Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-192/B-52-2023 – NÖ Sozialbericht 2022
Berichterstatterin
Redner
- Edith Kollermann (NEOS) Tagesordnungspunkt 14 Video und Sitzungsbericht
- Silvia Moser (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 14 Video und Sitzungsbericht
- Karin Scheele (SPÖ) Tagesordnungspunkt 14 Video und Sitzungsbericht – mit Resolutionsantrag
- Edith Mühlberghuber (FPÖ) Tagesordnungspunkt 14 Video und Sitzungsbericht
- Anton Erber (ÖVP) Tagesordnungspunkt 14 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, FPÖ, SPÖ, NEOS, Ablehnung GRÜNE
Resolutionsantrag Abg. Mag. Scheele betreffend Erhöhung des Heizkostenzuschusses auf € 300,-- abgelehnt: Zustimmung SPÖ, GRÜNE, Ablehnung ÖVP, FPÖ, NEOS
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Dritte Präsidentin Prischl: Wir kommen zum Verhandlungsgegenstand Ltg.-192, Bericht der Landesregierung betreffend NÖ Sozialbericht 2022. Ich ersuche Frau Abgeordnete Schmidl die Verhandlungen einzuleiten, bittesehr.
Berichterstatterin Abg. Schmidl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Landesregierung! Ich berichte zum Sozialbericht 2022. Der Sozialbericht 2022 enthält die Gesamtheit der für das niederösterreichische Sozialwesen relevanten Zahlen, Daten und Fakten und auch eine Darstellung der Daten betreffend stationärer Pflege in Niederösterreich und Betreuungszentren. Ich stelle daher den Antrag des Sozial-Ausschusses über den Bericht der Landesregierung betreffend NÖ Sozialbericht 2022 (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Der NÖ Sozialbericht 2022 wird zur Kenntnis genommen.“
Frau Präsidentin, ich bitte um Einleitung der Debatte und darüber abzustimmen.
Dritte Präsidentin Prischl: Ich danke für die Berichterstattung und eröffne hiermit die Debatte. Zum Wort gelangt die Frau Abgeordnete Edith Kollermann von den NEOS, bittesehr.
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Der jährliche Sozialbericht unterfüttert einen wesentlichen Teil unseres Landesbudgets mit Tätigkeitsbeschreibungen und mit Zahlen und das ist notwendig und das ist gut. Denn hinter rohen Zahlen stehen Menschen, stehen ihre Bedürfnisse, stehen ihre Lebenssituationen. Wie jedes Jahr gehen wir hier im Hohen Haus auch diesen Bericht durch und greifen auch das ein oder andere Thema speziell hervor: Die Sozialhilfe, die Pflege, soziale Dienste, Menschen mit Behinderung, psychischer Beeinträchtigung und noch ein paar Kapitel mehr, aber die sind vom Hauptteil einmal. Es ist unser aller klares Bekenntnis zum österreichischen Sozialstaat, dass Menschen in schwierigen Lebenssituationen Hilfe durch die Gesellschaft erfahren. Natürlich müssen wir uns dabei auch die Frage stellen immer: Werden die Mittel so eingesetzt, dass sie die bestmögliche Wirkung erzielen können? Ich möchte heute zwei Bereiche herausgreifen. Das eine ist – erwartungsgemäß wahrscheinlich – die Pflege und das Zweite ist die Hilfe für Menschen mit Behinderung. Man hat auf Basis dieses Berichts den Eindruck, dass ein Auftrag Reformen zu kommunizieren ... also Verbesserungen zu kommunizieren ... ob das jetzt große Reformen sind oder auch kleine Schritte, dass das gar nicht der Auftrag ist in diesem Bericht das darzustellen, oder dass es kein Anliegen gibt, darüber zu berichten. In der Pflege – ein Bereich, den wir seit langem auch mit Sorge betrachten ... immer wieder mit Freude, was doch funktioniert, aber doch auch mit Sorge, wie es weitergeht – wird die Entwicklung des Budgets ... also gegenüber in einer Zeitreihe seit 2010 