Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2175/A-3/717-2022 – Sechste Urlaubswoche für alle Arbeitnehmer, unabhängig von Arbeitsplatzwechsel
Berichterstatter
Redner
- Helmut Hofer-Gruber (NEOS) Tagesordnungspunkt 8 Video und Sitzungsbericht
- Jürgen Handler (FPÖ) Tagesordnungspunkt 8 Video und Sitzungsbericht
- René Pfister (SPÖ) Tagesordnungspunkt 8 Video und Sitzungsbericht
- Hermann Hauer (ÖVP) Tagesordnungspunkt 8 Video und Sitzungsbericht
Abstimmung
Antrag angenommen: Zustimmung ÖVP, NEOS, Ablehnung SPÖ, FPÖ, GRÜNE, Abg. Ing. Huber
Video-Übertragung der Sitzung
Den textlichen Auszug des Sitzungsberichts finden Sie nach dem Video.
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Wir kommen zum Verhandlungsgegenstand Ltg.-2175, Antrag der Abgeordneten Handler u.a. betreffend sechste Urlaubswoche für alle Arbeitnehmer, unabhängig von Arbeitsplatzwechsel. Ich ersuche Herrn Abgeordneten Teufel die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Ing. Mag. Teufel(FPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich berichte zum Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses über den Antrag der Abgeordneten Handler, Landbauer, Königsberger, Aigner, Dorner, Schuster und Teufel betreffend sechste Urlaubswoche für alle Arbeitnehmer, unabhängig von Arbeitsplatzwechsel (liest:)
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Der Antrag wird abgelehnt.“
Ich bitte um Eingang in die Debatte und anschließende Abstimmung.
Zweiter Präsident Moser: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gelangt der Abgeordnete Helmut Hofer-Gruber, NEOS.
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wahlkampfstimmung kommt auf. Populistische Forderungen sprießen. Eine sechste Urlaubswoche ist natürlich etwas Feines. Da kann man noch mehr Feiertage miteinander verbinden und damit die „Work-Life-Balance“ verbessern. Dass das Ganze von irgendjemandem bezahlt werden muss, steht nicht im Antrag. Dass wir seit Jahren im Krisenmodus sind und diese nicht so schnell beendet sein wird, steht auch nicht drinnen. Mehr Urlaub sorgt zunächst für höhere Lohnstückkosten, für mehr Rationalisierungsdruck, mehr Stress, mehr Burnout, mehr krankheitsbedingte Frühpensionen. Viel wichtiger als eine sechste Urlaubswoche wäre es, dafür zu sorgen mehr gesunde Lebensjahre in unserem Land zusammenzubringen. Das wäre auch für das Sozialsystem eine nachhaltige Entlastung. Ergonomie am Arbeitsplatz, Angleichung der Wochenarbeitszeit an die Leistungsfähigkeit, die sich ja altersbedingt bekanntlich ändert, Ernährung am Arbeitsplatz, ... mir fällt da viel ein. Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz zur Arbeit und überhaupt müssen wir von dieser Arbeitsleidjammerei wegkommen und dazu finden, dass uns Arbeit auch Freude macht oder Freude machen kann, weil wir unsere Fähigkeiten und Kompetenzen zeigen und entwickeln können. Arbeit ist nicht unbedingt als ultimative Laste des Lebens zu sehen. Arbeit ist auch Schaffenskraft, Kreativität und dort, wo der Arbeitsinhalt vielleicht nicht so toll ist, bleibt noch immer soziale Teilhabe, das Wissen etwas Sinnvolles zu tun und Struktur im Alltag. Die Vorstellung, mit weniger Arbeit, mit geringerer Produktivität aus der Krise zu kommen, ist verlockend, ist aber leider bisher empirisch nicht bestätigt worden. Aber wir leben ja in Niederösterreich und da muss ich jetzt auf den Kollegen Hackl zu sprechen kommen: Der hat im Ausschuss recht offenherzig bestätigt, was wir seit langem vermuten: Die ÖVP Niederösterreich besteht aus Bauernbund und ÖAAB und der ÖAAB vertritt nicht die Arbeiter und Angestellten, sondern nur den öffentlichen Dienst. Anders ist sein Hinweis – in Niederösterreich gäbe es die sechste Urlaubswoche schon lange für alle, ich betone „für alle über 42“, nicht interpretierbar. Ich weiß nicht, ob er die Erkenntnis auch heute von sich geben wird, aber er kann einmal darüber nachdenken, ob nicht ein bisschen etwas Wahres dran ist, wenn wir NEOS immer wieder auf Privilegien im öffentlichen Dienst hinweisen. Denn eines gibt es in der Privatwirtschaft sicher nicht: eine zusätzliche Urlaubswoche, nur weil man ein gar nicht so hohes Alter erreicht hat. Punkt. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gelangt der Herr Abgeordnete Jürgen Handler, FPÖ.
