Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1937/A-8/48-2022 – Pflegenotstand beenden – Sicheres Pflegenetz für Niederösterreich!
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Erber, MBA (ÖVP): Abgeordneter Königsberger, das ist kein Pflegebett. Das ist ein Puppenbett, weil ein Pflegebett hat ja eine Dekubitus-Matratze drinnen und auch etwas zum Anhalten. (Abg. Königsberger und Abg. Ing. Mag. Teufel: Da haben wir zu wenige, darum haben wir keines mitgenommen.) Aber um das sollte es heute gar nicht gehen. Schaut ihr, Tatsache ist – und da brauchen wir ja nichts Schönreden – da ist ganz, ganz viel notwendig in Niederösterreich. Da gehört viel getan, nicht nur in Niederösterreich, sondern wir haben ja in Wahrheit österreichweit große Herausforderungen. Wissen Sie, wenn Sie Niederösterreich da jetzt so darstellen als wäre das alles so furchtbar – unterlaufen Sie sich da nicht selber? Es sind so viele Beschlüsse einstimmig in dem Haus getätigt worden, die Niederösterreich dorthin gebracht haben, wo wir heute sind. Und Niederösterreich ist in Wahrheit ein Musterbeispiel wie man Sozialpolitik und Pflegepolitik machen kann und da gab es ja wirklich großartige Menschen, die sich um diese Thematiken angenommen haben – beginnend von der Liese Prokop, die weit voraus gedacht hat, aber auch vonseiten der Sozialdemokratie mit Onodi, wirklich einer Spezialistin, die da mit dabei war und wir haben vieles zusammengebracht. Wir haben vieles gemeinsam beschlossen und ich habe eine einzige Bitte: Nehmen wir es wirklich nicht her! Weil es interessiert die Leute auch nicht, dass wir da jetzt glauben, wir können da Kleingeld wechseln auf dieser Thematik der Pflegepolitik und der Betreuungspolitik. Da geht es um viel zu viel. Da haben wir viel zu viel gemeinsam zu tun. (Beifall bei der ÖVP.) Nun geschätzte Präsidenten, werte Landesräte! Worum geht es dann in der Betreuungs- und Pflegedebatte? Es geht darum – und das waren auch schon durchaus dargestellte Begriffe – dass wir Menschen menschlich behandeln. Und zwar die, die betreut und gepflegt werden auf der einen Seite und die, die betreuen und pflegen auf der anderen Seite. Und wir stehen heute vor dieser Herausforderung, dass wir aktuell 470.000 Pflegegeldbezieher in Österreich haben und jetzt können Sie sich ausrechnen, was das für Niederösterreich bedeutet, und dass es binnen der nächsten 30 Jahre auf über eine Million steigen wird. Das ist das Eine. Das Zweite ist, wir haben 130.000 Demenzerkrankte. Die werden sich in diesem Zeitraum auch fast verdoppeln. Das sind Zahlen, die liegen auf dem Tisch. Was ich dazu aber auch noch sagen will, ist: Bisher werden 85 % durch die eigenen Familien versorgt. Wir wissen aber jetzt, dass sich die Familien verändern. Die Familien werden kleiner. Die Kinder sind besser ausgebildet, wohnen sehr oft nicht mehr im selben Haushalt oder im Nachbarhaus, sondern sie besuchen Schulen, sie machen eine Berufsausbildung, sind dann in Linz, sind dann in Wien berufstätig und können Tätigkeiten, die vor einigen Jahren noch selbstverständlich waren, nicht mehr in der Familie übernehmen. Also das ist die Grundlage von der wir starten. Ich wiederhole nochmal: Unser Ziel ist es, die Menschen dabei zu unterstützen, dass sie ihre letzte Lebensphase auch menschlich verbringen dürfen. Jetzt ist vieles passiert und wenn Sie sich die Protokolle durchlesen und gerade in diesem Thema, wenn Sie es sich anschauen: In jedem Jahr sind dutzende Beschlüsse gefasst worden. Ein Großteil davon einstimmig. Es ist viel passiert, aber – und das ist Verantwortung – es ist auch noch viel notwendig. Ich möchte es nur ganz kurz sagen, was