Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1719/A-1/124-2021 – Autobahnen- und Schnellstraßen-Projekte in NÖ: keine Verzögerungen in der Umsetzung
Redner
- René Lobner (ÖVP) Tagesordnungspunkt 15 Video und Sitzungsbericht
- Edith Kollermann (NEOS) Tagesordnungspunkt 15 Video und Sitzungsbericht
- Georg Ecker (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 15 Video und Sitzungsbericht
- Dieter Dorner (FPÖ) Tagesordnungspunkt 15 Video und Sitzungsbericht
- Gerhard Razborcan (SPÖ) Tagesordnungspunkt 15 Video und Sitzungsbericht – mit Abänderungsantrag
- Karin Renner (SPÖ) Tagesordnungspunkt 15 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Abänderungsantrag Abg. Razborcan angenommen: Zustimmung ÖVP, SPÖ, FPÖ, Abg. Ing. Huber, Ablehnung GRÜNE, NEOS
Dringlichkeitsantrag in abgeänderter Form angenommen: Zustimmung ÖVP, SPÖ, FPÖ, Abg. Ing. Huber, Ablehnung GRÜNE, NEOS
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Damit kommen wir nun zur Behandlung des Dringlichkeitsantrages der Abgeordneten Lobner u.a. betreffend Autobahnen- und Schnellstraßen-Projekte in Niederösterreich: keine Verzögerungen in der Umsetzung, Ltg.-1719. Für den Tagesordnungspunkt wurde von den Klubs und Fraktionen folgende Redezeit festgelegt: ÖVP 36 Minuten, SPÖ 20 Minuten, FPÖ 13 Minuten, GRÜNE und NEOS je 10 Minuten, fraktionsloser Abgeordneter 2 Minuten. Ich ersuche Herrn Abgeordneten Lobner den Antrag zu erläutern und als erstunterfertigter Antragsteller die Dringlichkeit des Antrages zu begründen.
Abg. Lobner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum vorliegenden Dringlichkeitsantrag in aller Kürze: Autobahnen- und Schnellstraßen-Projekte in Niederösterreich. Hier soll es zu keinen weiteren Verzögerungen bei der Umsetzung kommen. Wir alle wissen, wie komplex so Verhandlungen sind und dass durch diverse Einsprüche ohnehin schon in den vergangenen Jahren hier viel Zeit aufgewendet wurde. Aufgrund einer quasi Weisung der Frau Bundesministerin, die einem de facto Umsetzungsstopp gleichkommt, sind hier viele Projekte in Niederösterreich, was Neubau von Autobahnen und Schnellstraßen anbelangt, in akuter Gefahr. Das würde nachhaltig die Verkehrssicherheit in unserem Bundesland beeinträchtigen, die Lebensqualität zigtausender Menschen hier ebenfalls und auch die wirtschaftliche Entwicklung einer ganzen Region wäre massiv schaumgebremst und gefährdet und insofern bitte ich um Abstimmung über die Dringlichkeit.
Präsident Mag. Wilfing: Gemäß unserem § 33 Abs. 4 wird über die Zuerkennung der Dringlichkeit ohne Debatte abgestimmt. Wer dafür ist, bitte ich sich vom Platz zu erheben. (Nach Abstimmung:) Das ist mit den Stimmen der ÖVP, der SPÖ, der FPÖ, der NEOS (*ergänzend: der fraktionslose Abgeordnete) mit Mehrheit angenommen und ich eröffne daher die Debatte und als Erster zu Wort gelangt gleich der Antragsteller, Abgeordneter René Lobner, ÖVP.