Abg. Handler (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Zur sechsten Urlaubswoche für alle Arbeitnehmer unabhängig von Arbeitsplatzwechsel: Seit 1986 haben Arbeitnehmer Anspruch auf fünf Urlaubswochen pro Jahr und eine sechste Woche kommt derzeit im Wesentlichen erst nach 25 Arbeitsjahren hinzu, wenn man bei ein und demselben Unternehmen gearbeitet hat. Der Gedanke, dass alle Arbeitnehmer nach langer Zeit im selben Unternehmen mit der sechsten Urlaubswoche quasi belohnt werden, geht längst nicht mehr auf. Die wenigsten Arbeitnehmer, gerade einmal knapp ein Zehntel, bleiben 25 Jahre in einer Firma. Denn von der Lehre bis zur Pension in einem Betrieb zu arbeiten, entspricht längst nicht mehr der heutigen Arbeitswelt. Die Welt ist schnelllebiger. Die Arbeitswelt hat sich dadurch auch geändert, dass Unternehmen, auch ihr Mitarbeiterstand, immer wieder rotieren, ist auch augenscheinlich. Bei den bisherigen, generellen Verlängerungen der Mindesturlaube von drei auf vier und danach von vier auf fünf Wochen ist die heimische Wirtschaft keineswegs kollapiert. Und jetzt reden wir von einer sechsten Urlaubswoche und das nach 25 Arbeitsjahren. Wer einwendet, damals war ein Wirtschaftswunder, Hochkonjunktur oder sonstiges erlebt zu haben, dem muss man entgegenhalten: Damals war auch der Druck am Arbeitsmarkt nicht so hoch und der Wettbewerb lange nicht so global. Heutzutage ist alles schnelllebiger. Der Druck in der Arbeitswelt steigt zunehmend und im fortgeschrittenen Alter braucht man auch längere Erholungsphasen. Bedacht genommen werden muss auch: Das Pensionsantrittsalter wurde in den letzten Jahrzehnten ebenfalls schrittweise erhöht und man ist dadurch länger in der Arbeitswelt und geht einer beruflichen Tätigkeit nach. Es ist auch eine Ungleichbehandlung von verschiedenen Berufsgruppen in Österreich wie z. B. im öffentlichen Dienst, welche ab dem 43. Lebensjahr Anspruch auf die sechste Urlaubswoche haben, aber auch andere Berufsgruppen haben hier ähnliche Privilegien. Falls heute die ÖVP Niederösterreich herauskommt und behauptet, die sechste Urlaubswoche sei inflationstreibend, dann hat die ÖVP offensichtlich die Ursache der Inflation nicht verstanden. Johanna Mikl-Leitner war auch lange Zeit Bundesobfrau des österreichischen Arbeiterbundes und Landesrätin Teschl-Hofmeister ist aktuell die Obfrau des NÖ Arbeitnehmerbundes, so wie viele Landtagsabgeordnete im NÖ Landtag der ÖVP auch eine Funktion in diesem Bund ausüben. Das brisante daran ist: Die Fraktion der schwarzen Arbeitnehmervertretung hat erst im Mai dieses Jahres einen ähnlichen Antrag zur sechsten Urlaubswoche in der Arbeiterkammer Niederösterreich-Vollversammlung eingebracht, welcher auch angenommen und beschlossen wurde. Jetzt frage ich mich schon, wie die ÖVP Niederösterreich zu einer eigenen Arbeitnehmervertretung steht und eine Forderung der schwarzen Arbeitnehmervertreter politisch im NÖ Landtag ablehnen kann? Es scheint so, dass die ÖVP Niederösterreich das Wort „vertreten“ sprichwörtlich anders meint und ihre schwarze Arbeitnehmervertretung und damit auch alle Arbeitnehmer regelrecht den Allerwertesten vertritt. Die Sechste Urlaubswoche nach 25 Jahren für alle Arbeitnehmer ist zeitgemäß, ist auch gesundheitsfördernd sowie auch eine Entlastung im Familienleben und muss daher auch umgesetzt werden. Danke. (Beifall bei der FPÖ und Abg. Ing. Huber.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gelangt der Herr Abgeordnete René Pfister, SPÖ.
