Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-1874/A-3/625-2021 – Negativzinsen auf Bankeinlagen gesetzlich verbieten
Berichterstatter
Redner
- Helmut Hofer-Gruber (NEOS) Tagesordnungspunkt 4 Video und Sitzungsbericht
- Reinhard Teufel (FPÖ) Tagesordnungspunkt 4 Video und Sitzungsbericht
- René Pfister (SPÖ) Tagesordnungspunkt 4 Video und Sitzungsbericht
- Christoph Kaufmann (ÖVP) Tagesordnungspunkt 4 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, SPÖ, FPÖ, GRÜNE, Abg. Ing. Huber, Ablehnung NEOS
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Wir kommen zum Verhandlungsgegenstand Ltg.-1874, Antrag der Abgeordneten Teufel u.a. betreffend Negativzinsen auf Bankeinlagen gesetzlich verbieten. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Handler die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Handler (FPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Ich berichte zur Ltg.-1874, über den Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses über den Antrag der Abgeordneten Teufel, Landbauer, Königsberger, Aigner, Dorner, Handler, Vesna Schuster betreffend Negativzinsen auf Bankeinlagen gesetzlich verbieten. Immer öfter kommt es an österreichischen Geldinstituten zu der Praxis, dass Firmenkunden Strafzinsen, das sogenannte „Verwahrentgelt“, verrechnet werden. Dies wird auf sehr unterschiedliche Art und Weise gehandhabt. Bei der „BAWAG“ sind Negativzinsen von der Art der Geschäftsbeziehung abhängig. Die „Oberbank“ hat bereits letztes Jahr Firmenkunden bezüglich eines Zinssatzes von minus 0,5 % bei Guthaben über 100.000 Euro informiert. „Bank Austria“ und „Erste Group“ gewähren eine Freibetragsgrenze von 100.000 Euro, wobei die „Erste“ bei großen Einlagen individuell stark zur Kasse bittet. Trauriger Höhepunkt dieser Entwicklung war ein Schreiben der „Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien“ an einen Bankkunden, in dem angekündigt wurde, dass diesem von Dezember 2021 an auf seinem Geschäftskonto künftig ab einem Betrag von 15.000 Euro und 1 Cent ein monatliches Verwahrentgelt von 0,5 % per anno verrechnet werde. Derartige Praktiken schädigen den Wirtschaftsstandort Österreich und gefährden sowohl den Arbeitsmarkt als auch den Wohlstand im Land (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung, insbesondere beim zuständigen Minister für Finanzen sowie der zuständigen Ministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, dafür einzutreten, die Verrechnung von Negativzinsen auf Bankeinlagen gesetzlich zu verbieten.“
Herr Präsident, ich bitte um Einleitung der Debatte und um anschließende Abstimmung.
Zweiter Präsident Moser: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Helmut Hofer-Gruber von den NEOS.
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Mitglied der Landesregierung! Hohes Haus! Eigentlich ist ja die Idee, alles Böse abzuschaffen, genial. Zinsen, Preise, Gebühren, Abgaben … weg mit dem ganzen Kram. Wir haben in den letzten zwei Jahren sowieso gelernt, dass es mit dem Prinzip „Koste es, was es wolle“ ja auch sehr gut geht. Wenn … ja … wenn da nicht das kleine Problem wäre, dass zuerst etwas erwirtschaftet werden muss, bevor man es verteilt oder umverteilen kann. Zumindest, solange wir uns in einer marktwirtschaftlich orientierten, liberalen Demokratie bewegen, was wir hoffentlich alle befürworten. Wir haben uns in