Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1937/A-8/48-2022 – Pflegenotstand beenden – Sicheres Pflegenetz für Niederösterreich!
Redner
- Erich Königsberger (FPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Anton Erber (ÖVP) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Edith Kollermann (NEOS) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Silvia Moser (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Jürgen Handler (FPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Karin Scheele (SPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Michaela Hinterholzer (ÖVP) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Ina Aigner (FPÖ) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
- Helga Krismer-Huber (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 2 Video und Sitzungsbericht
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Damit kommen wir zum ersten Antrag des Abgeordneten Königsberger „Pflegenotstand beenden – Sicheres Pflegenetz für Niederösterreich!“ und ich ersuche die dazu vorhandenen Meinungen darzulegen.
Abg. Königsberger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Pflegenotstand beenden – Sicheres Pflegenetz für Niederösterreich. Eine Aktuelle Stunde, die aktueller und dringlicher nicht sein könnte. Eine Aktuelle Stunde, wo wir zum x-ten Male auf die Missstände im Pflegebereich hinweisen. Und vor allem eine Aktuelle Stunde auf die endlich Taten und keine Schönwetterreden der ÖVP folgen müssen. Es ist wieder einmal typisch für unsere Landesschwarzen, dass sie jetzt – ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl – ihren Fokus auf die Pflege legen und man setzt halt – wie so üblich – ein paar „Wischiwaschi-Maßnahmen“, auf die ich später dann noch eingehen werde. Wir haben es ja heute vom Präsidenten schon gehört: Die ÖVP hat auch heute einen Antrag eingebracht zur Pflege. Warum da das Wort Antrag drauf steht, ist mir noch nicht ganz klar geworden. Das ist nämlich genauso eine „Wischiwaschi-Lektüre“, vier Seiten lang, die nichts aussagt. Aber ich werde auf die heute auch nicht eingehen. Die werden wir in der nächsten Landtagssitzung ja ausführlich diskutieren. Werte Kolleginnen und Kollegen, seit Jahren und lange schon vor Covid haben wir Freiheitliche uns hier im Hohen Haus die Stimmbänder heiser geredet. Seit Jahren haben wir auf diesen bestehenden Pflegenotstand, auf den kommenden Systemkollaps hingewiesen. Alleine in dieser Legislaturperiode haben wir dazu 15 Anträge eingebracht mit den notwendigen Lösungen – und alle diese Anträge sind an der schwarzen Betonmauer abgeprallt. Ja, sie wurden von der ÖVP zum Teil sogar in den Bereich des Populismus abgetan. Nein, es war nicht populistisch. Es war keine Angst- und Panikmache. Wir haben seit Jahren nur die Fakten dargelegt, seriöse Studien zitiert und wir haben seit Jahren die Nöte, die Ängste und Sorgen der Betroffenen im Bereich „Gesundheit“, „Soziales“, „Pflege- und Betreuung“ in Niederösterreich ernst genommen. Und das werden wir auch in Zukunft tun. Der von uns seit Jahren aufgezeigte Pflegenotstand ist nicht nur zum Systemkollaps geworden. Aufgrund der verfehlten Pflegepolitik in Bund und Land – jetzt spricht sogar die GPA in einer Resolution von einem Akutnotfall. Wenn ich da vor einer Woche in diversen Medien und Presseaussendungen gelesen habe, dass die ÖVP Niederösterreich bei einer Klausur ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit die „Pflege“ gestellt hat – und das muss man sich eh einmal auf der Zunge zergehen lassen, was da an Weisheiten ans Tageslicht gekommen ist – wenn ich da lese, man hat erkannt, dass in den kommenden Jahren Pflegekräfte fehlen werden – rund 9.500. Dafür hat man dann sogar noch eine Studie in Auftrag gegeben … ja, da stehen mir meine letzten Haare zu Berge, meine Damen und Herren. Schon seit Jahren haben wir aufgrund von Studien darauf hingewiesen, dass wir bis 2030 österreichweit rund 100.000 und herabgebrochen auf Niederösterreich rund 10.000 zusätzliche Pflegekräfte brauchen werden. Einerseits aufgrund der demographischen Entwicklung. Auf der anderen Seite aufgrund der zu erwartenden Pensionsabgänge. Wir werden auch leider noch viel mehr brauchen, da jeder Vierte, der in diesem Beruf tätig ist, andenkt den Beruf zu wechseln – aufgrund der Belastung, aufgrund der schlechten Bezahlung. Seit Jahren ist das Tatsache. Seit Jahren ist das Faktum. Und man höre und staune: Vor einer Woche ist auch die ÖVP Niederösterreich draufgekommen. So Klausuren führen ja zu sehr interessanten Erkenntnissen. Eine davon ist, dass der Bereich „Pflege“ aktuell – also aktuell – besonders belastet ist. Ich werde Ihnen heute sagen, was aktuell ist: 520 Dienstposten in unseren Landeskliniken können nicht nachbesetzt werden. 370 Betten in unseren Pflege- und Betreuungszentren können infolge Personalmangels nicht belegt werden. Das ist eine Entwicklung, meine Damen und Herren, die nicht von heute auf morgen stattgefunden hat, sondern einer seit Jahren hindurchgehenden katastrophalen Pflegepolitik der ÖVP geschuldet ist. Und „Pfau!“ – vor einer Woche ist man dann sogar noch draufgekommen bei dieser Entwicklung und auf diese Entwicklung, nach jahrelangem Schlafen und Negieren. Ich bleibe noch kurz bei der Klausur der ÖVP Niederösterreich. Da sagt die Landeshauptfrau Mikl-Leitner, der Personalmangel im Pflegebereich sei ein EU-weites Problem. Das ist auch eine Trendumkehr. Sonst sind wir immer das Vorzeigeland, das Vorzeigeland Niederösterreich in allen Bereichen – in Österreich, in Europa, auf der ganzen Welt, bis ins Universum. Und auf einmal ist es ein europäisches Problem. Na da kann man halt nichts machen, ist ein europäisches Problem. Nein, es ist kein europäisches Problem! Dieser Notstand ist hausgemacht und die logische Konsequenz einer völlig falschen und verfehlten Pflegepolitik der verantwortlichen Landesschwarzen. (Beifall bei der FPÖ.) Meine Damen und Herren, Sie wollen die Zahl der Ausbildungsplätze erhöhen – 400 habe ich gelesen. Das ist gut so. Aber man muss auch die Anreize schaffen, dass diese Plätze in Anspruch genommen werden. Es ist auch positiv, dass man nun die Studiengebühren ersetzen will. Aber das reicht auch nicht – bei weitem nicht. Auszubildende in den Bereichen Pflegassistenz, Pflegefachassistenz oder beim FH Studium sollen nun auch eine monatliche Unterstützung von sage und schreibe 420 Euro erhalten. Es wird ausgehen wie das Hornberger Schießen. Glauben Sie, meine Damen und Herren der ÖVP, im Ernst, dass dafür auch nur eine einzige Person beruflich umsatteln wird und in den Bereich der Pflege wechseln? Ich glaube es nicht. Glauben Sie wirklich, dass eine alleinerziehende Mutter, ein Familienvater, usw. mit 420 Euro ihr Dasein fristen können? Nein, das können sie nicht. Damit können sie nicht einmal die Miete oder die Lebensmittelkosten begleichen. 420 Euro entsprechen nicht einmal der Hälfte der Sozialhilfe. Das kann kein gangbarer Weg sein, Menschen zu einer Berufsveränderung zu motivieren. Das wird nur funktionieren, wenn bereits in der Ausbildung ein Entgelt zum Auskommen entrichtet wird analog zur Polizei und zur Justiz. Vor allem müssen wir bei der Ausbildung bei der Jugend ansetzen. Hier liegt der Schlüssel für eine sichere, für eine effiziente und eine hochwertige Pflege in der Zukunft. Daher immer wieder unsere langjährige und wiederkehrende Forderung nach dem Lehrberuf „Pflege und Betreuung“. Ziel ist es, die Pflegekräfte der Zukunft im eigenen Land auszubilden – ob mit oder ohne Matura. Nur so können wir dem Fachkräftemangel nachhaltig entgegentreten. Denn unser Anspruch kann es ja nicht sein, halb ausgebildetes Personal aus dem Osten oder irgendwelchen Inselstaaten zu importieren und dann auch noch die Nostrifikation so aufzuweichen, dass jeder „Voodoo-Zauberer“ aus Bolivien, aus Kolumbien oder Vietnam usw. als geeignet und gut dargestellt wird. Das kann es nicht sein. Nein, wir wollen unser Geld in die Ausbildung unserer Jugend im Land investieren und nicht in irgendwelche Bananenrepubliken überweisen. (Beifall bei der FPÖ.) Frau Landesrat, man bräuchte dazu ja nicht einmal das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz ändern. Unser Vorschlag ist und war es auch immer, die Lehre mit theoretischer Ausbildung bereits ab der neunten Schulstufe zu ermöglichen und nach einer zweijährigen Theoriephase dann mit der praktischen Ausbildung fortzufahren. Das würde auch diesem Gesundheits- und Krankpflegegesetz entsprechen. Nach drei Jahren hätten wir dann nicht nur hochqualifizierte Fachkräfte, welche sofort mit der Pflege am Patienten beginnen können – und ja, damit haben auch viele unserer Jugendlichen die Möglichkeiten einen zukunftssicheren Beruf zu erlernen – einen Beruf mit Jobgarantie – und so können wir unser Pflegesystem auch nachhaltig absichern. Die Schweiz zeigt es uns seit 20 Jahren vor wie es geht und wie es funktioniert. Es freut mich, wenn ich gestern gelesen habe, dass die Frau Landesrat Teschl-Hofmeister gegenüber der NÖN unsere geforderte Pflegelehre als „Perle“ im Pflegebereich bezeichnet. Danke, Frau Landesrat, es ist wirklich eine Perle im Pflegebereich. Aber ich hoffe, es bleibt nicht wieder ein Lippenbekenntnis, sondern es ist ernst gemeint nach jahrelanger Ablehnung unserer Anträge, unserer dementsprechenden Anträge durch Ihre Abgeordneten im Haus. Ergänzend dazu fordern wir auch die Anstellung für pflegende Angehörige beim Land NÖ. Wir brauchen hier das Rad nicht neu erfinden. Im Burgenland haben die FPÖ und die SPÖ so ein Anstellungsmodell etabliert, welches sich auch bereits bewährt hat. Dazu bedarf es einer Grundausbildung von 100 Stunden im ersten Jahr des Dienstverhältnisses. Freiwillig kann man dazu noch die 400 Stunden umfassende Heimhilfeausbildung absolvieren und dies ist auch zu 100 % vom Land zu fördern. Dieses Modell sichert allen Menschen die soziale Unabhängigkeit, die jetzt schon pflegebedürftige Angehörige mit der Stufe 3 oder höher betreuen, deswegen nicht erwerbstätig sein können und auch nicht in Pension sind. Aber auch für langzeitarbeitslose Menschen kann das einen Wiedereinstieg ins Berufsleben bedeuten und somit auch Altersarmut verhindern. Ich komme dann schon langsam zum Schluss. Was wir brauchen, ist ein radikales Umdenken in der Pflegepolitik. Vor allem brauchen wir ein Ende der schwarzen Blockade. Der Personalschlüssel ist so zu gestalten, das heißt, ist so qualitativ und quantitativ aufzustocken, um ein menschenwürdiges Betreuen und Pflegen zu gewährleisten. Die Rahmenbedingungen für die Beschäftigten sind zu verbessern. Dienstpläne müssen ein planbares Familien- und Freizeitleben gewährleisten und vor allem ist das Einkommen dementsprechend anzuheben. Vor allem ist für diese Maßnahmen ein ausreichendes Pflegebudget sicherzustellen. Was wir aber nicht mehr brauchen, sind die enorme Arbeitsbelastung dieser Menschen, die schlechte Bezahlung sowie die mangelnde Wertschätzung des Pflegepersonals als auch der pflegebedürftigen Menschen in unserem Land durch die ÖVP Niederösterreich. Wir brauchen mehr Pflegeplätze, eine Verbreiterung der Ausbildungsmöglichkeiten – wie gesagt: ein Einkommen zum Auskommen auch schon während der Ausbildung, eine bessere Entlohnung sowie eine sichere berufliche und private Planungssicherheit. Wir brauchen aber auch in Niederösterreich ein sicheres Pflegenetz, das jeden Pflegebedürftigen auffängt und keine Ungerechtigkeiten mehr zulässt. Es ist nicht mehr fünf nach zwölf: Es herrscht Pflegenotstand unter dem Status „Akutnotfall“. Ich fordere die ÖVP Niederösterreich wirklich zum x-ten Mal auf, ihre Blockadepolitik zu beenden und sich nicht immer auf den Bund auszureden. Der Bund ist sowieso mehrheitlich die FPÖ Niederösterreich (red. Anmerkung: ÖVP gemeint) – also da wird man sich ja durchsetzen können und keine Showpolitik betreiben müssen und keine Ausreden auf den Bund haben, Frau Landesrat und meine geschätzten Kollegen im Hohen Haus. Packen wir es an! Heute, nicht morgen! Wir sind seit langer Zeit dazu bereit und vor allem haben sich das unsere Landsleute verdient – die Pflegenden und die zu Pflegenden. Und vor allem weil es als Politiker unsere Pflicht und auch Schuldigkeit ist. Geschätzte Frau Landesrat, ich habe Ihnen heute auch ein kleines Präsent mitgebracht, sozusagen eine Gedächtnisstütze …
Präsident Mag. Wilfing: Herr Abgeordneter, Sie haben gerade davon gesprochen, keine Showpolitik zu betreiben. Ich würde den Abgeordneten Teufel bitten das auch einzuhalten, weil das ist reine Showpolitik.
