Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2048/A-8/51-2022 – Stoppt Lebendtier-Transportqual
Redner
- Ina Aigner (FPÖ) Tagesordnungspunkt 5 Video und Sitzungsbericht
- Helmut Hofer-Gruber (NEOS) Tagesordnungspunkt 5 Video und Sitzungsbericht
- Helga Krismer-Huber (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 5 Video und Sitzungsbericht
- Reinhard Teufel (FPÖ) Tagesordnungspunkt 5 Video und Sitzungsbericht
- Rainer Windholz (SPÖ) Tagesordnungspunkt 5 Video und Sitzungsbericht
- Christian Gepp (ÖVP) Tagesordnungspunkt 5 Video und Sitzungsbericht
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Damit setzen wir die Tagesordnung fort und kommen zur Aktuellen Stunde, Ltg.-2048, Antrag der Abgeordneten Aigner u.a. zum Thema „Stoppt Lebendtier-Transportqual.“ Gemäß § 40 Abs. 4 unserer Landtagsgeschäftsordnung wurde beantragt, diese Aktuelle Stunde am Beginn der Landtagssitzung durchzuführen. Wer dafür ist, den ersuche ich sich vom Platz zu erheben. (Nach Abstimmung:) Das ist einstimmig angenommen. Damit ersuche ich Frau Abgeordnete Aigner als Antragstellerin zur Darlegung der Meinung der Antragsteller das Wort zu nehmen.
Abg. Aigner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Landeshauptfrau! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Die Österreicher haben endgültig genug von Bildern in allen Medien, wo gequälte, verletzte oder gar tote Tiere auf diversen Lkw-Transportern zu sehen sind. Wir wollen dieser grausigen Geldmacherei der Fleischindustrie nicht länger zuschauen und abgesehen davon auch keine Stresshormone in unserem Fleisch auf dem Teller haben. Unser Landesrat Gottfried Waldhäusl hat daher das Volksbegehren „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ ins Leben gerufen. Mittlerweile haben sage und schreibe rund 275.000 Menschen dieses Volksbegehren unterschrieben. Die offizielle Eintragungswoche findet von 2. bis 9. Mai auf allen Gemeindeämtern oder per Handy-Signatur statt. Die Zahlen sprechen für sich: Laut Tierschutzorganisationen sind täglich 3,8 Millionen Tiere auf den Straßen Europas unterwegs. Das sind 1,4 Milliarden pro Jahr. Sie werden gnadenlos genau dort hingekarrt, wo höchste Profite wirken. Während Schweine, Rinder, Pferde, Schafe, etc. auf stunden- und tagelangen Fahrten unter verheerenden Bedingungen furchtbare Qualen durchleiden, verdienen einige wenige fleischverarbeitende Großbetriebe wahnsinnig viel Geld. Teilweise werden die armen Tiere zu extrem weit entfernten Schlachthöfen transportiert – etwa von Österreich in die Türkei – in unfassbar sieben langen Tagen. Die Folgen sind kein Geheimnis. Schreckliches Tierleid auf unseren Straßen. Stresshormone durch die Transporte vergiften das Fleisch und schaden dem Konsumenten. Der CO2-Ausstoß durch die Transporte steigt enorm. Proteste gehen seit vielen, vielen Jahren ins Leere. Daher braucht es eine Lösung mit Hausverstand und dahingehend lautet auch die Forderung des Volksbegehrens: Schlachtviehtransporte nur noch vom Bauern zu den nächstgelegenen Schlachthöfen und von dort wird das Fleisch nur noch gekühlt oder gefroren transportiert. Selbstverständlich ist es nötig, über den Tellerrand der Landesgrenzen zu schauen, um eine unnötige Tiertransportqual in der gesamten EU zu stoppen. Das Tierleid muss endlich ein Ende finden. Ein grausames Beispiel im August 2018: Vor einem für den Schächtbetrieb zertifizierten Schlachthof im Bezirk Korneuburg standen mehrere Tiertransporte mit fast 600 Schafen in Backofenhitze. Der gerufene Amtstierarzt hat damals für die sofortige Versorgung mit Wasser und den Aufbau von Sonnenschutzplanen gesorgt. Die gequälten Schafe haben auf dem Weg zur Schlachtbank ohnehin eine Odyssee hinter sich. Nachdem sie bereits am Freitagnachmittag in Rumänien verladen worden sind, gepfercht worden sind, harrten sie seit Samstag in der prallen Sonne bei um die 36 Grad in ihren Gefängnissen aus und warteten bis Montag auf ihren Tod. Ein Großteil der Tiere war bereits massiv angeschlagen und wäre fast dem Hitzetod erlegen. Schweine dürfen 24 Stunden ohne Pause, Rinder 29 Stunden inkl. einer Stunde Pause und Geflügel 12 Stunden ohne Futter und Wasser transportiert werden. Diese Zeitspannen können nach 24 Stunden Pause beliebig oft wiederholt werden. Die Tiere stehen noch dazu auf engstem Raum. Einem Masthuhn z. B. stehen nur 320 cm² Platz zu. Das entspricht der Größe eines A5-Kuverts. Ein mittelgroßes Rind mit ca. 325 kg muss mit 0,95 bis 1,3 m² auskommen. Das ist soviel Platz, wie in einer handelsüblichen Duschkabine. Insbesondere Tiere, die zur Schlachtung bestimmt sind, werden oft mehrere Tage oder Wochen unter katastrophalen Bedingungen transportiert. Zahlreiche Tiere erleiden nicht nur schwere Verletzungen. Viele unter ihnen überleben den Transport nicht und sterben einen qualvollen Tod. Auch für Tiere, die für die Zucht ins Ausland transportiert werden, sind die Bedingungen nicht anders. In unserem System ist es zur Normalität geworden, dass Tiere an unterschiedlichen Orten gezüchtet, aufgezogen und geschlachtet werden. Das bedeutet für diese Tiere, dass sie im Laufe ihres Lebens sogar mehrmals Langstreckentransporte überstehen müssen. Folgende Missstände treten regelmäßig bei Langstreckentransporten auf dem Landweg auf: Durch Überschreitungen der maximalen Beladedichte habe die Tiere so wenig Platz, dass sie nicht einmal in ihrer natürlichen Haltung stehen oder liegen können; eine zu geringe Höhe innerhalb der Fahrzeuge, insbesondere beim Transport von Rindern im zweistöckigen Lkw; die höchstzulässige Transportzeit wird überschritten und gesetzlich vorgeschriebene Ruhepausen werden nicht eingehalten; durch ungeeignete Verladerampen, z. B. wenn sie zu steil oder zu rutschig sind, verletzen sich die Tiere beim Ein- oder Ausladen; Transportfahrzeuge ohne geeignetes Equipment zum Füttern und Tränken der Tiere, insbesondere bei z. B. jungen Kälbern, die noch regelmäßig gefüttert werden müssen; Transport von kranken Tieren, z. B. mit gebrochenen Gliedmaßen oder hochträchtiger Tiere; Rangkämpfe zwischen Tieren aus verschiedenen