Zusammenfassung
Antrag des Gesundheits-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-742-1/XX-2025 – Flächendeckender Gewaltschutz im medizinischen Bereich
Berichterstatter
Redner
- Edith Kollermann (NEOS) Tagesordnungspunkt 18 Video und Sitzungsbericht – mit Antrag auf getrennte Abstimmung
- Silvia Moser (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 18 Video und Sitzungsbericht
- Elvira Schmidt (SPÖ) Tagesordnungspunkt 18 Video und Sitzungsbericht
- Edith Mühlberghuber (FPÖ) Tagesordnungspunkt 18 Video und Sitzungsbericht
- Silke Dammerer (ÖVP) Tagesordnungspunkt 18 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag auf getrennte Abstimmung Abg. Mag. Kollermann einstimmig angenommen
a) Ausschussantrag letzter Satz angenommen: Zustimmung ÖVP, FPÖ, SPÖ, Ablehnung GRÜNE, NEOS
b) Rest des Ausschussantrages angenommen: Zustimmung ÖVP, FPÖ, SPÖ, NEOS, Ablehnung GRÜNE
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Präsident Mag. Wilfing: Damit kommen wir zur Ltg.-742-1, Antrag gemäß § 34 Landtagsgeschäftsordnung 2001 der Abgeordneten Dammerer und Mühlberghuber betreffend flächendeckender Gewaltschutz im medizinischen Bereich. Ich ersuche Herrn Abgeordneten Hörlezeder, die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Hörlezeder (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich berichte zur Ltg.-742, einem Antrag des Gesundheits-Ausschusses über den Antrag gemäß § 34 der Abgeordneten Dammerer und Mühlberghuber betreffend flächendeckender Gewaltschutz im medizinischen Bereich. Ziel des Ausschussantrages ist es, Gewaltopfer frühzeitig zu erkennen und bestmöglich zu unterstützen, sowohl in den Landeskliniken als auch im niedergelassenen Bereich. In unserem ursprünglichen Antrag war die Intention, eine Gewaltambulanz in einem Zentralklinikum zu implementieren, weil das Spezifische ja dort ist, dass Spuren und Beweise gesichert werden, die dann zehn Jahre aufbewahrt werden, sofern keine Anzeige erstattet wird. Ich komme nun zum Antrag.
"Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert,
1. das Schulungsangebot für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NÖ Landes- und Universitätskliniken im Bereich des Gewaltschutzes regelmäßig zu evaluieren und auszubauen,
2. die Zusammenarbeit zwischen den Opferschutzgruppen in den NÖ Landes- und Universitätskliniken mit allen beteiligten Organisationen (Frauenhäusern, Polizei, Selbsthilfegruppen, etc.) zu intensivieren sowie
3. im intensiven Austausch mit der NÖ Ärztekammer auf eine Verbesserung des Gewaltschutzes im niedergelassenen Bereich hinzuwirken.
Durch diesen Antrag gemäß § 34 LGO wird der Antrag mit der Ltg.-742 miterledigt."
Herr Präsident, ich bitte um Einleitung der Debatte und Beschlussfassung.
Präsident Mag. Wilfing: Danke für die Berichterstattung und ich ersuche... ich verstehe, es gibt schon eine gewisse Ferialstimmung, aber die sollte man erst in zwei, drei Stunden einkehren lassen. Etwas mehr Ruhe bitte im Plenum. Als Erste zu Wort kommt die Frau Abgeordnete Edith Kollermann von den NEOS.