angeführt ... ist eine Zunahme der Kosten um 52 % oder der Bettenzahlen einer Zunahme um 18 % aufgelistet ... eine Absicht auch dargestellt zum Ausbau der Tagespflege und der Übergangspflege, wobei man sagen muss, dass das von einem sehr, sehr niedrigen Niveau startet. Zum Beispiel, wenn man sich das anschaut, was wir in den ersten Monaten gesehen haben, was die neu zusammengesetzte Landesregierung hier an Vorhaben hat, dann sind große Reformen nicht am Plan, sondern es wird eher mit Geld zugeschüttet, was als Symptom auftaucht. Also ich erinnere an den Pflegetausender. So erfreulich das für den Einzelnen auch ist, es wird leider gar nichts daran ändern, dass wir ein strukturelles Problem in der Pflege haben und es wird dann, wenn das Geld aufgebraucht ist, danach nicht eine verbesserte Struktur hinterlassen sein. Es wird die Angehörigen kurz entlasten und dann ist es das schon wieder gewesen. Also gerade, wenn ich dieses Geld in den Aufbau einer wirklichen Übergangspflege, Kurzzeitpflege bringe, sodass gerade pflegende Angehörige auch die Chance haben sich eine Erholungszeit zu leisten und zwar nicht mit diesen minimalen Unterstützungen, wie sie derzeit angeboten werden, dann wäre da schon ein großer Schritt getan, dass ich sage, um auch diese Personengruppe wertzuschätzen, die so eine wertvolle Arbeit macht und so eine anstrengende Arbeit macht. Die Fortführung des Altbekannten vermittelt so eine Scheinsicherheit. So ... das, was wir kennen, das wird weiter so gemacht und dann wird das schon irgendwie gehen. Das ist deshalb eine Scheinsicherheit, weil die Dimension zu groß ist. Die Entwicklung der Bevölkerungsgruppe, die in Pension kommt in den nächsten Jahren, irgendwann womöglich Pflege benötigt, ist eine immer größere. Das ist aufgrund der demographischen Entwicklung klar. Das sind die Babyboomer, die bis in das Jahr 64 gehen – also 55 bis 64. Das heißt, das kommt alles in den nächsten Jahren einmal ins Pensionssystem und irgendwann womöglich in die Pflege. Dem gegenüber stehen Generationen mit einem niedrigeren Anteil von Personen und aber einem gestiegenen Bedarf an Pflegekräften. Das heißt, das geht sich in den nächsten Jahren nicht aus, wenn wir das nur linear nach vor drehen, dass wir sagen: Jetzt haben wir so viele Pflegebetten und Pflegebedürftige und dann werden wir so viele haben, wenn wir das nur hochrechnen. Echte soziale Vorsorge schaut anders aus. Echte soziale Vorsorge schaut auf die Gesundheitsprävention. Das heißt, wir müssen eine höhere Anzahl gesunder Lebensjahre schaffen und wir wären ja da nicht die, die da weit nach vorne laufen müssen gegenüber anderen Ländern, weil wir schon im OECD-Schnitt hinten nach sind mit unseren 57 Lebensjahren, mit unseren 57 gesunden Lebensjahren und die Skandinavier liegen bei 70 und mehr gesunden Lebensjahren. Das heißt, das ist ja ein Auftrag an uns hier die Bedingungen so zu schaffen, dass wir da mittel- und langfristig zu einem besseren Wert kommen. Prävention in allen Bereichen, natürlich aber auch innovative Konzepte in der Pflege. Ich habe letzte Woche auch die Gelegenheit wieder gehabt mit Pflegekräften zu sprechen, die auf selbständiger Basis tätig sind. Das heißt nicht, dass jetzt alle Pflegekräfte in dieser Form, in dem Setting arbeiten müssen, aber die Besonderheit ist, dass diese Pflegekräfte ihre Selbstbestimmtheit für sich selbst so identifizieren auch können, dass sie nicht so schnell ausbrennen. Nur steht denen ... z. B. den Pflegebedürftigen, die die selbständigen Pflegekräfte in Anspruch nehmen ... steht