denn da alles passiert ist. Niederösterreich hat 2007 als Erster einen Trend gesetzt bei der Unterstützung der 24-Stunden-Betreuung. Es war Niederösterreich, das die Sozialversicherung mit Förderung abgedeckt hat. Das heißt: Wir haben die Legalisierung in Niederösterreich erfunden, die 2008 vom Bund übernommen wurde. Wenn wir das jetzt wissen, ist das begleitet von unzähligen Anträgen, die wir gemeinsam beschlossen haben, das Pflegegeld zu valorisieren, das dann auch tatsächlich ein notwendiger Schritt war, nachdem sich fast 30 Jahre nichts getan hat in der Höhe des Pflegegeldes. Also ein gemeinsames niederösterreichisches Erreichen eines wirklich großen Zieles, das den Menschen sehr, sehr geholfen hat. Es sind in Niederösterreich auf modernste Weise „Mobile Dienste“ unterwegs … wenn Sie durchs Land fahren – das ist doch Zeugnis dessen, was Niederösterreich da aufgebaut hat. Ich möchte da jetzt gar nicht sagen die oder jene … ja, begonnen von der Caritas, Hilfswerk, Volkshilfe … Sie kennen diese zumeist Frauen und inzwischen auch etliche Herren, die unterwegs sind und gerade dieses Bild, dieses soziale Bild Niederösterreichs sogar sichtbar machen und prägen. Die 24-Stunden-Betreuung ist durch diese Initiativen in Niederösterreich zu einer wirklich großartigen Säule geworden. Wir haben allein im letzten Jahr 6.500 Versorgte durch die 24-Stunden-Betreuung. Wir hatten hinter uns ein Ausbauprogramm für Pflegeheime. De facto sind jetzt gerade 2.000 neue Plätze auf die Reise geschickt worden. Das heißt, wir können mit Fug und Recht sagen: „Niederösterreich ist kein Gebiet des Pflegenotstands, sondern Niederösterreich ist ein Vorbild, was die Pflege anbelangt.“(Beifall bei der ÖVP.) Aber, geschätzte Kollegen, ich möchte es ja nicht wegreden. Wir kriegen das schon mit: Die Menschen, die pflegen, die Menschen die betreuen, die stehen unter Druck – ja, verstärkt durch Corona. Aber selbst ohne Corona würden sie unter Druck stehen, weil einfach die Anforderungen viel schneller wachsen als vielleicht darauf reagiert werden kann. Darum ist jetzt ein „noch mehr“ notwendig und dieses blau-gelbe Pflegepaket , das wird die Abgeordnete Hinterholzer noch im Detail vorstellen. Nur wissen Sie, was wir auch brauchen? Wir brauchen Lösungen, die auch in Zukunft gesichert und stabilisiert sind. Was meine ich damit? Es ist schön, wenn man 150 Millionen Euro für „Community Nurses“ beschließt – einen Einmaltopf mit 150 Millionen Euro. Nur, wir dürfen jetzt auch überlegen: Was machen wir damit? Denn wir können nicht jetzt Strukturen schaffen und sozusagen Angebote anbieten und wenn die 150 Millionen Euro dann verbraucht sind, dann wissen wir nicht, wie wir diese Strukturen weiterfinanzieren sollen. Es kann ja nicht so sein, dass wir Strukturen schaffen und dann am Ende sind Land und Gemeinde in der Pflicht, das weiter zu finanzieren, weil es nicht nachhaltig ist. Und wir brauchen Nachhaltigkeit – gerade bei der Planung von künftigen Pflegeformen und von künftigen Angeboten. Dasselbe ist auch bei dieser einen Milliarde Euro, die jetzt auf den Tisch gelegt wird. Ja, danke! Das ist schon durchaus ein großer Betrag, wenn man eine Milliarde Euro, die jetzt durch die Impflotterie, die nicht gemacht wird, auf den Tisch legt. Nur es geht darum, Strukturen zu schaffen und diese nachhaltig auch zu sichern. Rechnen Sie es sich durch! Ich habe vorher von einer Million Pflegebedürftige bis ins Jahr 2050 gesprochen. Jetzt hört sich eine Milliarde viel an. Aber das sind ja gerade einmal 1.000 Euro pro Pflegebedürftigen und wir wissen alle, was da in Wahrheit notwendig ist, wenn wir es in dieser Qualität, die wir