Abg. Königsberger (FPÖ): … damit Sie nicht wieder auf die Menschen in der Pflege vergessen. Das Geschenk ist symbolisch für 370 leerstehende Pflegebetten, für 520 nicht besetzte Dienstposten und ich habe Ihnen auch unsere Anträge der letzten Jahre beigelegt. Vielleicht finden Sie Zeit, Frau Landesrat, sich diese auch einmal durchzulesen. Danke für die Aufmerksamkeit. (Abg. Ing. Mag. Teufel überreicht ein symbolisches Pflegebett. – LR Mag. Teschl-Hofmeister: Danke, ich werde es spenden. – Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Erlauben Sie mir die Anmerkung: So viel zur Showpolitik, die man nicht betreiben soll. (Abg. Dr. Krismer-Huber: Hahaha!) Damit kommen wir zur ersten Wortmeldung und ich erwähne und bitte Herrn Abgeordneten Anton Erber von der ÖVP ans Podium. (Zweiter Präsident Moser übernimmt den Vorsitz.)
Abg. Erber, MBA (ÖVP): Abgeordneter Königsberger, das ist kein Pflegebett. Das ist ein Puppenbett, weil ein Pflegebett hat ja eine Dekubitus-Matratze drinnen und auch etwas zum Anhalten. (Abg. Königsberger und Abg. Ing. Mag. Teufel: Da haben wir zu wenige, darum haben wir keines mitgenommen.) Aber um das sollte es heute gar nicht gehen. Schaut ihr, Tatsache ist – und da brauchen wir ja nichts Schönreden – da ist ganz, ganz viel notwendig in Niederösterreich. Da gehört viel getan, nicht nur in Niederösterreich, sondern wir haben ja in Wahrheit österreichweit große Herausforderungen. Wissen Sie, wenn Sie Niederösterreich da jetzt so darstellen als wäre das alles so furchtbar – unterlaufen Sie sich da nicht selber? Es sind so viele Beschlüsse einstimmig in dem Haus getätigt worden, die Niederösterreich dorthin gebracht haben, wo wir heute sind. Und Niederösterreich ist in Wahrheit ein Musterbeispiel wie man Sozialpolitik und Pflegepolitik machen kann und da gab es ja wirklich großartige Menschen, die sich um diese Thematiken angenommen haben – beginnend von der Liese Prokop, die weit voraus gedacht hat, aber auch vonseiten der Sozialdemokratie mit Onodi, wirklich einer Spezialistin, die da mit dabei war und wir haben vieles zusammengebracht. Wir haben vieles gemeinsam beschlossen und ich habe eine einzige Bitte: Nehmen wir es wirklich nicht her! Weil es interessiert die Leute auch nicht, dass wir da jetzt glauben, wir können da Kleingeld wechseln auf dieser Thematik der Pflegepolitik und der Betreuungspolitik. Da geht es um viel zu viel. Da haben wir viel zu viel gemeinsam zu tun. (Beifall bei der ÖVP.) Nun geschätzte Präsidenten, werte Landesräte! Worum geht es dann in der Betreuungs- und Pflegedebatte? Es geht darum – und das waren auch schon durchaus dargestellte Begriffe – dass wir Menschen menschlich behandeln. Und zwar die, die betreut und gepflegt werden auf der einen Seite und die, die betreuen und pflegen auf der anderen Seite. Und wir stehen heute vor dieser Herausforderung, dass wir aktuell 470.000 Pflegegeldbezieher in Österreich haben und jetzt können Sie sich ausrechnen, was das für Niederösterreich bedeutet, und dass es binnen der nächsten 30 Jahre auf über eine Million steigen wird. Das ist das Eine. Das Zweite ist, wir haben 130.000 Demenzerkrankte. Die werden sich in diesem Zeitraum auch fast verdoppeln. Das sind Zahlen, die liegen auf dem Tisch. Was ich dazu aber auch noch sagen will, ist: Bisher werden 85 % durch die eigenen Familien versorgt. Wir wissen aber jetzt, dass sich die Familien verändern. Die Familien werden kleiner. Die Kinder sind besser ausgebildet, wohnen sehr oft nicht mehr im selben Haushalt oder im Nachbarhaus, sondern sie besuchen Schulen, sie machen eine Berufsausbildung, sind dann in Linz, sind dann in Wien berufstätig und können Tätigkeiten, die vor einigen Jahren noch selbstverständlich waren, nicht mehr in der Familie übernehmen. Also das ist die Grundlage von der wir starten. Ich wiederhole nochmal: Unser Ziel ist es, die Menschen dabei zu unterstützen, dass sie ihre letzte Lebensphase auch menschlich verbringen dürfen. Jetzt ist vieles passiert und wenn Sie sich die Protokolle durchlesen und gerade in diesem Thema, wenn Sie es sich anschauen: In jedem Jahr sind dutzende Beschlüsse gefasst worden. Ein Großteil davon einstimmig. Es ist viel passiert, aber – und das ist Verantwortung – es ist auch noch viel notwendig. Ich möchte es nur ganz kurz sagen, was denn da alles passiert ist. Niederösterreich hat 2007 als Erster einen Trend gesetzt bei der Unterstützung der 24-Stunden-Betreuung. Es war Niederösterreich, das die Sozialversicherung mit Förderung abgedeckt hat. Das heißt: Wir haben die Legalisierung in Niederösterreich erfunden, die 2008 vom Bund übernommen wurde. Wenn wir das jetzt wissen, ist das begleitet von unzähligen Anträgen, die wir gemeinsam beschlossen haben, das Pflegegeld zu valorisieren, das dann auch tatsächlich ein notwendiger Schritt war, nachdem sich fast 30 Jahre nichts getan hat in der Höhe des Pflegegeldes. Also ein gemeinsames niederösterreichisches Erreichen eines wirklich großen Zieles, das den Menschen sehr, sehr geholfen hat. Es sind in Niederösterreich auf modernste Weise „Mobile Dienste“ unterwegs … wenn Sie durchs Land fahren – das ist doch Zeugnis dessen, was Niederösterreich da aufgebaut hat. Ich möchte da jetzt gar nicht sagen die oder jene … ja, begonnen von der Caritas, Hilfswerk, Volkshilfe … Sie kennen diese zumeist Frauen und inzwischen auch etliche Herren, die unterwegs sind und gerade dieses Bild, dieses soziale Bild Niederösterreichs sogar sichtbar machen und prägen. Die 24-Stunden-Betreuung ist durch diese Initiativen in Niederösterreich zu einer wirklich großartigen Säule geworden. Wir haben allein im letzten Jahr 6.500 Versorgte durch die 24-Stunden-Betreuung. Wir hatten hinter uns ein Ausbauprogramm für Pflegeheime. De facto sind jetzt gerade 2.000 neue Plätze auf die Reise geschickt worden. Das heißt, wir können mit Fug und Recht sagen: „Niederösterreich ist kein Gebiet des Pflegenotstands, sondern Niederösterreich ist ein Vorbild, was die Pflege anbelangt.“(Beifall bei der ÖVP.) Aber, geschätzte Kollegen, ich möchte es ja nicht wegreden. Wir kriegen das schon mit: Die Menschen, die pflegen, die Menschen die betreuen, die stehen unter Druck – ja, verstärkt durch Corona. Aber selbst ohne Corona würden sie unter Druck stehen, weil einfach die Anforderungen viel schneller wachsen als vielleicht darauf reagiert werden kann. Darum ist jetzt ein „noch mehr“ notwendig und dieses blau-gelbe Pflegepaket , das wird die Abgeordnete Hinterholzer noch im Detail vorstellen. Nur wissen Sie, was wir auch brauchen? Wir brauchen Lösungen, die auch in Zukunft gesichert und stabilisiert sind. Was meine ich damit? Es ist schön, wenn man 150 Millionen Euro für „Community Nurses“ beschließt – einen Einmaltopf mit 150 Millionen Euro. Nur, wir dürfen jetzt auch überlegen: Was machen wir damit? Denn wir können nicht jetzt Strukturen schaffen und sozusagen Angebote anbieten und wenn die 150 Millionen Euro dann verbraucht sind, dann wissen wir nicht, wie wir diese Strukturen weiterfinanzieren sollen. Es kann ja nicht so sein, dass wir Strukturen schaffen und dann am Ende sind Land und Gemeinde in der Pflicht, das weiter zu finanzieren, weil es nicht nachhaltig ist. Und wir brauchen Nachhaltigkeit – gerade bei der Planung von künftigen Pflegeformen und von künftigen Angeboten. Dasselbe ist auch bei dieser einen Milliarde Euro, die jetzt auf den Tisch gelegt wird. Ja, danke! Das ist schon durchaus ein großer Betrag, wenn man eine Milliarde Euro, die jetzt durch die Impflotterie, die nicht gemacht wird, auf den Tisch legt. Nur es geht darum, Strukturen zu schaffen und diese nachhaltig auch zu sichern. Rechnen Sie es sich durch! Ich habe vorher von einer Million Pflegebedürftige bis ins Jahr 2050 gesprochen. Jetzt hört sich eine Milliarde viel an. Aber das sind ja gerade einmal 1.000 Euro pro Pflegebedürftigen und wir wissen alle, was da in Wahrheit notwendig ist, wenn wir es in dieser Qualität, die wir jetzt haben – und ich hoffe, da sind wir uns einig … wir wollen diese Qualität, wie wir sie jetzt haben zumindest aufrecht erhalten. Unser Ziel muss es sogar sein, diese Qualität nach Möglichkeit noch auszubauen. Also: Da liegt schon einiges am Tisch. Die Familien werden von uns unterstützt. Die sozialmedizinischen Dienste – schauen Sie sich die Budgets an – werden von uns unterstützt. Aber was die beiden eint, genauso wie die Heime, ist … ich habe diese Resolution auch gelesen, wo steht: „Wir brauchen planbare Arbeitszeiten. Wir stehen unter Druck. Wir sind überfordert. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – das ist nicht das, was man sich vorstellt, bis hin zum Einkommen.“ Ich habe das alles gelesen. Nur worauf fußt denn das im Gesamten? Und zwar, was wir tatsächlich brauchen ist – ich habe es vorher mit den Zahlen gesagt, ich habe es mit den Familien untermauert – ein Mehr an Menschen, die in diesen Beruf hineingehen. Die Menschen, die in diesen Beruf hineingehen, die besondere Menschen sind, die haben einen Hang, sonst würden sie es nicht machen … die brauchen unsere Unterstützung, dass wir tatsächlich auch in die Zukunft blicken. Und das geht nur mit einem Mehr an Menschen. Das heißt: Druck wegzubekommen, Arbeitsbedingungen zu verbessern … wird es ein Mehr sein. Wissen Sie, auch meinem Vorredner … ich gestehe ihm da wirklich gutes Wollen zu. Nur wir können doch eins nicht wegdiskutieren: Dieser Bedarf liegt am Tisch. Und zu glauben, dass das jetzt schaffbar ist, indem wir Pflegeausbildungen anbieten, die wir ja anbieten. Unsere Herausforderung ist es ja nicht das Angebot zu machen, sondern dass wir Menschen auch dazu bringen, dass sie die Pflegeangebote wahrnehmen. Das mit den 420 ist ja nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Die Abgeordnete wird es dann noch genauer aufschlüsseln. Aber da kommen ja auch die AMS-Förderungen noch dazu. Das heißt, die Absicherung durch das AMS kommt da noch dazu, wird noch genau aufbereitet. Jetzt können wir das drehen und wenden wie wir wollen. Es müsste jeder fünfte junge Mensch, der auf den Arbeitsmarkt kommt, im Pflege- und Sozialbereich tätig werden, wenn wir die Zukunft stemmen wollen. Und Abgeordneter Königsberger, ich stehe da ja nicht an zu sagen: Ich war auch am Anfang skeptisch mit dem Vorschlag der Pflegelehre, weil ich darauf verwiesen habe … naja, müssen wir schon aufpassen … ein Mädel mit 15 Jahren, das jetzt vor einem Dementen steht, das wird nicht so ohne sein, weil die ist noch nicht ganz so weit. Ihr wart immer ganz vehement dafür. Dann haben wir weiterdiskutiert und dann haben wir gesagt: Ja, wenn wir es schaffen, dass man die Rahmenbedingungen so hinbringt, dass sie am Beginn dieser Lehrzeit nicht sozusagen alleine am Bett steht, dann sollten wir das verfolgen. Unsere Landesrätin hat das ja zu Recht als Perle bezeichnet, weil Niederösterreich eines der ersten zwei Bundesländer ist, die gesagt haben: Ja, wir wollen das. Wir wollen uns dem stellen. Wir möchten Pilotregion für die Pflegelehre sein. Wissen Sie, was wir schon machen müssen, ist: Wir müssen das auch wahr ansprechen. Das heißt: Niederösterreich ist da nicht isoliert und wir sollten da nicht jetzt eine Partei verantwortlich machen oder hinstellen, sondern in Wahrheit: Es ist der Landtag, der das machen kann, was in seiner Kompetenz ist. Nur: Die Pflegelehre ist das beste Beispiel. Das wird nicht gehen ohne die Koordination mit dem Bund. Das ist Bundeskompetenz, wie vieles anderes auch. Wir brauchen dazu den Bund. Wissen Sie, wenn Sie jetzt immer so auf eine Partei – in dem Fall auf die ÖVP – hinzeigen: Ich war bei allen Sozialministern, wirklich bei allen Sozialministern und habe gesagt, so könnten wir uns das vorstellen. Und wer waren diese Sozialminister, die ich besucht habe und zwar persönlich? Es war der Buchinger, es war der Hundstorfer, der Stöger der SPÖ, es war die Hartinger-Klein von der FPÖ, die verantwortlich war, Anschober und Mückstein. Und wissen Sie, das ist nicht einmal so, dass die nicht gesagt haben: „Ja, da ist etwas dabei. Das können wir machen. Das können wir angehen. Das brauchen wir.“ Sondern sehr viel Verständnis ist da gekommen. Nur wissen Sie, was das Problem war? Kaum dass es ein bisschen in Richtung Umsetzung gegangen ist, war der weg und der Nächste ist gekommen. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Das heißt, wir sind bei dieser ganzen Pflegedebatte nicht soweit gekommen, dass wir endlich die notwendige Umsetzung auch machen. Noch einmal: Also die Verantwortung liegt beim Land und liegt bei den Ministern. Also damit wir das auch einmal richtig darstellen. Wenn Sie jetzt sagen: „Mit der Pflegelehre könnten wir das bewältigen.“ Dann sage ich Ihnen: „Die Schweiz ist ein schlechtes Beispiel.“ Da ist in Wahrheit alles über Gemeinden finanziert, alles über Gemeinden organisiert und bezahlt wird alles von jenen, die in diese Pflegeverbände reingehen. Die nennen das „Lokale Pflegeverbände“. Das heißt, da muss so gut wie alles selbst von den Einwohnern bezahlt werden. Also das wird nicht unser Vorbild sein. Nicht, dass man sich von der Schweiz nichts abschauen könnte. Aber da, glaube ich, sind wir sogar schon um ein Stückchen weiter, als es die Schweiz jetzt ist. Also: Gerne und zwar gemeinsam … Land … wir brauchen dazu auch den Bund und wir brauchen dazu mehr als nur die Pflegelehre. Ich weiß schon, jetzt wird mancher das versuchen politisch zu nutzen. Aber ich lege es auf den Tisch. Bei unserer Geburtenrate wird es nicht anders gehen als auch sozusagen auf Drittstaaten zurückzugreifen. Nur die Frage ist: Mit wem machen wir denn das? Das heißt: Bilden wir aus in Drittstaaten und suchen wir gezielt jene, die wir dazu nutzen können. Das heißt, wir werden das brauchen, wenn wir diese Qualität aufrechterhalten wollen. Wir müssen auch den Mut zu Pilotprojekten haben – da möchte ich mich nochmal bedanken insbesondere auch bei unserer Landesrätin Christiane Teschl – den Mut haben, Pilotversuche zu machen, neue Wege zu gehen. Das heißt, betreutes Wohnen unterstützt mit 24-Stunden-Betreuung, eine Teilbarkeit der 24-Stunden-Betreuung, wo die Finanzen übrigbleiben, dass ich mir die Pflege, die gebraucht wird, noch zusätzlich ankaufen kann. Was wir noch brauchen, ist – und das kommt in fast jedem Bericht: Es ist ein Großteil der Arbeit, der heute auch schon verwendet werden muss, um Pflegedokumentationen zu machen. Ich glaube, auch da ist noch einiges drin, wo wir dazu beitragen können, dass die Betreuenden, dass die Pflegenden am Bett die Arbeit verrichten können und nicht für Pflegeberichte. Also ich glaube, da sind wir noch nicht am Ende. Und ich bitte Sie abschließend, ich bitte Sie, ich lade Sie ein, helfen Sie mit, denken wir gemeinsam nach, damit die Menschen menschlich behandelt werden in Niederösterreich und ich bitte Sie um eines: Lassen Sie es weg, die Leute – weder die Gepflegten, noch die, die die Pflege machen, können das hören, dass da politisches Kleingeld darauf gewechselt wird, weil die wollen eines, die brauchen eines: Die brauchen unsere Unterstützung. Nicht von einer Partei, sondern vom Land NÖ und das ist unsere Pflicht und das ist unsere Aufgabe. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Zweiter Präsident Moser: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich die Frau Abgeordnete Edith Kollermann von den NEOS.
