Zusammenfassung
Antrag des Umwelt-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1931/A-1/139-2022 – NEIN zu Atomkraft und fossilem Gas als „grüne Investition“ in der EU Taxonomie für nachhaltige Finanzen
Berichterstatter
Redner
- Edith Kollermann (NEOS) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht
- Helga Krismer-Huber (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht
- Ina Aigner (FPÖ) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht
- Kathrin Schindele (SPÖ) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht
- Josef Edlinger (ÖVP) Tagesordnungspunkt 7 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag einstimmig angenommen
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Wir kommen zum Verhandlungsgegenstand 1931, Antrag der Abgeordneten Edlinger u.a. betreffend NEIN zu Atomkraft und fossilem Gas als „grüne Investition“ in der EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Rennhofer die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Ing. Rennhofer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich berichte zum Antrag Geschäftszahl 1931, ein Antrag der Abgeordneten Edlinger u.a. betreffend NEIN zu Atomkraft und fossilem Gas als „grüne Investition“ in der EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen. Dieser Gegenstand ist ja schon länger Tagespolitik. Damit werden Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig und klimafreundlich eingestuft. Die EU-Taxonomie ist Teil des „EuropäischenGreen Deals“ und soll Investitionen in den Klimaschutz lenken. Kernenergie ist weder klimafreundlich noch sicher. Die Kosten sind deutlich zu hoch. Die Bauzeiten zu lange, um einen energiewirtschaftlichen und klimatisch relevanten Effekt zu erzielen. Das Land NÖ verfolgt seit Jahren, eigentlich seit Jahrzehnten, konsequent eine Anti-Atompolitik. Niederösterreich bekennt sich zu sauberer, nachhaltiger Energiegewinnung aus erneuerbarer Energie. Es gibt dazu zahlreiche Anträge und Beschlüsse im Landtag. Der Energiefahrplan 2020/30 zeigt den Weg zu nachhaltiger Energie und Klimazukunft in Niederösterreich und zwar durch den stetigen Ausbau der erneuerbaren Energien in unserem Land. Wir haben bereits seit 2015 100 % erneuerbare Energie in Niederösterreich, erneuerbaren Strom. Ich komme daher zum Antrag des Umwelt-Ausschusses über den Antrag der Abgeordneten Edlinger, Hauer, Kaufmann, Kasser, Dr. Michalitsch, Ing. Rennhofer betreffend NEIN zu Atomkraft und fossilem Gas als „grüne Investition“ in der EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird ersucht, an die Bundesregierung heranzutreten und diese aufzufordern,
- die österreichische Anti-Atompolitik auf EU-Ebene in Richtung Ausstieg aus der Atomkraft und den gleichzeitigen Ausbau der erneuerbaren Energieträger weiterhin konsequent zu verfolgen,
- sich verstärkt auf europäischer- und zwischenstaatlicher Ebene dafür einzusetzen und
- dabei alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, damit Atomkraft und fossiles Gas generell nicht als nachhaltige Energiequellen und im Speziellen auch nicht im Sinne der EU-Taxonomie als solche deklariert werden und
- dass es zu keiner anderen direkten oder indirekten Subventionierung für den Atomkraftausbau in Europa aus EU-Förderprogrammen kommt bzw. diese umgehend eingestellt werden.“
Frau Vorsitzende, ich ersuche um Debatte und Abstimmung über diesen Antrag.