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Danke, Herr Präsident! Hohes Haus! Gewaltambulanzen sind mehr als eine medizinische Einrichtung, wo Verletzungen behandelt und wo vielleicht auch eine Gewalttat erkannt und dann in Folge angezeigt werden können. Das Zuhause ist einer der gefährlichsten Orte für Frauen. Nicht nur Haushaltsunfälle tragen dazu bei, sondern auch häusliche Gewalt. Das Zuhause, wo man sich eigentlich sicher fühlen können sollte. Das bietet nämlich auch Tätern die Abgeschiedenheit, wo ihre "Ausraster" in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden oder auch die Scham der Opfer schützt die Täter. Ich gendere hier nicht, weil der Anteil der weiblichen Opfer und der männlichen Täter hier deutlich in der Überzahl sind, was nicht heißt, dass es nicht auch umgekehrte Fälle gibt. Zurück zu den Gewaltambulanzen. Diese sind eine Anlaufstelle, wo multiprofessionale Teams Opfer behandeln und schützen, wo Verletzungen gerichtsfest – also rechtssicher – dokumentiert werden können und auch auf eine längere Zeit hin aufbewahrt werden. Die Angst vor einer Anzeige des eigenen Partners womöglich, oftmals auch die Scham, ein Opfer zu sein, hindern Betroffene, sich gleich zu einer Anzeige zu entschließen und damit der Gewalt ein Ende zu setzen. Der ursprüngliche Antrag der Kolleginnen von den GRÜNEN berücksichtigt diese Besonderheiten und fordert eine zentrale Gewaltambulanz als Anlaufstelle. Wir sind in der Vergangenheit sogar einen Schritt weitergegangen und haben eine Gewaltambulanz in jeder Versorgungsregion gefordert. Und es ist schon richtig, dass die Anlaufstellen möglichst wohnortnah auch sein sollten und dass die Schulung und die Zusammenarbeit mit dem niedergelassenen Bereich hier sehr, sehr wichtig sind, also mit den Hausärztinnen und Hausärzten vor allem. Der 34er-Antrag enthält auch durchwegs Punkte, wo man gar nicht dagegen sein kann und die werden wir auch unterstützen. Also wir werden auch diesen Antrag unterstützen. Den Fokus auf die spezifischen Anforderungen einer zentralen Gewaltambulanz, den hat er aber nicht. Von einer Miterledigung, wie das im Antragstenor steht, kann daher auch nicht die Rede sein. Ich denke, dass denen, denen die Bekämpfung häuslicher Gewalt ein Anliegen ist, denen ist auch die Bedeutung dieser Einrichtungen bewusst. Wir werden anhand der Ergebnisse der Gewaltambulanzen in Graz und Wien, wo es diese Einrichtungen ja schon gibt, die mit der Zeit auch Erfolge gegen häusliche Gewalt sehen... davon bin ich überzeugt. Dass die ÖVP/FPÖ-Fraktionen Niederösterreich hier nicht mit ins Rennen schicken wollen, dass sie nicht Vorreiter sein wollen, das finde ich bedauerlich für die Niederösterreicherinnen. Die vorgeschlagenen, etwas weichgespülten Forderungen unterstützen wir aber auch – wie gesagt – kann man da nicht dagegen sein. Falls die GRÜNEN ihren Antrag auch als Resolution noch einmal einbringen, dann würden wir diesen auch unterstützen und ich möchte hier nur einen Antrag auf getrennte Abstimmung für diesen Teil der Miterledigung noch bringen. "Die unterfertigte Abgeordnete stellt den Antrag, den letzten Satz des Ausschussantrags getrennt abzustimmen." Also wie gesagt, wir unterstützen sämtliche Forderungen in diesem Zusammenhang sowohl den 34er als auch für den Fall, dass ein Resolutionsantrag noch kommt. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächste zu Wort kommt die Abgeordnete Silvia Moser von den GRÜNEN.