Abg. Lobner (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Die Pressemeldungen kann man ja bereits vernehmen. Es ist eine große Aufregung in der gesamten Ostregion vorhanden. Es gab heute bereits eine gemeinsame, parteiübergreifende Pressekonferenz in den Bundesländern Niederösterreich, Burgenland und Wien, weil man mit großer Sorge die Entwicklung hier feststellen musste. Eine Entwicklung, die speziell mich als Marchfelder sehr, sehr beeinträchtigt und ich darf hier nicht nur als Abgeordneter einer ganzen Region stehen, sondern auch als Vertreter von zigtausenden Menschen. Zigtausende Menschen haben sich in der Vergangenheit darauf verlassen, dass die Politik verantwortungsvolle Gesetze macht. Das ist durch ein Bundesstraßengesetz festgelegt. Man hat hier entsprechend auch diverse Verhandlungen abgehalten. Bei der S 1 z. B. ist bereits die UVP positiv abgewickelt. Hier soll im Bereich zwischen Süßenbrunn und Groß-Enzersdorf entsprechend für Entlastung einer zusätzlichen Straße, nämlich der S 1, für mehr Lebensqualität sorgen. Warum betone ich das „für mehr Lebensqualität“? In meinem Heimatbezirk in Deutsch-Wagram z. B. fahren tagtäglich 35.000 Pkws durch die Gemeinde, davon ein sehr hoher Anteil auch an Schwerverkehr. Hier leidet die Lebensqualität tausender Bürgerinnen und Bürger massiv. Wir können uns auch nicht weiterentwickeln, was die wirtschaftliche Situation anbelangt. Wir sind einer jener Bezirke, jener Gebiete, die am schnellsten wachsen, die sehr prosperierend sind und insofern brauchen wir hier die Infrastruktur wie einen Bissen Brot. Mittlerweile geht es nicht nur mehr um die S 1, um die Lobauquerung, um die S 8. Mittlerweile sind mit diesem de facto-Baustopp auch die S 34, die Traisentalschnellstraße betroffen und auch im Bereich der Verkehrssicherheit bei der A 22, bei der Donauuferautobahn, bei der A 2, bei der S 4 und bei der A 4 Sicherheitsvorkehrungen, die dringend notwendig wären, gefährdet. Was ich der Frau Minister Gewessler vorhalte ist, dass sie hier auf Kosten zigtausender Menschen Parteipolitik betreibt, dass sie hier in einer grünen Öko-Bubble sich bewegt und auf die Bedürfnisse der Menschen in der ganzen Ostregion vergisst. Was ich ihr ebenfalls vorhalte ist, dass sie den Dialog verweigert. Man kann unterschiedlicher Meinung zu diversen Projekten sein, aber wenn man den Dialog verweigert, ist das für eine Ministerin nicht das, was man sich vorstellt, nämlich im Sinne von einer vernünftigen und nachhaltigen Politik. Wir haben sie eingeladen und Frau Kollegin Renner weiß das. Auch sie hat sie um einen Gesprächstermin ersucht. Ich habe vor wenigen Tagen ein Antwortschreiben von ihr erhalten, dass sie aufgrund diverser terminlicher Verpflichtungen leider für kein Gespräch in der Region zur Verfügung steht. Ich habe explizit ersucht um ein Gespräch, um die Verkehrssituation im Marchfeld anzusprechen. Ich habe gar nicht explizit das Thema „S 8“ angesprochen. Auch hier, muss ich ganz offen und ehrlich sagen, es ist schon bedenklich, wenn ein Verwaltungsrichter ein Verfahren mittendrunter abbricht und dann acht Monate lang hier nichts passiert. Auch da muss man ganz offen und ehrlich sagen – und ich weiß schon, heutzutage ist es nicht opportun als Politiker sowas anzusprechen – nur da draußen versteht es niemand. Und ich bin ein Vertreter der Marchfelderinnen und Marchfelder, zigtausender Menschen. Der Dieter Dorner weiß das. Die Karin Renner weiß das. Da draußen versteht das keiner. Und wenn die Frau Minister plötzlich und spontan auf einen Besuch zu uns ins Marchfeld kommt, nämlich gestern, um in der Greifvogelstation in Haringsee einen Seeadler zu besuchen, dann ist das prinzipiell ja sehr nett. Aber diese „Fühl gut-Termine“ … das ist zu wenig, um verantwortungsvolle Politik zu betreiben. Wir wollen, als Vertreter der Region, mit ihr auf Augenhöhe diskutieren. Wir wollen eine vernünftige Lösung haben. (Beifall bei der ÖVP.) Das fordere ich auch von der Frau Minister Gewessler ein. Wir wollen vernünftig diskutieren. Wir wollen die Entlastung haben für die komplette Region. Mittlerweile ist nicht nur Niederösterreich davon betroffen, sondern wir kennen die enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen Niederösterreich, dem Burgenland und Wien. Es ist wirklich hier auch ein Schulterschluss über alle Parteigrenzen hinweg vorhanden. Darum fordere ich die Frau Minister auf hier diese entsprechenden Maßnahmen rasch zu revidieren, hier diesen Ausbau der notwendigen Infrastruktur nicht weiter aus parteipolitischen Gründen zu blockieren und endlich für Lebensqualität in einer Region zu sorgen, für Wirtschaftsbelebung, die wir ganz dringend brauchen und auch für Verkehrssicherheit. In diesem Sinne, meine geschätzten Damen und Herren, bleiben wir hier bitte am Ball! Üben wir Druck aus! Denn das ist das, was wir jetzt brauchen: Politik mit Hausverstand und das darf nicht auf parteipolitische Kosten gehen. Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Abgeordnete Edith Kollermann von den NEOS.
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein tatsächlich sehr schwieriges Thema, ein sehr emotionales Thema, ganz sicher. Es geht um die Verkehrsbelastung der Bevölkerung. Es geht natürlich um einiges mehr. Ich bin einige Male schon in Gänserndorf gewesen und habe auch jedes Mal das mitbekommen, wie aufwendig das ist auch individuell mit dem Pkw dort hinzufahren und in dem Fall war es auch notwendig. Es gründet sich dieser Antrag heute darauf die Ankündigung vom Bundesministerium oder von der Bundesministerin, die noch nicht im Bau befindlichen Projekte zu evaluieren. Der Antrag geht darum das abzubrechen, also diese Evaluierung zu verhindern. Ich habe, wie gesagt, großes Verständnis für die Bevölkerung und für alle, die sich auch um die Bevölkerung dort direkt vor Ort bemühen müssen, dass die ungeduldig auf Umsetzung warten, wenn sie seit Jahren eben auch versprochen bekommen, dass sich da etwas ändern wird. Wir wissen alle auch, dass wir sehr, sehr stark in den öffentlichen Verkehr weiter ausbauen müssen, dass das Schnellbahnsystem, die Schiene da eine sehr, sehr wichtige Rolle spielen wird. Was mir an diesem dringlichen Antrag nicht gefällt ist, das was wir von der ÖVP auf Bundesebene leider sehr, sehr stark mitbekommen, ist dieses Infragestellen des Rechtsstaates. Also die Verfahren dauern zu lange und deshalb ist das alles eine Belastung für die Bevölkerung und damit ist es ein bisschen „hip“ geworden den Rechtsstaat in Frage zu stellen und auch die Bedeutung des Rechtsstaates, die er aber haben muss, wenn ich sage, die Verfahren dauern zu lange und damit in Frage gestellt werden. Demokratie ist anstrengend. Demokratie ist mühsam. Aber es führt kein Weg daran vorbei, dass wir diese Dinge abhandeln, dass wir die Regeln, die wir uns in der Gesetzgebung gegeben haben, dass wir die befolgen und dass wir diese Verfahren auch führen. Das Ministerium hat die Evaluierung der noch nicht begonnenen – das ist nicht ein Baustopp, soweit ich das aus den Pressemeldungen auch mitbekommen habe – hat die Evaluierung angekündigt bis Herbst. Das – ich bin auch nicht die Verteidigerin vom Bundesministerium für Klimaschutz, aber es ist ein Thema, dass uns auch Strafzahlungen in Höhe von neun Milliarden Euro drohen, wenn wir die Klimaziele für 2030 nicht erreichen und es deutet derzeit alles darauf hin, dass wir sie nicht erreichen werden. Also das betrifft auch zigtausende Menschen in unserem Land und vor allem die nächsten Generationen. Ich weiß schon, die Kinder darf man nicht ansprechen. Ich spreche auch nicht die Kinder von jemand einzelnen an, aber unsere Kinder, unsere irgendwann zukünftigen Enkelkinder, für die haben wir eine Verantwortung. Wenn wir jetzt sagen, bis zum Herbst soll etwas evaluiert werden, muss ich so viel Vertrauen schon haben. Ich kann mich erinnern, wie wir über das Thema „Waldviertelautobahn - Europaspange“ diskutiert haben, hat der Kollege Maier damals auch gesagt, das ist eine ergebnisoffene Prüfung. Ich habe ihm geglaubt und es war eine ergebnisoffene Prüfung mit einem Ausgang, der nicht festgelegt war. Deshalb dieses Vertrauen muss ich – also im Rahmen unserer Institutionen, die unseren Staat ausmachen – auch in die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie haben und deshalb werden wir diesem Antrag, der natürlich sehr wirtshaustauglich auch ist und sehr, sehr berechtigte Anliegen abdeckt, aber deshalb können wir diesem Antrag nicht zustimmen. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort kommt der Abgeordnete Georg Ecker von den GRÜNEN.
