Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2185/A-1/153-2022 – NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG), Änderung
Berichterstatterin
Redner
- Silvia Moser (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 11 Video und Sitzungsbericht – mit Resolutionsantrag
- Vesna Schuster (FPÖ) Tagesordnungspunkt 11 Video und Sitzungsbericht
- Elvira Schmidt (SPÖ) Tagesordnungspunkt 11 Video und Sitzungsbericht
- Marlene Zeidler-Beck (ÖVP) Tagesordnungspunkt 11 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag einstimmig angenommen
Resolutionsantrag Abg. Mag. Silvia Moser, MSc betreffend Ausbau der Frauenhausplätze in Niederösterreich abgelehnt: Zustimmung FPÖ, GRÜNE, NEOS, Ablehnung ÖVP, SPÖ, Abg. Ing. Huber
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Wir kommen zum Verhandlungsgegenstand Ltg.-2185, Antrag mit Gesetzesentwurf der Abgeordneten Erber u.a. betreffend Änderung des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000. Ich ersuche die Frau Abgeordnete Schmidl die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatterin Abg. Schmidl(ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich berichte zur Änderung des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000. Österreich hat im Jahr 2011 das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt unterzeichnet. Die Konvention bezweckt unter anderem Schutz von Frauen vor allen Formen von Gewalt, insbesondere durch Zurverfügungstellung von geeigneten Schutzeinrichtungen. Ich stelle daher den Antrag des Sozial-Ausschusses mit der Ltg.-2185 über den Antrag mit dem Gesetzesentwurf der Abgeordneten Erber, Hinterholzer, Dinhobl, Göll, Schmidl betreffend Änderung des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000 (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der beiliegende Gesetzesentwurf betreffend Änderung des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000 (NÖ SHG) wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses Erforderliche zu veranlassen.“
Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich bitte um Einleitung der Debatte und abzustimmen.
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Danke für die Berichterstattung, Frau Abgeordnete. Ich darf die Debatte eröffnen und als erster Rednerin der Frau Abgeordneten Silvia Moser von den GRÜNEN das Wort erteilen.
Abg. Mag. Silvia Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Diese Änderung des Sozialhilfegesetzes enthält einige wichtige Punkte. Das Ende der Antragstellung durch eine Einrichtung selbst war sicher in Einzelfällen praktisch, aber nicht mehr zeitgemäß im Sinne der Betroffenen und ihrer Rechte. Der Entzug der Bewilligung für einen Teil einer Einrichtung wird hinkünftig leider an Bedeutung gewinnen, vor allem aus Personalmangel. Mir ist das – ehrlich gesagt – wesentlich lieber, ein Teil einer Einrichtung kann geschlossen werden, als dass man – wie in der Vergangenheit – leider zu oft zu lange zuschaut und zuwartet und selbst bei gravierenden Mängeln nicht tätig wird. Ich erwarte mir hier auch, dass diese neue Möglichkeit genutzt wird, die Beschwerden von Betroffenen und Angehörigen ernst genommen werden und die Pflegeaufsicht und die Pflege- und Patientenanwaltschaft entsprechend tätig wird und der Landesregierung zuarbeitet. Die beste gesetzliche Basis nützt nichts, wenn es an der Ausführung hapert. Ich möchte betonen: Die Bewohnerinnen und Bewohner sind zum großen Teil den Einrichtungen hilflos ausgeliefert und jeder Beschwerde ist nachzugehen, weil es um Menschen geht, die eben von diesen riesigen Einrichtungsapparaten abhängig sind. In diesem Bewusstsein gilt es auch besonders sorgsam umzugehen, wenn es um das Abweichen von bescheidmäßig festgelegten Personalschlüsseln und Mindestpräsenzzeiten geht. Auch wenn es nur um die Dauer einer außergewöhnlichen Verhältnisse und maximal vier Wochen geht, ist höchstes Bewusstsein notwendig. So wenig und so kurz wie möglich. Ich erwarte mir auch Transparenz, was diese Maßnahmen angeht. Besonders freue ich mich natürlich über die neuen Aufnahmebedingungen für die Frauenhäuser. Es ist höchst an der Zeit, die Istanbul-Konvention umzusetzen. Immerhin ist sie ja bereits 2014 in Kraft getreten. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass künftig in den niederösterreichischen Frauenhäusern eine Aufnahme für alle Frauen mit einem rechtmäßigen Aufenthaltstitel im Sinn des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes und im Sinn des Asylgesetzes möglich ist. Frauenhäuser bieten für betroffene Frauen den wichtigsten Schutz vor Gewalt. Notwohnungen sind dafür nicht geeignet. Sie zielen auf Frauen ab, die von akuter Wohnungslosigkeit betroffen sind. Gewaltsituationen oder psychische Erkrankungen sind sogar Ausschließungsgründe für die Aufnahme in einer Notwohnung. 