Abg. Mag. Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Jede dritte Frau ab 15 Jahren ist in Österreich von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen und jede sechste Frau wurde schon bedroht. Das sind Zahlen, die uns wirklich zu denken geben sollen. Noch dazu, wo wir ja von einer hohen Dunkelziffer ausgehen müssen. Und sowohl die Istanbul-Konvention als auch die EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt fordern die Bereitstellung von Einrichtungen, die gerichtsmedizinische Untersuchungen anbieten – und das ist der Knackpunkt. Wir wollen keine Beratungsstelle, wir wollen kein Frauenhaus, wir wollen eine Gewaltambulanz. Wir haben schon Einrichtungen – dass es immer zu wenig ist, von dem reden wir gar nicht. Wir haben Beratungsstellen, wir haben Gewaltschutzzentren, wir haben Frauenhäuser, wir haben Übergangswohnungen, aber wir haben keine Gewaltambulanz in Niederösterreich und das müssen wir dringend ändern. Es gibt noch dazu ein Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz, das ist im September 24 unter Justizministerin Alma Zadić in Kraft getreten. Das ist genau dazu da, um österreichweit flächendeckend weitere Gewaltambulanzen einzurichten. Und die Kollegin hat es schon gesagt: Es gibt solche Ambulanzen in Wien, in Graz, in Innsbruck, die sind sehr erfolgreich. Die Zahlen sind massiv gestiegen dort, weil es sehr niederschwellig ist. Man geht dorthin, man fällt nicht auf, es ist im Rahmen von einem Krankenhaus und dort sind die Expertinnen und Experten. Wie gesagt: niederschwellig, vertraulich, kostenlos, ohne E-Card und – was noch wichtig ist – ohne Anzeigepflicht, das ist das Um und Auf. Wird jetzt keine Anzeige erstattet, was passiert dann? Dann werden die Beweise gesichert und bis zu 10 Jahre aufgehoben. Und im Fall von einem späteren Tatbestand kann man auf diese Beweissicherung zurückgreifen und um das geht es uns. Und was jetzt im § 34-Antrag der ÖVP drinnen ist, das sind für mich so Basics, so wirkliche Basissachen – da brauche ich keinen Antrag, seid mir nicht böse. Das ist selbstverständlich. Darum werden wir auch dem nicht zustimmen, weil so einem Wischiwaschi, dem stimme ich einfach nicht mehr zu. Wir finden, dass jetzt die beste Gelegenheit ist, mit dem Gesundheitsplan 2040+, dass man so eine Gewaltambulanz einmal integrieren kann in eines der Zentralkliniken, zum Beispiel in St. Pölten. Wünschenswert wäre für uns, dass in beiden Zentralkliniken zumindest eine Gewaltambulanz auf längere Sicht vorhanden ist. So wie in Graz zum Beispiel könnte man auch mit einem mobilen Team dann arbeiten, aber das ist Zukunftsmusik. Probieren wir es einmal, starten wir mit einer Gewaltambulanz am Universitätsklinikum St. Pölten. Das ist unser Anliegen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Und ich betone es nochmal, weil das so wichtig ist: Weil es keine Anzeigepflicht ist, ist es wichtig und weil gerichtsmedizinische Untersuchungen stattfinden und die Beweissicherung erfolgt. Und das habe ich nirgends sonst wo und darum appelliere ich wirklich an euch, Kolleginnen und Kollegen, dass wir dieses Problem ernst nehmen. Auch wenn ihr es heute nicht beschließen wollt, dann setzt ihr es halt ein bisschen später um – übermorgen zum Beispiel – das haben wir ja schon öfter gehabt. Alles klar? Die Frauen sind wichtig. Kampf gegen die Gewalt ist wichtig, Einsatz für menschenwürdige Behandlung ist wichtig. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN, den NEOS und Abg. Hahn, MEd MA.)
Präsident Mag. Wilfing: Die nächste Wortmeldung ergeht an die Dritte Präsidentin, Elvira Schmidt, SPÖ.
