Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2350/B-58/1-2022 – NÖ Kinder- und Jugendhilfebericht 2018 – 2021
Berichterstatterin
Redner
- Edith Kollermann (NEOS) Tagesordnungspunkt 8 Video und Sitzungsbericht
- Silvia Moser (GRÜNE) Tagesordnungspunkt 8 Video und Sitzungsbericht
- Kerstin Suchan-Mayr (SPÖ) Tagesordnungspunkt 8 Video und Sitzungsbericht
- Christoph Kaufmann (ÖVP) Tagesordnungspunkt 8 Video und Sitzungsbericht
- Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) Tagesordnungspunkt 8 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS, Abg. Ing. Huber, Ablehnung GRÜNE
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Zweiter Präsident Moser: Wir kommen zum Verhandlungsgegenstand 2350, Bericht der Landesregierung betreffend Kinder- und Jugendbericht 2018 bis 2021. Ich ersuche Frau Abgeordnete Schmidt die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatterin Abg. Schmidt (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Hohes Haus! Ich berichte über den NÖ Kinder- und Jugendhilfebericht 2018 bis 2021. Der vorliegende Bericht bietet eine gute Übersicht über die Angebote und die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe in den Jahren 2018 bis 2021. Hinter den Zahlen und Diagrammen, welche die einzelnen Bereiche und vor allem die quantitative Entwicklung abbilden, stehen vor allem aber Menschen. Der Bericht umfasst über 40 Seiten und gliedert sich in folgende vier Kapitel: die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe von 2018 bis 2021, die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe 2018 bis 2021 – die Budgetausgaben und auch die Hilfedaten und künftige Schwerpunkte. Folgende Hilfeformen stehen im Bereich der NÖ Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung: Soziale Dienste, ambulante Hilfen, teilstationäre Hilfen, Krisenunterbringungen, stationäre Hilfen voller Erziehung, Hilfen in Pflegefamilien und Begleitung der Rückführung. Die Entwicklung von 2018 bis 2021 stand vor allem unter dem beträchtlichen Ausbau und Flexibilisierung der ambulanten Hilfen. Im Rahmen der vollen Erziehung kam es über die gesamte Zeitspanne von 18 bis 21 zu einer Steigerungsrate der Bruttoausgaben um insgesamt 3,6 %. Die Budgetentwicklungen der Jahre 2020 und 2021 sind vor allem von den Corona-bedingen Maßnahmen im stationären Bereich beeinflusst und stellen in der Entwicklung eine Sondersituation dar. Die Hilfe- und Kostenanteile stellen die Zusammensetzung der Hilfen bzw. der Kosten und deren Entwicklung dar. Bei den Kostenanteilen nehmen die stationären Hilfen mit zwei Drittel aller Kosten den größten Teil ein. Künftige Schwerpunkte wird es in folgenden Bereichen geben: in dem Ausbau der sozialen Diagnostik, in wissenschaftlicher Begleitung durch die Universität für Weiterbildung Krems, im Zentrum für Kinder- und Jugendhilfe und einen kontinuierlichen Ausbau der Hilfeformen. Deshalb komme ich gleich zum Antrag des Sozial-Ausschusses über den Bericht der Landesregierung betreffend NÖ Kinder- und Jugendhilfebericht 2018 bis 2021 (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Der Bericht der Landesregierung betreffend NÖ Kinder- und Jugendhilfebericht 2018 bis 2021 wird zur Kenntnis genommen.“
Sehr geehrter Herr Präsident, ich bitte um Einleitung der Debatte und um Abstimmung.
Zweiter Präsident Moser: Ich eröffne die Debatte und zu Wort gelangt die Frau Abgeordnete Edith Kollermann von den NEOS.
