Zusammenfassung
Antrag des Rechnungshof-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-499/XX-2024 – Wien Energie GmbH: Energiehandelsgeschäfte (Reihe Niederösterreich 2024/3)
Berichterstatter
Redner
- Helmut Hofer-Gruber (NEOS) Tagesordnungspunkt 16 Video und Sitzungsbericht
- Franz Schnabl (SPÖ) Tagesordnungspunkt 16 Video und Sitzungsbericht
- Andreas Bors (FPÖ) Tagesordnungspunkt 16 Video und Sitzungsbericht
- Anton Kasser (ÖVP) Tagesordnungspunkt 16 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag einstimmig angenommen
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Präsident Mag. Wilfing: …und wir gehen damit weiter in den Berichten des Rechnungshofes, Ltg.-499, Wien Energie GmbH: Energiehandelsgeschäfte (Reihe Niederösterreich 2024/3). Ich ersuche Herrn Abgeordneten Mold die Verhandlungen einzuleiten.
BerichterstatterAbg. Mold (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich berichte zum Antrag, Ltg.-499, einen Bericht des Rechnungshofes betreffend Wien Energie GmbH: Energiehandelsgeschäfte (Reihe Niederösterreich 3/2024). Der Rechnungshof überprüfte die Energiehandelsgeschäfte und das zugehörige Risikomanagement der Wien Energie GmbH sowie Aspekte der Public Corporate Governance in Anbetracht der Liquiditätskrise des Unternehmens im August 2022 und übte zusammengefasst deutliche Kritik am Risikomanagement. Ich komme damit zum Antrag des Rechnungshof-Ausschusses (liest:)
"Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Der Bericht des Rechnungshofes betreffend Wien Energie: Energiehandelsgeschäfte wird zur Kenntnis genommen."
Herr Präsident, ich ersuche, die Beratungen einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
Präsident Mag. Wilfing: Damit gehen wir in diese Behandlung und als Erster zu Wort gelangt der Abgeordnete Helmut Hofer-Gruber von den NEOS.
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Der Bericht, der Niederösterreich übrigens nur am Rande betrifft, zeigt, dass die Intervention der Stadt Wien, einen Notkredit über fast 2 Milliarden Euro zu gewähren, alternativlos war. Aber bitte, angeblich waren das nur Sicherheitsleistungen, es wurde kein Steuergeld verloren oder verspekuliert. Sonderbar nur, dass andere österreichische Akteure am Energiemarkt nicht annähernd ähnliche Sicherheitsleistungen zu hinterlegen hatten. Aber da der Bericht – wie gesagt – Vorgänge außerhalb Niederösterreichs beleuchtet, könnte man auch sagen: "Ok, zur Kenntnis genommen, abgehakt." Aber wenn man sich schon die Mühe macht diesen Bericht zu lesen, bleibt doch ein wenig Kritik über und zwar wegen des mangelnden Erkenntniswerts für den Leser. Der fragt sich nämlich: Warum muss die Wien Energie – und da ist sie wohl nicht die einzige Gesellschaft – achtmal so viel Strom handeln, als sie zur Versorgung ihrer Kunden zukaufen muss? Wie können Sicherheitsleistungen so groß wie der halbe Gesamtjahresumsatz sein? Und zwar nicht nur der Stromumsatz, sondern Gesamtumsatz, Strom, Gas, Wärme und was die Wien Energie so alles macht. Warum müssen wir uns von Landespolitikern und Strommanagern sagen lassen, dass grüner in Österreich produzierter Strom aus unseren Steckdosen kommt, wenn in Wirklichkeit der günstig produzierte heimische Strom an den Börsen versteigert wird und die Energieversorger sich an eben diesen Börsen eindecken müssen, um ihre Verbraucher versorgen zu können? Natürlich auf Termin, daher abzusichern und mit Margen zu hinterlegen. Warum zahlt der Staat mehr als eine Milliarde Euro in eine Strompreisbremse ein, obwohl diese Bremse an den Strombörsen schon längst angezogen wurde, aber die Verbraucher in Österreich noch nichts davon spüren? Meine Damen und Herren, obwohl wir NEOS, wie Sie wissen, große Freunde von starken unabhängigen Rechnungshöfen auf allen Ebenen sind, in den Berichten darf es nicht nur um die nackten Zahlen und deren formelle Richtigkeit gehen, sondern schon auch um das, was dahintersteckt und das fehlt mir hier in auffälliger Weise. Was aber schon drinnen steht: die grottenschlechte Kommunikation zwischen Wien Energie, E-Control und den beiden zuständigen Ministerien Wirtschaft – schwarz, Umwelt – grün. Dass das etwas mit den unterschiedlichen politischen Verhältnissen in Wien und diesen Ministerien zu tun hat? Könnte sein. In jedem Fall: Es ist Zeit, die Eigentümerfunktion durch die Länder kritisch zu beleuchten, weil was da zutage kommt, ist keine Empfehlung für dieses Konstrukt. Weil statt dafür zu sorgen, dass die Energieversorger ihrem Versorgungsauftrag in einer Art und Weise nachkommen, dass Verbraucher zuverlässig und zu akzeptablen Preisen beliefert werden, fließen die hohen Ausschüttungen der Energieversorger in die Landesbudgets. Die Energieversorger werden für alle möglichen politischen Zwecke missbraucht, von Sponsoring für parteinahe Veranstaltungen bis zur Arbeitsplatzbeschaffung für Parteifunktionäre, während der so notwendige Netzausbau auf der Strecke bleibt. Und hier sollte die Kritik ansetzen. Auch wenn uns im Bericht einiges fehlt, vielleicht ist er ja ein Baustein in dieser notwendigen Diskussion, die wir hier anleiern müssen. Wir nehmen ihn daher gerne zur Kenntnis und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächstem erteile ich dem Abgeordneten Franz Schnabl, SPÖ, das Wort.