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Herr Abgeordneter, ich bedanke mich sehr herzlich für die ausführliche Einleitung zu dieser Debatte, darf diese zugleich eröffnen und das Wort der Frau Abgeordneten Edith Kollermann von den NEOS erteilen und zugleich – bevor die Frau Abgeordnete das Rednerpult betritt – ergänzen, zur Ltg.-1913, dass dieser Antrag auf Ablehnung auch von den NEOS angenommen wurde und das somit auch im Protokoll steht. Bitte, Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Danke, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben auch in der Antragsbegründung des vorliegenden Antrags gehört, worum es geht. Natürlich müssen wir zugeben, dass der NÖ Landtag jetzt keine besondere Einflussmöglichkeit hat, aber es geht ja auch darum, Position zu beziehen. Schauen wir uns das noch einmal kurz im Detail an. Mit dem „Europäischen Green Deal“ haben sich alle EU-Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet bis 2050 klimaneutral zu werden. Österreich versucht auch noch ambitionierter zu sein und möchte das auch bis 2040 schon erreichen. Dass der angestrebte ökologische Wandel notwendig ist, ist allen klar, ist natürlich auch teuer. Wie soll das finanziert werden? Da kommt jetzt die EU-Taxonomie ins Spiel. Die Europäische Kommission hat errechnet, dass bis zum Jahr 2050 Investitionen in diese Wende in Höhe von 520 Milliarden Euro pro Jahr erforderlich sein werden. Das ist eine Summe, die bei uns selbst nach zwei Jahren Schuldenaufbau mit Milliardenbeträgen, nicht mehr vorstellbar ist. Öffentliche Gelder allein werden hiezu jedenfalls nicht reichen. Es geht darum, auch private Investoren dazu zu motivieren, um für Klimaprojekte und für die Energiewende zu mobilisieren. Die Kategorie „nachhaltig“ wird aber von Banken, von Finanzdienstleistern, von Ratingagenturen durchaus sehr unterschiedlich definiert. Um hier Klarheit zu schaffen, einigten sich die Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament darauf, auf die Verordnung über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen, wie die in Kurzform EU-Taxonomieverordnung heißt. Damit sollte eine Art Nachhaltigkeitssiegel auch für Finanzprodukte geschaffen werden, um auch zu verhindern, dass es zu einem „Greenwashing“ kommt, dass man sagt, das hat ein Nachhaltigkeitssiegel und in Wirklichkeit ist aber dann doch etwas anderes drinnen. Der Teufel liegt – wie immer – im Detail. In der Ausarbeitung dieser Details wurde dann nun die Energiegewinnung „Gas“ und „Atomkraft“ als „grün“ eingestuft. Das hat natürlich eine politische Komponente. Es gibt Mitgliedsstaaten, die sind deutlich mehr abhängig von Atomkraft und Gas als andere und das hat die Kommission auch zu dieser wissenschaftlich höchst umstrittenen Entscheidung hinreißen lassen und das so beschrieben - mit Übergangsaktivitäten und alternativlos und unabdingbar – und deshalb würden sie als „grün“ gelten dürfen. Wir NEOS sprechen uns bei allem Verständnis für jene Mitgliedschaften, die nicht über so günstige Rahmenbedingungen verfügen, wie das bei uns mit der ausgebauten Wasserkraft ist, gegen eine derartige Definition aus. Denn umweltschonende Technologie muss umweltschonende und nachhaltige Technologie sein und das hat mit Atomkraft und Gas nichts zu tun. Was ist unsere Hauptkritik? Das Erste ist: Jeder Euro, der in Technologien wie Atomkraft oder fossiles Gas geht, fehlt in der Finanzierung der wirklichen erneuerbaren Energie. Da ist jetzt die Investitionslücke schon riesig und es lenkt einfach die Finanzierungsströme in die falschen Quellen. Zweitens geht es auch hier um Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Alle, die bewusst in nachhaltige Projekte investieren wollen, können sich dann auf dieses Nachhaltigkeitsgütesiegel der EU nicht verlassen und müssen sich nach Alternativen umsehen. Was ein Gütesiegel wert ist, wo nicht drin ist, was draufsteht, da können wir in Niederösterreich in einem anderen Wirtschaftsbereich auch ein Lied davon singen. Wir werden auf allen Ebenen, auf denen wir vertreten sind, gegen die Vorspiegelung falscher Tatsachen eintreten. Wer Transparenz ernst nimmt, der darf sie nicht nach Bedarf verwässern. Wir stimmen daher diesem Antrag zu. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächster Rednerin erteile ich der Frau Abgeordneten Helga Krismer-Huber von den GRÜNEN das Wort.