Abg. Mag. Ecker, MA(GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Position zu den genannten Straßenbauprojekten ist angesichts der Klimakrise, glaube ich, relativ klar. Ich werde daher nicht näher inhaltlich auf die einzelnen Projekte eingehen, sondern auf die Vorgangsweise hier. Wir haben das jetzt schon ein paar Mal erlebt und ich werde nicht „schwindlige“ Anträge dazu sagen, sonst hole ich mir auch einen Ordnungsruf, aber fragwürdig ist das allemal, wenn vor kurzem hier ein Antrag eingebracht wurde, in dem die Ministerin zum Rechtsbruch aufgefordert wurde, nämlich einen raschen Baubeginn der S 8 durchzusetzen, obwohl die rechtsstaatlichen Verfahren dort noch nicht abgeschlossen sind. Wenn jetzt hier der Ministerin bzw. dem ASFINAG-Vorstand sogar ein Rechtsbruch vorgeworfen wird, weil wer das Aktienrecht kennt, kennt den § 70 im Aktienrecht und der sagt ganz klar, dass der Vorstand weisungsfrei zu agieren hat. Daher ist dieser Antrag genauso, wie dieser Antrag zur S 8 auch vor ein paar Wochen hier, aufs Schärfste zurückzuweisen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Es ist zurückzuweisen, dass die ÖVP hier mit ihrer absoluten Mehrheit einmal mehr den Landtag missbraucht, um mit noch dazu falschen Aussagen, es hat nämlich keine Weisung gegeben, hier einen Konflikt mit dem Bund schüren will. Mit dem heute so viel zitierten „M-Wort“ hat das sicherlich nichts zu tun. Ebenso zurückzuweisen ist die Dringlichkeit. Dringlich ist derzeit im Weinviertel, welche Ernte die Weinbäuerinnen und Weinbauern bei uns nach den Hagelunwettern noch einfahren können, wenn sie überhaupt noch eine einfahren können. Dringlich ist sicherlich, wie wir den Klimakollaps verhindern. Aber nicht dringlich ist hier eine künstliche Aufregung, die erzeugt wird, denn dass es Klimachecks geben wird, dass die noch dazu parallel jetzt zu den Planungsprozessen laufen, das steht im Regierungsprogramm. Das ist lange bekannt. Daher ist diese Aufregung zurückzuweisen. Daher ist dieser Antrag als Gesamtes zurückzuweisen und daher sehe ich auch keine Dringlichkeit bei diesem Antrag. Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Mag. Wilfing: Die nächste Wortmeldung erteile ich dem Abgeordneten Dieter Dorner, FPÖ.