jetzt haben – und ich hoffe, da sind wir uns einig … wir wollen diese Qualität, wie wir sie jetzt haben zumindest aufrecht erhalten. Unser Ziel muss es sogar sein, diese Qualität nach Möglichkeit noch auszubauen. Also: Da liegt schon einiges am Tisch. Die Familien werden von uns unterstützt. Die sozialmedizinischen Dienste – schauen Sie sich die Budgets an – werden von uns unterstützt. Aber was die beiden eint, genauso wie die Heime, ist … ich habe diese Resolution auch gelesen, wo steht: „Wir brauchen planbare Arbeitszeiten. Wir stehen unter Druck. Wir sind überfordert. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – das ist nicht das, was man sich vorstellt, bis hin zum Einkommen.“ Ich habe das alles gelesen. Nur worauf fußt denn das im Gesamten? Und zwar, was wir tatsächlich brauchen ist – ich habe es vorher mit den Zahlen gesagt, ich habe es mit den Familien untermauert – ein Mehr an Menschen, die in diesen Beruf hineingehen. Die Menschen, die in diesen Beruf hineingehen, die besondere Menschen sind, die haben einen Hang, sonst würden sie es nicht machen … die brauchen unsere Unterstützung, dass wir tatsächlich auch in die Zukunft blicken. Und das geht nur mit einem Mehr an Menschen. Das heißt: Druck wegzubekommen, Arbeitsbedingungen zu verbessern … wird es ein Mehr sein. Wissen Sie, auch meinem Vorredner … ich gestehe ihm da wirklich gutes Wollen zu. Nur wir können doch eins nicht wegdiskutieren: Dieser Bedarf liegt am Tisch. Und zu glauben, dass das jetzt schaffbar ist, indem wir Pflegeausbildungen anbieten, die wir ja anbieten. Unsere Herausforderung ist es ja nicht das Angebot zu machen, sondern dass wir Menschen auch dazu bringen, dass sie die Pflegeangebote wahrnehmen. Das mit den 420 ist ja nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Die Abgeordnete wird es dann noch genauer aufschlüsseln. Aber da kommen ja auch die AMS-Förderungen noch dazu. Das heißt, die Absicherung durch das AMS kommt da noch dazu, wird noch genau aufbereitet. Jetzt können wir das drehen und wenden wie wir wollen. Es müsste jeder fünfte junge Mensch, der auf den Arbeitsmarkt kommt, im Pflege- und Sozialbereich tätig werden, wenn wir die Zukunft stemmen wollen. Und Abgeordneter Königsberger, ich stehe da ja nicht an zu sagen: Ich war auch am Anfang skeptisch mit dem Vorschlag der Pflegelehre, weil ich darauf verwiesen habe … naja, müssen wir schon aufpassen … ein Mädel mit 15 Jahren, das jetzt vor einem Dementen steht, das wird nicht so ohne sein, weil die ist noch nicht ganz so weit. Ihr wart immer ganz vehement dafür. Dann haben wir weiterdiskutiert und dann haben wir gesagt: Ja, wenn wir es schaffen, dass man die Rahmenbedingungen so hinbringt, dass sie am Beginn dieser Lehrzeit nicht sozusagen alleine am Bett steht, dann sollten wir das verfolgen. Unsere Landesrätin hat das ja zu Recht als Perle bezeichnet, weil Niederösterreich eines der ersten zwei Bundesländer ist, die gesagt haben: Ja, wir wollen das. Wir wollen uns dem stellen. Wir möchten Pilotregion für die Pflegelehre sein. Wissen Sie, was wir schon machen müssen, ist: Wir müssen das auch wahr ansprechen. Das heißt: Niederösterreich ist da nicht isoliert und wir sollten da nicht jetzt eine Partei verantwortlich machen oder hinstellen, sondern in Wahrheit: Es ist der Landtag, der das machen kann, was in seiner Kompetenz ist. Nur: Die Pflegelehre ist das beste Beispiel. Das wird nicht gehen ohne die Koordination mit dem Bund. Das ist Bundeskompetenz, wie vieles anderes auch. Wir brauchen dazu den Bund. Wissen Sie, wenn Sie jetzt immer so auf eine Partei – in dem Fall auf die ÖVP – hinzeigen: Ich war bei allen Sozialministern, wirklich bei allen Sozialministern und habe gesagt, so könnten wir uns das vorstellen. Und wer waren diese Sozialminister, die ich besucht habe und zwar persönlich? Es war der Buchinger, es war der Hundstorfer, der Stöger der SPÖ, es war die Hartinger-Klein von der FPÖ, die verantwortlich war, Anschober und Mückstein. Und wissen Sie, das ist nicht einmal so, dass die nicht gesagt haben: „Ja, da ist etwas dabei. Das können wir machen. Das können wir angehen. Das brauchen wir.