Zusammenfassung
Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2115/A-3/710-2022 – Klares Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität Österreichs
Berichterstatter
Redner
- Helmut Hofer-Gruber (NEOS) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht
- Jürgen Handler (FPÖ) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht
- Hannes Weninger (SPÖ) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht
- Christoph Kainz (ÖVP) Tagesordnungspunkt 17 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, SPÖ, FPÖ, GRÜNE, Abg. Ing. Huber, Ablehnung NEOS
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Damit kommen wir zur Ltg.-2115, Antrag der Abgeordneten Landbauer u.a. betreffend klares Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität Österreichs und ich ersuche Herrn Abgeordneten Königsberger die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Königsberger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich berichte zur Ltg.-2115, Antrag der Abgeordneten Landbauer, Königsberger, Aigner, Dorner, Handler, Vesna Schuster und Teufel betreffend klares Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität Österreichs. Dem Titel ist nichts hinzuzufügen, deshalb komme ich zum Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, sich bei der Bundesregierung für ein klares Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität der Republik Österreich und gegen einen Beitritt zur NATO oder anderen Militärbündnissen einzusetzen.“
Herr Präsident, ich ersuche um Debatte und um Abstimmung.
Präsident Mag. Wilfing: Damit gehen wir in die Debatte und als Erster zu Wort gelangt der Abgeordnete Helmut Hofer-Gruber von den NEOS.
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das ist ein ernstes Thema, mit dem wir die heutige Debatte da beschließen. Gestatten Sie mir einen kurzen historischen Abriss: April 1955, Moskauer Memorandum. Das war eine politische Erklärung, in der sich Österreich oder die Vertreter Österreichs verpflichtet haben, die immerwährende Neutralität umzusetzen. Das war kein Vertrag, aber es war die Basis für den Staatsvertrag. Österreich war damals wichtig, dass die Neutralität eben nicht im Staatsvertrag drinstehen würde, sondern in einem separaten Gesetz geregelt würde. Tatsächlich wurde dann im Mai 1955 der Staatsvertrag abgeschlossen. Die Bilder kennen wir alle und im Oktober 1955 wurde das Neutralitätsgesetz beschlossen. 26. Oktober – kennen wir auch. Mit diesem Neutralitätsgesetz wurde die Neutralität Österreichs der Völkergemeinschaft einseitig bekanntgeben. Von dieser aber in keiner Weise garantiert. Sie basiert also nicht auf einem internationalen Vertrag, sondern auf einer einseitigen Erklärung Österreichs. Es war damals schon klar: Diese Neutralität schützt vor nichts und niemandem. Im Dezember 1955 erfolgte dann der weitere Schritt – nämlich der Beitritt zur UNO. Im Anschluss folgten lange Jahre des kalten Krieges. Die Neutralität wurde damals für die Vermittlerrolle genützt. Bruno Kreisky hat sich da hervorgetan. Wien hat sich als Drehscheibe für Geheimdienste aller Art etabliert und ein EU-Beitritt wurde damals als inkompatibel mit der Neutralität gesehen. 1989, die Wende in Europa führt auch zu einem Umdenken in Österreich und 1994 tritt Österreich dem „Partnershipfor Peace“ bei und 1995 bekanntlich der EU. 2009 unterzeichnet Österreich den Vertrag von Lissabon. Der ist zwar mit der irischen Klausel für die Neutralen in der EU ein bisschen abgeschwächt. Der Bundesverfassung hat man da einen Artikel 23j dazugefügt, damit das alles irgendwie zusammenpasst. Seit 2017 gibt es „PESCO – Permanent Structured Cooperation“, auf Deutsch: Ständige strukturierte Zusammenarbeit, wird im Allgemeinen verstanden als Vorläufer einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa. Dänemark ist da vor kurzem unter Getöse beigetreten und Österreich? Österreich ist Gründungsmitglied von PESCO, ist seit 2017 dabei. Die regelmäßige Teilnahme an „Battlegroups“, gemeinsamen Übungen und Auslandseinsätzen von österreichischen Soldaten erwähne ich hier nur am Rande. Der Umgang mit der immerwährenden Neutralität in Österreich ist ein schlampiger, schon wieder so ein österreichischer Weg. Neutralität war nie eine Gesinnungsneutralität, immer nur eine militärische und nach Schweizer Muster – das hätte ursprünglich das Muster der österreichischen Neutralität