Österreich auf ein Werte- und Wirtschaftssystem geeinigt, das allen voran die FPÖ – aber wie ich im Ausschuss feststellen musste – auch die SPÖ und die ÖVP offensichtlich völlig schmerzbefreit auf dem Altar des Populismus zu opfern bereit sind. Das fängt mit dem Titel des Antrags an. In der Überschrift steht es nicht, im Antrag ist es dann aber richtig formuliert. Es geht hier nur um Firmenkunden. Für Privatkunden schließt die geltende Rechtssprechung in Österreich Negativzinsen eindeutig aus. Aber was würde ein Verbot von Negativzinsen auf Firmenguthaben bedeuten? Zunächst einmal einen dirigistischen Eingriff in den Markt, in diesem Fall den Finanzmarkt, und zwar zulasten der Banken. Jetzt kommt natürlich Applaus aus der populistischen Ecke. Die bösen Banken, denen kann man ruhig auf die Zehen steigen. Die können das. Aber vergessen wir nicht: Auch der Finanzsektor ist Teil unserer Wirtschaft. Er beschäftigt über 60.000 Mitarbeiter. Er ist systemrelevant und ich traue mich sagen, dass alle in diesem Raum hier zumindest als Kunden mit diesem Sektor zu tun haben. Aber dass Banken von einem Geschäftsmodell leben, wo der Ertrag aus der Zinsmarge und aus Gebühren kommt, dürfte wohl auch den meisten hier klar sein. Wenn die Zinsmarge durch dirigistische Maßnahmen Richtung Null geht, wo glauben Sie, ist die Schraube, an der man drehen kann? Richtig, bei den Gebühren. Dann ist die logische Folge, dass die Banken sich für Gebührenerhöhungen entscheiden und zwar für alle Kunden – nicht nur für die Firmenkunden. Plan B für die Banken wären Fixkosten, vor allem Personal, weiter abzubauen. Ob das die Ritter des blau-gelben Arbeitsmarktes wirklich wollen, bezweifle ich. Plan C wäre der Weg in die Insolvenz. Das ist auch nicht prickelnd. Dass dieser Antrag zu einer Zeit kommt, in der das Ende der Nullzinspolitik bereits eingeläutet wurde, passt eigentlich sehr gut in dieses Gesamtbild. Sie werden verstehen, dass wir diesen populistischen und in seiner Konsequenz unüberlegten Antrag nicht mittragen werden. Dankeschön. (Beifall bei den NEOS.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Reinhard Teufel, FPÖ.
Abg. Ing. Mag. Teufel(FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Geschätztes Regierungsmitglied! Der Vorstoß der Banken, von ihren Kunden Negativzinsen einzuheben, ist eigentlich aus unserer Sicht ja ziemlich unverfroren. Man möchte hier meinen, dass es sich hierbei um einen wirklich schlechten Scherz handelt. Aber nein, es ist Tatsache. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Wenn Sie heute Geld brauchen, gehen Sie hin zur Bank und dann bekommen Sie einen Kredit und dann dürfen Sie Kreditzinsen zahlen. Und wenn Sie Geld haben und es zur Bank bringen, müssen Sie ebenfalls Zinsen zahlen – nämlich Negativzinsen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, von den NEOS im Speziellen, Herr Abgeordneter Gruber, fällt Ihnen da etwas auf, dass da etwas nicht stimmen kann? Wenn ich mir Geld von der Bank nehmen möchte, muss ich Kreditzinsen zahlen und wenn ich es ihnen bringe, muss ich auch Zinsen zahlen. Also da passt scheinbar etwas nicht und da ist etwas faul. Ich kann Ihnen auch sagen, Herr Abgeordneter von den NEOS, ja, da ist wirklich etwas faul. Das Grundproblem, mit dem wir hier zu kämpfen haben, ist nämlich der Euro in seiner jetzigen Form. Was wir hier sehen, ist diese Absurdität, ist