nicht die gleiche Förderung zur Verfügung, die jene in den großen Organisationen abgebildet werden. Wohingegen die großen Organisationen ... denen fehlen die Pflegekräfte, weil dort wird das alles durchgetaktet und es ist insgesamt halt eine aufwendige Sache, die Personen auch zu finden und zu halten vor allem. Sie haben gar nicht mehr die Möglichkeit weitere Klientinnen und Klienten anzunehmen und andere werden aber nicht in der Form gefördert und das ist auch ein soziales Thema. Wer kann sich das leisten auch eine qualifizierte Pflegekraft für seine Angehörigen oder für sich selbst in Anspruch zu nehmen? Wir müssen ein bisschen weg von dieser „der Vater Staat wird’s schon richten“- Mentalität. Es gibt schon auch so etwas wie Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Das heißt, die Menschen sind ja interessiert daran, etwas Eigenes auch auf die Beine zu stellen. Nicht, weil es billiger wäre, sondern weil es dem Streben des Menschen nach Glück näher ist und weil es die Würde des Menschen berücksichtigt. Und das betrifft ganz besonders auch den zweiten Bereich, den ich herausgreifen möchte – die Menschen mit Behinderung. Das ist ja eine sehr inhomogene Gruppe. Das ist ja nicht so, dass die Bedürfnisse der Menschen, die dieser Gruppe zugehörig sind, dass die alle gleich sind. Natürlich braucht es Behinderteneinrichtungen, braucht es bestimmte Unterstützungsmaßnahmen für einen nicht unerheblichen Teil, aber es gibt auch einige Menschen, die sehr wohl in der Lage sind und das auch gerne möchten, mehr am Arbeitsmarkt teilzunehmen. Für diese bräuchte man auch bessere Überlegungen wie man sie stärker fördern kann, sodass sie eine faire Chance haben ihre Fähigkeiten zu entwickeln und auch einzubringen. Ich wünsche mir in Zukunft von diesem Sozialbericht mehr Informationen darüber, welche Erfolge erzielt worden sind? Was ist gut gegangen? Wo wird noch mehr gebraucht? Also das ein bisschen stärker hervorzuheben als nur die reine Dokumentation dessen, was an Tätigkeiten erledigt wurde. Ich bin davon überzeugt, dass sehr gute Arbeit geleistet wird in den Einrichtungen, die hier auch beschrieben sind und richte auch meinen Dank an die Beschäftigten in all diesen Einrichtungen und an die Berichtersteller und wir werden auch den vorliegenden Bericht gerne zur Kenntnis nehmen. Dankeschön. (Beifall bei den NEOS.)
Dritte Präsidentin Prischl: Als Nächste zu Wort gemeldet die Frau Abgeordnete Silvia Moser von den GRÜNEN, bitteschön.
Abg. Mag. Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Landesrätin! Hohes Haus! Ich kann meiner Vorrednerin nur zustimmen. Der Sozialbericht gibt grundsätzlich einen sehr guten Überblick über die Sozialleistungen. Ich möchte mich auch bei den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diesen Bericht herzlich bedanken. Trotzdem werden wir diesem Bericht nicht zustimmen – aus politischen Gründen. Denn politisch gesehen ist dieser Sozialbericht fad. Man bekommt das Gefühl, es bewegt sich gar nichts. Ich beschäftige mich schon wirklich einige Jahre – Toni, du weißt es – sehr genau mit diesen Berichten und ich stelle jedes Jahr eigentlich das gleiche fest. Ich greife jetzt ein paar Themen ganz kurz heraus: Die restriktive Sozialhilfe, Stichwort „Wohnbedarf“, zwingende Sachleistung. Da gibt es einige Förderungen, die sind seit fast 20 Jahren gleich – z. B. Notruftelefon, Adaptierung Kfz, Umbauten bei Wohnungen, für Gemeinden zur Anstellung von pflegerischen Hilfskräften und auch die mobilen Hospizteams erhalten seit Jahren gleich hohe Subventionen. Das