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über die Pflege reden, dann reden wir von Problemen, von Notstand, gar von einem Tsunami, der auf uns zukommt. Wenn ich mit der Pflege rede, dann reden wir über einen Beruf mit vielen schönen Seiten, der immer schwieriger wird und der immer mehr in Frage gestellt wird. Ich denke, dass wir anfangen müssen mit der Pflege über die Pflege zu reden und dass der Ausgangspunkt sein muss: Wie kann Pflege in Niederösterreich stattfinden? Was soll Pflege leisten? Ich vermisse das schon seit Jahren und der Herr Kollege Erber hat die Gemengelage durchaus sehr leidenschaftlich auch dargebracht, was da alles zusammenspielt und ich habe zumindest einen Teil herausgehört, dass die Verantwortung sehr wohl auch im Land gesehen wird und nicht nur im Bund, wie das auch ganz gern gemacht wird und dass da vieles zusammenspielt. Aber da müssen Sie mir jetzt auch recht geben: Da kann ich nicht anfangen mit einer Abschaffung des Pflegeregresses und damit mit einem Zubetonieren eines Weges und einem Hineindrängen der Leute in die Pflegeheime, was die teuerste Form der Pflege ist, was die ist, die wir so gar nicht leisten können – also weder personell, noch finanziell – statt sich andere Modelle zu überlegen. Wir haben in der Pandemie gesehen, dass das Sozialministerium, zumindest die Minister des Gesundheits- und Sozialministeriums, weitgehend überfordert sind, wenn es darum geht, neue Konzepte in die Umsetzung zu bringen … sie das nicht auf die Reihe bringen. Aber wie wir schon vorhin auch gehört haben: Auch das Land ist hier in der Verantwortung, die Landeshauptleute mischen sich ja sonst auch in alle Bundesagenden ein und da soll man meinen, dass das Pflegekonzept in Österreich ein gemeinsames Interesse ist. Das bedeutet, dass man hier größtenteils, aber nicht nur, die ältere Bevölkerung betreffend das Thema anspricht. Das ist auch ein Thema, das viel Geld kostet und das ist in Anbetracht kommender Wahlen vielleicht ein bisschen ungünstig, wenn man etwas ansprechen muss, was nicht funktioniert, aber es ist um nichts weniger notwendiger. Wenn Sie es jetzt zum Thema der ÖVP machen und in den Mittelpunkt stellen, dann bin ich beim Herrn Kollegen Königsberger: Das ist nicht zufällig, dass man das jetzt nicht mehr wegschieben kann, weil das eben da und dort ständig aufpoppt. Dieses Nichthandeln, dieses Hin- und Herschieben der Aufgaben, der Verantwortung hat ja dazu geführt, dass es diesen Pflegenotstand heute gibt. Die Frau Kollegin Hinterholzer wird uns in der späteren Wortmeldung noch erzählen, welche großartigen Ideen die ÖVP jetzt ausgearbeitet hat und will sich doch nur über den nächsten Wahltermin retten. Alle Maßnahmen sind auf das hingerichtet, sich über den nächsten Wahltermin mit einer hoffentlich, aber ziemlich sicher nicht mehr möglichen, Absoluten zu retten. Dafür verspricht man Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie zuschauen, die Sterne vom Himmel. Ich sage nur „Landarztgarantie“. Das war vor fünf Jahren das große Thema und nichts ist passiert. Also wir müssen hier wirklich gemeinsam mit allen hier vertretenen Fraktionen und vor allem mit den Menschen, die das betrifft, auch den entsprechenden Druck machen. (Beifall bei den NEOS.) Ich möchte auch noch einmal die Zahlen herausgreifen, die sind heute zum Teil schon gefallen: 9.500 Pflegekräfte hat man wieder einmal festgestellt, dass bis zum Jahr 2030 fehlen. Das mag weit weg klingen. Das sind nur noch 8 Jahre. Dafür hat man jetzt mal versprochen, das Angebot der Pflegeplätze um 400 auszubauen. Aber die Ausbildungsplätze sind im Moment gar nicht der Engpass. Das Problem ist, dass erstens einmal gar nicht alle Ausbildungsplätze in Anspruch genommen werden, dass nicht alle Ausbildungen zu Ende gebracht werden und dass vor allem sehr viele Menschen, die im Beruf stehen, w.o. geben und dann muss man aber sagen … wenn ich dann nur sage mehr Ausbildungsplätze, dann bedeutet das das Gleiche, wie wenn ich in ein Fass ohne Boden ständig Wasser nachleere, weil ich sage auch: Da rinnt es aber immer wieder aus. Ein weiterer Punkt sind die 300 Millionen Euro, die man investieren möchte in mehr Pflegebetten, für weitere 2.000 Pflegebetten und da sind natürlich wieder einmal Gebäudeinvestitionen … weil da wo Niederösterreich gut ist, ist schöne Gebäude hinzustellen … das haben wir letzte Sitzung in der Kinderbetreuung gehört und das ist ja mit den Pflegeheimen auch nicht anders … voll ignoriert, dass wir schon 400 Betten haben, die derzeit nicht belegt werden können, größtenteils, weil es nicht genug Personal dafür gibt. Dieses „Mehr“ an Menschen, Herr Kollege Erber, das Sie auch angesprochen haben, das ist das, was wirklich helfen würde, ja. Das ist das, weil nämlich auf der einen Seite die Menschen schon an der physischen und psychischen Belastungsgrenze arbeiten und ihnen da noch jemand ausfällt und dann jemand, der ohnehin auch eigentlich im Urlaub oder im Zeitausgleich sein sollte oder aus einem Pool von Arbeitskräften kommt, der sich mit den Gegebenheiten vor Ort gar nicht auskennt … das ist eine zusätzliche Belastung und keine Hilfe oder nur wenig Hilfe und das führt zu einer weiteren Überforderung der bestehenden Pflegekräfte. Das führt auch bis hin zum Vorkommen von wirklich gravierenden Missständen, die höheren Drop-out-Quoten beim Personal und in Summe kann man das zusammenfassen, dass die Arbeitsbedingungen nicht attraktiv genug sind und genau das ist aber der Punkt, warum sich Menschen entscheiden, in einem Bereich tätig zu sein. Wie können aber Lösungen ausschauen? Es ist natürlich eine Vielzahl. Es gibt nicht die eine Lösung für alle Probleme. An erster Stelle müssen die Betroffenen stehen und es steht so schön in den NÖ Pflege- und Betreuungszentren „Der Mensch steht im Mittelpunkt“. Das ist schön, wenn das drauf steht, aber es muss auch tatsächlich so gelebt werden. Ich möchte auch an dieser Stelle festhalten, dass die Menschen, die dort arbeiten wirklich Großartiges leisten und man kann ihnen das jetzt nicht umhängen oder sagen, wenn es da Missstände gibt oder wenn es zu wenige gibt, das ist nicht deren Verantwortung. Aber wie schaut die Unterstützung von Betroffenen aus? Das ist ja nicht nur das Pflegeheim. Der Betroffene oder die Betroffene, wer ist das? Das ist die Oma, die den Alltag nicht mehr alleine bewältigt, weil sie vielleicht auch mobilitätseingeschränkt ist. Das ist der demenzerkrankte Vater, den man nicht zu lange alleine lassen kann. Das kann ein Familienmitglied mit einer schweren Behinderung, egal in welcher Altersstufe, sein. Und das sind natürlich auch die Angehörigen, die sich da auch entsprechend kümmern. Wenn die aber frühzeitig nicht nur die Information, sondern auch eine konkrete Hilfe haben, werden sich viele dafür entscheiden, wenn es irgendwie möglich ist, dass sie auch in den eigenen vier Wänden bleiben können. Der Wunsch der meisten Menschen, wo sie auch – jetzt wenn es um die älteren Menschen geht – ihren Lebensabend verbringen möchten. Das heißt, wir müssen nicht nur in Pflegebetten denken, sondern wir müssen ganz speziell auch die Hauskrankenpflegemodelle weiter stützen und forcieren. Das sind die bereits bekannten mobilen Dienste in Niederösterreich. Das sind aber auch neue Modelle von der „Community Nurse“, wo man internationale Erfahrungen hat, das „Buurtzorg-Modell“ in den Niederlanden, das in zig Ländern ausgerollt ist. Da muss ich halt ein bisschen drüberstehen und sagen, da muss ich das halt auch einmal ausprobieren. Im Bezirk Korneuburg gibt es Initiativen und mindestens im gleichen Ausmaß bürokratische Hürden, weil man sagt, naja, die nehmen uns die Pflegekräfte von den bestehenden Mobilen Diensten weg. Das kann ja nicht unser Denken sein. Es ist jede Ergänzung, die gut gemacht ist, sinnvoll. (Beifall bei den NEOS.) Wenn Sie schon gerne in Gebäude investieren, dann sind die Tagesbetreuungszentren ein wichtiger Aspekt in der Angehörigenunterstützung, weil es darum geht, dass Pflegebedürftige dann untertags, wo sie nicht alleine bleiben sollen und können, gefördert und gut betreut werden können. Aber natürlich ist dort auch Personal erforderlich. Und schließlich auch die 24-Stunden-Betreuung, die Sie so hervorgehoben haben, wie wunderbar das funktioniert, muss auf einen zeitgemäßen Standard gebracht werden. Das ist die Ausbildung der 24-Stunden-Betreuerinnen, ihre soziale Absicherung und aber auch Vorkehrungen, dass sich ältere Menschen gut betreut fühlen in dieser Kombination. Gleichzeitig gilt es den akuten Personalmangel zu lösen und das sind die attraktiven Arbeitsbedingungen. Dazu gehört eine Evaluierung der Wochenstundenarbeitszeit, der Bezahlung und letztendlich muss es attraktiv sein hier auch umzusteigen. Es kann nicht nur unser alleiniges Anliegen sein nur darauf zu schauen, dass junge Menschen da in den Beruf kommen – ganz, ganz wichtig aber auch, dass wir Menschen in den Beruf bekommen, die sich vielleicht einen Umstieg im Beruf vorstellen können. Ein ganz wichtiger dritter Bereich – ich muss mich jetzt, glaube ich, ein bisschen kürzer fassen – aber mir ist es ganz, ganz wichtig: die Prävention und die nachhaltige Behandlung wie wir gesund altern wollen, das nicht außer Acht zu lassen. Denn nur das lineare Hochrechnen von einer gesteigerten Lebenserwartung in Pflegebetten – das kann es nicht sein. Es kann nicht sein: Endstation Pflege ist das Pflegeheim und Endstation Sehnsucht, sondern das bedeutet, dass wir ein Leben in Würde im Alter ermöglichen wollen und haben wollen. Österreich ist das traurige Schlusslicht im europäischen Ranking, was die gesunden Lebensjahre betrifft. Das heißt, nochmal ganz kurz: Neue Wege in der Pflege, insbesondere mit der Hauskrankenpflege und der Angehörigenunterstützung. Zweitens: Personal. Da muss man rasch etwas machen. Das habe ich aufgezählt und Drittens in der Prävention. Es ist nämlich zu spät, um kleine Anpassungen vorzunehmen. Wir brauchen eine Strategie. Wir brauchen ein Handeln und wir brauchen eine gesicherte Finanzierung. Bitte tun Sie etwas! Sie sind nicht nur in der NÖ Landesregierung in der Verantwortung. Das sollten Sie nicht nur dazu nutzen, jeden sinnvollen Vorschlag, der nicht von Ihnen kommt, einfach abzulehnen, sondern auch mal Ihren Einfluss geltend zu machen. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Silvia Moser, GRÜNE.