Herkunftsstellen; grobe Behandlung kleinerer Tiere wie Kaninchen und Geflügel, die zu Knochenbrüchen und heftigen Angstreaktionen führen; schlecht ausgebildetes Personal; schlecht bezahlte Fahrer ohne Routenplan; rücksichtsloses Fahren; die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen können nicht eingehalten werden oder werden nicht eingehalten, da manche Versorgungsstationen nur auf dem Papier existieren; Temperaturgrenzen in Fahrzeugen werden über- oder unterschritten; die Tiere sterben an einem Hitzschlag oder an Erfrierungen; leere oder gefrorene Wasserleitungen verursachen eine gefährliche Dehydrierung der Tiere, die ebenfalls zum Tode führen kann. Das Leid der Tiere ist für die Allgemeinheit nicht wahrnehmbar. Besonders verwerflich dabei: Ein riesiger Anteil tierischer Lebensmittel – etwa ein Drittel – landet schon bei Handelsketten im Müll. Die Kosten dafür sind einkalkuliert. Ohne diese Extrakosten könnte eine artgerechte Tierhaltung flächendeckend und ohne Ausnahmen umgesetzt werden. Zum Schutz der Tiere, der Konsumenten, eines fairen Wettbewerbs und unserer Umwelt. (Beifall bei der FPÖ.) Das seit Jahrzehnten tolerierte, systematische Tierleid auf Österreichs und Europas Straßen muss ein Ende haben. Ich wiederhole daher: Das überparteiliche Volksbegehren „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ kann von 2. bis 9. Mai auf jedem Gemeindeamt bzw. online mittels Handy-Signatur unterschrieben werden, dass die Schlachttiere nur noch bis zu den nächstgelegenen, geeigneten Schlachthöfen transportiert werden dürfen. Von dort aus soll – wie schon gesagt – das Fleisch nur noch gekühlt oder gefroren weiterverbraucht werden dürfen. Es reicht endgültig: bis zu sieben Tage Tierqual im Lkw kreuz und quer durch Europa. Diese Zustände müssen ein Ende haben. Ein Armutszeugnis für Österreich und alle EU-Staaten. Immerhin werden laut Tierschutzorganisationen – und ich wiederhole es noch einmal – 3,8 Millionen Tiere durch aller Herren Länder transportiert. Das sind 2,4 Milliarden pro Jahr. Die europäische Gesetzgebung kennt keine zeitliche Begrenzung. Die Fahrt von Spanien nach Italien dauert z. B. 35 Stunden, von Irland nach Spanien drei Tage und von Österreich in die Türkei sieben Tage. Die Gewinner dieser unsäglichen Tierquälerei: einige wenige Großbetriebe. Profit geht vor Tierleid. Fleisch speichert nachweislich Angst und Stress und die Konsumenten sind die Verlierer. Die bei den Tieren durch die langen Fahrten ausgelösten Stresshormone vermindern nachweislich massiv die Qualität. Sie vergiften regelrecht das Fleisch und schaden dem Endverbraucher. Besonders bei Staus und gesetzlich vorgeschriebenen Pausen der Fahrer bleiben Tiere sehr, sehr lange im Lkw. Kein Auslauf, keine frische Luft, begrenztes Futter und Wasser. Auch Krankheiten verbreiten sich so natürlich wesentlich schneller. Wer jetzt der Meinung ist, es wird ohnehin kontrolliert, für den habe ich jetzt noch ein paar Zahlen: Der Löwenanteil der Kontrollen findet nämlich erst am Ende des Transports statt, nicht während der Fahrt. 2020 waren es am Bestimmungsort der Tiere ca. 140.000 Kontrollen, am Versandort, also bei Abfahrt: 11.500 Kontrollen und während des Transports nur ca. 800 Kontrollen. Dabei wurden einige Verstöße festgestellt, z. B. eine mangelnde Transportfähigkeit der Tiere: Das waren 408 Fälle. Ein Platzmangel: Das waren 260 Fälle. Mangelnde Vorsorge für Langstreckentransporte: Das waren 159 Fälle. Mit Tierleid verbundene Verstöße waren es 80 und eine mangelnde Transportfähigkeit wurde bei 38 Fällen festgestellt. Strafen, falls es überhaupt zu welchen kommt, die natürlich auch in den Transportpreis miteingerechnet werden, sind ebenfalls überschaubar. Es gab 1.444 Abmahnungen, 215 Anzeigen und 60 Organmandate. Lebendtiertransporte von Schlachtvieh durch die gesamte EU müssen generell verboten werden. Es bedarf einer umgehenden gesetzlichen Verankerung, dass die Tiere nur noch vom Bauern zu den nächstgelegenen, geeigneten Schlachthöfen transportiert werden dürfen. Die weitere Verbringung des Fleisches ist – wie gesagt – nur gekühlt oder gefroren erlaubt. Z. B. in Niederösterreich gibt es zahlreiche kleinere Betriebe zusätzlich zu den zwei frequenzstarken Schlachthöfen im Most- und Industrieviertel, wo eine Anfahrt in maximal zwei- bis zweieinhalb Stunden durchaus machbar ist. Die hohe Qualität bäuerlicher Lebensmittel in unserem Land ist auf gute Pflege und Haltung der Tiere durch die Landwirte zurückzuführen. Im Interesse des Tierschutzes und der Sicherung regionaler Strukturen und Wertschöpfung fordern wir die sofortige Abschaffung jeglicher Subventionierungen von Schlachtviehtransporten und eine ausschließliche Verbringung der Schlachttiere zum nächstgelegenen Schlachtbetrieb. Die Folgen der bisherigen Transporte, dieses unendliche Tierleid durch diese totalen Erschöpfungszustände, Verletzungen, Durst, Dehydrierung dürfen einfach bei uns nicht mehr alltäglich sein. Daher: Unterstützen Sie unsere Forderungen! (Beifall bei der FPÖ und Abg. Ing. Huber.) Die Tiere dürfen nur noch zu den nächstgelegenen Schlachthöfen gebracht werden, der weitere Transport des Fleisches nur noch in tiefgekühlter oder gekühlter Form stattfinden und ein Verbot von Lebendtiertransporten von Schlachtvieh in ganz Europa. Unterschreiben Sie das von unserem Landesrat Gottfried Waldhäusl initiierte Volksbegehren „Stoppt Lebendtier-Transportqual“. Danke, lieber Gottfried, an dieser Stelle dafür. Die offizielle Eintragungswoche ist nächste Woche von 2. bis 9. Mai. Ein Volksbegehren wird in Österreich mit dem Erreichen von 100.000 Unterschriften im Nationalrat behandelt. „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ hat diese Grenze längst überschritten. Trotzdem zählt in der Eintragungswoche jede weitere Unterschrift. Helfen wir alle zusammen und setzen wir gemeinsam ein deutliches Zeichen, dass diese verheerenden Tiertransporte auf unseren Straßen endlich ein Ende finden. (Beifall bei der FPÖ und Abg. Ing. Huber.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Helmut Hofer-Gruber von den NEOS.