Abg. Präs. Schmidt (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich kann mich nur meinen Vorrednerinnen anschließen: Wir brauchen Gewaltschutzambulanzen. Und um, liebe Silvia, nicht um... ich möchte noch ein paar Zahlen dazugeben. Du hast das vollkommen richtig gesagt: Jede dritte Frau in Österreich ist von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen. Das sind und jetzt... ich möchte das auch in Prozenten noch fassen: Das sind rund 34,5 Prozent. Wenn ich das jetzt österreichweit an den Frauen umrechne und wir haben in Österreich rund 4,62 Millionen Frauen, dann sind das 1,5 Millionen Frauen, die in ihrem Leben von Gewalt betroffen sind. Das muss man sich noch einmal vorstellen: 1,5 Millionen Frauen. Das ist bald so viel, wie Niederösterreich Einwohner und Einwohnerinnen hat und das ist eine Katastrophe für Österreich, das ist eine Katastrophe für jede einzelne Frau. (Beifall bei Abg. Mag. Suchan-Mayr.) Was ich vielleicht noch sagen möchte und das ist mir auch sehr wichtig: Du hast gesprochen, dass im September 24 dieses Gesetz umgesetzt worden ist im Nationalrat. Ja, das stimmt und ja, es stimmt, es ist von den GRÜNEN und von der ÖVP eingebracht worden und die ÖVP hat diesem Gesetz zugestimmt. Aber nicht nur die ÖVP hat diesem Gesetz zugestimmt, sondern auch die FPÖ hat diesem Gesetz zugestimmt, weil sie gesagt haben – und Sie können das nachlesen – die Nationalratssitzung war am 12.6. voriges Jahr und da haben die ÖVP und die FPÖ – vor allem die FPÖ – gesagt: "Es ist unglaublich wichtig, dass wir diese Gewaltschutzzentren haben." Wer ein bisschen gezweifelt daran hat, waren die NEOS, die gesagt haben: "Wir geben euch einen Vertrauensvorschuss." Aber warum haben sie das gesagt? Genauso wie die SPÖ, weil keine Begutachtungsfrist war und weil jeder gesagt hat, man muss die Experten anhören und die Expertinnen, um dann ein Gesetz zu beschließen. Aber in dem Sinne war es voriges Jahr für alle Parteien, die im Parlament waren klar, dass wir Gewaltschutzambulanzen brauchen und ich glaube auch, es ist ganz, ganz wichtig in Niederösterreich solche zu haben. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, den NEOS und den GRÜNEN.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächste zu Wort kommt die Abgeordnete Edith Mühlberghuber, FPÖ.
Abg. Mühlberghuber (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ja, Gewalt hat viele Gesichter – körperlich, seelisch, oft auch versteckt hinter Scham und Angst. Und genau deshalb braucht es einen Ort, an dem Betroffene Hilfe bekommen ohne lange Wege, ohne Hürden und vor allem ohne Angst. Ein solcher Ort ist oft als Erstes der medizinische Bereich. Ob in Klinik oder in der Hausarztpraxis – medizinisches Personal ist oft der erste Kontaktpunkt für Menschen, die Gewalt erlebt haben. Deshalb ist es unsere Aufgabe, diese Menschen dort bestmöglich zu schützen und zu unterstützen. Was tut Niederösterreich bereits? Wir können mit Stolz sagen: In unseren Landeskliniken gibt es bereits viele Maßnahmen. Zum Beispiel der Einsatz von gut geschulten und speziell ausgebildeten Pflegekräften, die können Spuren von Gewalt erkennen und sichern. Bei der Aufnahme in Landeskliniken wird gezielt nach Gewalterfahrung gefragt. Die LGA-App bietet Informationen zum Thema Opferschutz und es gibt eine gute Zusammenarbeit mit Polizei, Frauenhäusern und anderen Stellen. Seit 2012 gibt es in allen Landeskliniken sogenannte "Opferschutzgruppen", die sich um erwachsene Betroffene von häuslicher Gewalt kümmern. Besonders in der Unfallchirurgie und Gynäkologie wird das Personal dafür geschult. Aber es reicht nicht. Gewaltschutz darf nicht an der Kliniktür enden. In Kliniken, in denen Abteilungen für Kinder- und Jugendheilkunde geführt werden, sind überdies verpflichtend Kinderschutzgruppen einzurichten, um frühzeitig Gewalt oder Vernachlässigung bei Kindern zu erkennen. Auch im niedergelassenen Bereich – also bei Hausärztinnen und Hausärzten – braucht es klare Konzepte, denn sie haben oft ein langfristiges Vertrauensverhältnis zu ihren Patientinnen und Patienten. Und gerade sie können früh erkennen, wenn etwas nicht stimmt. Wir wollen erstens Schulungen für das medizinische Personal weiter ausbauen und regelmäßig prüfen, zweitens die Zusammenarbeit mit Polizei, Frauenhäusern und anderen Einrichtungen stärken und drittens auch die niedergelassene Ärzteschaft besser einbinden, in enger Abstimmung mit der Ärztekammer. Unser Ziel ist klar: Ein flächendeckender, rascher, leichter Zugang zu Schutz und Hilfe überall in Niederösterreich – nicht nur in zentrale Gewaltschutzambulanzen, sondern in jeder Klinik, in jeder Ordination. Denn jeder Mensch, der Opfer von Gewalt wird, verdient schnelle Hilfe, respektvolle Behandlung und kompetente Unterstützung. Und zwar dort, wo er sie braucht, ohne Umwege. Sehr geehrte Damen und Herren, wir bitten um breite Unterstützung für diesen wichtigen Antrag. Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Damit erteile ich der Abgeordneten Silke Dammerer, ÖVP, das Wort.
