Zusammenfassung
Antrag des Landwirtschafts-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-160/B-14-2023 – Berichte Ressort Landwirtschaft im Jahr 2022 – A: Wirtschaftliche und soziale Lage der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich (Der Grüne Bericht); B: Gebarung und Tätigkeit des NÖ landwirtschaftlichen Förderungsfonds; C: Tätigkeit und Wahrnehmungen der Land- und Forstwirtschaftsinspektion
Berichterstatterin
Redner
- Helmut Hofer-Gruber (NEOS) Tagesordnungspunkt 11 Video und Sitzungsbericht
- Dominic Hörlezeder (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 11 Video und Sitzungsbericht
- Rene Zonschits (SPÖ) Tagesordnungspunkt 11 Video und Sitzungsbericht
- Alexander Schnabel (FPÖ) Tagesordnungspunkt 11 Video und Sitzungsbericht
- Richard Hogl (ÖVP) Tagesordnungspunkt 11 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, FPÖ, SPÖ, NEOS, Ablehnung GRÜNE
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Zweiter Präsident Waldhäusl: Wir kommen zum Verhandlungsgegenstand Ltg.-160, Berichte der Landesregierung des Ressorts Landwirtschaft im Jahr 2022 betreffend A: Bericht über die wirtschaftliche und soziale Lage der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich (Der Grüne Bericht); B: Bericht über die Gebarung und Tätigkeit des NÖ landwirtschaftlichen Förderungsfonds und C: Bericht über die Tätigkeit und Wahrnehmungen der Land- und Forstwirtschaftsinspektion. Ich ersuche Frau Abgeordnete Dammerer die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatterin Abg. Dammerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich berichte zur Ltg.-160, einem Antrag des Landwirtschafts-Ausschusses über die Berichte der Landesregierung des Ressorts Landwirtschaft im Jahr 2022 betreffend dem Bericht über die wirtschaftliche und soziale Lage der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich, dem Bericht über die Gebarung und Tätigkeit des NÖ landwirtschaftlichen Förderungsfonds, dem Bericht über die Tätigkeit und Wahrnehmungen der Land- und Forstwirtschaftsinspektion. Geschätzte Kollegen, Sie kennen diese Berichte aus den vorigen Jahren. Die Berichte aus 2022 mit den Entwicklungen, mit allen Zahlen, Daten und Statistiken liegen Ihnen vor. Ich komme daher direkt zur Antragstellung (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Berichte der Landesregierung des Ressorts Landwirtschaft im Jahr 2022 betreffend
A: Bericht über die wirtschaftliche und soziale Lage der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich (Der Grüne Bericht);
B: Bericht über die Gebarung und Tätigkeit des NÖ landwirtschaftlichen Förderungsfonds und
C: Bericht über die Tätigkeit und Wahrnehmungen der Land- und Forstwirtschaftsinspektion
werden zur Kenntnis genommen.“
Geschätzter Herr Präsident, ich ersuche um Einleitung der Debatte und um Abstimmung. Danke.
Zweiter Präsident Waldhäusl: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gelangt Abgeordneter Helmut Hofer-Gruber von den NEOS.