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Fragen Sie einen Bauernbundfunktionär oder einen Vertreter der Landwirtschaftskammer, ob er mehr Tierwohl haben will? Er wird sicher sagen: „Ja.“ Wenn er originell sein will, sagt er vielleicht: „Ja, natürlich.“ Und wenn es dann zur Sache geht, kommen immer die selben Argumente: Die regionale Versorgung ist bedroht. Die Bauern können sich nicht gegen Billigimporte aus dem Osten behaupten usw., usw. und schon ist es vorbei mit den Lippenbekenntnissen. Ganz gut sieht man das in einer Resolution, die die Landwirtschaftskammer am 25. April dieses Jahres herausgegeben hat. „Biodiversität ist ein wichtiges Thema“ steht da drin. Aber dann steht natürlich auch sofort (liest:)„Angesichts der aktuellen Lage – Ukraine-Krise – wäre das Ganze doch neu zu überdenken.“ Dann steht in einem anderen Satz (liest:)„Die darin enthaltenen Regulierungen und Reduktionsmaßnahmen gefährden jedoch die Versorgungssicherheit mit Lebens-, Futtermittel usw.“ Zum Punkt „Tierschutz praxistauglich gestalten“ steht natürlich drinnen, dass es super ist, „aber im Tiertransport ist mit entsprechendem Augenmaß vorzugehen, da weitere Verschärfungen der Tierschutzvorschriften in Österreich den aktuellen Marktrealitäten widersprechen.“ Ja genau diese Marktrealitäten kritisieren wir ja und dann ist natürlich wieder die Verdrängung österreichischer Familienbetriebe als Argument gebracht. Zu einem anderen Punkt steht (liest:)„Weiters ist Augenmaß bei anstehenden Neuregelungen, etwa im Bereich der Unterbringung von Dienstnehmern, anzuwenden.“ Die Dienstnehmer sind ja derzeit, glaube ich, auf den landwirtschaftlichen Betrieben quasi wie in Vier-Stern-Hotels untergebracht. Das ist unehrliche Landwirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, die vor allem – wie man sieht – von der ÖVP in Niederösterreich, dem größten heimischen Agrarland, betrieben wird. Wir wollen immer der Feinkostladen Europas sein. Wenn man genauer hinschaut, sieht man den verstörenden Gegensatz zu den Sonntagsreden der Funktionäre, zu den Bildern in der Werbung, in der herzige Schweinchen mit entspannten Bauern reden und der bitteren Realität in den Ställen und bei den Viehtransporten. Anbindehaltung, Vollspaltenböden, enge Ställe, Kastration ohne Narkose … viele traurige Tierleben enden da mit stundenlangen Transporten zum Schlachthof … eingepfercht in enge Lastwägen, der Hitze und Kälte oft ohne ausreichend Wasser und Nahrung, wie meine Vorrednerin sehr anschaulich dargestellt hat. Dass diese Bedingungen weder dem Tierwohl noch der Fleischqualität dienen, liegt wohl auf der Hand. Jetzt kann man natürlich auf die recht großzügigen EU-Regelungen beim Tiertransport hinweisen und sagen: „Passt eh.“ Es passt nicht, meine Damen und Herren, weil das sind Mindeststandards und wir brauchen hier mehr, wenn wir uns glaubwürdig von der industriellen Massentierhaltung abheben wollen. Das hat nichts mit „Gold Plating“ zu tun. Wenn wir in Österreich auf die bessere Qualität landwirtschaftlicher Produkte stolz sein wollen, müssen wir auch etwas dafür tun. Auch das AMA-Gütesiegel muss endlich mehr werden als ein Marketing-Gag, weil gerade was Tiertransporte betrifft, ist dort überhaupt nichts geregelt. Gerade dieses Gütesiegel, das durch starke Bewerbung recht bekannt ist, zeigt ja die Verlogenheit des Systems Landwirtschaft auf. (Beifall bei Abg. Ing. Huber.) Auf der Homepage findet man den Masterplan „Schwein“, natürlich mit einem netten Bild, auf dem ein Schwein, das auf frischem Stroh in einem geräumigen Stall steht, zu sehen ist. Dann kann man dort lesen (liest:)„Zusätzlich zum Ende der Vollspaltenböden in Schweinemastbetrieben wurden weitere tierwohl- und umweltrelevante Richtungsentscheidungen getroffen.“ Da denk ich mir: „Ok, na gut, dann ist das eh in Ordnung. Keine Vollspaltenböden mehr.“ Naja, mitnichten. Die AMA bewirbt zwar schon das „Aus“ dieser Tierhaltung, die alles andere als tierwohlfördernd ist. Dieses Verbot kommt aber erst im Jahr 2032. Aber das steht natürlich nicht dort. Meine Damen und Herren, wir können nicht ständig unsere hohen Standards loben und diese gleichzeitig mit dem Hinweis auf die Versorgungssicherheit oder die Interessen der Lebensmittelindustrie aushebeln, um dann unter genau den Bedingungen zu produzieren, die wir bei diesen genannten Billigimporten so kritisieren. Deshalb unterstützen auch wir das vom zuständigen Landesrat initiierte Volksbegehren „Stoppt Lebenstier-Transportqual“. (Beifall bei den NEOS, FPÖ und Abg. Ing. Huber.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächste zu Wort kommt die Frau Abgeordnete Helga Krismer-Huber von den GRÜNEN.