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Der Kinder- und Jugendhilfebericht bietet einerseits einen Überblick darüber, was in diesem Tätigkeitsfeld geleistet wird und andererseits auch, mit welchen Schwierigkeiten viele Familien konfrontiert sind und nicht alleine gelassen werden dürfen. Die heile Welt der Vater-Mutter-Kind-Familie ist eine schöne Vorstellung und sicher der Traum aller, die eine Familie gründen wollen, aber es ist eben für zahlreiche Familien nicht die Realität. Selbst in der heilen Welt kommen auf die Eltern und Kinder Herausforderungen zu, die zur Bewältigung oftmals an persönliche Grenzen stoßen. Beratungsangebote zur Bewältigung familiärer Probleme sind besonders wirksam, um präventiv Leid zu verhindern. Wenn Kinder aus ihrem familiären Umfeld herausgebracht werden müssen, dann ist das eine besondere Belastung, für die betroffenen Kinder im Sinne des Kindeswohls aber oft die einzige Möglichkeit, schwierige Situationen zu meistern. Die letzten beiden Jahre der Pandemie haben auch in diesem Bereich die bestehenden Probleme noch einmal verschärft und verstärkt auch dargestellt: zu wenig Personal, zu wenig Ressourcen, zunehmende psychosoziale Belastungen der Kinder- und Jugendlichen. Der Bericht enthält sehr viel Zahlenmaterial, sehr viele Gegenüberstellungen, Entwicklungen über die Kosten. Leicht übersieht man dabei auch den gesellschaftlichen Wert, den die sozialpädagogische Arbeit auch leistet. Ganz gerne nimmt man eben die Kostenpositionen hervor und es lässt sich auch nicht ganz einfach darstellen, aber wir wissen, es hat einen besonders hohen Wert. Unsere Kinder und Jugendlichen – und zwar alle – sollen Resilienz und Vertrauen aufbauen, um in dieser Welt und künftigen Herausforderungen und Lebenssituationen bestehen zu können. Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Gesellschaft, Wurzeln und Flügel zu geben. Die Kinder- und Jugendhilfe leistet dazu einen wichtigen Beitrag und ich möchte an dieser Stelle allen Beschäftigten in der Kinder- und Jugendhilfe – und auch Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig möchte ich gerne hervorheben, weil ich weiß, dass sie sich hier sehr, sehr stark engagiert – für den Einsatz danken. Jeder Flügel, der hier gehoben wird, ist der Mühe wert. (Beifall bei den NEOS und SPÖ.) Der Kenntnisnahme des Berichts stimmen wir gerne zu. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gelangt die Abgeordnete Silvia Moser von den GRÜNEN.
Abg. Mag. Silvia Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Landesrätin! Hohes Haus! Nach fast fünf Jahren im Landtag ist dieser Bericht mein absolutes Highlight. Was soll das sein? Für mich ist das eine Zumutung an den Landtag. Es ist der einzige Bericht über vier Jahre und dann das! Das ist als Controllingbericht tauglich oder für Statistikfans, aber nicht als Bericht für den Landtag. Dieser Bericht zeigt für mich auf, was die Kinder sind: ein Kostenfaktor. Nicht ein Wort, wie es den Betroffenen geht, welche Probleme sie haben, warum sie in Betreuung sind, psychische Probleme, Gewalt, was auch immer ... nicht ein Wort über die Kinder, über die Familien, welche Probleme sie haben. Was hat Corona mit ihnen gemacht? Nach welchen Konzepten wird gearbeitet? Werden diese auch umgesetzt? Welche Einrichtungen gibt es? Wie viele Plätze? Keine Unterscheidung nach Altersgruppen. Was ist mit den Kindern mit Behinderungen, mit psychischen Erkrankungen? Wo werden sie betreut? Wie werden sie betreut? Gibt es Einrichtungen für sie? Nichts. Und nicht ein einziges Mal erwähnt: das Normkostenmodell. Kein Wunder: Scheitern eingestehen ist halt schwierig. Nichts über die Personalsituation: angespannt und dramatisch in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Für mich ist dieser Bericht offensichtlich lediglich ein Ausdruck aus dem Dokumentationssystem SZF. So schaut er aus, so kann ich leicht solche Statistiken ausdrucken. Ehrlich gesagt: Müsste ich, liebe Ulrike, diesen Bericht verantworten, mir würde es nicht gut gehen. Also für vier Jahr so etwas – ein Wahnsinn! Gott sei Dank kenne ich