Abg. Dammerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gewalt hat viele Gesichter. Sie kann körperlich, psychisch oder sexualisiert sein. Und sie kann Menschen aller Altersgruppen und Lebenslagen treffen. Wer Hilfe braucht, soll Hilfe bekommen. Zu Beginn meiner Ausführungen ist es mir ein zentrales Anliegen, etwas Klarheit zu schaffen: Was genau ist eine Gewaltambulanz und was ist sie nicht? Viele Menschen verbinden mit dem Begriff möglicherweise ein Bild, das der Realität nicht entspricht. Man denkt vielleicht an eine eigene Abteilung innerhalb eines Krankenhauses mit durchgehender Öffnungszeit rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, wo man nach einer ausführlichen Anamnese und forensischen Dokumentation auch medizinisch behandelt und gegebenenfalls stationär aufgenommen wird. Doch das genau bietet eine Gewaltambulanz nicht. Die beiden Gewaltambulanzen in Wien und Graz – wie bereits erwähnt – sind ausschließlich Untersuchungsstellen, die an gerichtsmedizinische Einrichtungen angebunden sind. Und – weil das Gewaltambulanzförderungs-Gesetz angesprochen wurde – Voraussetzung für so eine Gewaltambulanz und um Förderungen zu bekommen aus diesem Gesetz, ist die Installation einer Gerichtsmedizin. Wir haben in ganz Österreich insgesamt vier gerichtsmedizinische Standorte, keine in Niederösterreich. Die Gewaltambulanz Wien liegt in fußläufiger Entfernung zur Medizinischen Universität Wien und zum AKH, ist ausgeschildert und zuständig für Wien, Niederösterreich und das nördliche Burgenland. Das heißt, diese Gewaltambulanz steht, wenn gewünscht, auch allen Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern, deren Angehörigen und auch dem medizinischen Personal mit einer telefonischen Fachberatung zu klinisch-forensischen Fragen zur Verfügung. Die Gewaltambulanz Graz ist an die MedUni Graz angebunden, verfügt über einen eigenen Eingang und ein deutlich sichtbares Schild "Gewaltambulanz". Sie ist für die Steiermark, Kärnten und das südliche Burgenland zuständig. Diese Einrichtungen bieten eine kostenlose, opferorientierte und verfahrensunabhängige forensische Untersuchung an. Dabei werden Spuren an Körper und Kleidung gesichert und dokumentiert, für den Fall, dass sie in einem späteren Strafverfahren benötigt werden. Das speziell geschulte Personal informiert die betroffenen Personen über weitere Unterstützungsmöglichkeiten, wie Opferhilfeeinrichtungen, psychologische und rechtliche Beratungsangebote. Und jetzt brauche ich bitte die volle Aufmerksamkeit von Ihnen allen. Genau das, was ich soeben erwähnt habe, haben wir jetzt schon in Niederösterreich. Zentral gelegen? Nein, wohnortnah und flächendeckend in unseren 27 Landeskliniken. Gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Niederösterreich hat die Landesgesundheitsagentur einen qualitätsgesicherten, standardisierten Ablauf etabliert, der im Verdachtsfall eine fachlich fundierte, interdisziplinäre Versorgung ermöglicht. Diese Teams, bestehend aus medizinischem, pflegerischem und psychologischem Fachpersonal, sind speziell geschult, Gewalt zu erkennen, sensibel darauf zu reagieren und forensisch relevante Spuren fachgerecht zu sichern, auch wenn man sie nicht sofort braucht, sondern vielleicht erst später. Diese werden abschließend nach