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Ich denke, der Herr Präsident erlaubt es mir jetzt gerade schnell eine Minute für ein ganz anderes Thema zu verwenden. Ich denke, (Abg. Ing. Mag. Teufel und Abg. Landbauer, MA: Geh bitte!) nachdem, was … nein, bitte … passiert ist und dass unser Kollege Jürgen Maier nicht mehr unter uns ist, möchte ich nicht normal zur Tagesordnung übergehen. Ich möchte das nützen, dass wir als Abgeordnete wirklich auch mit einer rasanten Veränderung unserer Arbeitswelt zu tun haben und dass wir echt darauf schauen müssen, dass wir achtsam mit uns selbst umgehen, um auch den Bürgerinnen und Bürgern das geben zu können, was sie von uns erwarten und das ist eben sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag. Also es ist mir auch wichtig … herzlich willkommen, Herr Abgeordneter, und viel Erfolg hier. Zum Thema „Tiertransporte“. Lassen Sie mich mit dem beginnen: Es ist ein sehr gutes Beispiel für die unheilige Dreifaltigkeit „Proporz“, die wir in Niederösterreich leben müssen, weil es die ÖVP, die SPÖ und auch die Freiheitlichen so vorsehen. Was meine ich damit? Tiertransporte gehen über mehrere Ressorts. Zum Einen ist es die ÖVP. Stephan Pernkopf ist für Veterinärwesen, für Landwirtschaft zuständig. Es ist Herr Schnabl zuständig für Straße und damit für das Kontrollieren des Tiertransportgesetzes-Straße und nicht zuletzt eben FPÖ Waldhäusl zuständig für Tierschutz. Es sollten die Zuseherinnen und Zuseher auch wissen, dass heute Kollege Waldhäusl nicht anwesend ist (Abg. Ing. Mag. Teufel: Nein, geh bitte.), dass auch Herr Schnabl nicht anwesend ist. Also offensichtlich finden die das nicht so wichtig. Ich habe gesagt, ich muss aber korrekt bleiben und sagen: Anwesend ist der für Veterinär und Landwirtschaft zuständige Stephan Pernkopf. Dieses Volksbegehren ist ein ganz besonderes. Ein Regierungsmitglied, zuständig für Tierschutz, sitzt auf der Regierungsbank, auf der Anklagebank und macht von diesen Bänken aus ein Volksbegehren. Das ist ziemlich einzigartig. Eigentlich könnte es so sein, dass man in diesem sich untereinander Ausmachen in der Landesregierung mit dem Stephan Pernkopf und mit dem Kollegen Schnabl genau daran arbeitet, dass Tierschutz auch bei Tiertransporten nach österreichischem Gesetz noch schärfer kontrolliert wird, noch besser eingehalten wird. So sollte man zumindest arbeiten. Ich habe ein relativ ruhiges Gewissen, wenn es um Tiertransporte geht. Ich habe vor einigen Monaten eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht, wo es um Tiertransporte innerhalb von Österreich zu Kälbern geht und bei der Staatsanwaltschaft Linz in Bearbeitung ist. Die bisherige Situation ist die, dass es ein durchaus beachtliches Tierschutzvolksbegehren in Österreich gegeben hat und ein Entschließungsantrag – unterstützt von den GRÜNEN, von der ÖVP und von den NEOS – ja eingebracht wurde und seitdem schon ziemlich viel weitergegangen ist. Wir haben uns geeinigt darauf, dass das Kükenschreddern nicht mehr sein darf. Man hat sich darauf geeinigt, dass Schweine mehr Platz brauchen. Man hat sich darauf geeinigt, dass die Haltung von Wildtieren im Privaten neu aufzustellen ist im Sinne der Tiere, dass Qualzuchten verboten sind und nicht zuletzt, was ich als Veterinärmedizinerin weiß, was ganz wichtig ist und im Zuge der Digitalisierung auch endlich gemacht werden muss, das ist ein Monitoring in den Schlachthöfen, Daten erfassen, ausfiltern und dann risikobasiert Kontrollen vorzunehmen. Das heißt, in den letzten Monaten ist im Bereich Tierschutz in Österreich – ich würde auch meinen, durch die grüne Regierungsbeteiligung – einiges weitergegangen. Aber richtig ist auch: Wir sind noch lange nicht dort, dass wir sagen könnten: „Bah, das ist alles in Ordnung.“ Das ist es nämlich leider wirklich nicht. Die Tiertransporte sind ja in zwei Bereichen einmal zu unterteilen, würde ich meinen. Das eine sind die Langstreckentransporte und das andere ist aber auch der Transport, der in Österreich passiert. Die Kolleginnen von den Freiheitlichen gehen eigentlich auf die Situation in Österreich, aber auch in Europa eben ein und das muss man ein bisschen unterscheiden – nämlich auch: Was ist der rechtliche Rahmen? Also ich kann es nur für die GRÜNEN sagen. Die GRÜNEN haben sich in Brüssel und damit in Europa immer stark gemacht, dass es auf dem Tiertransport-Straße acht Stunden begrenzt sein muss und eben auch – mit anderen Parteien ist man übereingekommen – dass man für den Transport per Schiff 24 Stunden verwenden könnte. Da hat es auch einen dementsprechenden Antrag in Brüssel im Ausschuss gegeben und man staune: Die acht Stunden Tiertransport-Straße in Europa haben wir nicht, weil Ihr Kollege der Freiheitlichen, Vilimsky, eine Enthaltung gemacht hat. Damit war in Brüssel ein 15:15 plus der Enthaltung vom Vilimsky und daher haben wir keine acht Stunden in Europa Tiertransportgesetz – nur um einmal ein paar Dinge wieder ins richtige Lot zu bringen und manche hier nicht wie unschuldige Lämmer dastehen zu lassen. Es ist ein Riesengeschäft, diese Tiertransporte dort, wo zum Teil extra für den Export auch produziert wird und dann geht es auch um die ganzen Nebenprodukte: also Schweineohren nach China, Gelatine zu verkaufen und alle anderen Dinge. Das heißt, es geht bei einem Tier bis ins Letzte, was einfach wirtschaftlich ausgenützt wird. Das kann man jetzt für gut halten oder nicht – jedenfalls ist es so. Was wir auf EU-Ebene als GRÜNE wollen, ist, dass die Kälber wirklich erst ab der vierten Woche überhaupt transportiert werden dürfen und das ist schon