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Landwirtschaft an sich ist etwas Nachhaltiges, darum ist die Momentaufnahme, die der Grüne Bericht bietet – das ist immer nur für ein Jahr – nicht ausreichend und wenn ich den Bericht durcharbeite, dann schaue ich mir auch immer ganz gern die älteren Berichte an. Da fällt gleich einmal auf, dass die in Niederösterreich nicht unerhebliche Kartoffel im Bericht 2022 unter „pflanzliche Alternativen“ angeführt wird. Der dafür auch nicht unerhebliche Feldgemüseaufbau hat wieder den Weg in den Bericht gefunden, nachdem er im Vorjahr für ein Jahr hinausgeflogen ist. Das sind redaktionelle Äußerlichkeiten, die halt auffallen, wenn man den Bericht liest. Aber zum Inhaltlichen vielleicht die wichtigste Message: Die Einkommen in der Landwirtschaft sind das zweite Mal in Folge erheblich gestiegen – unter „erheblich“ meine ich 20 Plus-Prozent – und zwar nach Berücksichtigung der ebenfalls erheblich höheren Kosten. Gott sei Dank, endlich ist es so weit! Es bleibt auch für die Produzenten genug übrig, wo wir bei manchen Produkten höhere Erzeugerpreise im Bereich von plus 40 bis plus 80 Prozent sehen. Ich halte daher fest: Nicht alle Preiserhöhungen, die wir in den Supermärkten sehen, reißen sich die Lebensmittelkonzerne unter den Nagel. Das ist für die Landwirte und für uns alle natürlich eine erfreuliche Entwicklung, weil wir wollen ja auch, dass wir gesunde Betriebe haben. Bei der Gelegenheit – auch wenn die Zahl der Betriebe, vor allem der konventionell geführten Betriebe ständig zurückgeht: Ich bedanke mich bei allen Landwirten, die weit jenseits einer 32-Stunden-Woche ihre Felder bestellen und ihre Tiere halten. (Beifall bei den NEOS.) Wenn ich weiter in den Bericht hineinschaue, dann sehe ich: Bei den Pensionen ist die Lage gleich trist wie in den Vorjahren. Da rangieren die Landwirte unangefochten am unteren Ende der Skala. Was mir persönlich zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Landwirte fehlt, ist die Steuerleistung dieses Sektors. Hier wird ja zum Teil mit Pauschalierungen und Sonderregelungen Nebel versprüht, der eine objektive Sicht oder einen Vergleich mit anderen Sektoren vollkommen verunmöglicht. Das fehlt mir in diesem Bericht. Ein anderes interessantes Detail fällt dafür auf: Im Bericht steht immer drin wie viele Menschen durch die landwirtschaftliche Produktion in Niederösterreich ernährt werden können. Gerechnet wir das über einen Schlüssel über den Normverbrauch von 2.050 Kilokalorien pro Tag – da sind Männer und Frauen gewichtet. Es gibt viele, die mehr als 2.000 Kalorien zu sich nehmen, sage ich nun einmal. Und siehe da, in den letzten Jahren hat die niederösterreichische Landwirtschaft für sich in Anspruch genommen, dass sie 6.100 bis 7.200 Milliarden Kilokalorien erzeugt und im Vorjahr waren das nur 5.300. Das ist ein Rückgang von 14 Prozent. Erklärung dazu gibt es keine. Wenn man sich den Tabellenanteil anschaut, lässt sich ein Produktionsrückgang herauslesen. Eine Analyse zu diesem doch bemerkenswerten Rückgang gibt es nicht. Das ist schon interessant, weil wir reden ja auch immer von Versorgungssicherheit und wenn ein Minus von 14 % bei der Versorgungssicherheit keine Rolle spielt, dann ist das bemerkenswert. Aber vielleicht ist ja auch das ein redaktionelles Versehen. Dieser Widerspruch, so wie die so oft beschworene Versorgungssicherheit, führt mich auch schon zur Export- und Importthematik, die sowohl in der landwirtschaftlichen Diskussion als auch im Grünen Bericht immer sehr asymmetrisch dargestellt wird. So etwa nach dem Motto „Exporte sind gut, die haben wir gern. Importe sind schlecht.