die Mitarbeiterinnen oder viele Mitarbeiterinnen an den Bezirksverwaltungsbehörden und deren außergewöhnliches Engagement, weil sonst würde mich dieser Bericht nur zum Schaudern bringen und ich hätte Angst um die Kinder. Ich finde diese Berechnungen und Kälte einzigartig und gerade in dem Bereich, wo es laut Vorwort unserer Landeshauptfrau Mikl-Leitner um Fürsorge und Wärme gehen sollte. Ich ersuche, bitte schaut euch halt die Berichte aus anderen Bundesländern an, wie die ausschauen, und die geben halt einen Überblick über die Situation und nicht nur Statistiken über die Kosten. Die Mitarbeiterinnen an den BHs klagen übrigens extrem über überbordende und kaum mehr zu bewältigende Administration und Bürokratie, seitenlange Anträge, das Ringen um Intensivbetreuung und kleinere Gruppen über Jahre. Dazu gibt es offensichtlich keine Kooperation der für sie zuständigen Abteilungen im Amt der NÖ Landesregierung untereinander – zu erkennen an den unterschiedlichsten Anweisungen und was weiß ich, was da alles daherkommt, die kaum mehr zu bewältigen sind. Ich fordere hier an dieser Stelle eine vernünftige Sozialplanung für diesen Bereich ein und die Schaffung einer Fachabteilung „Sozialarbeit“. Man hat das an den Bezirkshauptmannschaften gemacht, Sozialarbeit und Kinder-/Jugendhilfe zusammengelegt, dann sollte man es auch im Amt der NÖ Landesregierung machen, sonst geht das nicht zusammen. Im Übrigen: An den Magistraten in den Städten gibt es die Trennung noch, weil sie einfach sinnvoll ist. Es fehlt auch, meiner Meinung nach, eine vernünftige und unterstützende Qualitätssicherung. Es gibt so viele interessante Fragen, z. B.: Wie viele Anträge auf Entzug des Sorgerechts gibt es denn pro Bezirk? Da wäre ein Vergleich wichtig, um Qualitätsstandards sicherzustellen. Ich wiederhole mich: Ich bin entsetzt über diesen Bericht und ich lehne ihn mit Leidenschaft ab. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Kerstin Suchan-Mayr, SPÖ.
Abg. Mag. Suchan-Mayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Landesrätin! Man sieht, wie die unterschiedlichen Zugänge sind und ich glaube, wenige in diesem Haus wissen, dass ich über zehn Jahre selbst in der Jugendwohlfahrt tätig bin und wenn man sich in dieser Landschaft auskennt, dann braucht man nicht hier im Bericht zu stehen haben, wo sind die Einrichtungen usw., sondern dieser Bericht zeigt halt auch (Abg. Dr. Krismer-Huber: Ein Bericht ist für die Öffentlichkeit und die Bürgerinnen und Bürger und nicht für Mitarbeiterinnen. Was ist denn das für eine Auffassung?), auch wenn es eine Herzensangelegenheit ist, dass man Erfolge hier auch an Zahlen entsprechend messen kann. Am 20. November, in drei Tagen, ist wiederum der Tag der Kinderrechte. Die UN-Kinderrechtskonvention wurde schon angesprochen. Sie sichert die Grundwerte und –rechte auf Überleben, Entwicklung, Schutz und Beteiligung der Kinder und die Kinder- und Jugendhilfe deckt hier einen großen Bereich ab. Der vorliegende Bericht zeigt, dass seit 2018 auch viel zum Wohle der Kinder und Jugendlichen in Notlagen in Niederösterreich geschehen ist. Der Bericht legt dar, wie gezielt die niederschwelligen Angebote ausgebaut und die höherschwelligen Angebote auch qualitativ weiterentwickelt wurden. Es ist ein erklärtes Ziel, dass so wenig Kinder und Jugendliche wie möglich auch außerhalb der Familien aufwachsen und daher wurde in den letzten Jahren auch genau hier der Schwerpunkt gesetzt. Dass dies gelungen ist, spiegelt auch dieser Bericht wider. 2018 waren 1.443 Kinder und Jugendliche in stationärer Betreuung. 