kann es ja nicht sein. Dann haben wir den restriktiven Zugang zur persönlichen Assistenz. Jetzt gibt es das Angebot von einheitlichen Rahmenbedingungen für persönliche Assistenz mit großzügigen Budgetmitteln vom Bund – 100 Millionen in Summe sind das. Niederösterreich verweigert. So. Großen Nachholbedarf gibt es auch bei der Inklusion von Kindern mit Behinderung oder Verhaltensauffälligkeiten in Kindergärten und Schulen – habe ich hier auch schon ein paar Mal gesagt. Es kommt einem vor, hier bewegt sich gar nichts Wesentliches. Schwierige Kinder werden nicht entsprechend integriert. Sie haben oft nur kurze Anwesenheitszeiten im Kindergarten. Zwei Stunden am Tag oder gar nur drei Tage in der Woche eineinhalb Stunden, müssen bei Kleinigkeiten überhaupt zu Hause bleiben, von Nachmittags- und Ferienbetreuung in einigen Fällen ist überhaupt nicht die Rede. Man muss ja an die betroffenen Familien denken. Die fühlen sich echt als Bittsteller und alleingelassen. Sie rennen von Pontius zu Pilatus – sprichwörtlich – und bleiben trotzdem auf der Strecke. Dann gehen wir weiter zu den Palliativbetten an den Kliniken, weil das auch Thema ist im Sozialbericht. Die Zahl ist für mich nicht nachvollziehbar, vielleicht ein Rechenfehler. Mindestens aber fehlen 30 Betten, wenn man den regionalen Strukturplan Teil 1 ernst nimmt. 83 sollen es sein und ich kann auch keine Perspektive erkennen, dass bis 2025 dieses erfüllt werden könnte. Vorsorgedialog 18 von 105 Einrichtungen – auch bescheiden. Das sind jetzt ein paar kleine Bereiche gewesen. Ich möchte mich zwei Bereichen ein bisschen ausführlicher widmen, wo es meiner Meinung nach einen dringenden Handlungsbedarf gibt. Das ist einmal die Zahl der armutsgefährdeten Personen. Die ist wieder gestiegen auf 14,8 % der Bevölkerung, und wir haben es alle gehört – vorgestern, glaube ich, war es – die Ergebnisse der WIFO-Studie, wo es vor allem große Unterschiede gibt zwischen Haushalten mit Kindern und ohne Kinder und jüngeren und älteren Haushalten. Und das muss uns schon zu denken geben, dass die Kinderarmut und die Armut der „jüngeren“ Haushalte deutlich größer geworden sind. In dem Zusammenhang auch von der Caritas die Information, dass die Sozialberatungen um 50 % angestiegen sind. Jetzt konnten die Auswirkungen der Teuerung der letzten zwei Jahre zum Teil durch Hilfen wie Einmalzahlungen abgefedert werden. Auch ganz wichtig die Valorisierung der Sozialleistungen. Dennoch sehe ich hier wirklich einen großen Handlungsbedarf. Ich bin ja sehr in gutem Austausch und Kontakt mit Sozialarbeiterinnen, die wirklich an der Basis arbeitet. Und was sie sagen und was ihnen am meisten Probleme macht ... dass es fast unmöglich ist, einmalige Aushilfen zu bekommen, wenn jetzt finanzielle Not da ist, der berühmte Kühlschrank oder Waschmaschine, die kaputtgehen. Früher war das möglich. Da konnte man z. B. im Rahmen von Einzelfallhilfen, von Hilfen in besonderen Lebenslagen auch mit Zuschüssen von verschiedenen Vereinen wie Lions, Kiwanis etc. oder durch Zusatzleistungen aus der Sozialhilfe in besonderen Härtefällen leichter an solche Einmalhilfen kommen. Das ist momentan kaum mehr möglich, weil die alle am Limit sind. Es braucht eine Reform der Sozialhilfe. Die Richtsätze sind zu niedrig und die restriktive Umsetzung in Niederösterreich gehört auch einmal gelockert. Einzelfallhilfen müssen wieder notwendig sein. Das ist für mich ganz etwas Wichtiges. Und der Zugang zu Leistungen aus der Sozialhilfe muss auch österreichweit einheitlich sein. Auch ich komme noch