“ Die heißen daher meistens gleich Billigimporte und haben das Image die heimische Landwirtschaft zu ruinieren. Tatsächlich ist Österreich ja weit entfernt davon im Lebensmittelbereich autark zu sein. Außer bei Trinkmilch, Fleisch und Zwiebeln gelingt es in fast keinem Bereich. Sie können das auf Seite 71 nachlesen. Der Selbstversorgungsgrad in Österreich bei Eiern 92 %, Getreide 87 %, Kartoffeln 86, Gemüse 57, Obst 41 % und von Kaffee brauchen wir nicht zu reden. Dennoch wird auf Teufel komm raus exportiert. Das bedeutet: Während wir gleichzeitig auf Importe angewiesen sind, um die österreichische Bevölkerung zu ernähren, exportiert Österreich rein landwirtschaftliche Produkte – das ist ohne Red Bull und so – im Wert von 6,3 Milliarden Euro jährlich. Und das bei einem Produktionswert der Landwirtschaft in ganz Österreich von rund 9,6 Milliarden. Das ist ein erheblicher Anteil, auch wenn da ein bisschen Äpfel mit Birnen vermischt sind, weil der Produktionswert zu Erzeugerpreisen dargestellt ist und der Exportwert natürlich nach Verkaufspreisen. Aber trotzdem: 6,3 Milliarden jährlich werden exportiert. Das bedeutet natürlich auch, dass wir entsprechend viel importieren müssen und das sind dann keine Billigimporte, sondern das sind Importe, die wir schlicht und einfach brauchen, um hier in Österreich genug zu essen zu haben. Da fehlt mir der ehrliche Zugang. Da fehlt der realistische Blick. Da fehlt auch die Transparenz und so kommt im ganzen Bericht das Wort „Export“ zehn Mal und das Wort „Import“ sieben Mal vor, davon ein Mal im Glossar und alles nur im Textteil. Es gibt keine einzige Tabelle, wo Exporte und Importe dargestellt werden. Ohne Außenhandel geht es auch im Agrarbereich nicht, das sei allen gesagt, die von der „Festung Österreich“ faseln und für die internationale Handelsabkommen Teufelszeug sind. Was auch fehlt, sind konkrete Hinweise auf positive Veränderungen. Der biologischen Produktion werden ganze zwei Seiten gewidmet, obwohl es hier viel zu berichten gäbe – etwa einen Anstieg sowohl der biologisch bewirtschafteten Fläche als auch der Zahl der Betriebe, wo wir ja gesamthaft einen Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe sehen. Irgendwie verfestigt sich bei mir der Eindruck, dass biologische Landwirtschaft nicht ganz ins traditionelle Konzept passt – etwa bei der Schweinehaltung. Da sehen wir: Jedes Jahr gibt es größere Betriebe, mehr Tiere pro Betrieb und wir sehen auch regelmäßig verstörende Bilder aus AMA-zertifizierten Ställen. Gleichzeitig sehen wir in der Praxis, dass innovative Landwirte daran gehindert werden beispielsweise Schweinehaltung abseits von riesigen Ställen mit Vollspaltenböden zu betreiben – nämlich mit mobilen Unterständen auf dem freien Feld, wo sich die Tiere artgerecht verhalten können. Einen konkreten Fall aus St. Pölten-Land habe ich an Landeshauptfrau-Stellvertreter Pernkopf herangetragen und siehe da: Nach drei Wochen hat sich heute tatsächlich jemand aus der Landwirtschaftskammer bei mir gemeldet. Allerdings war ich gerade im Zug zur Sitzung, konnte ihn daher nicht zurückrufen, aber wir werden einmal sehen, ob hier endlich etwas in Bewegung kommt. Das wäre schön, wenn wir im nächsten Jahr einen Grünen Bericht lesen können, wo auch das eine oder andere von den offenen Themen behandelt wird, die ich heute erwähnt habe. Selbstverständlich werden den Bericht in der Form zur Kenntnis nehmen und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
Zweiter Präsident Waldhäusl: Zum Wort gelangt Abgeordneter Dominic Hörlezeder von den GRÜNEN.
