Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-451/XX-2024 – Leistung als Fundament unseres Wohlstandes – Steuerfreistellung von Überstunden umsetzen
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Erber, MBA (ÖVP): Es sind heute viele Schüler da, das freut mich. Weil letztlich, wenn wir über Leistung reden, reden wir auch immer über Zukunft und ich glaube, entscheidend ist es ja nicht, was ist heute hier und jetzt, sondern wie geht es in Zukunft weiter, das ist ja auch eine Aufgabe. Ich finde es insofern spannend, wenn Parteien, die es noch gar nicht so lange gibt, über die letzten 40 Jahre reden und da die Parteien sozusagen vorführen wollen, was sie denn nicht falsch gemacht hätten. Jetzt gehe ich ein bisschen weiter zurück und ich sage Ihnen, ich werde es heute nicht machen. Ich werde da nicht auf irgendeine Partei losgehen, weil mir geht es gar nicht darum... (Abg. Weninger: Selbstkritik.) ...nein, nein, mir geht es gar nicht darum, was denn die anderen falsch machen, sondern mir geht es genau um das, was gesagt worden ist und zwar 40 Jahre und da gebe ich nochmal 40 Jahre drauf. Wenn wir uns das heute anschauen, wo wir leben dürfen, dann ist das eigentlich ein Wunder, wenn wir die Geschichte betrachten. Und zwar dieses Land, das lag in Trümmern und dann hat es eines gegeben und das ist Leistung, das die Österreicher und alle Parteien vereint hat und man hat sich hingestellt, hat aufgestrickt, hat angepackt und heute haben wir einen Wohlstand, wie es ihn noch nie gegeben hat in Österreich. Und zwar miteinander nicht den anderen sagen, was nicht denn alles schlecht ist, was er falsch macht, sondern miteinander anpacken, miteinander einen Sozialstaat Österreich zu machen, wie es ihn noch nie gab. Das ist eine Leistung, die wir geschichtlich miteinander erreicht haben. (Beifall bei der ÖVP.) So, jetzt beschäftige ich mich mit dem heutigen Thema. Plötzlich geht bei mir das Handy und macht es "pieps, pieps". Ich denke mir, was kommt da rein? Schreibt mir eine Frau, die ist arbeiten gegangen, Nebenerwerb, ist eine Bäuerin. Der Mann ist auch arbeiten gegangen, fleißige Menschen. Und schreibt mir dann: "Heute bin ich richtig sauer." Ich frage sie, warum denn? Schreibt sie: "Naja, früher hat es einen Anspruch nach vier bis fünf Jahren gegeben auf eine Teilprothese, heuer muss ich mindestens sechs Jahre warten. Schade,dass nur mehr für die Gäste" und sie meint damit jene, die vom Ausland kommen, "Milch und Honig fließen." Und wissen Sie, ich möchte mir jetzt gar nicht anmaßen, das zu beurteilen. Es macht mich einfach nachdenklich, dass ich solche SMS kriege und habe mir gedacht, was meint sie damit? Und wissen Sie, was sie damit meint? Die meint nicht nur Österreich, die meint nicht nur die Leistung, sondern das, was sie in weiterer Folge anspricht, ist, das hat mit Gerechtigkeit zu tun. Und was empfindet jetzt der einzelne Bürger als gerecht? Und ich möchte Ihnen schon sagen: Dieses Gefühl so, die Arbeit muss sich lohnen, das ist bei ganz vielen vielleicht verschieden definiert, aber dieses "wenn ich arbeiten gehe, dann möchte ich auch was davon haben" das ist doch ein Grundgefühl, das richtig ist. Und jetzt gibt es da schon Menschen, die stehen auf in der Früh, acht bis zehn Stunden arbeiten mit den Überstunden. (Abg. Dr. Krismer-Huber: Na was hast denn du ihr gesagt mit den Behelfsmitteln? Da wart ihr ja selber dabei!) Die fahren oft eineinhalb Stunden lang, pendeln zur Arbeitszeit, arbeiten die acht Stunden und dann schauen sie irgendwo so drauf und sind enttäuscht, wenn sie den Lohnzettel sehen. Und jetzt sage ich: Das sind Menschen, die oft unter Entbehrungen ein Häuschen gebaut haben und die vor allen Dingen immer eines auch hatten – und wieder zu Beginn, was ich gesagt habe – eine Zukunft aufzubauen für sich selber früher und heute ganz, ganz stark für ihre Kinder auch aufzubauen. Wissen Sie, dahinter steckt, dass Sie sagen: Harte Arbeit, da muss ich auch eine faire Chance bekommen und viele