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Marktwirtschaft und Finanzwirtschaft brauchen Regeln. Die einen sagen, je weniger Regeln, umso besser, die anderen sagen, mehr Regeln vielleicht sind auch nicht schlecht und vor allem kommt es dann darauf an, welche Regeln und in welcher Qualität. Wir wissen, wohin sich Märkte entwickeln, wenn es möglich ist, immer mehr, immer billiger, immer mehr auf Kosten der Umwelt zu produzieren. Da brauchen wir uns nur Regionen anzusehen, wo sehr viele unserer alltäglichen Gegenstände herkommen – nämlich chinesische Regionen. Das heißt, sehr viele Gegenstände, die wir heute im Alltag schon verwendet haben, haben einen ökologischen Fußabdruck ganz woanders und wir glauben, wir sind hier irgendwo auf der quasi Butterseite der CO2-Bilanz. So schaut das ja nicht aus. Insofern hat die Europäische Union als wirtschaftliche Gemeinschaft, aber natürlich auch – gerade heute muss man das erwähnen – auch als Friedensprojekt einen Auftrag, gute Regelwerke herbeizubringen, sodass die Wirtschaft auf der einen Seite, wenn sie produzieren, aber auf der anderen Seite Konsumentinnen und Konsumenten wissen, wohin geht die Reise … und die Reise kann ja nur dort hingehen, dass wir die Klimaziele erreichen. Das ist das Einhalten der Klimaziele, weil es einfach um das nackte Überleben geht und wir wollen das ja auch gemeinsam schaffen. Leider ist es dann so wie immer, dass verhandelt wird – und der Vorrednerin, ihr pflichte ich ja bei in Ihrer Analyse – wenn man dann mit Staaten zu tun hat, für die Atomkraftwerke so normal sind, wie für uns ein Kleinwasserkraftwerk, dann ist es in Verhandlungen natürlich etwas schwer. Wenn man dann wieder welche hat, die sagen, Gas brauchen wir – meistens für die Industrie, wir sehen uns gar nicht raus … Gas brauchen wir für Industrie und als Wärmelieferanten, dann ist es schwer hier auf eine sozusagen Klimaspur zu kommen, um noch die Kurve zu kriegen. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum Gas- und Atomkraft für uns unverständlichst in diesem Regelwerk noch zugelassen werden, dass sie als gut dastehen, dass sie gefördert werden, dass Steuermittel da hineingehen, ist für uns unverständlich. Lassen Sie mich aber an dem Punkt der Atomkraft auch gerade einmal noch kurz einen Blick in die österreichische Vergangenheit werfen, weil es auch gestern einen guten Beitrag im ORF dazu gegeben hat, wo man Stefan Zach in „seinem“ Kraftwerk Zwentendorf gesehen hat. Wir vergessen alle, dass es damals bei der Abstimmung in Österreich nicht 98 % der Bevölkerung der Menschen gegeben hat, die gegen die Atomkraft waren. Es waren genau 50,5 %. Es war eigentlich „Spitz auf Knopf“, wie man sagen würde, mit 49,5 % und 50,5 %. Und Gott sei Dank war eine quasi gerade über den Durst-Mehrheit in Österreich gegen die Atomkraft. Entwicklungen … und spätestens mit Tschernobyl … und in einer nächsten Generation der Österreicherinnen und Österreicher, die wieder nichts wussten von Tschernobyl, denen ist Fukushima jetzt gegenwärtig … sind wir bei einem „Nein“ zu Atomkraft bei 95+, das ist je nach Umfrage. Das haben wir uns als Gesellschaft hart erarbeitet. So eine Grund ums Gas, wie wir hier heute tun im NÖ Landtag, sehe ich uns hier nicht. Wir haben heute eingangs einen Antrag eingebracht, der ganz klar Menschen unterstützen soll, die es sich nicht aussuchen können, ob sie Gas, Fernwärme, Wärmepumpe oder irgendetwas anderes haben als Wärmelieferanten. Menschen, die in einem gemeinnützigen Siedlungsbau wohnen, die in einem Gemeindebau wohnen und daher abseits der supertollen Förderungen, die es schon beim Bund gibt – und das macht diese Regierung und Leonore Gewessler sehr gut – brauchen wir in Niederösterreich eine Supraförderung