Abg. Hörlezeder (GRÜNE): Geschätzter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ein wesentlicher Fakt, den wir in Wahrheit alle kennen und der im vorliegenden Landwirtschaftsbericht untermauert wird, ist die strukturelle Veränderung der Landwirtschaft in Niederösterreich in den vergangenen 30 Jahren. Wenn man es so schwarz auf weiß vor sich hat, da schreckt man schon einmal auf. Seit 1990 haben wir fast die Hälfte unserer landwirtschaftlichen Betriebe in Niederösterreich verloren – um genau zu sein 46 %. In Zahlen: Wir sind von 70.000 auf 37.450 Betriebe geschrumpft und das zeigt eigentlich diese rasante Entwicklung der Agrarinfrastruktur, die sich in den letzten Jahren Gott sei Dank etwas verlangsamt hat. Unsere Landwirtschaft ist im internationalen Vergleich immer noch sehr klein strukturiert, trotzdem wachsen die Flächen und somit auch die Betriebsgrößen aber ständig, was natürlich mit der internationalen Konkurrenz – vor allem mit dem europäischen Agrarmarkt – zu tun hat. Sehr positiv ist die Entwicklung der Biobetriebe in Niederösterreich. Die Anzahl der Biobetriebe ist in den vergangenen 15 Jahren um ein Drittel gestiegen. Die biologisch bewirtschafteten Flächen haben sich beinahe verdoppelt und auch die Anzahl der Biobetriebe mit Tierhaltung ist deutlich gestiegen. Das ist gut. Aber noch einmal zurück zur internationalen Konkurrenz, zu einer Folge der Liberalisierung der Märkte und letztlich zu einer Folge der Globalisierung. Wo wir nämlich konkret ein Problem haben, das ist ... und das sich noch um einiges verschärfen wird in Zukunft ... ich sage es ganz plump ... das ist Fleisch aus Südamerika. Billig produziertes Fleisch von Betrieben mit Größen, die für uns da eigentlich kaum vorstellbar sein, drängen immer mehr auf den europäischen Markt und natürlich auch auf den niederösterreichischen und das bringt mich – und dieser Sidestep muss schon sein – (Dritte Präsidentin Prischl übernimmt den Vorsitz.) zu einem ganz anderen Thema – nämlich zu dem sehr komplexen Thema der Handelsabkommen – der Kollege Hofer-Gruber hat es schon kurz angeschnitten – insbesondere zum Thema „Mercosur“. Das birgt nämlich wirklich weitere Risken für die Landwirte. Da kann es dann wirklich sein, dass das argentinische Rindfleisch in rauen Mengen zur unmittelbaren Konkurrenz für unsere regionalen Bäuerinnen und Bauern wird und ich glaube, das sollten wir verhindern. Ich muss, glaube ich, nicht skizzieren, wohin das führen wird. Jedenfalls würde das aus meiner Sicht zu einem weiteren Bauernsterben – wenn man das so bezeichnen will – führen und dafür sind wir GRÜNE mit Sicherheit nicht zu haben, (Beifall bei den GRÜNEN.) wobei es mich schon interessieren würde wie die ÖVP zum Thema „Mercosur“ steht, aber dieser Antrag wird ja immer weitergeschoben. Ich hoffe, wir werden ihn irgendwann debattieren können. Was wäre wichtig? Was muss sich ändern in der Landwirtschaft in Niederösterreich? Wir müssen schauen, dass wir die Unabhängigkeit von Lebensmitteln aus dem Ausland stärken, die heimischen Landwirtschaftsbetriebe stärken und vor allem, dass wir den Selbstversorgungsgrad erhöhen, insbesondere – wir haben es eh schon gehört – bei Obst und Gemüse erreichen wir den ganz und gar nicht. Da schaffen wir nicht einmal die Hälfte dessen, was wir für uns selbst eigentlich brauchen. Es müssen Anreize gesetzt werden, dass die Quote nicht weiter rückläufig wird, dass die landwirtschaftlichen Betriebe in Niederösterreich nicht weiter weniger werden und auch das Berufsbild der Landwirtin, des Landwirts muss verbessert werden. Es wäre auch zielführend, wenn man Akzente setzt, um die Direktvermarktung und somit die Regionalität zu stärken und so die Abhängigkeit der Landwirtinnen und Landwirte von den großen Handelsketten etwas senkt. Man muss, glaube ich, auch ehrlich sein: Landwirtinnen und Landwirte sind gleichzeitig Unternehmer. Die müssen auch mit der Zeit gehen. Also: Die Landwirtschaft muss viel stärker in Richtung Digitalisierung und Fortschritt gehen. Es bedarf da auch meiner Meinung nach wesentlich mehr Engagements der Interessensvertretungen. Die Jungbauern, die die Höfe übernehmen, wissen eh schon, was sie machen. Die sind eh schon sehr fortschrittlich und gut unterwegs, aber die älteren Semester trauen sich halt gewisse Wege nicht beschreiten und ich denke, die muss man bei der Hand nehmen, aufklären und entsprechend unterstützen. Ich glaube, wenn das alles zusammen gelingt und die Höfe eine gesunde Größe haben in Zukunft, dann wird es der Landwirtschaft auch in Zukunft gut gehen und die Versorgungssicherheit ein Stück weiter gegeben sein. Dankeschön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Dritte Präsidentin Prischl: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Rene Zonschits, SPÖ, bitteschön.