einmal kurz zum Bereich Pflege. Wenn man den Bericht ein bisschen querliest, dann fällt Folgendes auf: Es gibt eine deutliche Zunahme der Menschen 60plus. Ja, das wissen wir alle. Es gibt einen Anstieg der Pflegegeldbezieherinnen – laut Bericht – von 807 Personen. Und dem gegenüber stehen aber bei den mobilen Diensten 250 Mitarbeiterinnen weniger, 4 Sozialstationen weniger. Das heißt, monatlich durchschnittlich um 380 betreute Personen oder 260.000 Einsatzstunden weniger. Essen auf Räder – erneut ein Rückgang um 18.000 Portionen. Deutlicher Rückgang beim Notruftelefon um 1.500. Die Devise „mobil vor stationär“ ist mit dieser Entwicklung einfach nicht umsetzbar. Dann haben wir die Pflegeheime – wissen wir auch – über 10.000 Betten. Pflegeplatz ist schwer zu bekommen. Viele Pflegebetten können nicht belegt werden – wissen wir auch. Es bleibt immer mehr an den Familien hängen und ich sage es hier zum wiederholten Male: Wir brauchen mehr Tagespflegeplätze. Wir brauchen mehr Übergangspflegeplätze und wir brauchen mehr Kurzzeitpflegeplätze. Wir brauchen mehr mobile Ergo- und Physiotherapeutinnen, und wir brauchen flächendeckend Community Nurses zur direkten Unterstützung der Familien. Ich sage es einmal so: Die Versäumnisse der letzten Jahre und Jahrzehnte rächen sich halt jetzt. Aber die demographische Entwicklung und auch die Entwicklung der Personalentwicklung und die Altersstruktur in den medizinischen und Pflegeberufen ... das ist keine Überraschung. Das war absehbar. Ich ärgere mich noch immer maßlos darüber, dass wir – obwohl wir das gewusst haben – noch vor ein paar Jahren Ausbildungsplätze in der Pflege gestrichen haben, Krankenpflegeschulen großzügig geschlossen haben, obwohl wir diese Entwicklung schon vorhersehen konnten. Eines möchte ich auch noch heute sagen: Zusätzlich wird von der FPÖ eine derart ausländerfeindliche Stimmung produziert, dass das Pflegepersonal, das gerne zuwandern mag, nach Österreich lieber nicht kommt, sondern vielleicht nach Deutschland oder in die Schweiz oder sonst wo hingeht. Wenn es aber dann darauf ankommt, dann bin ich sicher, dass auch ihr, Kolleginnen und Kollegen der FPÖ, dankbar eine ausländische Pflegekraft aufnehmt, bevor eure Angehörigen ohne Pflege und Betreuung dastehen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Eines möchte ich auch noch ausdrücklich feststellen: Es hilft auch niemandem, diesen Bereich noch mehr krankzujammern und in Grund und Boden zu jammern. Ich hatte vor kurzem ein Gespräch mit zwei Pflegepersonen, die glücklich sind in ihrem Beruf und die sagen: „Wir möchten jetzt endlich, dass Ruhe ist mit diesem Krankjammern von unserem Beruf. Das Schlechtreden tut uns nichts Gutes, das hält Menschen ab in den Beruf zu gehen. Der Großteil des Pflegepersonals arbeitet gern im Beruf, empfindet hohe Zufriedenheit und hohe Sinnhaftigkeit im Beruf.“ Und – auch nichts Neues – die Rahmenbedingungen sind ausschlaggebend. Das gehört verbessert und hier passiert zu wenig. Der zusätzliche Nachtdienst, der jetzt in manchen Pflege- und Betreuungszentren eingeführt wird ... ja, das ist ein erster Schritt, das begrüße ich sehr, ist aber zu wenig. Ich habe hier wiederholte Male Maßnahmen vorgeschlagen. Das mache ich heute nicht. Das ist bekannt. Ich warte geduldig oder ungeduldig auf weitere Aktivitäten und möchte das auch im nächsten Bericht gerne nachlesen. Dankeschön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Dritte Präsidentin Prischl: Als Nächste zu Wort gemeldet die Frau Abgeordnete Karin Scheele, SPÖ, bitteschön.