ziemlich die Unterkante, wenn man das tierärztlich betrachtet. Warum? Sie kennen das alle: Das ist bei Kindern und bei allen Säugetieren so. Zuerst bekommt man sozusagen die Muttermilch, da hat man einen Immunschutz und dann geht es darum, den eigenen Immunschutz dann aufzubauen. Da gibt es eine Zeit, die ist bei Kälbern genau in der Zeit, wo sie extrem anfällig sind. Kälber in der Zeit zu transportieren heißt, dass ist eine echte Tortur, um nicht zu sagen: Das ist ein echtes Quälen dieser Tiere, weil sie dann oft auch von unterschiedlichen Ställen zusammenkommen und das ist dann so wie im Kindergarten auf dieser Transportreise: Sie stecken sich gegenseitig an, kommen dann in dem jeweiligen Betrieb an, sind echt dehydriert, schlecht beisammen. Man kann sie auch fast nicht ausstatten, weil sie sind es gewohnt, alle paar Stunden bei der Mutter oder eben an einem Nippel Getränke aufzunehmen. Das Wichtige ist da sozusagen die Flüssigkeit und nicht nur die Ernährung durch die Milch oder Produkte davon. Das heißt, es ist einfach wichtig, jetzt gemeinsam zu schauen, dass wir hier in eine Grenze kommen, wo wir Kälber auf die Reise schicken, sodass sie auch die Möglichkeit haben, nicht wirklich krank dann in die Aufzucht zu gehen. Die Langstreckentransporte – habe ich schon darauf hingewiesen – sind in der Europäischen Union in einem Artikel durchaus geregelt. Es ist eigentlich das Nächste anzusteuern. Das halten leider die Länder nicht so ein und wie gesagt: Man ist da schon ziemlich weit gekommen und ist dann an den Freiheitlichen gescheitert. Die Inlandstransporte: Auch hier ist es jetzt schon vorgesehen, dass wir viereinhalb Stunden bis zum Schlachthof vorgesehen haben und es gibt natürlich Ausnahmen. Ich würde meinen, bei dem neuen, eigentlich jetzt in Verhandlung stehenden Tiertransportgesetz, muss man genau auf diese Ausnahmen eingehen. Es sind Ausnahmen bis zu achteinhalb Stunden möglich, aber wenn ich dann weiß, dass man … gerade in Niederösterreich ist ein Betrieb, der die Suppenhennen schlachtet in der Scheibbser Gegend. Ja, die werden wirklich weit hertransportiert. Also es gibt da dann ganz bestimmte Tierarten, wo man sich noch einmal im Detail anschauen muss: Wie geht man mit denen um? Weil da sind wir auch teilweise über die achteinhalb Stunden drüber und stehen eben bei zehn Stunden. Das Gesetz – wie gesagt – sieht jetzt schon einiges vor. Was es aber braucht, ist eine faktenbasierte … nach Risikoeinschätzung mehr Kontrollen und was wir vor allem brauchen, sind Dinge, die wir hier im Land machen können. Mir wäre es weitaus lieber, wenn der Kollege Waldhäusl nicht ein Volksbegehren einleitet, sondern in der Regierung bei etwaigen Budgetverhandlungen – und die haben sie ja zwischen ÖVP, SPÖ und den Freiheitlichen – darauf schauen, dass einfach mehr Personal vorhanden ist. Wir haben weitaus zu wenig Kontrolltierärztinnen bzw. Organe, die dafür vorgesehen sind. Wir könnten über diesen österreichischen Tiertransportplan, der vorgesehen ist, noch weitaus mehr Kontrollen machen. Wir könnten auch generell in dem Bereich wirklich viel, viel mehr machen. Ich habe zuerst Stephan Pernkopf erwähnt, weil er eben heute als einziger Zuständiger in dem Bereich anwesend ist und ich möchte ihm schon einiges mitgeben, wo ich einfach sehe, dass die ÖVP sich viel zu wenig bewegt. Das Eine sind die Herkunftsbezeichnungen in der Gastronomie. Wir haben jetzt gerade durch die Pandemie gesehen, welch großen Teil, welch großer Abnehmerteil die Gastronomie ist. Es gibt Regionen, wo sie echt unter Druck gekommen sind und das wirkt sich wieder auf den Preis aus. Wir brauchen die Herkunftsbezeichnung sowie es auch vorgesehen ist – zumindest unsererseits – in der Gastronomie. Ich habe das Recht in einer – und gerade Niederösterreich steht für Wirtshauskultur, gerade Niederösterreich steht für Kulinarik … das ist auch ein „Asset“ für uns touristisch und daher brauchen wir diese Herkunftsbezeichnung in der Gastronomie und nicht nur in der Gemeinschaftsverpflegung, wie es die ÖVP definiert. Das möchte ich Ihnen heute wirklich ins Stammbuch schreiben. Der nächste Punkt ist und wird kommen: Die Tiergesundheitsdienste sind bald neu aufgestellt und auch hier wird es ein Augenmerk auf die Kälber und ich hoffe auch hier, dass Bewegung hineinkommt und wir mit diesem sozusagen „Rosékalb“ noch einmal genau hinschauen: Wo ist die Grenze, Kälber wie in einem Sammeltaxi durch Österreich zu befördern? Weil das war auch das Substrat meiner Sachverhaltsdarstellung in Linz.
Präsident Mag. Wilfing: Frau Kollegin, ich muss Sie auf die Redezeit hinweisen.
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Ja, danke. Danke dafür, ich habe es am Anfang verbraucht. Ich bin dann eigentlich eh schon beim Schluss. Kurzum: Wir haben viel im Land zu tun. Da sind alle gefordert. Was mich persönlich als Abgeordnete und als Tierärztin betrifft: Ich werde dieses Volksbegehren mit meiner Unterschrift unterstützen. Ich werde das aber nicht als Partei tun. Und noch einmal: Ich finde es nicht in Ordnung, wenn ein Regierungsmitglied, das für Tierschutz zuständig ist, hier eine Politik macht und das Instrument hier so verwendet. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Mag. Wilfing: Seit 1. April führen wir hier in St. Pölten wieder Kinder- und Berufschullandtag durch und wir dürfen daher heute bei uns – rechts von mir aus gesehen – die Volksschule Randegg, links die Volksschule Maria Enzersdorf mit ihren Lehrerinnen herzlich begrüßen. (Beifall im Hohen Hause.)
Als Nächster zu Wort kommt der Abgeordnete Reinhard Teufel von der FPÖ.