sein sollen im Moskauer Memorandum – nach Schweizer Muster war da nie etwas. Weder ein echter Wille ernsthaft aufzurüsten, um die Grenzen auch glaubhaft schützen zu können, noch Äquidistanz, ausgedrückt etwa in der Weigerung der Schweiz der UNO beizutreten, obwohl sie genügend UNO-Organisationen beherbergt hat. Die Schweiz hat sich noch 1986 mit einer deutlichen Mehrheit gegen einen UNO-Beitritt ausgesprochen. Erst 2002 erfolgte mit knappem Mehrheitsentscheid der Beitritt. Ich zitiere jetzt die bekannte Politologin und Konfliktforscherin Universitätsprofessorin Irene Etzersdorfer, die sagt (liest:)„Nach dem EU-Beitritt wurde hierzulande nicht die Neutralität, sondern deren Fiktion zum Identitätselement. Denn streng genommen liegt der Patient „Neutralität“ schon länger im Koma, aber kein politischer Wille getraut sich den Stecker der Herz-Lungen-Maschine herauszuziehen.“ Also bleibt die Neutralität formal am Leben. Gleichzeitig sind wir in die Verteidigungs- und Sicherheitsarchitektur der Europäischen Union bereits integriert, freilich mit der sogenannten „Irischen Klausel“ – ich habe sie erwähnt – die den Neutralen und Allianzfreien in der EU im Lissabonvertrag Besonderheiten gewährt. In Österreich leben wir sehr gut mit der Vorstellung. Mit Hilfe der Neutralität können wir uns aus den bösen Dingen raushalten, die da draußen in der Welt geschehen. Wir sind die Insel der Seligen. Wir sind eh ganz harmlos und gemütlich und bitte lasst uns in Ruhe und verschont uns mit Terror und sonstigen Gewaltkonflikten. Aber im Fall des Falles steht uns bitte schon bei, gell? Aber wir machen umgekehrt nichts, ist eh ok. Und das, meine Damen und Herren, ist die Neutralität, die Sie meinen und über die sie nicht diskutieren wollen. Wir nennen das „Trittbrettfahren“ und wir sind in Europa nicht die einzigen, die das so sehen – glauben Sie mir das. Aber es zeigt sich: Es ist höchste Zeit, dass Österreich bereit ist von diesem Trittbrett herunterzusteigen, auf dem wir uns so wohl fühlen. Aber nicht hinunter, sondern endlich in den Zug einzusteigen, der zwar noch ruckelt, der aber im Rahmen der Ukraine-Krise schnell Fahrt aufnehmen wird und sich in Richtung gemeinsamer Schutz der EU-Außengrenzen mit einem Europäischen Berufsheer bewegt. Denn eines, meine Damen und Herren, wird in Zukunft nicht mehr gehen: Nach der Devise „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ darauf vertrauen, dass die im Vertrag von Lissabon festgelegte Beistandspflicht eine einseitige Sache ist und so bleibt. An einer sachlich und faktorientiert geführten Neutralitätsdebatte, die nicht gleich durch den Zuruf vom Bundeskanzler beendet wird bevor sie begonnen ist, führt aber kein Weg vorbei. Das heißt nicht, dass wir die Neutralität abschaffen müssen. Wir müssen sie aber neu denken und im europäischen Kontext neu mit Leben erfüllen. Und Denkverbote, meine Damen und Herren, sind immer schlecht und Diskussionsverbote auch. Gerade hier – das Wort „Parlament“ leitet sich ja von „parlare“ ab, was so viel wie Reden heißt und nicht Schweigen. Aber der vorliegende Antrag fordert quasi ein solches Denk- und Diskussionsverbot. Mit der Formulierung „einige wenige selbsternannte Privilegierte haben in einem offenen Brief eine Debatte ohne Scheuklappen über die österreichische Sicherheitspolitik gefordert“ wird hier Stimmung gegen eine überfällige Neubewertung der Sicherheitspolitik Österreichs gemacht und alle Regierungsparteien haben im Ausschuss interessanterweise zugestimmt. Gratuliere! Das ist eine Sternstunde der politischen Diskussion. Kollege Landbauer, Sie müssen uns nicht erklären, wie „liberal“ geht. Bei uns hat Freiheit eine Schwester, die heißt Verantwortung. Die nehmen wir wahr – auch hier bei diesem Thema und in dieser Debatte. Auf eines möchte ich Sie auch noch hinweisen, weil in dem Antrag ja so griffig formuliert wird – ich zitiere (liest:)„… dass unsere Kinder…“, Sie meinen wahrscheinlich Soldaten „…nicht in der NATO oder in einem anderen Militärbündnis aufwachen und somit der permanenten Gefahr ausgesetzt sind, sich an kriegerischen Auseinandersetzungen fernab der Heimat für ausländische Interessen beteiligen zu müssen.