Abg. Mag. Scheele (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Landesrätin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Vorweg: Meine Fraktion stimmt dem Bericht zu. Aber nicht, weil wir finden, dass die Sozialpolitik schon den Plafond vom Besten des Besten in Niederösterreich erreicht hat, sondern weil ich finde, dass der Bericht ja nur berichten kann, welche Politik und welche Aktivitäten wir setzen. Ich finde ihn sehr umfangreich, auch nicht fad und sage selbstkritisch: Auch wichtige Beiträge von uns sind nicht immer prickelnd und super interessant. Ich möchte auf zwei Punkte des Sozialberichtes unserer Sozialpolitik eingehen. Der Erste ist – wenig überraschend – die Pflege. Genau wie in den anderen Bereichen, glaube ich, müssen wir hier ein „Dankeschön“ an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ganz Niederösterreich sagen, die unter sehr schwierigen Bedingungen noch immer sehr gerne und gut diesen wichtigen Beruf ausüben. (Beifall bei der SPÖ.) Auf der Seite 32/33 wird unter Punkt 3.4. des Sozialberichtes die Herausforderung „Fachkräftemangel“ beschrieben, auch darüber geschrieben, welche Schritte man in der Ausbildung setzen muss. Was mit keinem Wort genannt wird und was ich für falsch finde ist, dass wir zugeben, dass wir ausgebildete, engagierte Männer und Frauen aus dem Gesundheitsbereich, aus der Pflege in andere Bereiche verlieren und hier müssen wir ganz klar Schritte setzen, das Problem ernst nehmen und die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in diesem Bereich massiv verbessern. (Beifall bei der SPÖ.) Vor einigen Tagen hat die Arbeiterkammer NÖ die Befragung von Mitarbeitern im Gesundheits- und Pflegepersonal vorgestellt und so wie von einigen Rednerinnen vor mir und vor mir skizziert, ist es der Punkt, dass ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagiert ist, die Sinnhaftigkeit ihres Berufs sieht, die Dankbarkeit der Patientinnen und Patienten schätzt, und auf der anderen Seite wissen wir von dieser Befragung, dass jeder oder jede vierte zumindest einmal in der Woche darüber nachdenkt, den Beruf zu wechseln. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, da können wir nichts schönreden, nicht sagen, wir haben eine niedrige Fluktuation. Hier muss man das Problem ernst nehmen und ganz klare Schritte setzen beim Bereich der Bezahlung und vor allem auch beim Bereich der Bedingungen, der Arbeitsbedingungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Beifall bei der SPÖ.) Den zweiten Punkt, den ich ansprechen möchte, ist der Punkt der Energiearmut und der Punkt des Heizkostenzuschusses. Ich gehe davon aus, dass es euch in euren Gemeinden genauso geht wie mir, dass ich seit Wochen darauf angesprochen werde, wann denn endlich der Heizkostenzuschuss in Niederösterreich beschlossen wird. Auch manche Bürgerbüros in unseren Gemeindeämtern wenden sich an uns und deswegen kommt jetzt der Antrag, wo ich mir vorstellen kann, dass der auch einstimmig durchgeht. Es geht um den Heizkostenzuschuss in der Höhe von 300 Euro. Ich glaube, dass Menschen, die an Energiearmut leiden, Sicherheit brauchen. Ich glaube nicht, dass wir komische Argumente, die wir hier schon gehört haben ... bis jetzt war es eh nicht so kalt, darum schauen wir im Frühjahr, ob es einen Heizkostenzuschuss gibt ... nicht wiederholen müssen. Deswegen komme ich zum Antrag (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, für die Heizsaison 2023/24 einen Heizkostenzuschuss zu beschließen sowie den auszuzahlenden Betrag auf 300 Euro zu erhöhen.“
(Beifall bei der SPÖ.) Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Danke für eure Aufmerksamkeit und ich hoffe auf die Zustimmung, dass wir Klarheit an Information und Sicherheit für die Menschen haben, dass es auch heuer in Niederösterreich den Heizkostenzuschuss geben wird. Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
Dritte Präsidentin Prischl: Als Nächste zu Wort gemeldet die Frau Abgeordnete Edith Mühlberghuber von der FPÖ, bitteschön.