Abg. Mag. Silvia Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir reden hier geschätzt in jeder zweiten Sitzung zumindest über das Thema „Pflege“ und wir wissen alle um die Problematik und zwar schon sehr lange. Nichtsdestotrotz wurde in meiner Wahrnehmung die Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit, ja die Dramatik dieses Problems der Personalsituation in der Pflege von der ÖVP hier im Hohen Haus noch bestritten, als bereits unzählige Pflegeposten nicht mehr besetzt werden konnten. Und die Verantwortung abzuschieben – das geht auch nicht. Wer ist zuständig für die Krankenhäuser in Niederösterreich? Es ist die NÖ Landesregierung. Ebenso für die Pflege und für die Pflegeausbildung. Beim Thema „Pflege“ gilt halt ganz besonders: Reden ist zu wenig. Reden ist Silber, Tun ist Gold. Kollege Erber, wenn du sagst: „Wir sind kein Gebiet mit Pflegenotstand“, dann muss ich dir wirklich heftig widersprechen. Frag einmal all jene, die auf Hauskrankenpflege warten und zwar schon monatelang und keine Unterstützung kriegen. Und frag einmal jene, die einen Pflegeplatz brauchen und auch keinen kriegen, weil so viele Pflegebetten nicht zu bespielen sind. Von den Fakten haben wir schon einiges gehört. Ich möchte noch ein bisschen etwas ergänzen. 92.000 Pflegegeldbezieherinnen in etwa gibt es in Niederösterreich. Zwei Drittel davon haben ausschließlich informelle Pflege. Davon wiederum werden drei Viertel von Frauen geleistet. Ja und wie du gesagt hast, Kollege Erber, 85 % der Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt. Ein kleiner Teil davon, 7.000 in etwa, haben 24-Stunden-Hilfe und das haben wir jetzt in Corona gelernt, wie labil dieses System ist. In etwa 10.000 Personen sind im Pflegeheim bei uns betreut. Die Situation ist: Die hochaltrigen Zahlen steigen. Die Babyboomer-Generation geht in Pension, darunter auch viele, die in der Pflege arbeiten. Diese Generation wird zunehmend selber das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen und gleichzeitig steigt die Anzahl der Einpersonenhaushalte und der Alleinstehenden. Ein Pflegenetz kann nur dann tragfähig sein, wenn es aus den verschiedensten Elementen besteht. Das ist z. B. Mehrgenerationenwohnen, Betreutes Wohnen, Betreubares Wohnen, Tageszentren, Mobile Dienste, aber Angehörige, Zugehörige und auch stationäre Pflege, etc. müssen wir hier berücksichtigen. Solange die professionelle Pflege nur einen Bruchteil übernehmen kann, ist es vom gesamtgesellschaftlichen Interesse die Pflege und Betreuung unserer alten und kranken Menschen von zu Hause möglichst lange sicherzustellen. Dafür wiederum braucht es die Angehörigen und den Ausbau der ambulanten Versorgung. Ich habe es hier schon mehrmals gesagt: Hausbesuche durch medizinisches, therapeutisches und Pflegepersonal und dazu Sozialarbeit sind hier unabdingbar. Die Anstellung pflegender Angehöriger, wenn wir uns ehrlich sind, hat im Burgenland und in Oberösterreich kaum etwas gebracht. Daher braucht es eine Anlaufstelle in der Region. Es sind oft Kleinigkeiten: eine Information, ein Handgriff, gewusst wie, wie man einfache Pflegehandlungen tätigt oder zum Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten bei Demenz. Und es sind Krisensituationen wie Verschlechterungen der gesundheitlichen Situation oder nach Krankenhausaufenthalten. Und da muss rasch und unbürokratisch Hilfe zur Verfügung stehen und daher fordere ich die Einrichtung von regionalen Pflegezentren. Diese Pflegezentren kann man als Angehöriger, als Betroffener in solchen Krisensituationen kontaktieren. Die können jetzt bei Gemeinden angesiedelt sein, bei Pflegesprengel, man könnte auch die Landespflegeheime zu Pflegebetreuungs- und Beratungszentren ausbauen. Man kann sie an Primärversorgungszentren angliedern, aber jedenfalls sollen sie ein Angebot des Landes NÖ sein – unabhängig von den Trägern der Sozialen Dienste. Nach Krankenhausaufenthalten schließen sie nahtlos an die Sozialarbeit und das Entlassungsmanagement der Landeskliniken an. Das Projekt der „Community Nurses“ ist ein erster und wichtiger Schritt in diese Richtung, aber der flächendeckende Ausbau von Pflegeberatung muss rasch erfolgen. „Rasch“ ist hier das Wesentliche. Gesundheitspolitisch gewinnen die Rehabilitation oder Tertiärprävention an Bedeutung. Ziel ist, die Stabilisierung von Krankheitsbildern und das Verhindern vom Fortschreiten der Pflegebedürftigkeit. Aber auch hierfür braucht es Anlaufstellen. Egal welche Schritte gesetzt werden: Das Personal muss da sein. Es braucht gut ausgebildetes Pflegepersonal. Da werfe ich hier der Landesregierung nochmals vor, das Problem verschleppt und nicht ernstgenommen zu haben. Ich erinnere mich noch gut: Es war vor drei oder vor vier Jahren, Herr Bürgermeister, du kannst mich bestätigen, da war die Krankenpflegeschule in Zwettl in Diskussion, ob sie geschlossen werden soll. Ja wo führt denn das hin? Jetzt brauchen wir noch mehr Personal und schließen die Schulen? Na Gott sei Dank ist es dann nicht so weit gekommen. Die jetzt beschlossenen Maßnahmen sind gut, aber viel zu spät und viel zu wenig und sie erfüllen auch nur zum Teil unsere langjährigen Forderungen. In der Ausbildung monatliche Prämien in der Höhe von 420 Euro sind gut, werden in anderen Bundesländern seit Jahren gewährt. Im Vergleich z. B. zur Polizei sind es „Peanuts“. Es braucht – und das haben wir wiederholt gefordert und beantragt – Ausbildung aller Stufen in allen Regionen, weitere dislozierte FH-Lehrgänge – Mistelbach ist hier ein Anfang. Es braucht auch einen in Zwettl. Es braucht höhere Lehranstalten für Pflege, so wie jetzt der Schulversuch in Gaming ist, in jeder Region mindestens eine. Es braucht die Durchlässigkeit der Ausbildung. Es braucht die Möglichkeit der Ausbildung in Teilzeit, berufsbegleitend und in den Regionen. Bei den Arbeitsbedingungen, da haben wir heute schon einiges gehört: Es wird nicht reichen, wenn man kurze Wege macht für das Pflegepersonal, so wie angekündigt. Es braucht verlässliche Dienstpläne. Ich habe es selbst vor kurzem erlebt: Eine Freundin, eine diplomierte Pflegefachkraft, die bei uns abends zu Gast war und ständig aufs Handy geschaut hat, weil es könnte sein, dass sie einspringen muss und dann muss sie sofort nach Hause gehen. Ein wirklich untragbarer Zustand. Es braucht auch die Reduktion der Normalarbeitszeit und es braucht flexible Arbeitszeitmodelle, dazu eine deutliche Gehaltserhöhung und die Anerkennung als Schwerarbeit. Wogegen ich mich wirklich vehementest verwehre, das ist eine Senkung der Qualitätsstandards oder ein „Downgrading“ im Tätigkeitsprofil. Das kann es, liebe Kolleginnen und Kollegen, wirklich nicht sein. Da verwehre ich mich ganz, ganz deutlich. Ja, es ist eine – wie man heutzutage sagt – „Challenge“ 9.500 zusätzliche Pflegepersonen bis 2030 für Niederösterreich zu finden. Das wird eine Riesenherausforderung. Es braucht dafür gezielte Anwerbung, aber auch Eignungsprüfung. Nicht wahllos ausbilden, die Leute springen dann sowieso nach kurzer Zeit wieder ab. Wir könnten einmal auch überlegen: Wie hole ich Leute zurück, die den Pflegeberuf verlassen haben, die noch jung sind, die 20, 25, 30 Jahre alt sind? Welche Bedingungen würde es brauchen, damit sie zurückkehren? Und das sind viele. Das setzt gezielte Planungen voraus. Das ist – wie ich das so sehe – nicht gerade die große Stärke der Landesregierung. Da muss ich einen Seitenhieb machen, dass seit 2018 der regionale Strukturplan „Gesundheit“ fehlt und wenn wir uns ehrlich sind: Mit den notwendigen Maßnahmen hätte vorgestern begonnen werden müssen. Beherzigen wir das: In der Pflege ist nur eines Gold, das ist das Tun. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Zweiter Präsident Moser: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Jürgen Handler, FPÖ.
