zustimmung kann durch jedes einzelne Mitglied jederzeit widerrufen werden. So ist auch gewährleistet, dass ein derartiger Beschluss nicht gegen die Stimmen Einzelner umgesetzt werden kann. Eine Ausnahme bildet jedoch die Möglichkeit einer Beschlussfassung im Rahmen einer Videokonferenz sowie einer Beschlussfassung im Umlaufwege nur während der Dauer von außergewöhnlichen Verhältnissen sowie wir sie jetzt haben und in gewissen katastrophenähnlichen Zuständen. Diese Bestimmungen gelten auch für die Verbandsgesetze und dadurch wird auch hier das Gemeindewasserleitungsverbandgesetz und das Gesetz über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden herangezogen. Zur Änderung des NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetzes ist festzuhalten, dass die Durchführung von Sitzungen des Stadtsenates und der Gemeinderatsausschüsse im Wege einer Videokonferenz grundsätzlich möglich sein soll, jedoch dann zu unterbleiben hat, wenn zumindest ein Drittel der Mitglieder des Stadtsenates bzw. des Gemeinderatsausschusses sich dagegen ausgesprochen hat. Dies wurde mit den zuständigen Verantwortlichen verhandelt, besprochen und ausgesprochen. Ich denke, dass wir mit dieser gesetzlichen Änderung, dieser gegenständlichen Änderung, einen Schritt in die Zukunft für unsere Gemeinden natürlich gemacht haben. Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Helmut Hofer-Gruber von den NEOS das Wort.
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Ich spreche zunächst zum Geschäftsstück 1854, das ist ein Antrag der FPÖ, dem wir gerne zustimmen. Stärkung von Minderheitenrechten ist immer gut. In Wirklichkeit geht da noch viel mehr. Ich denke nur daran, den Prüfungsausschuss einmal zuverlässig in die Hände der echten Opposition zu legen, sofern es denn eine gibt. Aber auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung, dem wir gerne zustimmen werden. Zum pandemiebedingten Antrag 1854 möchte ich einen Zusatzantrag einbringen, der uns tatsächlich, wie der Kollege Balber schon gesagt hat, ein Stück weit Richtung Zukunft und eigentlich in die neue Realität führen soll. Es geht dabei um die schulfreie Zeit, die ja nicht per se eine arbeitsfreie Zeit ist. Das haben wir ja hier im Hause schon mit den Anfragebeantwortungen so gemacht und wir sehen ein, dass demokratische Verfahren in Zeiten von Pandemien oder anderen Katastrophen angepasst werden müssen. Dass aber jetzt auch die Sommerferien und damit urlaubsbedingte Abwesenheit einen Umlaufbeschluss rechtfertigen, geht uns zu weit. Wir stellen daher den Antrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
In § 34 Abs.8 und § 37 Abs. 8 des NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetzes wird die Wortfolge „sowie in der schulfreien Zeit“ ersatzlos gestrichen.“
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zu meinem Antrag. (Beifall bei den NEOS.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächster Rednerin erteile ich der Frau Abgeordneten Silvia Moser von den GRÜNEN das Wort.
Abg. Mag. Silvia Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zur Ltg.-1858. Wir haben uns bereits im Vorjahr im Mai gegen diese Gesetzesänderungen ausgesprochen. Jetzt soll das, was bisher nur für den Krisenmodus vorgesehen war, dauerhaft möglich werden. Unser Standpunkt ist: Demokratie muss funktionieren und stattfinden. Das heißt, Sitzungen haben grundsätzlich in Präsenz stattzufinden. Auch von Gremien, die nicht öffentlich sind. Dafür sind entsprechende Räumlichkeiten und die notwendigen Vorkehrungen zur Verfügung zu stellen. Sitzungen von Kollegialorganen der Gemeinden und Statutarstädten per Video abzuhalten, sowie Beschlüsse im Umlaufweg zu fassen, entsprechen nicht der gesetzlichen Intention der demokratischen Auseinandersetzung und Diskussion. Benachteiligt werden unterm Strich jene Fraktionen, die nicht in der jeweiligen Regierung vertreten sind. Es muss die Möglichkeit geben, während der Sitzungen in Unterlagen einzusehen, gegen Abänderungs-, Zusatz- und