empfinden das nicht mehr so, dass diese Arbeit auch gerecht entlohnt wird. Und jetzt habe ich die Arbeitnehmer angesprochen. Ich meine, seien wir doch ehrlich, Sie alle kennen das. Wenn Sie in der Früh oft aufstehen, da sehen Sie – es ist noch nicht einmal gescheit hell – da sehen Sie schon, wie die Bauern draußen herumfahren und die kurze, schöne Zeit eben nutzen, dass sie die Ernte einbringen und da waren sie manchmal vorher schon im Stall. Wenn Sie sich anschauen, Sie kennen die alle, da gibt es Unternehmer, oft kleine Unternehmer, oft Ein-Mann-Betriebe, Ein-Frau-Betriebe, manche mit ein paar Mitarbeitern, die wirklich Tag und Nacht auch im Betrieb drinstehen, manche, wenn die Zeit gerade nicht so gut ist, verdienen weniger als ihre Mitarbeiter und sie machen es trotzdem. Und zwar deswegen, weil sie an eine Zukunft glauben, weil sie an eine Gerechtigkeit glauben und ein faires Modell glauben. Und wissen Sie, ich hatte das Glück, von der Industrie zu einer Tagung eingeladen zu werden. Wenn ich da jetzt so sehe, was man nicht alles noch besteuern sollte, dann spiegelt das gar nicht die Stimmung wieder, wie ich es dort gefunden habe. Und zwar: Die leben schon alle ordentlich, das möchte ich gar nicht sagen, aber das war getragen... diese industrielle Tagung war getragen von einer Zukunftssorge, wo sie gesagt haben, jetzt kommen da noch und noch und noch Gesetze dazu, noch und noch kommen da Vorschriften dazu. Wie sollen wir denn in Zukunft noch wettbewerbsfähig sein? Das heißt, die sind in ernster Sorge, wie geht es denn in Zukunft weiter? Wie kann der Wirtschaftsstandort Österreich, Europa für die Industrie noch erhalten werden? Und jetzt kann ich sagen, da geht es ja nicht um die industriellen Familien, sondern da hängen tausende Existenzen dran, von Familien, von Arbeitnehmern und und und, von Zulieferanten. Also, da gibt es schon ganz viel, die das eigentlich sehen, dass da etwas sein muss. (Abg. Weninger: Zum Thema.) Ich komme schon noch direkt da drauf. Weil das, was dann zu denken gibt, ist, aus dieser Unzufriedenheit heraus, da sieht man jetzt: Bei Wahlen wird es ja immer radikaler. Das heißt, Radikale kriegen immer mehr an Zustimmung. Manche, die halt sich aus Spaß gründen, kriegen immer mehr auch an Zustimmung. Und jetzt nicht falsch verstanden, das ist das gute Recht in einer Demokratie, wählt sich das Volk das aus. Aber lassen Sie mich schon auch die Frage stellen, dass ich mir Gedanken mache, warum ist denn das so? Und zwar, weil viele sagen, ich glaube nicht mehr dran, dass ich mit meiner Leistung noch ein besseres Leben führen kann, da muss etwas passieren. Und jetzt ist das angesprochen worden: Arbeitskräftemangel. Auf der einen Seite die Menschen arbeiten hart, auf der anderen Seite findest du keine Arbeitskräfte mehr, wenn du Aufträge hättest, wenn du Arbeit hättest. Wir haben 350.000 mit den Arbeits... also mit jenen, die in Schulung sind, haben wir 350.000 Arbeitslose, inklusive Schulungsteilnehmer. Wir haben 180.000 Sozialhilfeempfänger, davon 140.000 in Wien. Und wissen Sie, was noch viel bezeichnender ist? In das Sozialsystem zahlen nur mehr 20 Prozent mehr ein, als sie herausbekommen. Das heißt, 80 Prozent kriegen mehr raus als sie einzahlen. Und jetzt frage ich uns alle miteinander: Ganz ehrlich, wie soll denn das in Zukunft weitergehen, wenn 20 Prozent den Staat oder die Hauptlast dieses Staates schultern sollen? Also da müssen wir doch gemeinsam darüber nachdenken statt zu sagen, was denn nicht die andere Partei immer alles falsch macht. Legen wir doch wirklich diese Vorschläge auch auf den Tisch. Und wissen Sie, wenn Teilzeitarbeit zum neuen Modell wird –das hat der Kollege Kaufmann schon angesprochen – da muss man sich doch fragen, warum ist denn das so, dass plötzlich diese Arbeit gar keinen Wert mehr hat, der früher sozusagen diesen in Wahrheit begründeten Wert auch fürs eigene gelungene Leben hatte, hat immer weniger Wert. Das heißt, daher hin zum Sozialstaat, also da sollten