Abg. Ing. Mag. Teufel(FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Hoher Landtag! Ja, wir Freiheitliche haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil sie uns Gelegenheit bietet, das bevorstehende von unserem Landesrat initiierte Volksbegehren „Stoppt Lebendtier-Transportqual“ noch einmal in Erinnerung zu rufen und entsprechend auch zu bewerben. Wir wollen damit ein brisantes Thema aufgreifen und dabei jene entlarven, die den Tierschutz nur als Lippenbekenntnis vor sich hertragen und das schon seit sehr, sehr vielen Jahren. Wichtig ist uns die Unbedarftheit und die Scheinheiligkeit der GRÜNEN hier auch entsprechend aufzuzeigen, die immer dann, wenn es um Lösungen konkreter Probleme geht, nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ vom Thema ablenken und sich in Scheinprobleme flüchten und dann damit die Verantwortung von sich wegschieben. Ich erinnere nur an die Aussage der selbsternannten Oppositionsführerin, wie sie sich ja jetzt seit kurzem im Landtag nennt, die Frau Dr. Helga Krismer-Huber, die vorher am Rednerpult gestanden ist, tatsächlich hergeht und das Tierleid missbraucht, um parteipolitisches Kleingeld zu schlagen und die Freiheitliche Partei einmal mehr anzupatzen. Wenn Sie, Frau Dr. Krismer-Huber, unserem leidenschaftlich um das Tierwohl kämpfenden Landesrat vorwerfen, er wolle mit seinem erfolgreichen Volksbegehren, das immerhin schon über 275.000 Unterschriften zusammengebracht hat, nur von einem vorgeblichen Versagen in der Asylpolitik ablenken, weil er doch selbst für den Tierschutz im Land zuständig sei, so zeigt das einmal mehr, Frau Doktor, wie unverzeihlich Ihre Ignoranz ist … ja, dass Sie überhaupt keinen Genierer haben, hier in dem Landtag auch wieder zum wiederholten Male Unwahrheiten zu verbreiten, wenn es Ihnen in den Kram passt. Es dürfte Ihnen scheinbar bis heute nicht wirklich in den Sinn gekommen sein, dass Tiertransporte in die Kompetenz der Bundesregierung fällt, in denen neben der ÖVP auch die GRÜNEN drinnen sind. Und Sie haben uns ja damals auch schon mehrmals zum Besten gegeben, wie wichtig denn Sie nicht waren bei den ganzen Regierungsverhandlungen und dass Sie da alles mögliche reinverhandelt haben, aber scheinbar haben Sie auf das vergessen, Frau Doktor. Der Gedanke, dass ein FPÖ-Landesrat gerade weil er für Tierschutz zuständig ist, das Thema „Lebendtiertransportqual“ aufgegriffen hat und ein Volksbegehren gestartet hat, ist in Ihrem eindimensionalen, ideologischen Denken scheinbar nicht vorstellbar, Frau Doktor. Eines sieht man bei dieser Debatte ganz klar: Die GRÜNEN sind ja nichts anderes als ein EU-höriger Lobbyistenverein und eines ist klar: Die Probleme, die wir mit den Lebendtiertransporten haben, das ist ein Problem der Europäischen Union, ihrer Richtlinien und ihrer Gesetze, dass die Lebendtiere von A nach B, von Nord nach Süd, von West nach Ost transportiert werden können. Aber da sind Sie nicht bereit, das wirklich anzugehen. Da opfern Sie Ihre Ideale und auch die Interessen der heimischen Bevölkerung und da will ich nicht einmal über die Ukraine reden, wo Sie ja auch die Neutralität Österreichs auf dem Altar Brüssels hinrichten wollen und gleichzeitig schreien Sie ja fast schon nach Lieferung von Waffen in die Ukraine. Das ist Ihre Politik, weil Sie nichts anderes sind als ein EU-höriger Lobbyistenverein. (Beifall bei der FPÖ.) Auf der anderen Seite bleibt Ihnen immer wieder nichts anderes übrig, dann schreien Sie wieder einmal nach strengeren Auflagen fürs Tierwohl. Das ist immer das Beste. Unsere Bauern wollen Sie ja immer wieder stärker belasten. Das sind die Zugänge, die wir nicht haben, Frau Doktor. Unser Zugang ist der: Wir wollen hier produzieren. Wir wollen hier die Tiere verarbeiten und wir wollen diese Produkte auch in der Region verkaufen. Das ist Freiheitliche Politik und das unterscheidet uns fundamental von Ihrer Lobbyistenpolitik a la EU. Dankeschön. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Die nächste Wortmeldung erteile ich dem Abgeordneten Rainer Windholz von der SPÖ.
Abg. Windholz, MSc(SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Ich möchte die Aktuelle Stunde nutzen, um über die aktuelle Situation innerhalb der EU zum Tierschutz und zu den Transportverordnungen, zum Schutz von Tieren beim Transport zu sprechen und dabei wird zwischen Transporten unter und über acht Stunden unterschieden. Meine Vorrednerinnen haben das schon ausgeführt. Alle Transporte, die länger als acht Stunden dauern, gelten als Langstreckentransporte. Bei diesen Transporten gelten besondere Vorgaben. Die Transportfahrzeuge und Schiffe müssen bestimmten Anforderungen an die Ausstattung erfüllen. Es müssen Pausenzeiten eingehalten und der gesamte Transportverlauf mit einem Navigationssystem dokumentiert werden. In einem Urteil von 2015 hat der Europäische Gerichtshof zudem konstatiert, dass diese Vorgaben auch über die EU-Grenzen bis zum Zielort hinaus zu gelten haben. Insofern gewisse Voraussetzungen am Fahrzeug erfüllt sind, ist es erlaubt, die Tiere mit entsprechenden Pausen tage- bis wochenlang zu transportieren. Die Ruhezeiten werden jedoch in der Regel nicht wie vorgeschrieben eingehalten, weil entweder gar keine oder keine den vorgeschriebenen EU-Standards entsprechenden Versorgungsstationen außerhalb der EU existieren. Systematische Verstöße gegen geltendes Recht sind daher eher die Praxis als die Ausnahme, was zu fatalen Transportbedingungen führt. So dürfen z. B. unter den derzeit geltenden Regeln Tiere absurd lange transportiert werden. Rinder z. B. 29 Stunden oder Schweine 24 Stunden – ohne jegliche Pause. Jede Beförderung von Nutztieren ist mit Stress verbunden und kann sich negativ auf ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen auswirken. Die bei den Tieren durch die langen Fahrten ausgelösten Stresshormone vermindern zudem massiv die Qualität des Fleisches, was wiederum den Konsumenten schadet. Durch die langen Transporte kommt es aber auch zu einem erheblichen CO2 Fußabdruck. Der Europäische Rechnungshof hat in seinem Sonderbericht Nr. 31 aus 2018 zudem festgestellt, dass bei den EU-Maßnahmen für den Tierschutz, beim Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere weiterhin Schwachstellen bestehen. Als Folge werden vom Rechnungshof eine Reihe von Empfehlungen zur Verbesserung der Verwaltung der Tierschutzpolitik an die Kommission unterbreitet. Die Empfehlungen betreffen den strategischen Rahmen für Tierschutz, eine wirksame Durchsetzung, Leitlinien zur Einhaltung der Vorschriften, eine stärkere Verknüpfung von „Cross Compliance“ und Tierschutz sowie Maßnahmen zur besseren Erreichung der Tierschutzziele durch die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums. Am 20.1.2022 hat das Europaparlament über Empfehlungen an die EU-Kommission im Bereich Tiertransporte abgestimmt. Die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses bestätigten die vorgenannten fatalen Transportbedingungen