Abg. Schnabl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zunächst einmal zwei Antworten an den Kollegen Helmut Hofer-Gruber. Die Wien Energie ist Niederösterreichs zweitgrößter Energieversorger nach der EVN, was die Anzahl der Haushalte betrifft. Insofern hat er natürlich Relevanz. Die Wien Energie ist Mitbesitzer der EVN, der zweitwichtigste Aktionär. Insofern hat er Relevanz. Und es gibt natürlich tendenziell generelle Aussagen, die wir aus diesem Rechnungshofbericht ableiten, auch für die Stromversorgung oder die Energieversorgung in Niederösterreich, die da sind. Die Streuung des Risikos durch Diversifizierung, die ist gerade bei der Wien Energie nicht gegeben und das ist auch der Grund, warum das bei der Wien Energie schlagend wurde, aber bei den anderen Energieversorgern nicht, weil 81 Prozent des für die Kundenversorgung benötigten Stroms wird durch Gasstromgewinnung aus Gas generiert. Das ist fast das Sechsfache des Durchschnittswertes, was beispielsweise die EVN aufwendet und dementsprechend war durch die Gaspreissprünge dort auch sozusagen die Eskalation des Risikos gegeben. Und das zweite, was wir lernen, das ist die Stärkung der Aufsicht. Das wird auch in den Empfehlungen des Rechnungshofes sowohl, was den Eigentümern als auch die Aufsichtsräte und deren Qualifikation betrifft, empfohlen. Und das halte ich für sehr, sehr sinnvoll, wichtig und richtig. Und du hast natürlich recht, was die offenen Fragen betrifft, die durch diesen Rechnungshofsbericht nicht beleuchtet wurden. Und wir Sozialdemokraten haben in der Vergangenheit gerade im Bereich Strom und Energieversorgung zwei Prinzipien immer auch betont und festgehalten. Die Energieversorgung gehört nach unserer Ansicht zur Daseinsvorsorge und dementsprechend nicht den Märkten überlassen mit allen Wildwüchsen, sondern sie gehört reguliert und kontrolliert, so wie in der Schweiz. Vielen Dank. (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächstem erteile ich dem Abgeordneten Andreas Bors, FPÖ, das Wort.
Abg. Bors (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kollegen! Hohes Haus! Viele hier herinnen, werden sich wahrscheinlich noch an die Schlagzeilen vom Sommer 2022 erinnern, als der Wiener Bürgermeister Ludwig mittels Notkredite in der Höhe von sage und schreibe 1,4 Milliarden Euro die Wien Energie sozusagen in letzter Sekunde gerettet hat. Einigermaßen geschmacklos dabei damals war aber, dass weder die im Wiener Landtag vertretenen Parteien, noch die Öffentlichkeit eben über dieses Milliardenhilfspaket an Steuergeldern informiert wurde. Und heutzutage wissen wir ja, wenn sich der Markt an den Strombörsen damals nicht beruhigt hätte, dann hätte das wirklich dramatische Auswirkungen nach sich gezogen. Und der Rechnungshof hat ja nun in seinem Bericht, der dieses Jahr am 19. Juli auch veröffentlicht wurde, die Kritik, die es damals von vielen Seiten – unter anderem auch von der FPÖ – gegeben hat, eben bestätigt. Und mit diesem Bericht haben wir es nun schwarz auf weiß, dass mit der Abkehr von Termingeschäften hin zum Handel an der Börse eben ein besonders hohes Risiko eingegangen wurde und der Aufsichtsrat der Wien Energie sowie das Management der Wiener Stadtwerke eben versagt haben. Und ich darf aus dem Bericht zitieren (liest:)"Der Aufsichtsrat der Wien Energie nahm seine Überwachungsfunktion mit Blick auf das Liquiditätsrisiko eben nicht umfassend wahr. Er unterließ es, seine Tätigkeit in einer kritischen Phase zu intensivieren. Der Generaldirektor-Stellvertreter der Wiener Stadtwerke veranlasste in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Wien Energie keine Maßnahmen zur verstärkten Überwachung des Liquiditätsrisikos." Also das heißt, in alleine diesen zwei Sätzen, glaube ich, sieht man von diesem über 100 Seiten dicken Bericht, was hier alles schiefgelaufen ist. Die Wien Energie hat zwar für den Energiehandel ein sogenanntes "Risikokomitee" eingerichtet, in dem auch beide Geschäftsführer