Dringlichkeitsanträge zu stellen. Demokratische Mittel und Prozesse dürfen nicht behindert werden. Das ist die eine Seite. Andererseits wollen wir uns aber auch nicht der Digitalisierung verschließen und sehen auch deren Vorteile. Aber wann, dann muss es eine echte Digitalisierung sein. Das heißt, es müssen die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Ganz ehrlich gesagt: Wir haben diese Voraussetzungen nicht einmal bei der Infrastruktur, beim Breitbandausbau. Ich wollte Ende November bei einem Webinar der Kommunalakademie teilnehmen, wo es um die Ausbildung von Stadträtinnen, Vizebürgermeisterinnen und Bürgermeisterinnen gegangen wäre. Dieses Webinar musste nach einer halben Stunde abgebrochen werden, weil der Seminarleiter nicht die entsprechende Infrastruktur hatte. Das heißt, er war einfach nicht zu verstehen. Dieses Problem haben wir. Das haben wir vor allem auch am Land, wo die Infrastruktur sehr dünn gesät ist. Das muss einmal zuerst passieren, dass hier für alle die notwendigen Verbindungen gewährleistet sind. Die entsprechenden Gremien müssen auch entsprechend ernst genommen werden. Das heißt für uns auch, Ausschusssitzungen etc. sind mit dem notwendigen Ernst durchzuführen. Einerseits sollen dort die Diskussionen stattfinden, die notwendig sind als Vorbereitung. Andererseits müssen für diese Sitzungen auch die notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Das ist leider sehr häufig nicht der Fall. Dieses zur Verfügung stellen der Unterlagen ist unserer Meinung nach gerade für Online-Sitzungen absolut notwendig. Also einerseits Unterlagen zur Verfügung stellen, andererseits sollen Geschäftsstücke der Gemeinderatssitzungen z. B. auch verpflichtend in den Ausschüssen vorbesprochen werden müssen. Ich stelle daher folgenden Resolutionsantrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, dem NÖ Landtag eine Novelle der NÖ Gemeindeordnung und des NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetzes mit folgendem Inhalt zum Beschluss vorzulegen:
1. Die Geschäftsstücke samt Sachverhalt und den notwendigen Unterlagen (Pläne, Einwendungen, Vergabedokumentationen etc.) sind mit der jeweiligen Tagesordnung elektronisch zur Verfügung zu stellen.
2. Sämtliche Geschäftsstücke der Gemeinderatssitzungen, Gemeindevorstandssitzungen, Stadtrats- und Stadtsenatssitzungen sind verpflichtend einer Vorbesprechung in den jeweiligen Ausschüssen zu unterziehen.“
Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, besonders die zur Verfügungstellung der Unterlagen, dann können wir über den nächsten Schritt reden. Wir werden dem Antrag daher nicht unsere Zustimmung geben. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dieter Dorner von der FPÖ das Wort.
Abg. Dorner (FPÖ): Sehr geehrte Präsidentin! Hoher Landtag! Ich darf mich zu den Ltg.-1854 und Ltg.-1858 Ihnen mitteilen. Ich beginne mit 1858 und stelle fest: Es geschehen Zeichen und Wunder. Ich stimme mit der Argumentation meiner Vorrednerin von den GRÜNEN überein. Auch wir sind der Meinung, dass die demokratische Willensbildung der Kollegialorgane in Präsenzsitzungen stattfinden soll und nicht per Videokonferenz. Außerdem ist es uns nicht ganz erklärlich, warum man in der Gemeindeordnung und im Stadtrechtsorganisationsgesetz verschiedene Anzahl von Mitgliedern der Organe festlegt, um eine Videokonferenz abzulehnen. Was wir auch ablehnen, ist die Unmöglichkeit einer Videokonferenz abzulehnen während der Schulferien. Da stimme ich mit dem Kollegen Hofer-Gruber überein. Wir sind der Meinung, Schulferien sind für politische Vertreter und politische Organe ganz normale Arbeitszeit. Positiv ist, dass die Gemeinderatssitzungen in Präsenz stattfinden sollen und müssen. Aber aus den genannten Gründen können wir diesem Antrag trotzdem nicht zustimmen. Wem wir sehr wohl zustimmen werden, ist sowohl dem Antrag der NEOS als auch dem Antrag der GRÜNEN. Ich möchte jetzt aber näher auf den Antrag 1854, Stärkung der Minderheitenrechte im Gemeinderat, meiner Fraktion eingehen. Es