Abg. Dorner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Als ich heute zu Mittag von dem Antrag gelesen habe, war ich eigentlich komplett von den Socken, dass ein Minister laut dem Antrag eine Weisung erteilt an die Aufsichtsräte oder der ASFINAG vorschreibt, dass alle Straßenbau-Projekte, die genannten Straßenbau-Projekte auf Eis gelegt sind. Meine Damen und Herren und insbesondere die Damen und Herren von den GRÜNEN und vielleicht auch von den NEOS, das ist dringlich. Die Bevölkerung im Marchfeld wartet seit Jahren auf diese Straßen. Bevor ich weiter auf die Begründung eingehe, möchte ich kurz zitieren, was die ASFINAG auf ihrer Seite zur S 1, Wiener Außenring Schnellstraße und Neubau Schwechat bis Süßenbrunn schreibt (liest:)„Die S 1 Außenring Schnellstraße zwischen Schwechat mit dem Tunnel Lobau ist der Lückenschluss im Regionenring um Wien. Ist der Autobahnen- und Schnellstraßenring geschlossen, bedeutet das eine spürbare Entlastung der stark frequentierten Strecken A 23 Südosttangente und A 4 Ostautobahn zwischen Wien und dem Knoten Schwechat sowie dem 22. Bezirk.“ Meine Damen und Herren, wir verlagern mit dieser S 8 und mit dem Lobautunnel den Verkehr von den Ortschaften – der Herr Abgeordnete Lobner hat es zuerst erwähnt: 35.000 Autos jeden Tag durch Deutsch-Wagram, zigtausende jeden Tag durch Markgrafneusiedl, Raasdorf, Glinzendorf, Aderklaa, Untersiebenbrunn, Gänserndorf, Strasshof – es sind zehntausende Leute im Marchfeld davon betroffen, dass zigtausende Autos da durchfahren. Wenn jetzt die GRÜNEN kommen mit dem Ausbau des Schienenverkehrs: Ja, meine Damen und Herren, der Schienenverkehr wird ausgebaut. Die Ostbahn wird zweigleisig ausgebaut. Die Ostbahn wird elektrifiziert. Aber ich kann nicht in jedes Dorf, in jeden Ort ein Bahngleis legen. Das wird nicht funktionieren. Wir brauchen als Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr leistungsfähige Straßen. Und ob das Autobahnen oder Schnellstraßen sind, die Straßen sind da. Unsere Bürger haben ein Recht darauf. Die haben dafür bezahlt. Die zahlen seit Jahren Steuern und leiden jetzt unter dem Lärm und dem Schmutz. Jetzt sind wir wieder beim Anfangsthema, beim ersten Thema heute: Die Freiheit. Solange wir diese Straße nicht bauen, stehlen wir unseren Bürgern die Freiheit. Wir stehlen ihnen jeden Tag Stunden im Stau. Wir stehlen ihnen jeden Tag den Lärm. Wir belasten unsere Umwelt mit CO2. Wir belasten unsere Umwelt mit Staub, mit Abgasen mit Dreck. Und warum tun wir das? Weil unsere Bürger stundenlang im Stau stehen, weil sie gezwungen sind, durch die Ortschaften durchzufahren und daher, meine Damen und Herren, werden wir dem Antrag gerne zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächster zu Wort kommt der Abgeordnete Gerhard Razborcan, SPÖ.