Abg. Zonschits(SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Grüne Bericht 2022 zeigt uns einmal mehr die wirtschaftliche Situation und Struktur unserer landwirtschaftlichen Betriebe in unserem Land. Trotz der enormen Preissteigerungen des Ukraine-Krieges, welche die niederösterreichische Landwirtschaft hart getroffen haben – Stichwort „Preissteigerung bei Futtermittel, Energie und Düngemittel“ – konnte – wie wir heute schon gehört haben – bei den Einkommen der Bäuerinnen und Bauern ein Zuwachs verzeichnet werden, zugleich aber auch eine dramatische Ungleichheit zwischen den kleinen Betrieben in unserem Land und den größten Betrieben. Die Zuwächse bei den Einkommen sind umso größer, je größer der Betrieb ist. Zusätzliche Förderungen wie z. B. Energiekostenhilfen begünstigen insbesondere die großen Betriebe. Bei der letzten Stichprobenerhebung, die am 1. März 2023 stattgefunden hat und daher nicht im Bericht 2022 erfasst ist, ist somit schwer nachvollziehbar, wie viele vor allem kleine Landwirte aufgrund der massiven Teuerung und geänderten Rahmenbedingungen und des enormen wirtschaftlichen Druckes ihre Betriebe für immer schließen mussten. Die niederösterreichische Landwirtschaft ist zwar noch immer klein strukturiert, wenngleich der Trend zu größeren Betrieben anhält. Wurden z. B. im Jahr 1995 von einem Betrieb im Durchschnitt noch 25,7 Hektar bewirtschaftet, so sind es im Jahr 2020 bereits 44,1 Hektar. Das Motto „Wachsen oder Weichen“ wird leider somit weiterhin betrieben. Kleine und mittlere Betriebe sind auch bei der Direktförderung benachteiligt, für welche nach wie vor die Fläche herangezogen wird und nicht die tatsächliche Arbeitskraft und der tatsächliche Arbeitsaufwand. Es ist daher, glaube ich, unsere Aufgabe die klein strukturierte Landwirtschaft in unserem schönen Bundesland nachhaltig zu stärken. Das Land muss sich weiter für die kleinen Bauern, die wirtschaftlich tagtäglich um ihr Überleben kämpfen, insbesondere nachhaltige Landwirtschaft fördern und das Zusammenspiel von Mensch und Natur soll verstärkt hier in den Vordergrund treten. (Beifall bei der SPÖ.) Positiv anzumerken ist, dass im Bericht bei den Biobetrieben eine neuerliche Zunahme registriert werden konnte. Die Zahl nahm um 99 Betriebe auf 621 zu. Eine spürbare Flächenzunahme war hier vor allem im Bioweinbau mit einem Plus von 20,1 % oder 980 Hektar zu bezeichnen. Das freut vor allem einen Weinviertler wie mich, wenn hier auf Bioweinbau gesetzt wird. Beim Bericht über die Tätigkeit und Wahrnehmung der land- und forstwirtschaftlichen Inspektion 2023 ist eines anzumerken, dass bei 534 überprüften Betriebsstätten es zu 444 Beanstandungen gekommen ist und da vor allem der Schwerpunkt bei den Mängeln im Bereich der Evaluierung und der mangelnden Arbeitsplatzstätten und Arbeitsmittel befundet worden ist. Wir nehmen den Bericht zur Kenntnis. Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
Dritte Präsidentin Prischl: Als Nächster zu Wort gemeldet der Herr Abgeordnete Alexander Schnabel, FPÖ, bitteschön.