2021 wurden mutmaßlich 31 Frauen und im aktuellen Jahr 22 vermutlich bereits 18 Frauen ermordet. Es ist daher notwendig, dass der Schutz der Frauenhäuser für alle in Niederösterreich lebenden Frauen in allen Regionen gewährleistet ist und ausreichend Frauenhausplätze in allen Regionen und somit niederschwellig zur Verfügung stehen. Im Waldviertel gibt es bislang gar kein Frauenhaus. In der Istanbul-Konvention wird pro 10.000 Einwohnerinnen ein Frauenhausplatz gefordert. Kann das stimmen? Ja. Davon sind wir mit 62 Plätzen weit entfernt. Im Jahr 2018 wurden in Niederösterreich 183 Frauen und ihre Kinder wegen Platzmangels abgewiesen. Das ist leider trauriger Bundeslandrekord. Mit der heutigen Gesetzesänderung wird der Bedarf zusätzlich steigen. Ich stelle daher folgenden Resolutionsantrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert,
1. eine Aufstockung der Frauenhausplätze entsprechend der Istanbul-Konvention in ganz Niederösterreich anzustreben, damit keine Frau mehr abgewiesen werden muss und
2. sich für die zeitnahe Errichtung eines Frauenhauses im Waldviertel einzusetzen, welches ausreichend Plätze für gewaltbetroffene Frauen, gegebenenfalls mit ihren Kindern, bietet.“
Ich ersuche euch um eure Zustimmung. Der vorliegenden Änderung des Sozialhilfegesetzes werden wir zustimmen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächster Rednerin erteile ich der Frau Abgeordneten Vesna Schuster von der FPÖ das Wort.
Abg. Vesna Schuster (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Hoher Landtag! Die Istanbul-Konvention verpflichtet die Mitgliedsstaaten gegen alle Formen von Gewalt vorzugehen. Im Fokus der Konvention steht geschlechtsspezifische Gewalt – also jede Form von Gewalt – die sich entweder gegen Frauen richtet oder Frauen unverhältnismäßig stark trifft. Die Istanbul-Konvention wird oftmals als „Gold-Standard“ in der Gewaltprävention und im Kampf gegen Gewalt an Frauen angesehen. Das Abkommen enthält dementsprechend weitreichende Verpflichtungen zur Gewaltprävention zum Schutz von Opfern und zur wirksamen Strafverfolgung. Die Vorgaben betreffen unter anderem Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung, die Schaffung adäquater Hilfseinrichtungen, die strafgerichtliche Verfolgung von Gewalthandlungen und die Unterstützung von Opfern im Strafprozess. Das NÖ Sozialhilfegesetz wird erweitert, sodass künftig eine Aufnahme in Frauenhäuser für alle Frauen mit einem rechtmäßigen Aufenthalt im Inland, im Sinne des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes bzw. im Sinne des Asylgesetzes möglich ist, wenn diese von einer Leistung der Grundversorgung ausgeschlossen sind. Nicht rechtmäßig aufhältige Frauen können nicht einbezogen werden. Das würde einen illegalen Aufenthalt fördern. Das klingt alles logisch und verständlich. Ich möchte aber erwähnen: Je mehr Frauenhäuser wir brauchen, umso klarer muss uns sein, dass etwas nicht ganz richtig läuft und die Politik an der Wurzel ansetzen muss, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern. Auch alle weiteren Änderungen im Sozialhilfegesetz haben ihre Berechtigung und machen Sinn. Eine Zustimmung von den Freiheitlichen. (Beifall bei der FPÖ.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächster Rednerin erteile ich der Frau Abgeordneten Elvira Schmidt von der SPÖ das Wort.
Abg. Schmidt (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, der eingebracht ist vom Kollegen Erber und Hinterholzer usw. bedarf einen Blick hinter die Kulissen. Seit Jahren versuchen die Frauenhäuser auf diese Problematik aufmerksam zu machen. Vor allem die Thematik des Aufenthaltsstatus der einzelnen Frauenhäuser war immer wieder Thema. Ja, die Istanbul-Konvention, die 2011 unterschrieben wurde, ja, die muss auch eingehalten werden. Ja, es muss zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt alles unternommen werden. Diese Umsetzung der Konvention muss ohne Diskriminierung, insbesondere wegen der Migranten oder Flüchtlingsstatus erfolgen. In diesem Sinne einen ganz großen Dank an die Landesrätin Königsberger-Ludwig, die zum Anstoß für dieses Gesetz beigetragen hat. Ja und es muss auch sein, dass gemeinsam dieser Antrag umgesetzt wird. Deshalb ist es mir an dieser Stelle auch wichtig zu erwähnen, dass die beiden Frauen, die Landesrätinnen sind – sowohl Teschl-Hofmeister als auch Königsberger-Ludwig – es geschafft haben, sich gemeinsam hinzusetzen, das Gesetz gemeinsam auszuarbeiten und dieses auch gemeinsam hier zur Umsetzung zu bringen. Ein nächster Schritt muss aber jedoch sein, ein eigenes Gewaltschutzgesetz für alle Frauen zu machen, wobei dies vielleicht losgelöst vom Sozialhilfegesetz sein muss, denn es trifft auch alle Frauen. Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächster Rednerin erteile ich der Frau Abgeordneten Marlene Zeidler-Beck das Wort.