Abg. Mühlberghuber(FPÖ): Vielen Dank, Frau Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Hoher Landtag! So wie meine Vorredner schon gesagt haben: Der vorliegende Sozialbericht ist ausführlich und detailliert ausgearbeitet. Er gibt uns gutes Datenmaterial und einen guten Überblick über das soziale Netz in Niederösterreich. Aus dem Bericht geht deutlich hervor, dass im Land NÖ rund die Hälfte aller Mittel des Landesbudgets für das Gesundheitssystem und das soziale Netz ausgegeben wird. Sichtbar ist auch – laut dem Bericht – dass die Menschen immer älter werden. Dazu kommt, dass 67 % der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher alleine oder in einem Zwei-Personen-Haushalt leben und 33 % leben in einem Drei-, Vier- oder Fünf-Personen-Haushalt, sprich in einem Familienverband mit Kindern. Was heißt das für die Zukunft? Der Bereich Pflege und Betreuung muss in Zukunft noch mehr in den Fokus gerückt werden. Insbesondere spreche ich da hier die Tagespflege oder die Tagesbetreuung an. Die Tagespflege ist nämlich eine enorm wichtige Einrichtung. Dieses Angebot wird sehr gerne von den Älteren angenommen und deshalb muss es auch in Zukunft auch mehr Betreuungsplätze geben und es wird es auch mehr brauchen. Genau in diesem Punkt bin ich froh, dass wir den verstärkten Ausbau der Tagesstätten im Arbeitsübereinkommen bereits vereinbart haben. Wie bereits angesprochen, ist aufgrund der demographischen Entwicklung ein Ausbau der Tagesbetreuung dringend notwendig. Sie ist ein Angebot für ältere Menschen, die weiterhin in ihrem vertrauten Umfeld bleiben möchten und bleiben können und jedoch tagsüber eine psychosoziale Betreuung und Basispflege oder Unterstützung in ihrer Lebensgestaltung eben dann brauchen. Betreuende Angehörige werden so in ihrer Tätigkeit ebenfalls entlastet. Zu den Grundleistungen der Tageszentren gehört z. B. – um nur einige zu nennen: Stärkung und Förderung der motorischen und sozialen Ressourcen, gemeinsame Verrichtungen von Alltagstätigkeiten, Beschäftigung mit Lebensgeschichte des älteren Menschen, Hilfestellung bei der Alltagsbewältigung, Aufrechterhaltung der geistigen Fitness, aber auch geselliges Beisammensein tut den Älteren gut. Und da sieht man hier, die Tagesbetreuung bietet unserer älteren Generation ein umfangreiches Programm. Tagsüber sind die Senioren gut betreut und abends wieder in ihrem vertrauten Zuhause bei ihren Familien. Gleichzeitig haben Angehörige die Möglichkeit einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Insgesamt werden ja 80 % der älteren Menschen zu Hause in den Familien betreut und gepflegt und bekanntlich sind es ja vor allem Frauen, die ihre Angehörigen betreuen. Nun wird ja ab nächstem Jahr – das wissen ja sehr viele von uns oder das sollten eigentlich alles wissen – wird ja das Pensionsantrittsalter von 60 auf 65 angehoben. Hier entsteht da eine Lücke von fünf Jahren für diese Frauen, die die Angehörigen zu Hause betreuen. Daher brauchen wir da eine Betreuungseinrichtung eben für Angehörige, damit sie ihrem Beruf auch wirklich bis zur Pension nachgehen können. Ich kenne einige aus meinem Bekanntenbereich, aus meinem Umfeld ... die Frauen müssen ab nächstem Jahr immer um ein halbes Jahr länger arbeiten gehen, gleichzeitig werden aber die Angehörigen zum Betreuen, nicht nur zur Pflege, sondern zum Betreuen und da heißt es: Jetzt muss ich länger arbeiten gehen, ich brauche tagsüber für meine Mutter oder für meinen Schwiegervater eine Betreuung. Ich kann ihn nicht mehr zu Hause alleine lassen, weil das einfach nicht mehr möglich ist. Er braucht tagsüber Ansprechpersonen. Er braucht einfach ein geselliges Zusammensein. Das tut den Älteren sehr gut. Daher finde ich, dass es sinnvoll und notwendig ist, die Tagesstätten verstärkt auszubauen. Nun möchte ich noch ein paar Zahlen zur Sozialhilfe anführen und dazu gibt es die Tabelle über Bezieher von Sozialhilfe, Ausführungsgesetzleistungen im Jahr 2022. Da gibt es einen sehr guten Überblick. Danach bezogen 14.093 Personen 2022 Leistungen. Insgesamt wurden dafür finanzielle Mittel in der Höhe von fast 49 Millionen aufgewendet. Diese Tabelle im Bericht zeigt eben die Einteilung von den Personen. Es ist eingegliedert in Männer, Frauen und Kinder und da möchte ich die Zahlen natürlich auch sagen dazu: 5.954 Frauen, 4.362 Kinder und 3.777 Männer bezogen Leistungen der Sozialhilfe. Diese Zahlen zeigen uns: Armut ist vorwiegend weiblich. Hier geht es nicht mehr um nur armutsgefährdet, sondern hier geht es tatsächlich um Armut. Von dem gesamten Aufwand von den fast 49 Millionen Euro fällt ein Viertel – das sind 12,8 Millionen – an Asylberechtigte. Auffallend ist die Rubrik der Bezirksverwaltungsbehörde. Alleine das Magistrat St. Pölten hatte Aufwendungen in der Sozialhilfe über 5,6 Millionen Euro und davon gingen an Asylberechtigte über 3,2 Millionen. Das sind 57 %. Also 57 % der Sozialhilfe geht in St. Pölten-Stadt an Asylberechtigte. Wie ich anfangs schon erwähnt habe: Der Bericht gibt uns bedeutende Information. In diesem Sinne bedanke ich mich für den vorliegenden Sozialbericht und das gute Datenmaterial. Wir werden dem Bericht zustimmen und ihn zur Kenntnis nehmen. Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
Dritte Präsidentin Prischl: Zu Wort gemeldet der Herr Abgeordnete Anton Erber von der ÖVP, bittesehr.