Abg. Schnabel (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hoher Landtag! Bezugnehmend auf den vorliegenden Landwirtschaftsbericht habe ich mir einige Punkte wie z. B. die Tierhaltung, die Einkommenssituationen der Land- und Forstwirtschaft, den ländlichen Wegebau sowie den Punkt der Bildungsangebote angeschaut. Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu Beginn den Punkt der Tierhaltung aufs Tapet bringen. Fakt ist, dass das Konsumverhalten im vorigen Jahr maßgeblich von einer überdurchschnittlichen Inflation beeinflusst wurde. So wurden während der völlig überzogenen und ungerechtfertigten Corona-Maßnahmenpolitik vermehrt zu höherwertigeren Lebensmitteln gegriffen, so prägten 2022 generelle Verunsicherung und verminderte Kaufkraft das Einkaufsverhalten. Trotzdem konnten im Fleisch- und Geflügelsegment sowohl mengen- als auch wertmäßig die Bioanteile im Lebensmitteleinzelhandel leicht gesteigert werden. Geschätzte Kollegen, lassen Sie mich kurz mit der Einkommenssituation in der Land- und Forstwirtschaft fortfahren. Trotz sehr hoher Teuerungen konnte der heimische Agrarsektor bei den eingesetzten Betriebsmitteln im Vorjahr ein positives Ergebnis erzielen. Das Ergebnis des realen Faktoreinkommens je Arbeitskraft in Österreich 2022 ist gegenüber 2021 um 20 % gewachsen. Wohl gemerkt, liebe Kollegen, wir reden da nur vom Faktoreinkommen. Der Produktionswert des landwirtschaftlichen Wirtschaftsbereiches liegt erstmals über 10 Milliarden und somit um 22 % über dem Niveau des Vorjahres. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ländliche Wegenetz in Niederösterreich umfasst derzeit rund 32.000 Kilometer befestigte Verkehrswege, welche durchaus als Lebensadern im ländlichen Raum bezeichnet werden können. Wir sind uns wohl auch alle einig in diesem Hohen Haus, dass das Wegenetz in Niederösterreich die zeitgemäße Bewirtschaftung unserer bäuerlichen Betriebe gewährleistet. So wurden beispielsweise im Berichtsjahr rund 111 Kilometer Güterwege geplant oder neu errichtet. Ebenso wurden rund 1.800 Kleinmaßnahmen zur Erhaltung des ländlichen Wegenetzes umgesetzt. Abschließend bildeten im Vorjahr das Schwergewicht im landwirtschaftlichen Bildungssektor die Zertifikatslehrgänge. Es wurden 19 verschiedene Lehrgänge in den Fachgebieten Produktion, Vermarktungs- und Dienstleistungsbereichen von 295 Personen erfolgreich absolviert. Die Entwicklung der Weiterbildungsteilnehmer stieg somit von rund 56.000 Teilnehmern auf ca. 120.000 im vorigen Jahr an – mehr als eine Verdoppelung sozusagen. Dies alles sind durchaus sehr positive Entwicklungen und angesichts der von mir erwähnten Tatsachen erteilen wir dem vorliegenden Landwirtschaftsbericht unsere Zustimmung. Jedoch, meine sehr geehrten Damen und Herren, jedoch: Wir wissen alle, dass in unserer Republik und in unserem Land ein großes Bauernsterben vonstatten geht. Sieben Betriebe pro Tag sperren zu. Das sind ca. 2.500 Betriebe pro Jahr. Weiters – in puncto Lebensmittelpreise: Bei den Konsumenten wird abkassiert und unsere Bauern werden finanziell ruiniert. Während die Lebensmittelpreise durch die Decke gehen, bleibt unseren Landwirten immer weniger im Börserl. Ja, und es hat den Anschein, dass Landwirtschaftsminister Totschnig nicht Herr der Lage ist. Es sieht teilweise sogar so aus als würde er ahnungslos zuschauen, wie der Flächenbrand des Bauernsterbens und der Teuerung über uns alle hinwegfegt. (Beifall bei der FPÖ.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, da stellt sich mir ja die Frage, ob nicht die ÖVP NÖ, insbesondere der NÖ Bauernbund einen etwas durchschlagskräftigeren Minister stellen könnte, welcher diesem Wahnsinn ein Ende bereitet. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
Dritte Präsidentin Prischl: Als Nächster zu Wort gemeldet der Herr Abgeordnete Richard Hogl, ÖVP, bitteschön.