“ Soweit Ihre Polemik und jetzt die Realität: Erstmals und bisher einmalig wurde die Beistandsklausel nach Artikel 42 Abs. 7 EU-Verträge am 17. November 2015 von Frankreich nach dem Terroranschlag in Paris aktiviert. Österreich hat damals Unterstützung zugesagt – Neutralität hin oder her. Und Frankreich hat auch von Österreich im Hinblick auf die „Irische Klausel“ nur solche Maßnahmen erbeten, die als völlig unproblematisch galten. Wie? Und jetzt hören Sie gut zu: „Die Verstärkung der Kontingente bei EU- und UNO-Missionen in Afrika als Beitrag zur Stabilisierung dieses sensiblen Raumes und die Zurverfügungstellung von Lufttransportkapazitäten im Rahmen solcher Missionen.“ Also genau das, was Sie als Teufel an die Wand malen. Sie sehen also, wie überholt dieser Antrag wirkt und ist. Wir werden ihm daher nicht zustimmen, weil wir die Zukunft nicht am unbedingten Festhalten an Worthülsen sehen, sondern in einer aktiven Rolle Österreichs innerhalb einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Und über die müssten wir reden, meine Damen und Herren, statt uns selbst einen Maulkorb umzuhängen. Dankeschön. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort gelangt der Abgeordnete Jürgen Handler, FPÖ.
Abg. Handler (FPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Hoher Landtag! Zum Antrag „klares Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität Österreichs“ war es mir klar, dass von den NEOS hier einige Argumente kommen, weil sie ja die Verfechter daran sind zum Beitritt einer EU-Armee oder eine EU-Armee schaffen wollen, aber das geht auch nicht im Verbund mit der NATO, weil eine Europäische Armee und NATO gemeinsam wird nicht funktionieren und Österreich wird sich daher nicht beteiligen, weil in unserer Verfassung ganz klar geregelt ist, dass wir uns zur immerwährenden Neutralität bekennen. Es ist hier im Artikel 9a im Bundesverfassungsgesetz festgeschrieben (liest:)„Österreich bekennt sich zur umfassenden Landesverteidigung. Ihre Aufgabe ist es, die Unabhängigkeit nach außen, sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren, insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität. Hiebei sind auch die verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit sowie die demokratischen Freiheiten der Einwohner vor gewaltsamen Angriffen von außen zu schützen und zu verteidigen.“ Und im Artikel 9a ist weiter angeführt, dass die umfassende Landesverteidigung aus vier Säulen besteht. Dazu gehört die geistige, die wirtschaftliche, die zivile und die militärische Landesverteidigung und wurde auch als Verteidigungsgrundlage der österreichischen Neutralität im Jahr 1975 in Absatz 2 des Artikel 9a des Bundesverfassungsgesetzes beschlossen. Hier gilt es, diese vier Säulen der umfassenden Landesverteidigung in Zukunft wieder zu stärken. Wie wir es gerade am Beginn dieser Corona-Pandemie bemerkt haben, wurde diese verfassungsmäßigen Aufgaben in den letzten Jahrzehnten fast stiefmütterlich behandelt und wir sollten uns wieder darauf besinnen, die Sicherheitspolitik danach auszurichten, dass wir nicht nur militärisch unabhängig sind, sondern auch die wirtschaftlichen Abhängigkeiten entflechten. Wie dringend notwendig dieses Umdenken ist, haben wir bei den letzten Ereignissen in Europa bereits vor Augen geführt bekommen. Ein politischer Diskurs Richtung NATO oder EU-Armee steht daher für uns außer Frage, denn Österreich ist neutral und hat in den Militärbündnissen nichts verloren. Wir wollen auch nicht in einem Militärbündnis aufwachen und damit der Gefahr ausgesetzt sein, dass wir uns in kriegerischen Auseinandersetzungen fernab von unserer Heimat Österreich beteiligen müssen. Damit sind nicht gemeint diese friedenserhaltenden Maßnahmen, wo das Österreichische Bundesheer eingesetzt ist – sei es jetzt im baltischen Raum, Bosnien, Kosovo oder auch in Mali, wo hier Ausbildungen betrieben werden. Da geht es nicht um kriegerische Auseinandersetzung, sondern um friedenserhaltende Maßnahmen, wo das Österreichische Bundesheer mit Teilen eingesetzt ist und daran sind wir beteiligt und fernab von jeder Kampfhandlung. Wenn wir einige Monate im Landtag zurückblicken, haben wir unter anderem einen Antrag Richtung Bundesregierung und insbesondere an die Bundesministerin für Landesverteidigung beschlossen, wo unter anderem das Budget für das Österreichische Bundesheer auf 1,5 des Bruttoinlandproduktes angehoben werden soll und ein Neutralitätspaket von 10 Milliarden Euro zur Stärkung der militärischen Landesverteidigung zur Verfügung gestellt werden sollte. Selbst die Verteidigungsministerin hat dieses mehrmals