und haben noch andere Mängel aufgedeckt. Nach Rücksprache mit unserem Abgeordneten Dr. Günther Sigl und der SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament wurden unsererseits Änderungsanträge unterstützt, um ein generelles Transportlimit von acht Stunden sowie ein Verbot des Transportes von nicht abgesetzten Jungtieren zu fordern. Leider hat eine konservative Mehrheit diese wichtige Forderungen verhindert. Als Empfehlung gibt es jetzt zwar eine maximale Transportdauer von acht Stunden, allerdings nur für Tiere, die für den Schlachthof bestimmt sind. Die Beschränkung der Transporte auf dem Seeweg hat leider keine Mehrheit gefunden. Tiere unter fünf Wochen – so heißt es in der Empfehlung – dürfen nicht transportiert werden. Für nicht abgesetzte Tiere darf eine Transportzeit von zwei Stunden nicht überschritten werden. Positiv hervorzuheben ist, dass das Verbot von Transporten in Drittstaaten, in denen europäische Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten werden, ein Zeitlimit von maximal vier Stunden für den Transport von sehr alten Tieren sowie Hasen und Geflügel sowie die verpflichtende Anwesenheit eines Veterinärs auf Transportschiffen empfohlen wird. Seitens der Tierschutzvereine gibt es Forderungen, dass Lebendtiertransporte von Schlachtvieh durch die gesamte EU generell verboten werden sollen. Tiere sollen nur noch vom Bauern zu den nächstgelegenen, geeigneten Schlachthöfen transportiert werden dürfen und die weitere Verbringung des Fleisches sollte danach nur noch gekühlt oder gefroren erlaubt sein. Ein Beispiel: In Niederösterreich gibt es zahlreiche kleine Betriebe zusätzlich zu zwei frequenzstarken Schlachthöfen im Most- und Industrieviertel, wo eine Anfahrt von maximal zwei bis zweieinhalb durchaus machbar ist. Der Untersuchungsausschuss im Europäischen Parlament hat zu den bereits vorgenannten Punkten weitere Mängel festgestellt: mangelhafte Umsetzung der besagten Verordnung teils aufgrund der Unterschiede bei der Auslegung der Anforderungen, teils aufgrund der fehlenden Kontrolle durch die Mitgliedsstaaten. Den verschiedenen Bedürfnissen der Tiere während des Transports in der Verordnung wird nicht umfassend Rechnung getragen – weder in Bezug auf ihre Art, ihr Alter, ihre Größe und ihre körperliche Verfassung noch ein Bezug auf spezifische Anforderungen bei der Fütterung oder Tränkung, aber auch Verstöße betreffend mangelnde Stehhöhe, mangelnde Transportfähigkeit der Tiere, Überfüllung, Transporte bei extremen Temperaturen und die Beförderungsdauer an sich. Der Bericht macht aber auch auf die zahlreichen Hinweise und Information von Bürgern nicht staatlicher Organisationen und in Prüfberichten zu Tierschutzproblemen während Transporten und zur Nichteinhaltung der Verordnung aufmerksam. Insbesondere in Bezug auf lange Transporte und Transporte in Drittländer, die durch die Verpflichtung der Europäischen Union den Tierschutz während Transporten sicherzustellen, einfach umgangen werden. Des Weiteren ungeeignete Fahrzeuge, die für den Transport von lebenden Tieren auf dem Land-/Seeweg eingesetzt werden, gibt es größere Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten in Bezug auf die Auslegung und Durchsetzung der Verordnung bzw. hinsichtlich der Zulassung der Transportmittel. Überprüfungs- und Zertifizierungsverfahren für Transportschiffe sind nicht harmonisiert und es gibt keine verbindlichen Prüfungskriterien. Das bringt mich, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, zu den Lösungsansätzen, die bei der zu erwartenden Revision 2023 angestrebt werden müssen. Bei grenzüberschreitenden Tiertransporten soll grundsätzlich und wann immer möglich der Transport von Fleisch den Lebendtiertransporten vorgezogen werden. Anstelle einer Marktkonzentration auf einzelne große Schlachtbetriebe sollte ein dezentrales Netz aus Schlachteinrichtungen etabliert werden. Diese würde gewährleisten, dass die Tiere am nächstgelegenen, eigenen Ort geschlachtet werden und somit jede zusätzliche und unnötige Kilometer vermieden werden. Damit der Strukturwandel gelingen kann, muss die EU ihre gesamte Förderpolitik der gemeinsamen Agrarpolitik umstellen. Es darf nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip gefördert werden, sondern Förderungen müssen an einer Reduktion der Tierbestände gekoppelt werden. Die exportorientierte Fleischwirtschaft muss zurück zu lokalen und regionalen Strukturen finden und sich auf eine lokale Aufzucht, Mästung und Schlachtung fokussieren. Die starke globale Exportorientierung und Konzentration auf einige wenige Großbetriebe muss daher beendet werden. Aber auch der Umgang mit unseren Tieren auch in Niederösterreich ist in einigen Fällen an Unmenschlichkeit kaum zu übertreffen. Wir weisen ja nicht zum ersten Mal auf diese unhaltbare Situation mit Anträgen und Aussendungen hin. Der Transport auf engstem Raum und unter Aussetzung unglaublicher klimatischer Bedingungen alleine stellt bereits eine Ausnahmesituation für die Lebewesen dar. Für uns Sozialdemokraten ist es unbegreiflich, wie es für solche Transporte keine zeitliche Beschränkung geben kann. Im Moment ist es also auf legalem Wege möglich, stunden-, wenn nicht sogar tagelang, durchgehende Tierquälerei zu betreiben. Mit Menschlichkeit, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, hat das wenig zu tun. Es zeigt sich allerdings im Alltag der Lebewesen ein weiteres Problem: Auch von Niederösterreich werden Tiere immer wieder ohne zu zögern in Drittstaaten transportiert, in denen grausame Schlachtpraktiken üblich sind. Um ein Beispiel zu nennen: Mancherorts werden den Tieren im Vorfeld ihre Sehnen durchgeschnitten und die Augen ausgestochen, damit diese während der Schlachtung nicht weglaufen können. Solches Verhalten dürfen wir nicht einfach und tatenlos hinnehmen und unterstützen. Wir stellen überdies mit Bedauern fest, dass man das große Leid der Tiere durch unkomplizierte gesetzliche Regelungen auf Bundesebene beseitigen könnte. Jedoch zieht hier die ÖVP leider nicht mit. Wir brachten deshalb in den Landtag ein, dass wir als Land NÖ die Bundesregierung zum Handeln auffordern müssen. Konkret schlugen wir vor, dass betroffene Tiere immer nur bis zum nächstgelegenen Schlachthof transportiert werden dürfen. Neben dem Ende des Leids dieser Tiere hätte auch das positive Nebeneffekte auf die Regionalität und die Umwelt in Niederösterreich. Ich darf daran erinnern: Unser Antrag wurde von der ÖVP und den Freiheitlichen im Haus abgelehnt. Die FPÖ hat dieses Volksbegehren aus 2021 ja ebenfalls unterstützt. Es wäre besser – aus unserer Sicht – wenn Herr Landesrat Waldhäusl ausgehend davon handeln und umsetzen würde, statt wieder ein Volksbegehren zu starten. Der Forderungskatalog des letztjährigen Volksbegehrens, welches über 400.000 Menschen unterschrieben haben, ist bekannt. Demnach zu handeln ist die Lösung. Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort kommt der Abgeordnete Christian Gepp, ÖVP.