Abg. Mag. Marlene Zeidler-Beck(ÖVP): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungsmitglieder! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hoher Landtag! Ich möchte eines vorwegschicken. Wir haben wirklich, glaube ich, das Privileg in einer sehr ruhigen und friedvollen Umgebung zu wohnen und doch ist es gar noch nicht lange her, als ich zu Hause plötzlich Schreie und Hilferufe gehört habe, als ein Pärchen, das offensichtlich zu einem Abendspaziergang unterwegs gewesen ist, auf offener Straße in einen heftigen Streit geraten ist und es bis hin zu einem körperlich Übergriff auch kam. So eine Situation mitzuerleben, macht einen unglaublich betroffen. Es zeigt einem aber auch, wie wichtig es ist, dass es eine funktionierende, eine aufmerksame Zivilgesellschaft gibt, die hinschaut und hilft. In dem Fall waren es ganz viele Nachbarinnen und Nachbarn, die sofort vor Ort waren. Dann natürlich, dass es eine funktionierende Rettungs- und Hilfskette gibt: Die Rettung, die Polizei, die vor Ort waren und professionell Hilfe geleistet haben und auch, wenn man dann so über die weiteren Perspektiven nachdenkt, dass es ein ganz dichtes, enges Netz an Unterstützung und Hilfsangebote für betroffene Frauen gibt, die dort aufgefangen werden – sprichwörtlich. Wenn wir heute die Änderung des NÖ Sozialhilfegesetzes debattieren, geht es neben einigen legistischen Anpassungen, um auch den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden, geht es vor allem darum, dieses Unterstützungs- und Hilfsnetz für Frauen zukünftig noch eine Spur enger zu knüpfen, es an die Anforderungen der Istanbul-Konvention anzupassen – wir haben das gehört – und es geht vor allem darum, dass alle Frauen, die Schutz vor Gewalt suchen, das Angebot der Frauenhäuser, von Schutzeinrichtungen auch in Anspruch nehmen können. Wir werden dazu den Personenkreis jener, die diese Hilfe in Anspruch nehmen können, erweitern, sodass dann nicht nur österreichische Staatsbürgerinnen hier Schutz suchen können, sondern alle, die einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel in Österreich haben. Legistisch, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das vermeintlich eine kleinere Anpassung, aber es ist eine, von der ich überzeugt bin, dass sie im Einzelfall für die Betroffene ganz maßgeblich und von essenzieller Bedeutung ist. Es ist auch eine Anpassung, die – wenn wir einen Blick in die Statistik werfen – ich glaube, schlicht überlebensnotwendig ist, wenn wir uns anschauen, dass jede fünfte Frau in Österreich heute ab dem 15. Lebensjahr von Gewalt betroffen ist, dass wir im EU-Vergleich eine sehr traurige Statistik anführen, dass wir nämlich das einzige EU-Land sind, indem mehr Frauen als Männer ermordet werden. Ich bin sehr froh, dass wir in Niederösterreich ein sehr breites und dichtes Netz an Unterstützungsangeboten haben – von Frauenberatungsstellen, über Frauenhäuser bis hin zum Gewaltschutzzentrum, zum Frauentelefon. Ich möchte ein herzliches „Dankeschön“ sagen an alle, die da mit unglaublich viel Professionalität, aber ich glaube auch ganz viel Empathie, Herzblut im Einsatz sind und auch ein großes „Danke“ an unsere beiden Landesrätinnen Ulrike Königsberger-Ludwig, Christiane Teschl-Hofmeister, die auch in den letzten Jahren da, glaube ich, maßgeblich dazu beigetragen haben, dieses Netz noch eine Spur enger zu spannen. Eines möchte ich auch sagen, weil Sie alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben sozusagen ein bisschen einen Faden zu diesem Netz in der Hand. Sie können nicht nur den heutigen Beschluss mittragen, sondern Sie können auch helfen, ein Hilfs- und Unterstützungsangebot sehr niederschwellig auch zugänglich zu machen. Auch da hat es in der Vergangenheit immer wieder Initiativen gegeben, auch in guter Kooperation mit der Wirtschaft. Ich denke an die Kassabons von den Spar-Filialen. Ich denke an die QR-Codes auf den NÖM-Milchpackungen. Da hat es in der Vergangenheit viele Anstrengungen gegeben. Aber ich glaube, da braucht es in Zukunft noch mehr Kraft. Da haben Sie alle so einen Faden in der Hand und Sie alle haben es in der Hand, diesen Faden auch weiterzugeben und das möglichst schnell und zielgerichtet. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.