Abg. Handler (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Zur heutigen Aktuellen Stunde „Pflegenotstand beenden – Sicheres Pflegenetz für Niederösterreich!“ Der grassierende Ärzte- und Pflegekräftemangel wirkt sich bereits massiv auf das heimische Versorgungssystem aus und droht aufgrund anstehender Pensionierungswellen noch gravierender zu werden. Die mehrfach verschobene Pflegereform von der Bundesregierung trägt sehr viel bei und es müssen endlich konkrete Maßnahmen gesetzt werden. Wir warnen schon seit Jahren davor, dass es gerade im Bereich der Pflege zu einem Systemkollaps führen kann und wir haben in dieser Legislaturperiode im NÖ Landtag bereits 15 Anträge für Sofortmaßnahmen eingebracht. Es wäre längst an der Zeit, den Lehrberuf „Pflege und Betreuung“ umzusetzen,(Abg. Erber, MBA: Aber das ist Bundeskompetenz.) anstatt in gewohnter ÖVP-Manier viele Presseaussendungen zu produzieren, (Abg. Erber, MBA: Das ist Bundeskompetenz.) die dem Personalmangel nicht im geringsten entgegenwirken. (Abg. Erber, MBA: Das ist ja Bundeskompetenz! – Beifall bei der FPÖ.) Und mit dem Lehrberuf „Pflege und Betreuung“ wollen wir auch ein besonderes Augenmerk auf die Absicherung der 24-Stunden-Betreuung legen. Wir wissen, dass jeder Pflegebedürftige am liebsten so lange wie irgendwie möglich zu Hause in gewohnter Umgebung betreut werden möchte. Das kann nur funktionieren, wenn es genügend und gut ausgebildetes Personal gibt. Seit Beginn der Covid-19-Krise hat es weltweit alle Staaten vor rechtliche, wirtschaftliche und auch soziale Herausforderungen gestellt. Gerade im Bereich der 24-Stunden-Betreuung waren es große Herausforderungen, vor allem bei Einreisekontrollen von Betreuungskräften aus dem Ausland und bei den Auflagen zur Betreuung von pflegenden Personen. Für mich stellt sich auch die Frage: Was tun, wenn die Grenzen von heute auf morgen gesperrt werden oder ein Einreisestopp verhängt wird und deren Auswirkungen auf die 24-Stunden-Betreuung? Das System der 24-Stunden-Betreuung wurde im Nationalratswahlkampf 2006 ja heftig diskutiert und es kam auch zu einem großen öffentlichen Aufschrei, weil zu diesem Zeitpunkt viele noch nicht legale 24-Stunden-Betreuungskräfte von ausländischen Personenbetreuern in Anspruch genommen wurden. Mit 1. Juli 2007 wurde das Hausbetreuungsgesetz geschaffen, das freie Gewerbe der Personenbetreuung als selbständiges erstmals geregelt und seit dem Wegfall des Pflegeregresses steigt auch die Nachfrage für sämtliche Pflege- und Betreuungsmöglichkeiten weiterhin stark an. Die NÖ Pflegeheime sind einerseits stark überfüllt und die Wartezeiten werden immer länger und andererseits fehlen ausgebildete Pflegekräfte. Experten rechnen mit einem weiteren Anstieg und mit Wartezeiten von Pflegebedürftigen von mehreren Jahren und damit einher geht selbstverständlich auch die starke Nachfrage nach gut ausgebildeten und qualifizierten Pflegekräften. Neben dem starken Bedarf an Heimplätzen steigt naturgemäß auch der Wunsch nach einer Betreuung in den eigenen vier Wänden. Gerade ältere Menschen wollen solange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung gepflegt werden. Viele greifen dabei aus finanziellen Gründen auf ausländische Pflegekräfte – vorwiegend aus den östlichen Nachbarstaaten – zurück. Der wachsende Bedarf an Pflegekräften in Österreich und Niederösterreich kann auch langfristig nur gedeckt werden, wenn man junge Menschen für diesen Beruf gewinnt und als Vorbild beim Zugang zu Pflegeberufen gilt auch die Schweiz. Dort gibt es seit 2003 die Lehre „Fachmann/Fachfrau Gesundheit“, welche zu den beliebtesten in der ganzen Schweiz zählt. Mehr als 4.000 Jugendliche werden hier jährlich in diesem Lehrberuf ausgebildet. Mit der Maßnahme, einen Lehrberuf „Pflege“ einzuführen, kann man auch den Mangel an Pflegekräften und auch die Abhängigkeit von ausländischen Betreuungskräften und hier vor allem in der 24-Stunden-Betreuung dementsprechend entgegenwirken. Aber auch die eingeführte Covid-19-Impfpflicht bei der Aufnahme in den NÖ Landesdienst wirkt sich erheblich bei der Personalgewinnung aus, weil vielen gesunden und motivierten Landsleuten der Einstieg in den NÖ Landesdienst und hier insbesondere in die Kranken- und Pflegeberufe verwehrt wird. Da ist es auch Gebot der Stunde, diese eingeführte Covid-19-Impfpflicht bei der Aufnahme ersatzlos zu streichen und zu schreddern. Wir benötigen daher auch jetzt ein rasches Umdenken in der Pflegepolitik bevor das Pflegenetz zusammenbricht und nicht jeden Pflegebedürftigen auffangen kann. Wir wollen keine Ungerechtigkeiten, weil es unsere Landsleute wert sind und es in unserer politischen Verantwortung liegt, alles Menschenmögliche dafür zu leisten. Und zum Kollegen Erber möchte ich noch anführen, weil du erwähnt hast, Niederösterreich hat ein sehr gutes soziales Pflegesystem … da möchte ich dir in Teilen widersprechen. (Abg. Hauer: Kannst das noch einmal sagen?) Da brauche ich nur einen Blick ins Burgenland wagen, wo FPÖ und SPÖ gemeinsam ein Anstellungsmodell etabliert haben und das sich auch bewährt hat. Wer Angehörige zu Hause pflegt, muss sozial und finanziell abgesichert sein. Das sind nachhaltige Maßnahmen, welche man auch in Niederösterreich setzen sollte. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn gerade jetzt Pilotprojekte in Niederösterreich geschaffen werden, so wie es von der ÖVP angekündigt wird, ist es leider 10 Jahre zu spät und kommt rechtzeitig knapp ein Jahr vor der Landtagswahl. Hören wir endlich auf, lange Reden zu schwingen und setzen endlich gezielte Maßnahmen für unsere Landsleute. (Beifall bei der FPÖ.)
Zweiter Präsident Moser: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Abgeordnete Karin Scheele, SPÖ.
Abg. Mag. Scheele (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Landesrätinnen! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Alarmsignale im Bereich der Pflege sind nicht zu überhören. In Niederösterreich stehen 110 Pflegebetten leer. Nicht, weil sie nicht gebraucht werden, sondern weil wir das notwendige Personal nicht zur Verfügung haben. Pflegenotstand zu diskutieren ist keine Panikmache, sondern wir müssen die Realität, die es gibt hier diskutieren – in dem Sinn, wie es der Kollege Erber gesagt hat und uns ersucht hat, mitzuhelfen um Antworten zu finden und diese Situation auch in unserem Bundesland zu ändern und das machen wir sehr, sehr gerne, lieber Kollege Erber. (Beifall bei der SPÖ.) Die zuständige Landesrätin, Christiane Teschl-Hofmeister, hat im Zusammenhang mit der Vorstellung des NÖ Pflegepakets Richtung Bund gemeint, diskutiert wurde lange genug, jetzt erwarte sie zeitnahe, konkrete Ergebnisse. Wenn sie zuhören würde, könnte ich ihr sagen: „Sehr geehrte Frau Landesrätin, ich würde mir auch von Ihrer Seite konkrete Ergebnisse oder zumindest konkrete Vorschläge erwarten, die hier mit uns diskutiert werden, um in diesem ganz wesentlichen Bereich des Pflegenotstands, der Arbeitssituation, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzukommen.“ Wir alle haben die Resolution unserer Gewerkschaften aus diesem Bereich erhalten zur Notsituation im Bereich Gesundheit, Soziales, Pflege und Betreuung in Niederösterreich. Ich lese absichtlich einige Punkte vor, weil dann kann niemand kommen und sagen: „Ich weiß es besser.“ Sondern wenn es die Menschen, die Arbeitenden im Gesundheitsbereich nicht wissen, wer soll es denn hier sonst wissen? Und zwar wird hier angeprangert, dass pflegebedürftige Menschen zu Hause oft nicht mehr betreut werden können, da in der „Mobilen Pflege“ zu wenig Personal zur Verfügung steht. Auch das notwendige Aufstocken von Pflegestunden bei neuen Klientinnen und Klienten ist nicht möglich. Neue Klienten in unterschiedlichsten Bereichen wie z. B. der „Mobilen Pflege“, „Soziale Familienhilfe“ können aktuell nicht mehr versorgt werden und sie landen auf langen Wartelisten. Es gibt 100 offene Planstellen in der Pflege, in der Behindertenbetreuung, etc. Das bestehende Personal hat keine Dienstplansicherheit und wird über Gebühr gelastet. Das ist ein Punkt, den wir hier gemeinsam schon sehr häufig diskutiert haben und wo wir dann auch immer wieder diese Dienstplansicherheit eingefordert haben mit der Forderung von uns, dass man sich endlich an die Notwendigkeiten orientiert, wenn man den Personalschlüssel festsetzt für Niederösterreich. Die Liste der Missstände, die „Liste“, wenn Sie das Wort nicht so gern haben, der großen Herausforderung im Bereich der Pflege ist lang - auch die Antworten, die die Gewerkschaften geben und ich glaube, sie haben es sich verdient, dass wir hier einander zuhören und dass wir hier das auch wirklich ernst nehmen. Natürlich ist von jedem von uns der Ausbau der Ausbildungsplätze zu begrüßen, um über 400 auf über 2.000 Ausbildungsplätze. Aber mit dem wird es noch lange nicht getan sein. Wir alle kennen Menschen, vorwiegend Frauen, aber auch Männer, die engagiert sind, die motiviert sind und die gut ausgebildet sind und die unseren Pflegebereich verlassen, weil sie die eben genannte Dienstplansicherheit nicht haben, weil sie die Versorgung mit der Familie und dem Beruf nicht unter einen Hut bringen. Wenn man bilateral diskutiert, hört man oft: „Das ist Raunzen auf hohem Niveau.“ Ich glaube, es ist fünf nach zwölf und wir müssen diese Dinge ernst nehmen und nicht nur – was wir alle begrüßen – die Ausbildungsplätze auf der einen Seite erhöhen, sondern auch schauen, dass die bereits ausgebildeten, gut qualifizierten und hochmotivierten Männer und Frauen in dem Bereich der Gesundheit und Pflege in Niederösterreich bleiben. (Beifall bei der SPÖ.) Dass wir hier nicht Vorreiterrolle sind, weder Österreich noch Niederösterreich, zeigt eine OECD-Studie aus dem Jahr 2020, wo man europaweit die Verweildauer von ausgebildeten Pflegerinnen und Pflegern untersucht hat. Die ist in der Langzeitpflege in Österreich ca. sieben Jahre und damit unterdurchschnittlich. Das heißt, wir lassen Kapazitäten, die wir dringend brauchen, liegen. Wir setzen natürlich auch Geld für Ausbildung somit in den Sand, weil wenn ich die Leute ausbilde und dann bleiben sie nicht in dem Bereich, wofür sie sich qualifiziert haben, dann ist das doppelt bitter. 60 % der Pflegenden arbeiten Teilzeit, weil sie es anders nicht schaffen. Die Gründe sind auch schon genannt worden. Man kann sich auf den Dienstplan nicht verlassen. Man hat Versorgungs- und Betreuungspflichten. Auch hier, wenn die Arbeitsbedingungen passen, kann man natürlich Potenzial schaffen, wenn man von Teilzeit in Vollzeit kommt. Nur die Erhöhung der Ausbildungsplätze – das ist schon fast von allen Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt worden – wird bei weitem nicht reichen, um den Notstand in der Pflege zu lindern. Denn die Wahrnehmung des Pflegeberufes ist eine, dass es – und das stimmt natürlich – einerseits ein schöner Beruf ist, aber sehr, sehr fordernd und dass die Unterstützung sich über weite Strecken in Applaudieren und schöne Worte begrenzt. Was braucht es, um einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung zu gehen, um diesen Pflegenotstand, um diese Situation zu beheben, zu verbessern? Es braucht – auch das wurde schon öfter gesagt – eine bessere Bezahlung. Es braucht bessere Arbeitsbedingungen. Es braucht die Einstufung von Pflege in Schwerstarbeit … wurde von meiner Vorrednerin auch schon genannt. Zum gefühlten tausendsten Mal fordere ich hier – wahrscheinlich waren es keine tausend Mal, aber sehr oft – auch einen Pflegeschlüssel, der sich an der Realität der Pflegenden, an wissenschaftlichen Grundlagen orientiert und es braucht auch die Anstellung pflegender Angehöriger in Niederösterreich. Ich denke mir, dass wir diese Projekte zumindest einmal diskutieren sollen, weil natürlich ist es leicht in Richtung Bund zu sagen: „Genug diskutiert. Wir brauchen Antworten.“ Was für Österreich gilt, gilt für Niederösterreich, das sich immer schmückt, die Schnelleren und die Schnellsten zu sein, erst recht. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, genug diskutiert! Machen wir konkrete gesetzliche Schritte, um das Leben der Pflegenden und der Gepflegten besser zu machen und unser System nachhaltig zu gestalten. Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
Zweiter Präsident Moser: Weiters zu Wort gemeldet hat sich die Frau Abgeordnete Michaela Hinterholzer, ÖVP. Ich erteile dir das Wort.