2021 waren es 1.318 – also um 125 weniger. Das Recht, das Kinderrecht auf elterliche Fürsorge – ein sehr wesentliches – wobei der Staat eben die Eltern auch zu unterstützen hat und hier setzt gerade unsere Landesrätin auch besonders an, um hier auch die Kinder und Familien entsprechend zu stärken. Sollten Kinder und Jugendliche jedoch außerhalb der Familie betreut werden müssen, dann wurde durch die Veränderung der qualitativen Standards eben sichergestellt, dass eine bestmögliche Betreuung auch gewährleistet ist. Dazu gehören die Verkleinerung der Gruppengröße und die Erhöhung des Minimalbetreuungsschlüssels pro Gruppe. Zusätzlich zum sehr hohen Betreuungsschlüssel können noch weitere Betreuungsstunden, je nach Bedarf der Kinder und Jugendlichen, individuell hinzugefügt und finanziert werden. Aufgrund des steigenden Betreuungsbedarfes konnten daher von 2020 auf 21 um 10 % mehr Intensivbetreuungsmodule und bei den Sondertagessätzen um 117 % in diesem Zeitraum zur Verfügung gestellt werden. Sollte auch diese angepasste Betreuung nicht ausreichen, dann stehen immer noch auch die Spezialbetreuungsangebote zur Verfügung. So soll sichergestellt werden, dass die Kinder und Jugendlichen das, was sie brauchen auch so lange sie es brauchen, erhalten. Das Unterstützungsangebot, um Kinder und Jugendliche möglichst kurz fremdzubetreuen, wurde durch das IBK – also das Intensivbetreuungskonzept 2018 – erweitert. Dadurch ist es gelungen, beginnend im Jahr 2018 mit 109 und im Jahr 2021 mit 180 Kindern – also immer mehr Kinder und Jugendliche wieder in ihre Familien langfristig zurückzubegleiten. Im Bereich der Unterstützung, der Erziehung, also der mobilen Betreuungsangebote in den Familien, ist es gelungen auch die Wartezeiten durch Ausbau des Angebots maßgeblich zu reduzieren und somit nicht nur schneller, sondern auch aufgrund der Schaffung zweier neuer flexibler Betreuungsmodule, der SB, sozial-inklusiven Betreuung, und der SIB, der sozial-Intensivbetreuung, möglichst passgenau für jedes Kind, jeden Jugendlichen oder das Familiensystem Unterstützung anzubieten. Dies führt dazu, dass trotz der hohen psychosozialen Belastungen, denen unsere Kinder und Jugendlichen gerade auch die letzten Jahre ausgesetzt sind, die Versorgung gut aufrechterhalten werden konnte und sogar weiter ausgebaut wurde. Dieser vorliegende Kinder- und Jugendhilfebericht dokumentiert das eben in Zahlen und Fakten. Wie gesagt, auch wenn es eine Herzenssache ist, ist es dennoch wichtig aufgrund von Fakten Entscheidungen zu treffen, weshalb die Aufarbeitung und die Darstellung in Zahlen auch eine gute Grundlage für eine kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Angebote für unsere Kinder und Jugendlichen und deren Familien sichert. Familiensysteme zu stützen ist eine sehr komplexe und zuständigkeitenübergreifende Aufgabe, weshalb eine gelungene Zusammenarbeit mit unseren Systempartnern landesintern als auch landesextern die Grundlage einer bestmöglichen Versorgung ist. Es spiegelt sich daher im Kinder- und Jugendhilfebericht wider, dass der Ausbau der niederschwelligen Angebote bzw. Angebote in den betroffenen Familien erfolgreich war. Die Bruttoausgaben wurden genannt. Sie sind bei den sozialen Diensten um 22,3 % und bei der Unterstützung der Erziehung in den Familien um 35 % gestiegen. Die Qualität der Betreuung im stationären Bereich konnte ausgebaut werden, genauso wie das Rückführungsangebot. Ich weiß, wie gesagt, sehr gut, wie herausfordernd diese Arbeit ist und auch wie wichtig dazu die Rahmenbedingungen sind. Hier hat sich gerade in den letzten Jahren, auch in den letzten vier Jahren – wenn ich diesen Berichtszeitraum hier nehme – sehr, sehr viel getan. Respekt an alle, die in diesem Bereich arbeiten in der Kinder- und Jugendhilfe. Danke für Ihren Einsatz und auch viel Kraft weiterhin. (Beifall bei der SPÖ und LR Königsberger-Ludwig.) Ein herzliches „Dankeschön“ auch an unsere zuständige Landesrätin Königsberger-Ludwig, die wirklich mit viel Herz und Einsatz ständig an den Verbesserungen arbeitet und gemeinsam mit der zuständigen Abteilung, mit den Bezirkshauptmannschaften und den Trägern entsprechend die Verbesserungen auch erreicht. (Abg. Dr. Michalitsch: Bravo! – Beifall bei der SPÖ und ÖVP.) Den Bericht nehmen wir sehr gerne zur Kenntnis, nachdem er zeigt, dass so viel Gutes für die Kinder und Jugendlichen in diesem Bereich in den letzten Jahren geschehen ist. Danke. (Beifall bei der SPÖ, LR Königsberger-Ludwig und Präs. Mag. Renner.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gelangt der Herr Abgeordnete Christoph Kaufmann, ÖVP.