Abg. Hogl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren des NÖ Landtages! Werte Kolleginnen und Kollegen! Und es freut mich sehr, dass dem NÖ Bauernbund die Fähigkeit zugetraut wird, den besten Minister zu stellen, den es gibt. Aber ich kann euch wirklich beruhigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, Minister Totschnig ... er ist nicht einer, der alle Tage laut ist, aber es ist einer, der konsequent arbeitet für uns jeden Tag. Das sieht man auch darin, dass er einer ist, der sich wirklich massiv einsetzt, dass auch die Ausgleichszahlungen, Leistungsabgeltungen auch angepasst werden – zumindest soweit es Österreich in der Hand hat. Denn das ist auch eine wesentliche Voraussetzung, so wie in allen anderen Bereichen, wo es jetzt derzeit gerade Lohnverhandlungen gibt oder in der Wirtschaft, wo es Preisgestaltungen gibt ... man muss auch der Landwirtschaft für das, was sie tut, auch ihre gerechte Entschädigung zukommen lassen – auch bei jenen Dingen, die sich nicht im Produktionswert unbedingt abbilden lassen und das tut er. (Beifall bei der ÖVP.) Zu dem Grünen Bericht an sich: Ja, es ist einige Male schon betont worden ... der war im Jahr 2022 gesehen ganz passabel. Wir sind sehr froh darüber. So Jahre tun auch einmal gut. Aber man darf sich nicht täuschen lassen und – wie es eh schon von einem Vorredner angesprochen wurde – man muss sich da immer mehrere Jahre anschauen – fünf Jahre, zehn Jahre – wie sich die Landwirtschaft entwickelt. Es stimmt, dass natürlich ein gewisser Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe da ist und ich bin überzeugt davon, dass jene, die in der Land- und Forstwirtschaft tätig sind und auch Bauern bleiben wollen, sich mit aller Kraft – wie es auch gesagt wurde – mit weit mehr als 30, 40 Stunden in der Woche anstrengen, um ihre Betriebe fortführen zu können, um eine optimale Produktion durchzuführen. Wir haben 37.453 land- und forstwirtschaftliche Betriebe, 6.000 davon sind – 6.076 genau – ein bisschen über 20 % sind Biobetriebe. Die Biofläche in Niederösterreich ist ein Drittel von Gesamtösterreich. Also das sind schon sehr interessante Zahlen und die Agrarproduktion – die niederösterreichische – hätte für eine Ernährung von über 7,3 Millionen Menschen gereicht. Also wir könnten von Niederösterreich aus fast ganz Österreich z. B. ernähren, nur von Niederösterreich aus alleine. Aber wir müssen unserer Land- und Forstwirtschaft auch – und auch das geht aus diesen Statistiken wieder hervor – auch die nötigen Produktionsmöglichkeiten erwachsen lassen. Denn wir wissen schon, dass wir von guten Lebensmitteln reden, die in Österreich produziert werden, aber wir reden vom Einzelhandel. Wir reden von den Handelsketten. Aber wir dürfen auch eines nicht übersehen: Dass sehr oft in den Handelsketten natürlich gesagt wird, Österreich muss eine gute Produktion haben. Am liebsten sollte kein Pflanzenschutz mehr eingesetzt werden, keine Düngung, alles nur mehr auf biologisch oder sehr naturnah. Auf der anderen Seite aber müssen wir mit Produkten konkurrenzieren, die aus dem Ausland kommen – sei es aus der Europäischen Union oder darüber hinaus – und die zu ganz anderen Standards produziert wurden und die weit billiger dann im Laden zu haben sind. Das ist das große Problem, das wir haben. Wir müssen der Landwirtschaft die Möglichkeit eröffnen, dass wir praktisch mit gleichen Waffen kämpfen können, mit gleichen Möglichkeiten – schon einen ordentlichen Standard, aber nicht überreguliert – dass sie so unter die Räder kommt. Wir brauchen jetzt nur – weil die tierische Produktion und das Rindfleisch aus Übersee angesprochen wurde – so weit brauchen wir gar nicht schauen. Wir kommen jetzt demnächst in die „Ganslzeit“ und es wird jetzt so sein, dass sehr, sehr viele Gänse aus Ungarn bei uns in den Gastronomien verspeist werden. Warum? Weil