im Bereich Wohnbauförderung, um all jene Menschen relativ rasch vom Gas wegzubekommen. Gerade heute, wo gegen die Ukraine bereits scharf geschossen wird, muss uns klar sein, dass wir unabhängig von Gas sein müssen. Das ist unsere Pflicht. Da gibt es ein Kopfschütteln bei den Freiheitlichen. Ja, ihr habt eine ganz eigene Beziehung mit Kneissl und Co, was Putin betrifft. Aber das müssen Sie sich mit Ihren Wählerinnen und Wählern ausmachen. Mit heute sind Sie entlarvt in Ihrem Verhalten. Aber noch einmal zurück, warum es so wichtig ist, dass wir vom Gas wegkommen: Weil wir in Niederösterreich uns auch schon längst klar bekennen könnten in der Bauordnung, „Nein“ zu Gas in jedem Bau in Niederösterreich zu sagen. Wir haben die Technik. Wir können es. Wir haben zu wenige Fachkräfte derzeit, ja, aber das ist das Einzige. Wir wissen es. Wir können es. Und wir tun es nicht. Das ist das Entscheidende: Wir tun es nicht. Wir haben noch immer eine Wohnbauförderung, die es zulässt, zwei Drittel Putin-Gas, ein Drittel Biogas. Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind nicht stringent und glaubwürdig in dem, was wir tun in Niederösterreich. Wir stimmen aber heute natürlich sehr gerne diesem Antrag zu. Eingangs kam die Kritik, nicht von Ihnen, Frau Präsidentin, sondern vom Ersten Präsidenten, als etwas … Anträge … irgendetwas einem Regierungsmitglied übergeben wurde und da hieß es, es sei Symbolpolitik. Bitte lassen Sie mich glauben, dass dieser Antrag heute nicht ein symbolpolitischer Antrag ist, sondern dass wir in Niederösterreich ehrlich daran arbeiten: Weg vom Gas und rein in die erneuerbaren Energien – und zwar rein in all unsere Häuser. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächster Rednerin erteile ich der Frau Abgeordneten Ina Aigner von der FPÖ das Wort.
Abg. Aigner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Landtages! NEIN zu Atomkraft und fossilem Gas als „grüne Investition“ in der EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen. Ein schöner Titel für einen Antrag – käme er nicht von der ÖVP, die dieser grünen Investition im EU-Parlament zugestimmt hat und hier im Landtag plötzlich dagegen ist. Wisst ihr eigentlich, was ihr wollt? Oder liegt es am Wahljahr und ihr denkt, die dummen Österreicher bekommen die Abstimmungen im EU-Parlament ohnehin nicht mit? Erzählen wir ihnen einfach: Wir in Niederösterreich sind dagegen, dann wählen sie uns schon wieder. Zu den GRÜNEN und der Wohnbauförderung: Man muss auch bedenken, man muss es sich leisten können, so zu bauen, dass man wohnbauförderungswürdig ist. Und da sind leider viele Leute, die irgendwo am Land leben und sich mit ihrem Ersparten ein kleines Häuschen kaufen und das vielleicht renovieren, nicht in der Lage. Wir Freiheitliche haben uns immer ganz klar gegen Atomkraft ausgesprochen. Es darf einfach nicht sein, dass weiterhin Atomkraftwerke genutzt, neu aufgebaut und jeweils unzählige Umweltverträglichkeitsprüfungen gemacht werden und nicht endlich gehandelt wird. Sogar einen grünen Stempel drücken sie der Atomkraft jetzt auf. Wir werden diesem Antrag zustimmen. Aber letztlich ist er – wie auch der letzte im Oktober des vergangenen Jahres – reine Showpolitik. Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, die Bundesregierung aufzufordern. Was wurde aus der Aufforderung bei dem letzten Antrag im Oktober? Die Zustimmung zur grünen Investition. Was wird nun aus dieser Aufforderung? Vermutlich nichts. Ein Wahlzuckerl, das nie umgesetzt wird. Aber wie gesagt: Wir stimmen dem Antrag natürlich zu, weil wir Atomkraft grundsätzlich ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächster Rednerin erteile ich der Frau Abgeordneten Kathrin Schindele von der SPÖ das Wort.