Abg. Kaufmann, MAS (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Präsidentin! Frau Landesrätin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht ist tatsächlich für einen Außenstehenden ein bisschen komplex zu lesen, das gebe ich zu. Die Kollegin Suchan-Mayr ist genauso wie ich lang genug dabei. Die Kollegin Moser ... wir können es lesen ... aber der ist natürlich für die Öffentlichkeit und er enthält sehr viele Zahlen und ist sicherlich ein bisschen harte Kost, aber er zeigt in den Zahlen schon sehr stark die Dynamik, die sich gerade in den letzten drei Jahren gezeigt hat und auch wie dynamisch das Tätigkeitsfeld in der Kinder- und Jugendhilfe ist. Es geht dabei nicht nur um die fachkundige Beratung und Hilfestellung für Kinder und Jugendliche oder um die bestmögliche Betreuung außerhalb der Familien, also in der vollen Erziehung. Es geht verstärkt auch – und das zeigt der Bericht – um eine intensive Familien- und Elternarbeit. Es geht um therapeutische Hilfe, Psychotherapie, Strukturierung des Tagesablaufes, Förderung von Sozialkontakten. Ich denke, hier ist schon sehr viel Positives passiert, wenn man in die Häuser schaut und auch die Angebote in der ambulanten Hilfe wurden stetig ausgebaut und das zeigen die Zahlen schon auch im Bericht. Ich glaube, da dürfen wir auch tatsächlich nicht lockerlassen. Es braucht auch zukünftig eine bedarfsgerechte, passgenaue und zeitnahe Hilfestellung in diesem Bereich. Ich begrüße auch die im Bericht angeführten Hilfen zur Begleitung der Rückführung aus einer stationären Hilfe zurück in die Familie. Dies ist ja nicht nur aus finanzieller Sicht zu unterstützen, sondern vor allem auch aus pädagogischer Sicht. Im Bericht ist auch angeführt, dass es gelungen ist die Anzahl der Kinder und Jugendlichen pro Gruppe grundsätzlich zu verringern und den Mindestbetreuungsschlüssel beinahe zu verdoppeln. In der Betreuungsqualität ist es natürlich absolut zu begrüßen. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass die Trägerorganisationen dafür natürlich auch entsprechend Personal brauchen, das sie am Arbeitsmarkt – so wie wir es ja heute auch schon gehört haben – in vielen anderen Branchen immer schwieriger finden. Hier gilt es daher alle Anstrengungen zu unternehmen, um den Beruf im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe noch attraktiver zu machen. Daher begrüße ich auch den Vorstoß der Gleichstellung von Sozialarbeiterin und Sozialarbeiter und auch Sozialpädagogin und –pädagogen in der Kinder- und Jugendhilfe, wie es auch letzte Nacht im Rahmen der KV-Verhandlungen entsprechend verhandelt worden ist. Die Arbeit in den Wohngruppen ist sehr komplex geworden und es ist heute tatsächlich nicht mehr zu rechtfertigen, dass Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagogen unterschiedlich eingestuft sind. Für die komplexe Arbeit braucht es heute eben multiprofessionelle Teams. Es gibt aber kaum Sozialarbeiterinnen, Psychologen, Psychologinnen oder Therapeuten und Therapeutinnen in Wohngruppen, weil sie dort nur in Gruppe 7, aber in den anderen Bereichen in Gruppe 8 eingestuft werden. Diese Unterscheidung gibt es bei uns übrigens nicht bei den mobilen Angeboten oder den sozialen Diensten. Der allergrößte Teil dieser Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist in der Verwaltungsgruppe 8 eingestuft. Wir riskieren damit, dass die ohnehin wenigen Mitarbeiter in andere Bereiche abwandern und die Kinder nicht mehr betreut werden können. In anderen