ist uns natürlich ganz klar: In einer Demokratie bestimmt die Mehrheit den Kurs. Dafür wurde sie und wird sie auch gewählt. Allerdings müssen auch Minderheitenrechte berücksichtigt werden und die NÖ Gemeindeordnung sieht genau das ja auch ganz konkret vor. Ein wichtiges Recht in dieser Gemeindeordnung ist das Recht, dass ein Drittel der Mitglieder eines Kollegialorgans in der Gemeinde die Tagesordnung beeinflussen können und einen Punkt auf die Tagesordnung setzen können, den der Vorsitzende auch nicht absetzen darf. Die Behandlung dieses Punktes entfällt aber, wenn der Gemeinderat mangels ausreichend anwesender Mitglieder – das heißt bei der ersten Ladung zwei Drittel der Mitglieder – bei diesem Punkt der Tagesordnung nicht beschlussfähig ist. Jetzt kommt die weitere Formulierung der derzeit gültigen Gemeindeordnung. Der Vorsitzende – also meistens wird das der Bürgermeister sein – kann erneut zu diesem, wegen Beschlussunfähigkeit entfallenen Punkt der Tagesordnung, zu einer Sitzung einberufen, bei der das Präsenzquorum die Hälfte der Gemeinderäte zur Beschlussfassung ausreicht. Der springende Punkt ist die Formulierung: er kann, er muss aber nicht. Das heißt, liegt eine Behandlung eines Gegenstandes im Interesse des Bürgermeisters, dann wird er noch einmal zu einem Tagesordnungspunkt einladen. Liegt die Behandlung eines Gegenstandes nicht im Interesse eines Bürgermeisters, weil er vielleicht von der Opposition eingebracht wurde, dann muss laut der derzeitigen Formulierung in der Gemeindeordnung nicht noch einmal zu diesem Tagesordnungspunkt eingeladen werden. Damit ist es möglich, dass ein Minderheitenrecht, das in der Gemeindeordnung verankert ist, vom Vorsitzenden – meistens vom Bürgermeister – ausgehebelt wird. Meine Damen und Herren, diese Vorgangsweise hat nicht irgendein Jurist künstlich entwickelt, sondern diese Vorgangsweise ist schon öfter praktiziert worden – erst jüngst wieder in der Gemeinde Gumpoldskirchen. Die Angleichung der Frist für die Nutzung des Minderheitenrechts auf Erweiterung der Tagesordnung zur Frist zur Ladung einer Gemeinderatssitzung … naja, das schafft einfach gleiche Spielregeln für alle und erweitert natürlich dadurch auch die Handlungsfähigkeiten der Minderheit. Um diese Minderheitenrechte zu stärken, haben wir diesen Antrag eingebracht. Wir bedauern den negativen Ausschussantrag. Ich möchte aber sehr wohl erwähnen, dass es mich sehr gefreut hat, dass die SPÖ, die Sozialdemokratie, im Ausschuss diesen – unseren – Antrag zugestimmt hat. Wir können dem negativen Ausschussantrag daher nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Hannes Weninger von der SPÖ das Wort.
Abg. Weninger(SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe jetzt monatelang von diesem Rednerpult aus dagegen gekämpft, dass die Minderheitsrechte in einigen Gemeinden – konkret da wieder Beispiele aus meinem Bezirk Mödling wiederholen … der Kollege hat jetzt den aktuellen Fall Gumpoldskirchen angesprochen. Ihr kennt die Vorkommnisse rund um diesen verhaltensauffälligen Bürgermeister in Vösendorf. Die Demokratie lebt auch davon, dass man zusammensitzt, dass man debattiert, diskutiert und dementsprechend gemeinsame Lösungen sucht. Deshalb ist es ganz wichtig, dass in dieser Novelle der Gemeindeordnung explizit verankert ist, dass Gemeinderatssitzungen öffentlich und in Präsenzform durchzuführen sind, damit es nach Ende dieser Pandemie da keinen Zweifel mehr gibt. Das andere ist, dass sich meines Erachtens durchaus in manchen Bereichen bewährt hat, auch in der Politik Kommunikationsmittel anzuwenden, die in der Wissenschaft, die im Bildungssystem, die in der Wirtschaft längst üblich sind: die Form von Videokonferenzen. Ich bin sehr stolz, dass es uns gelungen ist in den Verhandlungen dezidiert festzuhalten: Videokonferenzen dürfen nur von Gremien durchgeführt werden, die grundsätzlich nicht öffentlich sind – das sind Ausschüsse und Gemeindevorstandssitzung – und nur dann, wenn alle Beteiligten dafür sind und