Abg. Schindele (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Es wurde zu diesem Antrag eigentlich von meinen Vorrednern schon alles gesagt. Atomkraft darf nicht Tür und Tor geöffnet werden. Wir müssen Klimapolitik mit Hausverstand betreiben und dazu gehört nicht, Kernenergie als klimafreundlich, nachhaltig, sicher und CO2-neutral einzustufen. Gerade wir in Niederösterreich, wie wir schon gehört haben, wie es aber auch im Antrag richtigerweise steht, sind vom Atomkraftausbau durch die Grenzlandstandorte massiv betroffen. Ich kann mich noch – obwohl ich damals erst fünf Jahre alt war – an die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl erinnern. So schnell habe ich gar nicht schauen können – ich war zu dieser Zeit im Waldviertel – habe ich den ersten und einzigen Kurzhaarschnitt meines Lebens verabreicht bekommen von der Frisörin und es war gewiss keine lustige Zeit und niemand, aber auch wirklich niemand, hat sich vor der Strahlung sicher gefühlt. Deshalb bin ich froh, dass wir in Niederösterreich weiterhin konsequent unsere Anti-Atompolitik weitertragen und geschlossen gegen den Ausbau der Atomkraft sind. Dem Antrag werden wir natürlich sehr gerne zustimmen. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Dritte Präsidentin Mag. Renner: Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Josef Edlinger von der ÖVP das Wort.
Abg. Edlinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Ich freue mich über die inhaltliche Übereinstimmung und angekündigte Zustimmung zu diesem Antrag, die die Vorredner ausgesprochen haben. Dass die Energiewende notwendig ist, dass sie wichtig und richtig ist – ich glaube, auch darüber sind wir uns einig. Und dass die Klimaschutzziele, die sich von den Vereinten Nationen abwärts über die EU, Bund und Länder gesetzt haben, auch erreicht werden sollen, dafür ist viel Arbeit notwendig. Dafür sind auch noch viele Investitionen notwendig und um das Ganze auch umsetzen zu können, ist es auch wichtig – und ich glaube, dass hier niemand so blauäugig ist, dass wir ohne Übergangstechnologien auskommen – ist es notwendig, dass wir noch eine Zeit lang auch fossile Energieträger nutzen, in anderen Ländern der Europäischen Union auch die Atomkraft noch weiter genutzt wird. Dass nunmehr durch die Aufnahme von Atomkraft und Gas in die EU-Taxonomie diese Technologien aber auch noch mit einem grünen Mäntelchen versehen werden, dass hier Förderungen lukriert werden können und dass hier unter Vortäuschung falscher Tatsachen eine Nachhaltigkeit vorgegaukelt wird, das ist sicher ein Schritt in die falsche Richtung. Es ist derzeit der Vorschlag der EU-Kommission und es ist im EU-Parlament noch nicht darüber abgestimmt worden. Aber Tatsache ist es, dass es viele Länder gibt, die diese Technologien eben derzeit entsprechend nutzen und sich auch dafür einsetzen. Dass hier eine Nachhaltigkeit – wie ich gesagt habe – vorgegaukelt wird, bringt mich zum Begriff der „Nachhaltigkeit“ und die Auslegung, was als nachhaltig offenbar auch angesehen wird. Die erste Nennung – und darüber freue ich mich