Abg. Razborcan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe sehr aufmerksam zugehört, dem Kollegen Lobner und dem Kollegen Dorner, der das mit sehr viel Emotion dargebracht hat, was ich auch gut verstehen kann, wenn man selber aus dieser Region kommt. Deswegen möchte ich das eigentlich nur ergänzen, weil es ist schon ziemlich viel gesagt worden, aber ich glaube, alle wie wir hier sitzen – und das haben wir auch bewiesen, speziell auch als SPÖ – sind bei Gott keine Betoniererpartei. Ganz im Gegenteil: Wir haben sehr viele Anträge eingebracht, die sich mit dem öffentlichen Ausbau, also mit dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs beschäftigen. Wir sind immer mit dabei gewesen, wenn es um das 365-Euro-Ticket geht, jetzt halt Klimaticket, das 1-2-3-Klimaticket. Jetzt haben wir eine Bundesministerin der GRÜNEN und, schlicht und ergreifend, viel hat sie bis jetzt auch noch nicht zusammengebracht. Was jetzt geschieht ist halt eine Sache der besonderen Art. Ich glaube, über das ist jetzt schon einiges gesagt worden. Wir wollen aber, und ich glaube, dass das ein schönes Zeichen auch ist, wirklich nicht als Betonierer hier stehen und deswegen haben wir einen Abänderungsantrag eingebracht mit der Unterstützung der Freiheitlichen und auch der ÖVP. Ein herzliches „Dankeschön“ dafür. Dieser Antrag wird abgeändert, so dass er zu lauten hat (liest:)
„Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Bundesministerin Leonore Gewessler heranzutreten und sie zu ersuchen,
1. die an den Vorstand der ASFINAG am 29.6.2021 erteilte Eigentümer-Weisung, die einen Umsetzungs-Stopp für alle sehr wichtigen Projekte auf Autobahnen und Schnellstraßen in NÖ bedeutet, sofort zurückzunehmen und zu ersuchen, dass angesichts der dramatischen Situation für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger dringend Schritte zur Beschleunigung der Umsetzung der im Bundesstraßen-Gesetz festgelegten Projekte auf Autobahnen und Schnellstraßen in NÖ gesetzt werden sowie
2. dafür zu sorgen, die Attraktivierung des öffentlichen Personennahverkehrs sowie die geplanten Ausbaumaßnahmen weiterzuführen.“
Liebe Kollegin Kollermann, du sprichst von Evaluierung. Ich bin nicht gegen Evaluierung. Ich darf dich nur vielleicht ein bisschen zurückführen in das Jahr 2001. Im Jahr 2001 hat es eine Einigung gegeben aller betroffenen Gemeinden, aller betroffenen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, unsere heutige dritte Präsidentin war damals Vizebürgermeister, war persönlich anwesend … soll ich dir etwas sagen, liebe Kollegin? Das ist jetzt 20 Jahre her. 20 Jahre. Also wenn man nach 20 Jahren evaluieren muss und nicht irgendwann einmal mit der Umsetzung anfängt, dann ist es schon ein bisschen ein Jammer. Die Menschen dort in dieser Region haben sich das nicht verdient. Die haben einfach vertraut darauf, dass die Politik, wenn sie sich irgendwann im Jahr 2001 einmal etwas vornimmt, das auch innerhalb einer gewissen Zeit umsetzen kann. 20 Jahre später brauchen wir nicht über Evaluierung sprechen. Da sind wir ein bisschen zu spät dran. (Beifall bei der SPÖ.) Es geht nicht nur um dieses eine Projekt. Es schaut ja überall so aus. Im Moment schaut es so aus, als hätten wir mit einer Ministerin – gut ich weiß schon, sie hat die ersten politischen Gehversuche gemacht im siebenten Wiener Gemeindebezirk … gearbeitet hat sie bei einer grünen Bezirksvorstehung und hat dort die ersten Gehversuche gemacht … nur in Wien die Verkehrspolitik ist einfach nicht vergleichbar mit der Verkehrspolitik in der kompletten Ostregion. Wir wissen, wir sind ein Flächenbundesland und da bedarf es beides. Wir brauchen einen vernünftigen öffentlichen Verkehr, aber wir brauchen auch Hochleistungsstraßen. Wir brauchen die Möglichkeit von A nach B zu kommen. Das ist wirtschaftlich vernünftig und das ist auch für die Menschen in den Regionen und in den Gemeinden wichtig. Die zweite Geschichte, weil