gefordert und übriggeblieben davon ist nichts. Im Bundesfinanzrahmengesetz wurde für 2022 keine Erhöhung des Bruttoinlandsproduktes für das Bundesheer beschlossen. Genauso ist die Debatte über die Umsetzung für das angekündigte Neutralitätspaket von 10 Milliarden Euro eingeschlafen. Das alles wären Maßnahmen, die dringend notwendig wären und auch angebracht der aktuellen Situation auf europäischem Boden bzw. damit die verfassungsmäßigen Aufgaben endlich erfüllt werden können und das heißt, die Unverletzlichkeit des Bundesgebiets zu wahren und den Schutz der Außengrenzen Österreichs. Abschließend möchte ich noch sagen: Wir stehen für ein souveränes und neutrales Österreich und so muss es auch in Zukunft und für unsere Nachkommen bleiben. (Beifall bei der FPÖ und Abg. Ing. Huber.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort kommt der Abgeordnete Hannes Weninger, SPÖ.
Abg. Weninger(SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mit der Neutralität verhält es sich manchmal ähnlich wie mit „Loch Ness“. Immer wieder tauchen da irgendwelche NATO-Monster auf, kritisieren die Neutralität, bringen eine innenpolitische Unruhe mit sich, die dem sicherheitspolitischen Standing unseres Landes international sicher nicht behilflich sind und dann tauchen sie wieder unter. Diese „Griss´“ und „Kohls“ und „Plassniks“ und „Johannes Kopf“, die sich da in den letzten Tagen wieder geäußert haben, denen muss man – glaube ich – ganz klar und deutlich dann sagen, wie sie mit ihren Äußerungen nicht nur dem internationalen Ansehen, sondern auch der Sicherheit ihres Landes schaden. Ich sage das ganz deutlich: Die Neutralität wurde uns nicht aufgezwungen. Darüber kann man, Kollege Hofer-Gruber, diskutieren, aber du hast dir ja selbst widersprochen in deiner Darlegung zwischen Staatsvertrag und Neutralitätsgesetz. Die Neutralität ist weder altmodisch noch unsolidarisch, noch historisch überholt. Sie ist vielmehr ein wesentlicher Bestandteil der österreichischen Identität, ein Eckpfeiler unserer Außenpolitik und mit der SPÖ nicht verhandelbar. (Beifall bei der SPÖ.) Ich habe es schon gesagt: Österreich wurde die Neutralität nicht aufgezwungen, um ein paar dieser immer wiederkehrenden Argumente zu entkräften. Wir sind auch kein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer in Europa. Unsere Lage ist mit der geopolitischen Situation Finnlands nicht vergleichbar und wir sind auch kein gemeinsames Inselüberbleibsel wie Malta, Irland oder Zypern. Man muss die Neutralität auch leben. Wir haben vor wenigen Sitzungen darüber diskutiert, wie man die militärische Sicherheit ausbaut und darüber einen Konsens gefunden. Aber es gibt natürlich – das ist wahrscheinlich mindestens genauso wichtig – eine politische Komponente, wie man die Neutralität mit Leben erfüllen kann. Diplomatische oder statt militärischen Lösungen Verhandlungen statt nur Aufrüstung, aktive Friedens- und Sicherheitspolitik gegen das permanente Kriegsgetrommele braucht natürlich Courage. Das braucht Initiative. Das braucht auch die Bereitschaft, einmal mit den Großen und Mächtigen anzuecken. Aber dadurch hat Österreich historisch und könnte auch in der Gegenwart und in der Zukunft wieder eine Rolle einnehmen, auf die wir ja zumindestens so in den 70er und 80er Jahren besonders stolz waren. Aktuell natürlich im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine würde es Österreich als neutraler Staat sehr gut anstehen, eine aktive Rolle zu übernehmen, sich als Verhandlungspartner, als Vermittler darzustellen. Dazu würde es aber eine aktive Außenpolitik brauchen, die ich leider seit längerem vermisse. Die SPÖ stimmt diesem Antrag in seiner Begründung zu, ich möchte aber nicht verleugnen, dem Einleitungstext würde ich nie und nimmer zustimmen. Ich weiß nicht, ob das wirklich alle so detailliert gelesen haben … also nur fürs Protokoll: Den Einleitungstext halte ich für politisch nicht besonders intelligent, um das vorsichtig auszudrücken, aber in der gemeinsamen Meinung, die Neutralität verteidigen zu müssen, werden wir dem Antrag zustimmen. Eines noch, aber ich glaube, ich habe es eh schon erwähnt: Die SPÖ ist für die sofortige Entlastung der niederösterreichischen Familien und das ist absolut dringend. Aber ich glaube, das habe ich eh schon gesagt. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort kommt der Abgeordnete Christoph Kainz, ÖVP.