Mödling ins forensische Labor übermittelt. Ein zentraler Unterschied zur Gewaltambulanz: Unsere Kliniken in Niederösterreich stehen 24/7 für gewaltbetroffene Personen zur Verfügung, ebenfalls kostenlos, jedoch ohne Voranmeldung und mit unmittelbarer medizinischer Versorgung und der Möglichkeit einer stationären Aufnahme. Die Gewaltambulanzen in Wien und Graz hingegen sind nur eingeschränkt erreichbar. Etwa in Wien von Dienstag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr und am Wochenende durchgehend von Freitag bis Montag früh. Eine telefonische Voranmeldung ist erforderlich. In einem Flächenbundesland wie Niederösterreich muss Gewaltschutz zentral gedacht werden. Wer Hilfe braucht, soll die rasch, unbürokratisch und möglichst im gewählten Umfang erhalten können, ohne lange Anfahrtswege, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Denn stellen wir uns vor: Eine Frau, möglicherweise sogar begleitet vom Täter, soll in eine Ambulanz mit einem deutlich sichtbaren Schild "Gewaltambulanz" eintreten. Glauben Sie wirklich, dass sie sich das traut? Eine sehr engagierte, ausgebildete "Forensic Nurse" hat mir erzählt, dass es oft nur ein sehr kurzes Zeitfenster gibt, in dem ein Opfer bereit ist, sich zu öffnen. Ich wage zu behaupten, dieses Zeitfenster hält nicht von Zwettl nach St. Pölten oder Wiener Neustadt. Gerade auch bei Gewalt unter Einfluss von K.O.-Tropfen, deren Wirkung nur kurz nachweisbar ist, ist vor allem rasches Handeln essenziell. Gewaltopfer erleben unterschiedlichste Formen der Gewalt und gehen auch individuell mit ihrer Erfahrung um. Viele suchen leider nicht offen Hilfe, wie wir schon gehört haben, schämen oder fürchten sich, teils auch, weil der Täter direkt danebensteht. In vielen Fällen kommen Betroffene unter einem anderen Vorwand in die Klinik und es ist dann die Aufgabe des Klinikpersonals, sensibel, empathisch und aufmerksam zu reagieren. Unser Personal wird darauf umfassend geschult, angefangen bei der Aufnahme bis hin zu den behandelnden Fachkräften. Sie achten bereits auf nonverbale Signale wie Angst oder Schreckhaftigkeit, widersprüchliche Unfallangaben, Verletzungen an untypischen Stellen, eventuell auch multiple Hämatome unterschiedlichen Alters oder wiederholte nächtliche Ambulanzbesuche. Hier vorsichtig ins Gespräch zu kommen, ist der Schlüssel. Weiters kann dabei beobachtet werden, ob die eventuell mitgekommene Begleitperson ebenfalls Verletzungen aufweist und ob vielleicht schon im Wartebereich ein aggressives gewalttätiges Verhalten beobachtet werden konnte. Weiters kann geklärt werden, ob die Sicherheit der Patientin in Gefahr ist. Sollte dies der Fall sein, kann sofort eine stationäre Aufnahme angeboten werden und in jedem Fall wird der Kontakt zu klinischen Psychologen und Psychologinnen und der Sozialarbeit angeboten. Auf Wunsch der Patientin wird auch Unterstützung beim Erstellen einer polizeilichen Anzeige geboten. Diese wird nicht von Haus aus erfolgen, sofern keine Anzeigepflicht besteht. Unsere Mitarbeiter werden auch dahingehend regelmäßig geschult. Einführungskurse in die Materie sind stets sehr gut gebucht, meist ausgebucht, wurde mir bestätigt. Das große Interesse an diesem wichtigen Thema zeigt vom Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Landeskliniken. Weiters setzt die Landesgesundheitsagentur auf den regelmäßigen Austausch, auch mit anderen Bundesländern – gerade auch, weil Innsbruck erwähnt wurde – der Polizei und Gewaltschutzzentren sowie gezielte interne Sicherheitsschulungen. Es geht immerhin auch immer um die Sicherheit des Personals. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Opferschutzgruppen bringen ihre Erfahrungen aber auch in den jährlich stattfindenden Vernetzungskonferenzen ein. Hier sind auch Vertreterinnen und Vertreter der Exekutive, der Behörden, Schulen, Kindergärten, Frauenberatungsstellen, die Männerberatung und viele andere mit an Bord. Diese regionalen Vernetzungskonferenzen wurden von unserer Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister ins Leben gerufen, finden jährlich in allen Gesundheitsregionen statt. Dafür bin ich ihr sehr, sehr dankbar und auch dankbar bei allen Beteiligten, die sich in diesem Prozess engagieren. (Beifall bei der ÖVP und Abg. Mühlberghuber.) Ein Danke ist auch gleichzeitig immer ein Bitte, verbunden mit der Bitte, auf diesen Auftrag hier am Ball zu bleiben, weiter auf Schulungsangebote zu setzen und die Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern zu intensivieren. Auch Hausärztinnen und Hausärzte sind hier wichtige Player, denn sie stehen schließlich in regelmäßigem Kontakt zur Patientin oder den Patienten und nehmen als Vertrauensperson eine wichtige Schlüsselrolle ein, besonders bei chronischer Gewalt. Denn Gewalt hat nicht nur akute, sondern oft auch langfristige gesundheitliche Folgen. Auch bei Kindern, die eventuell selber nicht von Gewalt betroffen sind, aber schon Zeuge von familiärer Gewalt sind und mitbekommen, dass eventuell die Mama misshandelt wird. Kinder leiden oft ein Leben lang – psychisch, aber auch physisch. Da wir in Niederösterreich an der besten Zukunft für unsere Kinder arbeiten, möchten wir daher auf etablierte und bestehende Ressourcen aufbauen, wie wir sie bereits haben, mit einem niederschwelligen Hilfsangebot über das ganze Bundesland verteilt, schnell, kostenlos und unbürokratisch. Dazu stehen wir als Volkspartei Niederösterreich. Und umso unverständlicher ist für mich die Aussage einer Gemeinderätin der GRÜNEN in Wiener Neustadt, die unserer Vizebürgermeisterin Erika Buchinger unterstellt hat, sie würde genau mit dieser Haltung Täterschutz betreiben. Diese Behauptung ist nicht nur grundlos, sondern zutiefst verletzend und sie verkennt leider die tatsächliche Arbeit, die bereits in Niederösterreich geleistet wird. Ich bitte, geschätzte Frau Klubobfrau, richte der Kollegin das in Wiener Neustadt bitte aus. Auch Worte können verletzen. (Beifall bei der ÖVP.) Denn auch Worte können verletzen. Das dürfen wir niemals außer Acht lassen. Wenn es um das Thema Gewalt geht, müssen wir all unsere Kräfte bündeln. Helfen wir jenen, die Gewalt erfahren haben rasch vor Ort und ohne Hürden! Bitte setzen wir uns auch gemeinsam für Prävention und Bewusstseinsbildung ein! Tragen wir das Wissen um unsere vielfältigen Unterstützungsangebote in Niederösterreich nach draußen! Und noch mehr: Lasst uns gemeinsam für mehr Zivilcourage, Prävention und Bewusstseinsbildung eintreten! Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
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