Abg. Hinterholzer(ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde jetzt schon sehr viel gesagt, aber lassen Sie mich zu Beginn nochmal festhalten, dass es ja schon lange absehbar war und es bei Gott nichts Neues ist, dass wir in der Zukunft mehr Pflegepersonal brauchen. (Unruhe bei Abg. Ing. Mag. Teufel und Abg. Mag. Scheele.) Aufgrund der demographischen Entwicklung, die anstehenden Pensionierungen, die Veränderungen in der Familienstruktur, immer mehr Single-Haushalte und wir haben den Fokus immer darauf gerichtet, weil wir gewusst haben, dass dieses Thema ansteht. Das ist kein österreichisches Phänomen, ein niederösterreichisches schon gar nicht. Lesen Sie deutsche Medien! (Abg. Ing. Mag. Teufel: Ein Europäisches!) Da ist ebenso dieses Thema omnipräsent. Wir weisen auch seit Jahren darauf hin – und der Kollege Erber hat das ja ausgeführt – mit wie vielen Gesundheitsministern wir da schon gesprochen haben, dass das Land das nicht alleine stemmen kann, sondern dass wir unbedingt die Bundesebene dazu brauchen, aber trotz vieler Versprechungen wird immer wieder verschoben, wird ständig urgiert und es ist noch viel zu wenig passiert. Man muss schon auch dazu sagen, dass sich in den letzten zwei Jahren, während der Pandemie die Situation noch einmal grundlegend verschärft hat. Ich glaube, wir kennen alle das Foto der Schwester, die aufgrund von der Überlastung vor dem Krankenzimmer kauert. Ich glaube, dieses Bild spricht Bände. Dieses Bild zeigt ein schreckliches Berufsbild auf. Wer möchte denn in so einem Beruf arbeiten, wo man Gefahr läuft, dass man derartig überlastet wird? Wenn wir mehr Pflegerinnen und Pfleger haben wollen, dann wird es notwendig sein, dass wir zunächst das Berufsbild einmal ins richtige Licht rücken. Solche Bilder sind jedenfalls kontraproduktiv. Ich möchte hier schon auch eine Lanze brechen für die großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Pflegerinnen und Pfleger. (Abg. Mag. Scheele: Das haben wir in den letzten Sitzungen auch schon gemacht … eine Lanze gebrochen, oder? – Unruhe bei Abg. Ing. Mag. Teufel.) Die leisten tagein tagaus wirklich Großartiges und Sie können sich sicher sein, Frau Kollegin Kollermann, mit der Pflege wird gesprochen. Auch die Frau Landesrätin – es war eine ihrer ersten Aktionen – in den Pflegedialog in den Heimen mitaufzunehmen, mit dem Personal, mit den Menschen, die tagein tagaus das System aufrechterhalten. Was wir brauchen, ist mehr Personal. Das ist angesprochen worden. Da ist es zunächst einmal die Wertschätzung, die wir den Menschen entgegenbringen müssen und dass wir vor allem auch in der Öffentlichkeit immer wieder die positiven und die schönen Seiten des Berufs aufzeigen. Das nützt nichts: Die zusammengekauerte Schwester, die überfordert ist … da werden wir keine Leute bekommen. (Abg. Mag. Scheele: Die Leute sind ja nicht deppert, oder?) Das Hilfswerk führt seit Jahren Austrittsgespräche mit Pflegern, die leider dem Beruf den Rücken kehren. Wir wollen wissen: Warum treten diese Leute aus dem Beruf aus, suchen sich etwas anderes? An erster Stelle der Ursachen steht immer wieder die fehlende Planbarkeit der Ruhezeiten, dass man immer wieder für andere einspringen muss, Überstunden leisten muss und hier so ständig auch gefordert ist, unter Druck ist. Mehr Personal ist das Einzige, damit wir diese Problematik abstellen können. Natürlich ist es auch das Gehalt für den anspruchsvollen Job, aber ich möchte noch einmal sagen: Das steht nicht unbedingt an erster Stelle. An erster Stelle steht die Planbarkeit des Berufes. (Unruhe bei Abg. Ing. Mag. Teufel.) In Niederösterreich haben wir in den letzten Jahren 1.900 Pflegerinnen und Pfleger in den Gesundheits- und Krankenschulen ausgebildet. Das ist nicht wenig. Sie werden sich auch erinnern können, dass es noch nicht lange her ist, dass Bewerber abgewiesen wurden in den GuK-Schulen und genug Personal zur Verfügung stand, sowohl in den stationären als auch im mobilen Dienst. Es gab Wartelisten und viele sind nach Wien und nach Oberösterreich ausgependelt, nachdem sie ihre Ausbildung in Niederösterreich absolviert haben. Jetzt hat sich das Blatt grundlegend geändert. Wir kriegen jetzt zwar noch Ausbildungsplätze dazu, aber man muss schon sagen, dass gerade in der letzten Zeit auch zur Verfügung stehende Ausbildungsplätze nicht besetzt werden konnten, weil es schlichtweg zu wenig Bewerber gab. (Abg. Mag. Scheele: Genau, habe ich ja gesagt. Mehr zahlen!) Das zusammen dann noch mit den Berufsaussteigern – das ist die Spirale nach unten, die wir dringend durchbrechen müssen. Ja, und da bin ich wieder beim Bund. Die Pflegereform ist überfällig. Das kostet natürlich auch viel Geld und die Länder alleine werden es nicht stemmen können. 50 Millionen Euro sind ja im Budget bereits vorgesehen – zweckgebunden für die Pflegeausbildung. Das heißt, rund 10 Millionen wären das pro Jahr für das Land NÖ. Bis heute keine Richtlinien, keine Verordnung wofür diese Summen auch verwendet werden können. Ich glaube aber, dass das Potenzial da ist und die Umfrage hat es uns ja gezeigt. Bei den Jugendlichen in Niederösterreich haben 16 % grundsätzlich einmal Interesse an dem Beruf und können sich vorstellen in die Krankenpflege einzusteigen. Wir werden diese Leute brauchen. Warum? Es gibt ja auch diese Studie, die besagt, dass 2025 jeder fünfte Schulabgänger eine Ausbildung in einem Pflegeberuf ergreifen muss, um die Versorgung sicherzustellen. Also wir brauchen sehr, sehr viele Leute, um das Problem zu bewältigen. Ich glaube, da braucht es viele Ebenen, die angesprochen werden müssen. Zunächst einmal die Pflichtschulen. Da gibt es jetzt schon einen Schulversuch mit den Mittelschulen mit dem Bereich „Gesundheit und Soziales“, Pilotversuche. Das Zweite: die Pflegelehre. Die wurde jetzt schon von mehreren angesprochen - gerade der Herr Kollege Königsberger. Es gibt fast keine Sitzung, wo Sie die Pflegelehre nicht als das Allheilmittel hinstellen. Ja und ich bin bei der Frau Landesrätin Teschl-Hofmeister. Das ist eine Perle – eine Perle, aber an einer Kette. Ich würde es als einen Mosaikstein bezeichnen, denn (Abg. Königsberger: Danke. – Unruhe bei Abg. Ing. Mag. Teufel. – Heiterkeit bei Abg. Handler.) es hat schon seinen guten Grund, warum man erst mit 17 an einem Krankenbett arbeiten darf. Das schafft nicht jeder: Das kann nicht jeder und da springen sonst allzu viele ab. Und das Schweizer Gesundheits- und Sozialsystem … ich habe mir das einmal angeschaut … dort die Pflegesituationen … Herr Kollege, ich würde Ihnen das auch empfehlen. Das ist völlig anders aufgesetzt als unseres. Pflegeausbildung und Matura: 5-jährige Schulen mit dem Abschluss als Pflegefachassistenten und Matura … ich glaube, das könnte für eine größere Anzahl von Jugendlichen interessant sein. Es gibt jetzt zwei Privatschulen – in Gaming und in Wiener Neustadt … sind gestartet. Da glaube ich, ist auch noch mehr möglich in öffentlichen Schulen. Auch hier sollte noch mehr passieren. Dislozierte FH-Lehrgänge: Ja, natürlich, wir werden mehr diplomiertes Personal brauchen. Mistelbach ist einmal gestartet. Wir hoffen, dass es gut läuft. Das NÖ Pflegepaket – das wurde schon angesprochen: Die Frau Landeshauptfrau hat es gemeinsam mit der Frau Landesrätin Teschl-Hofmeister vorgestellt. Wir haben jetzt noch einmal die Ausbildungsplätze aufgestockt von 1.900 auf 2.100. Aber meine Damen und Herren, da wird es wichtig sein – und das ist auch eine Aufgabe für uns alle hier herinnen: Wir müssen diese Plätze auch füllen. Wir müssen positiv darüber reden, den Menschen auch sagen, das ist ein zukunftssicherer Beruf, auch mit vielen Aufstiegschancen – ein sehr erfüllender, ein sehr sinnstiftender Beruf. Nur so werden wir auch die nötige Anzahl an Schülern bekommen. Aus meiner langjährigen Erfahrung beim Hilfswerk kann ich Ihnen sagen, es gibt viele Menschen am zweiten Bildungsweg, die in der Mitte des Lebens ganz einfach noch einmal den Beruf wechseln wollen, erst dann ihre soziale Berufung, die halt zu diesem Bereich dazugehört, spüren und dann eine Ausbildung in einem Pflegeberuf starten wollen. Mangels entsprechender Unterstützung war das vielleicht in der Vergangenheit vielen nicht möglich. Aber genau da müssen wir ansetzen. Da müssen wir motivieren. Da müssen wir unterstützen, damit eben diese Menschen in der Mitte des Lebens hier noch einmal einsteigen. Es ist einmal sehr zu begrüßen die Übernahme der Schulgelder und Studiengebühren an den GuK und an den Diplomlehrgängen an der FH durch das Land – ein erster Schritt – und ab September 2022 die Ausbildungsprämie von 420 Euro pro Monat an alle Auszubildenden, Pflegeassistenten und Pflegefachassistenz. Ich glaube, es ist ein guter Schritt, Frau Kollegin Scheele, auch das Bundesland Kärnten zieht nach. Ein SPÖ-geführtes Bundesland macht ebenfalls diese Prämie. Ich glaube, es ist ein erster und ein guter Schritt. 