sie ganz einfach billiger sind und das kann es nicht sein. Hier müssen wir entgegenwirken. Wir müssen in der Politik Rahmenbedingungen setzen, dass die Land- und Forstwirtschaft in Österreich, in Niederösterreich, wettbewerbsfähig mit anderen Land- und Forstwirtschaften produzieren kann. Wenn unsere Standards höher sind, dann ist auch eine wesentliche Voraussetzung, dass wir im Handel, wo es eh schon durchgesetzt wurde, aber auch in der Gastronomie eine Herkunftskennzeichnung verlangen oder auch in den vielen Kantinen, wo es jetzt auch schon beschlossen wurde. Und warum ist man da so dagegen? Weil es halt in der Praxis ein bisschen anders aussieht und das ist das Wesentliche: Wenn ich österreichische Qualität haben will, österreichische Standards verlange, dann müssen diese Produkte auch in Österreich, auch im Handel, in der Gastronomie Standard sein. Ein ganz wesentlicher Punkt, dass wir diesen Standard erfüllen, ist natürlich auch, dass wir das kennzeichnen, nicht nur jetzt in der Lebensmittelkennzeichnung, sondern auch mit dem AMA-Gütesiegel. Denn das AMA-Gütesiegel ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir auch dem Konsumenten transparent machen können: Diese Produkte kommen ausschließlich aus Österreich. Der gesamte Rohstoff kommt aus Österreich. Und wenn ein großes Plus jetzt beim Einkommen voransteht, so müssen wir schon sehr klar sagen: Es sind auch die Produktionsmittel, die Betriebsmittel um einiges teurer geworden und es ist immer so: Hohe Preise sind da, um wieder zu verschwinden, wenn sich die Marktlage ändert. Aber meistens sind hohe Betriebsmittel da, um zu bleiben. Da tut man sich ganz, ganz schwer hier wieder zu Reduktionen zu kommen, was natürlich die Situation auch wieder verschärft. Ja, es ist wichtig, dass wir in der Agrarstruktur vieles machen. Wir haben sehr viele Kilometer Güterwege – wurde angesprochen. Da setzt sich unser Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf massiv dafür auch immer wieder ein. Aber ich möchte Sie auch ersuchen, im gesellschaftlichen Diskurs, im Miteinander, wenn schon gesprochen wurde das sind die „Adern“ unseres ländlichen Raumes – die Güterwege – dass es auch zu einem sinnvollen Miteinander kommt und dass man Radwege z. B. und Güterwege auf einem sinnvollen Miteinander bearbeiten und bewirtschaften und befahren, benützen kann, um es so zu sagen und dass auch hier eine gewisse Rücksicht von der Gesellschaft auch für Erntearbeiten oder dergleichen auch immer genommen wird. Wir müssen uns versuchen auch in Zeiten des Klimawandels, dass wir in die Bewässerung investieren und dem Erosionsschutz auch eine Chance geben. Ich glaube, alles in allem sind wir auf einem guten Weg mit der Landwirtschaft, um unsere Betriebe zu unterstützen und wenn angesprochen wurde, sie müssen sich weiterbilden, die Digitalisierung voranschreiten, so ist die Kammer ein Garant dafür. Ich denke jetzt nur an das Landtechnikzentrum in Mold, wo hier vieles auch in Richtung Digitalisierung praktiziert wird, geforscht wird, beraten wird und dann mit den Bäuerinnen und Bauern auch umgesetzt wird. Ich denke, diesen Bericht ... oder ich freue mich, dass sehr viele positiv darüber gesprochen haben und die Zustimmung signalisiert haben. Wir werden diesem Bericht natürlich selbstverständlich auch unsere Zustimmung geben, aber ich bitte Sie, dass Sie der Landwirtschaft auch in Zukunft eine Chance geben – oder vielleicht auch vermehrt und mit mehr Schulterschluss – eine Chance geben, dass sie in der Produktion, vor allem auch mit den Produktionsart und –weisen vernünftig aber doch Schritt halten können mit der Konkurrenz. Dann werden wir auch in eine gute Zukunft gehen. Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)
Dritte Präsidentin Prischl: Die Rednerliste ist nun erschöpft.
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