der Anfang vom Ende der Eurozone in der jetzigen Form. Das sind die Auswirkungen der Nullzinspolitik und so wie Sie da behaupten, gibt es in der Europäischen Union, sprich in der Eurozone, überhaupt keine Umkehr der Nullzinspolitik. Das haben Sie vielleicht ein bisschen verwechselt. Das passiert gerade in den USA, aber nicht in Europa. Das Einzige, wie man diesen Nullzinsen entgehen könnte wäre, dass man das Bargeld hortet bzw. das Geld von den Banken abzieht. Aber auch da hat sich die Brüsseler Bürokratie und auch scheinbar mit der großartigen Unterstützung einer liberalen Partei, die übrigens vor kurzem der Impfpflicht zugestimmt hat, ihre Unterstützung auch sicher, dass man nämlich das Bargeld abschaffen möchte. Das ist aus unserer freiheitlichen Sicht ein weiterer Anschlag, der da auf unsere Bürger vorgenommen wird, auf jene, die anständig arbeiten, die sich etwas erspart haben und dann geht man her und nimmt ihnen das mit sogenannten „Negativzinsen“ weg. Das ist schlicht und ergreifend ein Wahnsinn. (Beifall bei der FPÖ.) Und in dem Zusammenhang ist es sehr, sehr passend, Herr Abgeordneter Gruber, und da darf ich Ihnen jetzt eine Zeile von einem sicher Ihnen bekannten Lied kurz einmal vorlesen und da betrifft natürlich auch vor allem die ÖVP, die da im Prinzip auch immer mitmacht. Ich beginne hier, ich zitiere (liest:)„Wohin geht die Fahrt, wohin die Reise? Nimm mich, wenn´s geht, net mit, Kapitän. Es beruhigt mich auf gar keine Weise, wenn wir alle z´sammen untergeh´n.Alles muss immer mehr werden und immer schneller“ …speziell was die Geldmengenpolitik anbelangt … „Die Krallen geschärft, die Ellbogen knochenhart“ … das trifft vor allem die ÖVP Niederösterreich … „Das Licht am Horizont wird nur net heller, wenn man in die falsche Richtung fährt.“ Und dieses Land fährt aktuell in die falsche Richtung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete René Pfister, SPÖ.
Abg. Pfister (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat ja schon die Details hier auch ausgeführt. Wir stimmen diesem Antrag natürlich ebenfalls zu, weil wir auf der einen Seite die Argumentation vom Kollegen Hofer-Gruber verstehe ich gar nicht … alle Grenzen müssen fallen, jeder soll tun, was er möchte. Wenn es aber dann darum geht, wirklich Kleinstunternehmen und Kleinbetriebe, Ein-Personen-Unternehmen ab einem Betrag von 15.000 Euro dort auf dem Konto zu haben hier bereits zu belasten, dann können wir das nicht hier unterstützen. Auch der internationale Finanzmarkt, in dem Fall, kann das nicht unterstützen. Auf der einen Seite wollen Sie Freiheit und die Unternehmer sollen alles dürfen, alles, was Gott verboten hat. Wenn es aber dann darum geht, hier auch die Unterstützung zu geben und auf der einen Seite – wie es mein Vorredner schon gesagt hat – einen Kredit abzufragen oder einen Kredit zu nehmen, da ist man Feuer und Flamme ohne Sicherheiten, ohne irgend etwas. Wenn es aber dann darum geht, Geld, das die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hart erarbeitet und erspart haben, wird dann immer wieder (Abg. Mag. Kollermann: Das sind Privatkunden, lieber Kollege!) … das kann genauso ein Ein-Personen-Unternehmen sein, wenn das ein Geschäftskonto ist … bitte genau lesen. Wir werden das selbstverständlich sehr gerne unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Christoph Kaufmann, ÖVP.