vertreten waren. Und obwohl dieses Gremium die Geschäftsführung bei der Risikosteuerung und bei der Entscheidungsfindung unterstützen sollte, setzte dann aber die Geschäftsführung gerade im Jahr 2022 von Jänner bis November aber keine einzige Sitzung an. Das heißt, man muss sich fragen, für was es dieses Risikokomitee überhaupt gegeben hat? Weiters stellt der Rechnungshof auch eindeutig fest, dass die Wien Energieaufsichtsräte eben nicht aufgrund ihrer Kompetenz, sondern offensichtlich nur wegen ihrer Nähe zur Stadt Wien besetzt wurden und es auch kein transparentes Auswahlverfahren gegeben hat. (Unruhe bei Abg. Weninger.) Daher, lieber Franz, wichtig war offensichtlich nur das Naheverhältnis zur SPÖ und man sieht, was da rausgekommen ist, ja. Nämlich aufgrund dieser fehlenden Kompetenzen entstand dann eben das große Liquiditätsrisiko, das den Bestand nicht nur des Unternehmens gefährdet hat, sondern auch die Versorgung mit Strom, Gas und Wärme. Die Stadtwerke haben den Börsenhandel und die Sicherheiten mit der Aufnahme von Fremdmitteln in der Höhe von über 8 Milliarden Euro weiterfinanziert und das ohne das Risiko zu hinterfragen. Weiters wird vom Rechnungshof auch noch kritisiert, dass die Magistratsdirektion dem Rechnungshof eben keine ausreichenden Erklärungen gegeben hat, damit dieser die Korrektheit der von Bürgermeister Ludwig per Notkompetenz bereitgestellten 700 Millionen Euro beurteilen hätte können. Das heißt, zusammengefasst kann man abschließend also festhalten, dass mit dem Fehlverhalten die Energieversorgung hunderttausender Bürger aufs Spiel gesetzt wurde und die Stadt Wien damit beinahe in die totale Pleite geführt wurde. Ich bedanke mich beim Rechnungshof für den ausführlichen Bericht und wir werden ihn als Freiheitliche Fraktion natürlich zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Mag. Wilfing: Als Nächstem erteile ich dem Abgeordneten Anton Kasser, ÖVP, das Wort.
Abg. Kasser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben ja einiges schon über diesen Bericht gehört von Grundsatzfragen vom Kollegen Helmut Hofer-Gruber bis zur Tatsache von meinem Vorredner, der das sehr intensiv beleuchtet hat, was da in Wien vor sich gegangen ist. Offensichtlich hat man in dieser Zeit der turbulenten Strompreise es nicht bedacht, welche Folgen es hat. Gerade das Sicherheitsrisiko hat man nicht bedacht und die Absicherung dieses Sicherheitsrisikos wurde offensichtlich nicht oder sehr schwach bewertet. Man hat keinen Stresstest durchgeführt und man hat am Ende des Tages dann auch die Rechnung präsentiert bekommen. Nur ein paar Zahlen: Ende 20 war das Sicherheitsrisiko mit 50 Millionen zu hinterlegen und es stieg dann bis Ende 22 auf 800 Millionen und sogar auf den Höchstwert von 3 Milliarden. Also 3 Milliarden Euro. Also es hat eigentlich das gesamte Management überrollt, was hier passiert ist. Und auch die Eigentümerrolle wurde schon beleuchtet. Die Aufsichtsrat Funktion, all das hat zusammengespielt. Auch die Kommunikation intern ist schwer zu hinterfragen und das führte letztendlich zu der Notkompetenz des Bürgermeisters, der am Ende des Tages dieses fast sinkende Schiff Wien Energie gerettet hat und auch der Bund hat mit 2 Milliarden Euro ein Darlehen gegeben. Somit ist diese Sache dann einigermaßen glimpflich ausgegangen. Aber die Lehren daraus sind, dass wir hier entsprechend besser vorsorgen müssen, dass die Aufsichtsräte – wie wir es gehört haben – auch kompetenter zu besetzen sind, dass die Verbesserung des Liquiditätsmanagements und der Risikobewertung ein besonderes Augenmerk haben, dass eine lückenlose Kontrolle des Spekulationsverbots notwendig ist und – wie gesagt – die Stärkung der Rolle des Aufsichtsrates ganz, ganz wichtig ist. Ich gehe davon aus, dass die Wien Energie diese Empfehlungen ernst nimmt, damit künftig so etwas nicht passiert und die Energieversorgung für Wien und auch andere sichergestellt ist. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.