als Forstwirtschaftsmeister natürlich besonders – kommt aus der Forstwirtschaft. Vor über 300 Jahren hat ein Forstmeister, Hans Carl von Carlowitz, den Begriff der Nachhaltigkeit dokumentiert, dass ein Betrieb bestehen kann, wenn er nicht mehr entnimmt, nicht mehr Holz schlägert, als nachwachsen kann. So wird der Betrieb bestehen können. Ein ganz simpler Grundsatz. In der ökosozialen Marktwirtschaft wurde nicht zuletzt durch unseren Vizekanzler Josef Riegler dieses Thema entsprechend der heutigen Zeit definiert, dass die Ökonomie nur dann nachhaltig funktionieren kann, wenn sie nicht zulasten der Ökologie oder zulasten des sozialen Gefüges geht. Daher ist diese Definition heute auch eine ganz wesentliche. Wenn aber diese Pläne tatsächlich umgesetzt werden und die Atomkraft als nachhaltig definiert wird, dann fürchte ich, dass der wortwörtliche Sinn einmal kommen wird, dass nämlich die Atomkraft lange nachhaltig anhalten wird. Wenn wir uns die Halbwertszeiten anschauen: von Cäsium-137 30 Jahre, Plutonium 24.000 Jahre bis sich die Strahlung halbiert, oder Uran-238 4,5 Milliarden Jahre. Daraus ersehen wir, dass die Atomkraft nicht umweltfreundlich ist. Wir erinnern uns an Tschernobyl, an Fukushima, die Folgekosten, die von öffentlicher Hand getragen werden mussten. Wir erinnern uns, dass wir uns auch hier im Haus schon öfter dagegen ausgesprochen haben, dass wir in Grenznähe Atommüllendlager errichtet bekommen sollten in unseren Nachbarländern, denn es gibt weltweit kein einziges. Das heißt: Auch das ist nicht gelöst. Atomkraft ist auch nicht wirtschaftlich. Wir erinnern uns, dass ein Atomkraftbetreiber in Hinkley Point in England dort nur ein Kraftwerk errichtet, wenn er auf 35 Jahre einen Preis gesichert bekommt, der von der öffentlichen Hand dort gestützt werden muss. Das alles beweist: Atomkraft ist keine Zukunftstechnologie. Daher lehnen wir diese Aufnahme der Atomkraft in die EU-Taxonomie entschieden ab. Wir wollen mit diesem Antrag einmal mehr unser Bekenntnis zur erneuerbaren Energie für eine saubere und sichere Energiezukunft bekräftigen und wir haben durchaus auch Mitstreiter auf europäischer Ebene. Auch in Deutschland, Luxemburg, Portugal oder Dänemark werden diese Vorschläge nicht gutgeheißen und ich hoffe, dass das eine oder andere Land hier noch überzeugt werden kann. Wenn diese Investitionen nicht in Atomkraft oder in fossiles Gas gelenkt werden, sondern in erneuerbare Energie und die Netzinfrastrukur, dann könnten wir viel schneller, viel billiger und auch viel sicherer für die Zukunft, viel sicherer für uns alle in eine tatsächlich nachhaltige Energie investieren. So wie wir in Niederösterreich mit der Umsetzung der Projekte unseres Energiefahrplanes auf einem guten Weg sind, in eine tatsächlich nachhaltige Zukunft, soll auch die Europäische Union mit diesem Vorschlag nicht in die falsche Richtung – nämlich in die Energievergangenheit gehen, sondern uns auf unserem Weg begleiten und ich danke für Ihre Zustimmung zu diesem Antrag. (Beifall bei der ÖVP.)
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