Abg. Kaufmann, MAS (ÖVP): Herr Präsident! Herr Landesrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Landtages! Der vorliegende Antrag – und das sehen wir schon – thematisiert ein Problem, das wie so oft im Leben und vor allem im Wirtschaftsleben durchaus vielschichtig ist. Es ist unbestritten, dass die Einführung eines negativen Einlagezinssatzes bei der Europäischen Zentralbank durchaus geholfen hat, die Banken davon abzuhalten, ihre überschüssige Liquidität bei der EZB zu veranlagen und die Banken stattdessen dazu bewegt hat, das Geld zu günstigen Konditionen an Kreditnehmer auszugeben. Dadurch – und da sind wir, glaube ich, hier einer Meinung – wurde die Wirtschaft nachweislich angekurbelt. Es hat also den Unternehmen, den Konsumenten aber vor allem natürlich auch dem Staat in seiner Gesamtheit bis hin zu unseren Gemeinden … es hat uns allen ermöglicht, zu historisch günstigen Konditionen Geld auszuleihen und zu investieren. Inzwischen ist es aber so, dass die Banken immer öfter höhere Geldmittel verfügen als tatsächlich noch Kreditnachfragen seitens der Unternehmen und Konsumenten besteht. Und diese überschüssige Liquidität wird zum Großteil nun bei der EZB zu dem bekannten Einlagezinssatz von minus 0,50 % veranlangt. Ja, diesen Kostenfaktor geben die Banken nun vielerorts in Form von Verwahrentgelten bzw. auch der Erhöhung der Gebühren weiter. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich bin jetzt durchaus Realist genug, um zu behaupten, dass auch eine gesetzliche Änderung in Richtung Verbot dieser Verwahrentgelte am Ende des Tages mehr Kosten verursachen wird. Denn dann – und das ist zu befürchten – wird wohl der Zinsaufwand durch die Veranlagung der Bankengelder bei EZB nicht bei jenen wettgemacht, die Guthaben auf der Bank haben, sondern durch eine Einpreisung der Kosten im Rahmen der Kreditzinsen geschehen. Also entweder zahlt die Rechnung am Ende des Tages der Kreditnehmer durch höhere Kosten oder das Unternehmen mit entsprechenden Rücklagen und Guthaben. Ich meine, beide Varianten sind nicht besonders erquicklich. Zweitere haben jedoch die Möglichkeit auf andere Sparveranlagungsformen auszuweichen, was der Kreditnehmer wohl nicht hat. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Sie merken in meinen Ausführungen, dass ich nicht wirklich bahnbrechend überzeugt bin von diesem Antrag, denn das englische Sprichwort „There is no free lunch“ oder anders gesagt auf gut Deutsch „Irgendwer wird die Zeche zahlen müssen“ bewahrheitet sich ja schlussendlich doch immer. Wir werden aber dennoch zustimmen und zwar aus zwei Gründen. Das darf ich nun klarmachen: Erstens ist es ja tatsächlich nicht nachvollziehbar, dass ein Unternehmen, das wirtschaftlich gut arbeitet – und da sind wir einer Meinung – und auch sorgsam mit seinem Vermögen umgeht, für eine vorausschauende Planung und meist kurzfristige Veranlagung letztendlich von der EZB bestraft wird. Diese Art von Umverteilung lehnen wir genauso ab, wie wir auch jede ideologisch getriebene Ansicht ablehnen, dass der Staat Gerechtigkeit schafft, indem er den vermeintlich Reichen etwas wegnimmt und es den vermeintlich Armen gibt. Die zwei- oder mehrfache Besteuerung von Substanz ist definitiv so ungerecht wie ein Verwahrentgelt. (Abg. Ing. Mag. Teufel: Das stimmt ja nicht!) Zweitens darf man nicht außer Acht lassen, was die EZB im Jahr 2014 dazu veranlasste, diesen Weg des negativen Einlagenzinssatzes zu bestreiten – wurde auch schon angesprochen vom Kollegen Hofer-Gruber. Es sollte dabei nicht nur die Wirtschaft im Euroraum angekurbelt werden, sondern auch á la lounge auch eine gewünschte Inflationsrate von 2 % erreicht werden. (Unruhe bei Abg. Ing. Mag. Teufel.) Nun, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dieses Ziel ist übererfüllt und eine Auswertung von „Agenda Austria“ zeigt ja, dass 2021 die Verbraucherpreise im Euroraum durchschnittlich um 2,6 % gestiegen sind. Österreich liegt mit 2,8 % über dem Eurodurchschnitt, wobei die Unterschiede zwischen den Inflationsraten der Euromitglieder im Dezember so hoch wie noch nie waren. Auch aus diesem Grund meine ich, dass der Antrag durchaus helfen kann, den Fokus auf den Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes einzuleiten und das 2 %-Inflationsziel wieder zu erreichen. Daher ja zu diesem Antrag aus durchaus volkswirtschaftlichen Überlegungen und durchaus auch im Sinne des gelebten Miteinanders in Niederösterreich. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
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