Bundesländern ist das übrigens ja auch schon geschehen, wiewohl mir natürlich klar ist, dass der budgetäre Rahmen ein sehr enger ist. Da sind wir auch im laufenden Austausch. Aber ich begrüße die Änderung und ich glaube, es ist ein wichtiges Signal gewesen im Rahmen der KV-Verhandlungen. Ja, wir werden noch zahlreiche Anstrengungen im Sinne des Miteinanders benötigen oder wie die geschätzte Landesrätin Königsberger-Ludwig in ihrem Vorwort geschrieben hat: Wir werden noch an sehr vielen Stellschrauben schrauben müssen und drehen müssen, damit wir hier weiterkommen in diesem Bereich. Aber ich bin wirklich guter Dinge, dass wir auch das gemeinsam schaffen werden, wie wir es auch in der Vergangenheit geschafft haben. Abschließend gilt mein großer Dank allen Personen, die in diesem wichtigen Bereich tätig sind. Von den Bezirksbehörden – heute schon angesprochen – angefangen bis zur Abteilung der GS6, die ich auch ganz herzlich begrüßen darf mit dem Abteilungsleiter, natürlich unsere zuständige Landesrätin, bis hin zu allen Trägerorganisationen und Einrichtungen des Landes NÖ. Sie alle machen einen tatsächlich großartigen Job. Bitte machen Sie diesen auch weiterhin so großartig im Sinne einer umfassenden und professionellen Kinder- und Jugendhilfe. Und bitte ... meine große Bitte: Geben Sie diese Begeisterung für diesen Beruf weiter, damit wir auch zukünftig genügend qualifiziertes Personal für die Kinder- und Jugendhilfe im Land NÖ zur Verfügung haben. Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP, LR Königsberger-Ludwig und Präs. Mag. Renner.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gemeldet ist die Frau Landesrätin Königsberger-Ludwig.
Landesrätin Königsberger-Ludwig(SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Herren und Damen Abgeordnete! Es ist mir wirklich ein Anliegen jetzt zu diesem Tagesordnungspunkt ein paar Worte an Sie zu richten, aber vor allem auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendhilfe zu richten, ganz egal, in welchem Bereich sie arbeiten. Ob sie in der GS6 arbeiten mit meinem Abteilungsleiter Mag. Kimon Poulios oder seinem Team, mit den BVBs, wo engagierte Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zum Wohle der Kinder in Niederösterreich arbeiten oder bei unseren SBZs, bei den landeseigenen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen oder auch bei unseren privaten Trägern. Ich möchte das ganz bewusst machen und möchte ein ganz, ganz großes „Danke“ sagen für ihre unglaublich wichtige Arbeit, die in diesen Bereichen in den letzten Jahren und auch Jahrzehnten schon geleistet wurde. Abgeordneter Kaufmann und Abgeordnete Suchan-Mayr haben es angesprochen: Es sind einfach Bereiche, wo man nicht einfach nur Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen braucht, die ihre tägliche Arbeit leisten. Dort braucht es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit unglaublich viel Empathie, mit unglaublich viel Gefühl, mit unglaublich viel Professionalität. Das ist so auf der einen Seite und das wird jeden Tag in unseren Einrichtungen gelebt und in den letzten zweieinhalb Jahren unter ganz, ganz besonders schwierigen Voraussetzungen, weil natürlich auch Corona in den Einrichtungen für viel Unruhe gesorgt hat und für ein ganz besonderes behutsames Umgehen mit den Kindern und Jugendlichen, die uns anvertraut sind. Deswegen möchte ich wirklich ein ganz, ganz großes „Danke“ an alle Mitarbeiterinnen in dieser Kinder- und Jugendhilfelandschaft – wenn ich das so sagen darf – sagen. (Beifall bei der SPÖ, ÖVP und Abg. Mag. Silvia Moser, MSc.) Ich möchte aber auch ein paar Worte dazu sagen, weil dieses Normkostenmodell so oft angesprochen wurde, speziell auch von der Abgeordnetenkollegin Moser. Als ich die Kinder- und Jugendhilfe übernommen habe, hat man einfach eine Situation vorgefunden, wo es viele engagierte Träger gibt mit ganz, ganz vielen unterschiedlichen Tagsätzen. Und ich als Landesrätin für die Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen in Niederösterreich, die unsere Unterstützung brauchen, zuständig, habe mir einfach mit der Abteilung überlegt: Das kann ja eigentlich nicht davon abhängen, wie gut – wenn ich das so sagen darf – ein Träger mit der Abteilung verhandeln kann, sondern ein Kind und ein Jugendlicher in Niederösterreich muss – ganz egal, wo er in eine stationäre Einrichtung muss – die gleichen Voraussetzungen finden, die gleichen Qualitätskriterien finden, die wir gemeinsam mit den Trägern erarbeitet haben. Ich möchte das auch Ihnen, sehr geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, sagen: Wir haben das nicht alleine gemacht im stillen Kämmerchen. Wir haben das in unzähligen Gesprächen, in unzähligen Runden gemeinsam mit den Trägern, mit den SBZs und auch mit den freien Trägern in Niederösterreich gemacht und am Ende, ja, stand ein sogenanntes „Normkostenmodell“ – aber das niemals, niemals den Sinn hatte einzusparen, sondern natürlich auch in erster Linie Transparenz zu schaffen, Vergleichbarkeit zu schaffen und Gerechtigkeit zu schaffen für jedes Kind und jeden Jugendlichen in Niederösterreich und – und das ist mir ganz besonders wichtig – auch noch mehr Qualität in die Einrichtungen zu bringen, noch mehr, als sie vorher schon gehabt haben, weil wir nämlich die vollzeitäquivalenten Mitarbeiterinnen fast verdoppelt haben in den Einrichtungen, geschätzte Damen und Herren Abgeordneten, (Beifall bei der SPÖ und Präs. Mag. Renner.) und das ist zum Wohl der Kinder und Jugendlichen in Niederösterreich passiert. Und dass das nicht immer ganz einfach gewesen ist mit den Trägern, das können Sie sich wahrscheinlich vorstellen, weil es natürlich dort und da Veränderungen gegeben hat. Deswegen auch ein ganz, ganz großes „Danke“ an alle Träger in Niederösterreich und auch an unsere landeseigenen Einrichtungen, die sogenannten „SBZ“, dass sie diese Veränderungen mit uns mitgetragen haben, weil wir alle gemeinsam ein Ziel haben – nämlich das Wohl des Kindes tatsächlich jeden Tag in unseren Einrichtungen zu gewährleisten. Deswegen haben wir dieses Normkostenmodell, das für mich eine Qualitätssteigerung ist, einfach gemeinsam in den letzten Jahren umgesetzt und wie man sieht – und jetzt kann man sagen, es sind viele Zahlen, Frau Kollegin Moser, Herr Kollege Kaufmann ... ja, das stimmt. Aber man sieht in diesem Bericht ganz eindeutig, dass dieses Normkostenmodell kein Einsparungsmodell gewesen ist, sondern dass es genau das umgesetzt hat, was wir eigentlich wollten. Nämlich, dass wir die volle Erziehung als letztes Mittel einsetzen und vorher natürlich mit den Familien arbeiten, weil Sie alle werden mir rechtgeben, wenn ich sage: Die beste Form für ein Kind aufzuwachsen ist noch immer die zu Hause bei der Familie. Und wenn es Unterstützung braucht, dann wird es diese vom Land NÖ mit den Unterstützungsmaßnahmen in der Erziehung auch erhalten. Auch das sieht man in dem Bericht ganz gut, dass sich gerade in diesem Bereich die