Abg. Erber, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Liebe Mitglieder der Landesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einmal mit etwas Gutem beginnen und zwar das auch ausgeführt ist: Wir haben um 2 % mehr Beschäftigte als im Jahr zuvor und jetzt möchte ich auch an eines anschließen und zwar: Ich möchte jetzt einmal ein dickes „Danke“ sagen und zwar an all jene, die auch hier Anteil nehmen. Jetzt wurde schon gesagt, jene, die Pflege und Betreuung und soziale Leistungen erbringen und die haben ja tatsächlich Großartiges geleistet – das kann ich nur unterstreichen – in ganz schwierigen Zeiten. Wenn da jetzt gesagt wurde „mehr Bezahlung“ ... ja, wenn man mit ihnen spricht, was sie noch dringender brauchen sind Arbeitsbedingungen, die sich auch verändern, weil sehr oft ist es so, dass sie sich alleine fühlen und dass sie gerade bei Nachtdiensten sehr oft auch das Bedürfnis haben, dass sie mehr sind und sozusagen sich auch austauschen können. Ich möchte sagen, das ist kein fader Bericht, sondern es ist ein Bericht der Grundlagen schafft. Wie lebendig es ist, das muss die Politik machen. Ich glaube, da ist schon einiges passiert, das wir heute nicht unter den Tisch legen sollten und zwar Valorisierung aller Sozialleistungen. Das ist wirklich ein großer Schritt, der da gelungen ist. Ebenso 24-Stunden-Betreuung – noch gar nicht angesprochen – ein Riesenthema. Da würde vieles nicht funktionieren, hätten wir die nicht. Wir hatten zu Beginn des Jahres 550 Euro. Jetzt haben wir 800 Euro. Also das kann sich schon sehen lassen. Meine Vorrednerin hat hier die Sozialhilfe angesprochen. 14.000 hat sie gesagt und das ist richtig so für Niederösterreich. Nur, da ist ja ganz viel Bundesgeld drin und jetzt sage ich sehr direkt, was nicht geht, ist: Wir haben österreichweit 190.000 Sozialhilfeempfänger und davon schwache 140.000 in Wien. Das heißt, da müssen wir einfach hinschauen. Wenn jeder neunte Wiener von der Sozialhilfe lebt, wo das Bundesgeld da ist. Das heißt, da geht es um Milliardenbeträge. Jetzt möchte ich da gar nicht auseinanderdividieren, aber was wir brauchen ist ... und wir haben da schon vieles gemacht ... dass wir jene auch einladen, die sozusagen in der Sozialhilfe sind ... kommt zurück und dass wir ihnen diese Möglichkeiten auch bieten. Weil diese Wiener Entwicklung darf keine niederösterreichische und keine österreichische Entwicklung werden. Was ich noch dazusagen will, ist: Ein ganz, ganz herzliches „Danke“! Wir haben 52 % oder immer über 50 % im Sozialbudget, das jedes Jahr steigt und ich möchte mich auch bei jenen bedanken, die diese Sozialbudgets auch nähren. Wenn wir jetzt vor zwei Tagen in der „Presse“ gelesen haben, nur mehr 20 % sind Nettoeinzahler ins System und 80 % leben vom System und kriegen mehr heraus, dann möchte ich mich bei den 20 % bedanken, die dieses System am Leben halten. (Beifall bei der ÖVP und bei den NEOS.) Diese Sozialpolitik in Niederösterreich ist eine großartige Sache und aktuell hat das bewiesen die Soziallandesrätin mit dem Pflegescheck. 47.000 Menschen können unterstützt werden mit jeweils 1.000 Euro und 14.000 habe es schon beantragt und auch bekommen. Eine großartige Entwicklung in Niederösterreich, aber wir haben natürlich immer viel zu tun. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Dritte Präsidentin Prischl: Die Rednerliste ist erschöpft.
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