Abg. Gepp, MSc(ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Die Arbeitsteiligkeit hat in der Landwirtschaft ebenso wie in der gesamten Volkswirtschaft zugenommen – ein wesentlicher Grund für unseren Wohlstand. Damit verbunden sind aber auch Transport- und Logistikprozesse, die gerade im Bereich der Landwirtschaft aber zu differenzieren sind. Insbesondere zwischen Mast-, Schlacht- und Zuchttieren. Z. B. ist die österreichische Rinderzucht speziell für ihre nachhaltigen Zuchtziele bekannt. Aus diesem Grund sind viele wertvolle Tiere auch gefragt. Export ist eine zusätzliche Wertschöpfung für die heimische Landwirtschaft und unsere Regionen. Transporte von Tieren sind in Österreich und in der Europäischen Union geregelt und unterliegen bereits jetzt wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen sowie Kontrollen – unter anderem die EU-Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängende Vorgänge als Basis für das österreichische Tiertransportgesetz 2007. Daraus ergeben sich vielfältige Regelungen und Differenzierungen zwischen Kurz- und Langstrecken und damit verbundenen Nachweise und Dokumentationen. Österreich ist in vielen Bereichen schon Vorreiter. So sieht z. B. § 18 des Tiertransportgesetzes des Bundes strengere nationale Regelungen für Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Staaten vor – insbesondere was die zeitliche Beschränkung von innerstaatlichen Schlachttiertransporten betrifft. Artgerechte Tiertransporte ist ein Gebot der Stunde und müssen höchsten Standards entsprechen. Dazu gibt es bereits im Februar im Landtag einen Antrag zur Verbesserung des Tierwohls, bei dem alle Fraktionen – außer der SPÖ – zugestimmt haben. In der aktuellen Diskussion „Beschränkung von Transporten von einem Bauern zum nächstgelegenen Schlachthof“ schränkt dies die Wettbewerbsfreiheit ein, fördert Monopolstellungen der Abnehmer, schränkt Vielfalt ein. Zum Tierwohl zu schützen gibt es bereits strengere nationale Regelungen, was die zeitlichen Beschränkungen von innerstaatlichen Schlachttiertransporten betrifft. Als positives Beispiel sei hier die Initiative „Kalb Rosé AUSTRIA“ genannt, die Reduktion von Transportwegen, der Aufbau und die Stärkung der Verfügbarkeit am heimischen Markt sowie die Erzeugung vom österreichischen Qualitätskalbfleisch mit nachvollziehbarer Herkunft. Weiters gibt es zahlreiche Beispiele aus dem aktuellen Regierungsprogramm. Österreich nimmt schon hier bisher eine Vorreiterrolle ein im Bereich der Landwirtschaft und des Tiertransportes. Die Weiterverfolgung und Intensivierung dieser Maßnahmen ist auch im Regierungsprogramm der Bundesregierung unter dem Thema „Offensive zur Verbesserung des Tierwohls bei Tiertransporten“ festgeschrieben. Mit der Umsetzung sollen Maßnahmen zur Verbesserung bei Tiertransporten praxisnah weiter vorangetrieben werden, ohne dabei die regionale Produktion ins Ausland zu verdrängen. Zu diesen Maßnahmen zählen insbesondere die Einschränkung der europaweiten Transportzeiten und Umsetzung der europäischen Standards bis zum Zielbetrieb, das Verbot von Schlachttiertransporten in Drittstaaten, die Ermöglichung bzw. Erleichterung von regionalen und mobilen Schlachthöfen bzw. Weideschlachtungen sowie der weitere Ausbau der regionalen Produktion und Vermarktung. Man muss das Ganze im Auge behalten. Die Beschränkung von Transporten von einem Bauernhof zum nächstgelegenen Schlachthof würde genau das Gegenteil des Ansinnens dieses Antrages bewirken: Der Markt wird eingeschränkt, Landwirte müssen langfristig ihren Hof aufgeben und dadurch sinken die Deckung des Eigenbedarfes in Österreich und gleichzeitig die Importe aus dem Ausland. Verbote in Österreich schwächen unsere Landwirte und führen zur Verlagerung der Produktion ins Ausland. Was wir brauchen sind Anreize für regionale Produktion und – noch wichtiger – Anreize für eine bessere regionale Vermarktung. Das stärkt die regionale Wirtschaft. Das stärkt unsere Landwirte und das stärkt das Tierwohl in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wilfing: Es liegt keine weitere Wortmeldung mehr vor und damit erkläre ich die Aktuelle Stunde für beendet. Bevor wir in der Tagesordnung fortsetzen, darf ich auch noch Repräsentanten der ARGE Bildung Mostviertel bei uns als Zuhörer recht herzlich begrüßen. (Beifall im Hohen Hause.)
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