natürlich, weil das ist auch angesprochen worden, die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Also diese Argumente zählen alle nicht. Ich habe die Möglichkeit grundsätzlich oder von Sitzung zu Sitzung zu sagen, einer oder eine aus dem Ausschuss oder Gemeindevorstand: „Ich will eine Präsenzsitzung“, dann hat es in Präsenz stattzufinden. Wenn aber alle die technischen Möglichkeiten haben und alles das wollen, dass die Sitzung online, Zoom oder sonst irgendetwas stattfindet, dann soll das – glaube ich – in einer modernen Demokratie auch möglich sein. Wir unterstützen diesen Antrag ebenso wie den Antrag, dass Drittelanträge grundsätzlich, wenn sie die Mehrheit – wie jetzt in Gumpoldskirchen – den Drittelantrag ans Ende der Tagesordnung setzt, dann auszieht aus dem Gemeinderat und damit mehr oder weniger das Minderheitsrecht blockiert und das von Fall zu Fall immer wieder macht, ist dieser Antrag, den wir gerne unterstützen, die Möglichkeit, dass das auf die Tagesordnung wieder kommen muss. Dann sind so Trickseleien, dass auch Mehrheitsfraktionen die Gemeinderatssitzung verlassen, nur um sich nicht mit Oppositionsanträgen beschäftigen zu müssen, nicht mehr möglich. In diesem Sinne: Unterstützung für eine Modernisierung der Demokratie. Aber bitte wieder den Hinweis – vor allem an die ÖVP: Sorgt dafür, dass die wenigen schwarzen Schafe als Bürgermeister die Möglichkeiten, die wir ihnen als Landtag in die Hand geben, nicht missbrauchen. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Christian Gepp von der ÖVP das Wort.
Abg. Gepp, MSc(ÖVP): Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Wie schon von meinen Vorrednern ausgeführt, soll es im Verhandlungsgegenstand 1854 zu Änderungen der Gemeindeordnung kommen. Betreffend der Möglichkeit von Drittelanträgen und Verkürzungen von Fristen möchte ich dazu anführen: Gemäß § 46 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung ist der Bürgermeister verpflichtet, einen Gegenstand, der in den Wirkungskreis des Gemeinderates fällt, in die Tagesordnung aufzunehmen, wenn dies von einem Drittel der Mitglieder des Gemeinderates spätestens eine Woche vor Sitzung schriftlich beantragt wird. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten in der Gemeinderatssitzung, wenn beabsichtigt ist, seitens der Mehrheit diesem Antrag keine Zustimmung zu erteilen, einen Gegenantrag, Zuweisung an einen Ausschuss oder eine Ablehnung des Antrages. Das von der VP im Antrag als Regelfall unterstelltes Vorgehen, wonach die Mehrheit bei Ablehnung des Antrages den Sitzungssaal verließe und damit eine Beschlussfähigkeit herbeiführe, spiegelt keinesfalls die gelebte Praxis wider. (Abg. Weninger: Gegenbeispiel?) In Gemeinden mit einer absoluten Mehrheit bzw. einer funktionierenden Koalition kann auch bei der verpflichtenden Durchführung einer weiteren Sitzung die Beschlussfassung verhindert werden, da für eine Beschlussfähigkeit jedenfalls die Hälfte der Mitglieder des Gemeinderates erforderlich ist, da sonst diese Sitzung nicht stattfindet. Zu den Fristen: Gemeinderatssitzungen sind rechtzeitig und vollständig mit Unterlagen zu den Tagesordnungspunkten spätestens am fünften Tag vor dem Tag der Gemeinderatssitzung einzuberufen. Eine Verkürzung der Frist zur Einbringung eines Drittelantrages, wie von der FPÖ beantragt, würde dazu führen, dass ein nach § 46 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung verlangter Tagesordnungspunkt unter Umständen nicht mehr in die ursprüngliche Einladung aufgenommen werden kann und daher die Möglichkeiten zur Vorberatung und Vorbereitung eingeschränkt werden. Durch die Verkürzung der Frist, wie von der FPÖ beantragt, wird auch die Möglichkeit genommen, mit dem Drittelantrag in Zusammenhang stehende Gegenstände von selbst auf die Tagesordnung zu setzen. Eine Verkürzung der Antragsfrist führt auch zu einer Verkürzung der Mindestvorbereitungszeit der Gemeinderatsmitglieder. Aus diesen angeführten Gründen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.