Abg. Pfister (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat es schon kurz angesprochen. Ich war auch sehr verwundert über diesen Antrag, vor allem wenn am 6. Mai 2022 der ÖAAB Niederösterreich – und ich sage es noch einmal: der ÖAAB Niederösterreich – in der Arbeiterkammervollversammlung den Antrag zur Umsetzung der sechsten Urlaubswoche für alle einbringt, weil sie kaum für jemanden erreichbar ist. Das Besondere daran ist – und ich habe mich heute noch einmal in meine Unterlagen eingelesen am Vormittag – dass auch der AK-Niederösterreich-Vizepräsident, der Kollege Hager, hier auch ein Plädoyer dafür gehalten hat und das auch begrüßt und unterstützt hat und bei der Vollversammlung am 6. Mai – man höre und staune – das „Miteinander“ gelebt wird, nämlich dass das einstimmig in der Arbeiterkammervollversammlung angenommen wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.) Erklärt ihr euch das dann bitte selber oder erklärt es ihr bitte den ÖAAB-Vertreterinnen und –Vertretern in der Arbeitnehmerinteressensvertretung. Aktuell ist die sechste Urlaubswoche – wie schon gesagt – für kaum jemanden erreichbar. Haben Arbeitnehmerinnen bei verschiedenen Arbeitgeberinnen im In- oder Ausland gearbeitet, haben sie auch nach 25 Dienstjahren keinen Anspruch auf die zusätzliche Urlaubswoche. Diese Regelung stammt allerdings aus einer Zeit, wo es üblich war, das gesamte Berufsleben für ein und dasselbe Unternehmen zu arbeiten. Heutzutage entspricht das – wie wir alle wissen – nicht der Realität und in vielen Branchen ist es praktisch überhaupt nicht möglich, 25 Jahre für denselben Dienstgeber zu arbeiten. Somit hat kaum jemand hier die Chance, diese Urlaubsregelung für sich auch zu nutzen oder möglich zu machen. Wenn wir betrachten, dass mit der Einführung des 12-Stunden-Tages und der gestrichenen Feiertage am Karfreitag – nur zwei Beispiele, die SCHWARZ-BLAU auch eingeführt hat – und man parallel dazu aber auch die Arbeitsverdichtung in den Jahren 2018 und 2019 hernimmt und sich auch die Burnout-Rate und auch vor allem die psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz in den Jahren 18 und 19, die von 18 auf 19 um über 60 % – bei der Gesundheitskassa statistisch alles nachzulesen und nachzuweisen – um 60 % gestiegen sind, dann bedeutet das, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier einem massiven Druck am Arbeitsplatz und vor allem hier am Arbeitsmarkt auch ausgesetzt sind. Wir haben in Österreich die höchste ... mit ihrer wöchentlichen Arbeitszeit ... bereits an der EU-Spitze. Wir sind an zweiter Stelle. Überstunden, ständige Erreichbarkeit erhöhen laufend den Arbeitsdruck und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen einfach hier auch die Zeit, um länger hier auch gesund und vor allem auch arbeitsfähig zu bleiben. Daher ersuche ich euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was der ÖAAB Niederösterreich in der Arbeiterkammer zustande bringt, wird ja die ÖVP Niederösterreich hier im Landtag im Sinne des „Miteinanders“ heute auch zusammenbringen und wird dieser sechsten Urlaubswoche auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Zweiter Präsident Moser: Zu Wort gelangt der Abgeordnete Hermann Hauer, ÖVP.
Abg. Hauer(ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich darf mich zu dem vorliegenden Antrag in gebotener Kürze zu Wort melden. Urlaub ist immer ein Thema. Urlaub ist für jede und jeden ein Thema und Urlaub ist auch eine Erholung. Urlaub ist aber auch eine bezahlte Freistellung zum Erhalt der Arbeitskraft. Jede Idee zu diesem Thema ist richtig und wichtig. Jede Überlegung zu diesem Thema ist legitim und gut. Genauso wichtig ist es, auch die Diskussion und die Erörterung zu diesem Thema zu führen. Ich darf kurz zum Vorschlag des vorliegenden Antrages eingehen. Erstens: Im eigenen Wirkungsbereich wird die Landesregierung aufgefordert, eine sechste Urlaubswoche nach 25 Arbeitsjahren zu ermöglichen. Ich darf hier festhalten: Diese gibt es bereits im eigenen Wirkungsbereich, Herr Kollege Handler. Im eigenen Wirkungsbereich im Landesdienst ist eine sechste Urlaubswoche ab dem vollendeten Alter von 43 Jahren bereits umgesetzt. Nachzulesen § 47, Landesbedienstetengesetzes. Zum Zweiten: Die Forderung oder die Aufforderung der Bundesregierung für eine Änderung des Urlaubsgesetzes. Es ist eine Thematik der Sozialpartner. Und das ist auch dort am zielführendsten angesiedelt und es ist ein klassisches Sozialpartnerthema und das ist auch gut so, dass eigentlich eh alle in die richtige Richtung gehen. Aber ich glaube, dass das System dieser Thematik bei den Sozialpartnern am zielführendsten angesiedelt ist und es auch ein klassisches Sozialpartnerthema ist und wir auch durchaus auf dieses anerkannte und erprobte System weiterhin vertrauen können. Die Entscheidungsträger werden auch einfließen lassen, dass das vielleicht für so manchen älteren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin am Arbeitsmarkt, bei der Jobsuche, vielleicht auch eine Benachteiligung ist. Ich glaube, die Entscheidungsträger in den Sozialpartnern werden auch das einfließen lassen und wir sind der festen Überzeugung: In der Vergangenheit haben die Sozialpartner immer umsichtig gehandelt und sie werden auch in dieser Thematik richtig und entsprechend zielsicher handeln. Sinngemäß sieht es ja auch die FPÖ so. Bei einer entsprechenden Anfrage des ÖGB an alle Parlamentsparteien wurde seitens der FPÖ-Parlamentsfraktion darauf hingewiesen, man will den Gesprächen und Verhandlungen der Sozialpartner nicht vorgreifen. Das ist auch richtig so. Das ist dort richtig angesiedelt und in Wahrheit ist das auch gut so. Daher werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
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