sie auch ein Teil davon ist: Über diesen Lobautunnel diskutieren auch schon alle Ewigkeiten. Aber wenn man von Niederösterreich – ich bin ein Betroffener … ich wohne in Leopoldsdorf, Bezirk Schwechat. Wenn man nach Norden will, wenn man nach Osten will, dann muss man ganz einfach die Tangente benützen oder man fährt riesige Umwege. Ich weiß nicht, ob das jetzt im Sinne der Ökologie ist. Wenn man sich jetzt gerade anschaut, was sich jetzt in den jetzigen Tagen abspielt auf dieser Südosttangente, liebe Freunde, dann weiß man, dass das alles nicht vernünftig ist. Wir können heute diskutieren über Eisenbahnen. Wir können diskutieren – und es ist auch wichtig, dass wir es tun – aber irgendwann einmal müssen wir in eine Umsetzung kommen. Wir brauchen jetzt Lösungen. Das werden wir mit dem öffentlichen Verkehr ganz alleine nicht zusammenbringen. Deswegen finde ich es schon sehr befremdlich, dass eine Ministerin eigentlich Parteipolitik betreibt und nichts anderes als Parteipolitik, weil es gibt einfach ein paar Projekte, die sind im Bundesstraßengesetz vorgesehen und die hat sie einfach umzusetzen und jetzt nicht wieder zu stoppen und zu evaluieren und und. Das kann nicht die Aufgabe einer Bundesministerin sein. (Beifall bei der SPÖ.) Ich will es nicht zu lange machen, aber ich glaube, dass die Frau Bundesministerin Gewessler sehr gut aufgehoben ist bei der Europäischen Bürgerbewegung „Stopp Glyphosat“, für die sie einmal gearbeitet hat. Sie ist wahrscheinlich auch gut aufgehoben bei „Global 2000“, aber als Verkehrsministerin ist sie eine völlige Fehlbesetzung. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Dritte Präsidentin des Landtages, Karin Renner, SPÖ.
Abg. Präs. Mag. Renner (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte mich an sich nicht melden, möchte aber doch jetzt ein paar Worte verlieren. Ich möchte mich sehr, sehr herzlich beim Herrn Abgeordneten Lobner bedanken. Ich möchte mich sehr, sehr herzlich für den flammenden Appell vom Abgeordneten Dorner bedanken. Also mehr Kraft kann man, glaube ich, kaum in eine Rede legen. Ich möchte der Frau Abgeordneten Kollermann natürlich widersprechen. Ich habe heute zu Beginn der Sitzung den Rechtsstaat geradezu hochgelobt und ein Hochamt auf den Rechtsstaat gesungen und dazu stehe ich auch. Nur als der Kollege Gerhard Razborcan, dem ich auch sehr verpflichtet bin, dass er sich immer wieder und auch heute, in unserer Sache verpflichtet zu Wort meldet: Wir haben 20 Jahre geduldigst ertragen. Anders kann man das nicht nennen. Wenn Sie die Situation draußen nicht so gut kennen: Sie haben einen sehr sympathischen Stadtrat oder Gemeindrat in Groß-Enzersdorf, der wird Ihnen erläutern, dass das ganze Marchfeld de facto schon steht und im Verkehr erstickt. Und zum Herrn Abgeordneten Ecker wollte ich noch sagen: Natürlich ist es dringlich, wenn im 2001er Jahr die Entscheidungen in der Region überparteilich einstimmig gefällt werden und dann 20 Jahre nichts passiert. Dann ist es natürlich dringlich. Es ist immer wieder dasselbe, was ich sage, aber ich muss es leider sagen: Es geht um die Pendler. Es geht um die Anrainer, die in unerträglichen Lebenssituationen leben. Das kann sich da herinnen keiner vorstellen: Wenn du sechs Mal am Tag das Fensterbrett abwischen könntest vom Staub, wenn du nicht lüften kannst, wenn du ohne Spezialfenster nicht schlafen kannst – unerträglich! Und um ihr das zu zeigen, habe ich sie mittlerweile zwei Mal eingeladen auf einen Lokalaugenschein. Du hast ein Glück gehabt. Offenbar gibt es da eine bessere „Connection“ über die Zusammenarbeit in der Bundesregierung. Ich habe nicht einmal eine Antwort gekriegt auf zwei Briefe mittlerweile. Ich werde weiter schreiben und wir werden, wenn es Not tut, weiterhin in der Region zu dritt aufstehen und um diese Sache kämpfen. Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
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