Ausgaben sehr, sehr vervielfachen, die volle Erziehung nicht weniger Geld bekommt, aber – und jetzt sage ich es auch – Gott sei Dank weniger Kinder betreut werden müssen, weil die anderen Maßnahmen auch greifen. Dass es in der vollen Erziehung mehr Budget gibt, obwohl weniger Kinder untergebracht sind, zeigt, dass die Qualität tatsächlich gesteigert wurde. Ja, wir haben noch viel zu tun, Herr Kollege Kaufmann, überhaupt keine Frage. Wir werden aber intensiv weiterarbeiten, weil es uns ganz besonders wichtig ist, jedem Kind und jedem Jugendlichen in Niederösterreich ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, weil ich immer sage: Das Familienland NÖ gehört nicht nur den „intakten Familien“, sondern auch unsere Kinder in der Kinder- und Jugendhilfe sind Teil des Familienlandes NÖ. Deswegen werden wir weiterarbeiten. Wir werden in diesem Bereich weiterarbeiten und werden vor allem auch im Bereich weiterarbeiten, was die sogenannte „Rückführung“ angeht. Das hört sich jetzt so „schiach“ an – eigentlich bedeutet Rückführung nichts anderes als Elternarbeit ... mit den Eltern intensiv zu arbeiten, dass sie ihre Erziehungstätigkeiten tatsächlich auch gut mit den Kindern durchführen können, damit die Kinder zu Hause bleiben können. Und ja, der letzte Punkt: Wir haben auch eine Herausforderung, Kollege Kaufmann, im Bereich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – überhaupt keine Frage. Aber auch da haben wir in den letzten Wochen und Monaten unzählige Gespräche mit den Ausbildungsträgern geführt. Auf der Kinder- und Jugendhilfekonferenz wurden einstimmige Beschlüsse gefasst im Bereich Sozialarbeiterinnen-Ausbildung, im Bereich der Sozialpädagoginnen-Ausbildung und ich bin auch da sehr optimistisch, dass wir gemeinsam diese Herausforderung schaffen werden. Ich möchte Ihren Esprit aufnehmen, den Sie gesagt haben, und sage auch an alle angehenden Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Land NÖ: Die Kinder- und Jugendhilfe braucht die Besten, weil wir nämlich im Bereich der Kinder und Jugendlichen noch am meisten wirklich gemeinsam erledigen können, um Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Wenn wir in der Kinder- und Jugendhilfe die besten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter einsetzen, dann werden wir auch Kinder und Jugendliche, die es schwer haben aufgrund ihrer familiären Verhältnisse sozusagen, auf einen guten Weg begleiten können und darum geht es: begleiten, dasein, stärken und Kinder auf ihrem Erwachsenenleben bestmöglich zu unterstützen. Dafür noch einmal ein ganz, ganz großes "Danke" an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, begonnen in meiner Abteilung, Abteilung GS6, Bezirksverwaltungsbehörden, Mitarbeiterinnen in den Einrichtungen, in den UdE-Einrichtungen und auch bei den sozialen Diensten, denn dort ist die Basis, damit Kinder vielleicht gar keine Kinder- und Jugendhilfe brauchen. Dankeschön und ich sage auch „Danke“ an alle, die dem Bericht heute zustimmen werden. Über Berichtslegungen kann man trefflich diskutieren. Ich glaube, es ist ein gutes Zahlenwerk, das trotz der Zahlen sieht, dass uns in der Kinder- und Jugendhilfe die Menschen und die Kinder ganz besonders wichtig sind. (Beifall bei der SPÖ, Präs. Mag. Renner, Präs. Mag. Wilfing, Abg. Kainz.)
Zweiter Präsident Moser: Die Rednerliste ist erschöpft. Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort. Sie verzichtet.
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.