12 Millionen Euro wird das in Niederösterreich kosten und das Geld wird zur Verfügung gestellt. Ich möchte aber auch hier erwähnen – und das wurde noch nicht gesagt – es gibt auch vom AMS Unterstützungen, die vielleicht zu wenig bekannt sind, die man auch noch besser bewerben muss. „AQUA“ – arbeitsplatznahe Qualifizierung und auch das Fachkräftestipendium. Ich habe mir da einige Bereiche angeschaut, wie viel man da – natürlich mit den entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen – bekommen kann. Das ist halt sehr unterschiedlich. Je nach der Situation zwischen 1.000 und 1.200 Euro pro Monat plus die Prämie von 420 Euro. Naja, ich denke, da kann man schon vielleicht auch diese Zeit überbrücken und diese Ausbildung auch machen. Auch die Unterstützungsmaßnahmen für pflegende Angehörige … ja, die müssen ein Thema sein, auch in der Pflegereform, weil ja noch immer 80 % Gott sei Dank in der eigenen Familie gepflegt werden. Das burgenländische Modell: Es wurde mehrfach angesprochen. Es ist aber, glaube ich, nicht unbedingt der große Renner, denn von 600 angebotenen Anstellungen sind zurzeit 200 vergeben. Warum? Das ist auch ganz einfach. (Abg. Mag. Scheele: Lösungen … unverständlich.) Nur ein Drittel der pflegenden Angehörigen ist im erwerbsfähigen Alter. Das heißt, dass alle anderen eigentlich selbst schon in der Pension sind. Es ist – wie gesagt – im Burgenland in diesem Modell wird es so nicht angenommen. Das Land tut, was es tun kann. Ich wiederhole noch einmal: Wir brauchen die Unterstützungen und die Maßnahmen des Bundes. „Community Nurse“, ja, ein erster Schritt … leider nur mit einer Anschubfinanzierung für drei Jahre aufgrund einer EU-Finanzierung. In Niederösterreich hat es großes Interesse gegeben, denn mit Oberösterreich gemeinsam haben wir die meisten Projekte auch genehmigt bekommen. Was wir sicher auch brauchen – auch da ist der Herr Gesundheitsminister dringend gefordert – es wurde zwar das Ausbildungsgesetz in der Gesundheits- und Krankenpflege geändert, was aber nicht geändert wurde, sind die Kompetenzen. Da würde schon große Abhilfe geschaffen werden, wenn die Kompetenzregelung auch dem Ausbildungsgesetz angepasst würde. Ich bin bei meinen Vorrednern: Es ist eigentlich höchste Zeit – vor allem auf Bundesebene – zu handeln. Wir haben da keine Zeit mehr zuzuwarten. Ich glaube, mit dem Pflegepaket ist einiges hier in Niederösterreich geschehen. Das Land tut, was es tun kann. Bundesschritte sind notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)
Zweiter Präsident Moser: Weiters noch zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Ina Aigner, FPÖ.
Abg. Aigner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Liebe Kollegen! Wir haben hier im Hohen Haus in jahrelangen und unzähligen Debatten darauf hingewiesen, dass im Bereich der Pflege dringender Handlungsbedarf besteht. Wir haben jahrelang vor einem auf uns zukommenden Kollaps gewarnt. Auf alle unsere Warnungen und Argumente wurde von der ÖVP-Seite nicht reagiert. Sogar als Angst- und Panikmache wurden unsere Vorschläge abgetan. Heute sitzen wir auf dem Scherbenhaufen der schwarz-grünen Pflegepolitik in Bund und Land. Wir stehen nunmehr nicht vor dem Kollaps und Notstand in den Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufen. Nein, wir haben den Kollaps bereits. Keine der angekündigten Reformen wurde jemals von der türkis-grünen Regierung umgesetzt. Sei es im Gesundheits- als auch im Pflegebereich. Die Menschen in diesen Berufen sind an ihrer Belastungsgrenze angekommen. Jeder Vierte, der in diesem Beruf tätig ist, möchte diesen Beruf wechseln. Ja, die Menschen in diesen Berufen sind körperlich und psychisch am Limit. Auch von den versprochenen Anerkennungen während der Corona-Pandemie ist von den Leistungen, die von der Bundesregierung versprochen wurden, nichts angekommen. Der Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich hat bereits vor der Krise unter einem massiven Personalmangel gelitten. Auch hier wurden unsere Warnungen in Bezug auf Niederösterreich verworfen. Durch die verfehlte Corona-Politik von TÜRKIS-GRÜN im Bund und SCHWARZ im Land NÖ wurde diese Entwicklung noch zusätzlich verschärft. Als Folge dieses Systemkollapses stehen in Niederösterreich mittlerweile 370 Betten in unseren Pflegeheimen leer, weil das Personal dafür fehlt und verantwortlich dafür ist die ÖVP Niederösterreich. Dieser Notstand ist von der ÖVP Niederösterreich hausgemacht und die logische Konsequenz einer völlig falschen und verfehlten Pflegepolitik der Landesschwarzen. (Beifall bei der SPÖ und FPÖ.) Die ÖVP bekommt jetzt die Rechnung dafür präsentiert, jahrelang die Hausaufgaben im Bereich der Pflege nicht gemacht zu haben (Abg. Erber, MBA: Das war euer eigener Minister.) und die Leidtragenden, die diese leerstehenden Pflegebetten dringend brauchen würden, sind unsere Niederösterreicher. Da hilft es nicht, dass mein Kollege, Erich Königsberger – er hat es schon in unzähligen Sitzungen gesagt – wenn sich Frau Landesrat Teschl-Hofmeister ständig auf den Bund ausredet und dorthin die Schuldzuweisungen macht. Das ist eine schwache Ausrede und ein Abputzen auf dem Rücken unserer pflegebedürftigen Landsleute. Stellen Sie bei Ihren Kollegen in der Bundesregierung endlich sicher, dass das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz dementsprechend geändert wird und der Lehrberuf „Pflege und Betreuung“ zur Realität wird! Wir müssen unsere Jugend in diesen Beruf bringen. Sie sind die Zukunft. Ohne die notwendigen Voraussetzungen wird das allerdings nicht gelingen. Hier gehören klare Ansagen gemacht, aber auch Taten gesetzt. Rund 100.000 zusätzlich erforderliche Pflegekräfte bis 2020 (Abg. Erber, MBA: 2050!) sprechen eine deutliche Sprache. Wir brauchen ein Pflegenetz, das jeden Pflegebedürftigen auffängt und keine Ungerechtigkeiten zulässt. Wir brauchen auch keine 370 leerstehenden Betten, die immer mehr werden. Wir brauchen endlich mehr Pflegepersonal, das entsprechende Bedingungen vorfindet und diesen Beruf endlich wieder attraktiv macht. Jetzt, ein Jahr vor der Wahl, kommt die ÖVP Niederösterreich drauf und tut so als wäre alles kein Problem. Wir erhöhen einfach die Ausbildungsplätze und es ist alles wieder auf Schiene – wieder ein verbesserter Antrag der ÖVP in der nächsten Landtagssitzung. Die Ausbildungsplätze sind nämlich nicht das Problem. Da herrscht kein Mangel. Auszubildende zu begeistern und ausgebildete Kräfte zu halten, das ist das Problem. Die Rahmenbedingungen müssen attraktiver gemacht werden – und das jetzt! Keine Versprechen vor der Wahl und danach keine Taten. Das ist der falsche Weg. Und liebe Kollegin Hinterholzer, die ÖVP Niederösterreich hat bis jetzt den Kopf in den Sand gesteckt, nicht darauf hingewiesen und auch nicht gehandelt. Wenn Sie echte Lösungen wollen, lesen Sie die gesammelten Anträge von uns in Ihrem Geschenk, dem Pflegebett! Setzen Sie unsere Dinge um und dann ist den Menschen, die es notwendig haben, wirklich geholfen. (Beifall bei der FPÖ.)
Zweiter Präsident Moser: Weiters noch zu Wort gemeldet hat sich die Frau Abgeordnete Helga Krismer-Huber von den GRÜNEN.
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesräte, -rätin! Hohes Haus! So, jetzt muss es schnell gehen, genau. Ich sehe gerade: Nur eine Minute, aber ich denke, es geht sich aus. Es geht sich insofern aus, weil sich manche Dinge einfach wiederholen. Der Herr Präsident kann sich wahrscheinlich daran erinnern, als wir im Jahr 2003, 4, 5 von einem Pflegenotstand in Niederösterreich gesprochen haben. Zuerst hat die ÖVP gesagt: „Wir haben keinen.“ Dann haben wir sehr, sehr viele Menschen in der Pflege ausgebildet. Es ist echt ein Schub durchs Land gegangen und dann hat es gestockt und wir hatten Veränderungen in: Wie bilden wir die Menschen aus? Wir sind zum Schluss gekommen, dass es sehr viel zu tun gibt in Niederösterreich, wo wir den Bund nicht zwingend brauchen. Das erste Positive nach langem Drängen, dass es sozusagen jemandem, der sich umschulen möchte, es möglich ist jetzt mit diesem Stipendium – lange gefordert. Wir sind davon überzeugt, dass wir in jeder Region eine höhere Lehranstalt für Pflege brauchen, könnten wir einmal zumindest initiieren, wenn wir wollten, in Niederösterreich. Wir brauchen auch…
Zweiter Präsident Moser: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende. Ich ermögliche Ihnen einen Schlusssatz.
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Letzter Schlusssatz, danke Herr Präsident! Der Schlusssatz ist: Wir können wirklich verdammt viel in Niederösterreich selber machen und müssen nicht auf den Bund warten – wer auch immer das dort entscheidet und auch dort ist die ÖVP mit dabei. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und Abg. Ing. Mag. Teufel.)
Zweiter Präsident Moser: Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Somit erkläre ich diese Aktuelle Stunde für beendet.
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