“ Sondern sehr viel Verständnis ist da gekommen. Nur wissen Sie, was das Problem war? Kaum dass es ein bisschen in Richtung Umsetzung gegangen ist, war der weg und der Nächste ist gekommen. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Das heißt, wir sind bei dieser ganzen Pflegedebatte nicht soweit gekommen, dass wir endlich die notwendige Umsetzung auch machen. Noch einmal: Also die Verantwortung liegt beim Land und liegt bei den Ministern. Also damit wir das auch einmal richtig darstellen. Wenn Sie jetzt sagen: „Mit der Pflegelehre könnten wir das bewältigen.“ Dann sage ich Ihnen: „Die Schweiz ist ein schlechtes Beispiel.“ Da ist in Wahrheit alles über Gemeinden finanziert, alles über Gemeinden organisiert und bezahlt wird alles von jenen, die in diese Pflegeverbände reingehen. Die nennen das „Lokale Pflegeverbände“. Das heißt, da muss so gut wie alles selbst von den Einwohnern bezahlt werden. Also das wird nicht unser Vorbild sein. Nicht, dass man sich von der Schweiz nichts abschauen könnte. Aber da, glaube ich, sind wir sogar schon um ein Stückchen weiter, als es die Schweiz jetzt ist. Also: Gerne und zwar gemeinsam … Land … wir brauchen dazu auch den Bund und wir brauchen dazu mehr als nur die Pflegelehre. Ich weiß schon, jetzt wird mancher das versuchen politisch zu nutzen. Aber ich lege es auf den Tisch. Bei unserer Geburtenrate wird es nicht anders gehen als auch sozusagen auf Drittstaaten zurückzugreifen. Nur die Frage ist: Mit wem machen wir denn das? Das heißt: Bilden wir aus in Drittstaaten und suchen wir gezielt jene, die wir dazu nutzen können. Das heißt, wir werden das brauchen, wenn wir diese Qualität aufrechterhalten wollen. Wir müssen auch den Mut zu Pilotprojekten haben – da möchte ich mich nochmal bedanken insbesondere auch bei unserer Landesrätin Christiane Teschl – den Mut haben, Pilotversuche zu machen, neue Wege zu gehen. Das heißt, betreutes Wohnen unterstützt mit 24-Stunden-Betreuung, eine Teilbarkeit der 24-Stunden-Betreuung, wo die Finanzen übrigbleiben, dass ich mir die Pflege, die gebraucht wird, noch zusätzlich ankaufen kann. Was wir noch brauchen, ist – und das kommt in fast jedem Bericht: Es ist ein Großteil der Arbeit, der heute auch schon verwendet werden muss, um Pflegedokumentationen zu machen. Ich glaube, auch da ist noch einiges drin, wo wir dazu beitragen können, dass die Betreuenden, dass die Pflegenden am Bett die Arbeit verrichten können und nicht für Pflegeberichte. Also ich glaube, da sind wir noch nicht am Ende. Und ich bitte Sie abschließend, ich bitte Sie, ich lade Sie ein, helfen Sie mit, denken wir gemeinsam nach, damit die Menschen menschlich behandelt werden in Niederösterreich und ich bitte Sie um eines: Lassen Sie es weg, die Leute – weder die Gepflegten, noch die, die die Pflege machen, können das hören, dass da politisches Kleingeld darauf gewechselt wird, weil die wollen eines, die brauchen eines: Die brauchen unsere Unterstützung. Nicht von einer Partei, sondern vom Land NÖ und das ist unsere Pflicht und das ist unsere Aufgabe. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
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