Abg. Kainz(ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Antrag der FPÖ – da schließe ich mich dem Kollegen Weninger mit dem Einleitungstext an – heißt letztendlich klares Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität Österreichs und das kann namens der ÖVP-Fraktion ganz klar mit „Ja“ beantwortet werden, weil es auch 80 % der Österreicher ganz klar mit „Ja“ beantworten. Ich denke, das hat sich letztendlich auch aus der Historie heraus wirklich bewährt. Meine Vorredner sind – wie immer man zur Neutralität steht – auch im Vorfeld schon so geschichtlich erklärt … natürlich hängt das mit dem sehr starken Freiheitswillen der Österreicherinnen und Österreicher und vor allem jener, die damals Staatsverantwortung getragen haben – wie Leopold Figl z. B. – zusammen, dass wir mit dem neutralen Status wieder unsere Souveränität zurückgewinnen konnten. Deswegen bin ich auch froh und stolz, dass die Delegation, die aus Moskau nach Österreich zurückgekommen ist und letztendlich Österreich den Frieden und letztendlich auch die Neutralität damit verbunden erarbeitet und verhandelt hat, in Bad Vöslau gelandet ist. Am 26. Oktober hat der Nationalrat das Verfassungsgesetz beschlossen – nämlich die immerwährende Neutralität beschlossen – wo drei Punkte in Wahrheit im Wesentlichen drinnen stehen: Nämlich Österreich hat die immerwährende Neutralität freiwillig erklärt und möchte das auch zukünftig aufrechterhalten und dass Österreich keinem militärischen Bündnis beitreten wird und dass Österreich auch nicht zulassen wird, militärischen Stützpunkte auf unserem Land zuzustimmen. Ich glaube, das ist ein klares Bekenntnis, das bis heute Gültigkeit hat. Als Demokrat – sage ich auch ganz ehrlich – kann man über alles diskutieren. Die Frage ist, ob es gescheit ist und die Frage ist, in welchem Rahmen ich diskutiere. Ich denke auch, dass Österreich, wie wir 1955 auch der UNO beigetreten sind – damals gab es auch schon ein Spannungsverhältnis zwischen Österreich und unserer neutralen Position – aber das wurde auch damals schon akzeptiert. Ich glaube, das beste Beispiel ist: Wien ist heute und Österreich ist Sitz eines UNO-Standortes und nach wie vor neutral. Ich denke auch, als wir mit 1. Jänner 1995 der Europäischen Union beigetreten sind, weiß jeder, dass das europäische Sicherheitsinstrument, die europäische Sicherheitsarchitektur ja die NATO ist. Und wir sind nicht Teil dieser Sicherheitsarchitektur. Aber wir bekennen uns auch als neutrales Land, dass wir zu friedenserhaltenden und humanitären Maßnahmen auch hier klarerweise unseren Beitrag leisten wollen und das ist auch mit Grundlage der Neutralität möglich. Aber ich sage das auch durchaus fordernd und einladend: Die Neutralität ist kein Sicherheitsselbstläufer. Deswegen haben wir auch zu Recht im Landtag einen Antrag formuliert und deswegen hat auch zu Recht die zuständige Bundesministerin, die Claudia Tanner, gefordert, dass das Wehrbudget erhöht wird, weil ich glaube, das ist auch unmittelbar mit der Neutralität zusammenhängend. Ich glaube, dass diese Erhöhung notwendig ist und dass ein klares Bekenntnis zur Neutralität selbstverständlich ist und dass auch klar ist, dass wir weiterhin an friedenserhaltenden und friedenssichernden Aktionen teilnehmen. Ich denke, dass die umfassende Landesverteidigung – nämlich die militärische, die wirtschaftliche und die zivile Landesverteidigung gut möglich ist und die Neutralität hier eine gute Basis darstellt. Wir stimmen dem Antrag zu. (Beifall bei der ÖVP.)
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