wir schon drüber nachdenken. Und wenn wir sagen "Sozialstaat", dann sollten wir auch darüber nachdenken: Was ist denn unsere Anforderungen an den Sozialstaat? Heute sind die Gemeinden angesprochen worden, 40 Jahre sind angesprochen worden, ein Budget in den Gemeinden vor 40 Jahren war so, heute ist es so. Das heißt, da ist ganz, ganz vieles in Wahrheit, da müssen wir auch mal hinterfragen: Ist denn das wirklich alles Aufgabe des Sozialstaates oder haben wir da vielleicht ein bisschen überbordend auch zu viel gemacht? Und jetzt sage ich: Das ist doch eine spannende Sache, auch darüber nachzudenken. Jetzt brauche ich gar nicht darüber diskutieren. Ein Sozialstaat hat da zu sein, und zwar für Kranke, hat da zu sein, wenn jemand Kinderbetreuung hat, wenn jemand eine Altenbetreuung macht. Aber was nicht sein kann, ist, dass ich etwas zahle ohne eine Gegenleistung. Das heißt, wenn jemand gesund ist und arbeiten könnte, und ich verlange nichts dafür – das ist nicht sozial, sondern in Wahrheit, das ist dumm und unsozial, ich kann nicht hergehen und einfach Geld ausschütten und sagen: "Ich möchte gar nichts mehr von dir." Und wissen Sie warum es auch unsozial ist? Weil es in Wahrheit den Menschen keine Chance gibt. Der Mensch braucht doch Arbeit, der muss zu einer sozialen Gruppe gehören, der braucht eine Zeitstruktur. Also Arbeit ist viel mehr als nur Geld verdienen, Arbeit ist sinnstiftend. (Beifall bei der ÖVP.) Und wenn ich das jetzt vorhin angesprochen habe, diese 180.000, davon ist... mehr als die Hälfte könnte ja. Und jetzt sage ich: Das ist ja mein Anspruch. Wenn einer keine Arbeit hat, dann soll er halt... und Sozialhilfe kassiert, dann soll er halt teilnehmen an einem Sprachkurs, dann soll er teilnehmen an einem Beschäftigungsprogramm. Und zwar auch zum eigenen Nutzen. Das kann ja nicht sein, dass ich zu Hause sitze, nichts tue und dafür Geld kriege und umso länger ich arbeitslos bin, desto schwieriger komme ich doch zurück wieder in den Arbeitsmarkt. Es ist ja erwiesen: Je länger ich arbeitslos bin, desto schwieriger kann ich zurückkehren. Also das kann ja auch im Sinne der Betroffenen nicht die Regelung sein. Und eine weitere, glaube ich, faire Maßnahme für all jene, die sagen, ich arbeite und ich kriege ja trotzdem nicht mehr... eine weitere faire Maßnahme, wäre doch, dass wir die geringfügigen Zuverdienstgrenzen abschaffen. Das heißt: Kein geringfügiger Zuverdienst mehr. Weil ich meine, ich habe da eine Forderung erhoben, die da heißt, wenn ich Arbeitslose, Notstand oder Sozialhilfe beziehe, dann soll ich kein geringfügiges Zuverdiensteinkommen, also kein geringfügiges Einkommen mehr dazu verdienen dürfen. Und dann schreibt mir einer: "Aber das kannst du ja nicht fordern, weil dann gibt es ja überhaupt keinen Barbershop mehr." Na das stimmt schon, aber das ist nicht unser System. Und zwar, dass ich sozusagen eine Arbeitslosen- oder eine sonstige Zahlung kriege, eine soziale Zahlung, und dann sozusagen dazu verdiene und vielleicht sogar dann noch schwarz in der Schattenwirtschaft auch verdiene. Weil das einfach nicht fair ist gegenüber jenen, die in der Früh aufstehen, den ganzen Tag arbeiten, für alles eine Steuer zahlen müssen und da aber nicht. Also das kann doch nicht im Sinne des gemeinsamen Ganzen sein. Das heißt, was wir brauchen ist, wir brauchen wieder Grundlagen, die es auch möglich machen, dass wir es kontrollieren. Also ganz, ganz wichtig, glaube ich, dass wir mit diesen geringfügigen Zuverdiensten sozusagen aufhören. Damit möchte ich auch zum Schluss kommen und zwar möchte ich es Ihnen schon sehr direkt sagen: Wenn ich begonnen habe mit dem, was in Österreich aufgebaut worden ist, dann wünsche ich mir eins und das wirklich parteiübergreifend. Ich wünsche mir eines: Es ist eine herausfordernde Zeit – wir stehen inmitten einer digitalen Revolution – dass wir an diese Grundwerte zurückkehren. Zwar, wo wir alle gemeinsam sagen: Wir überbieten uns mit besseren Vorschlägen, nicht dem anderen sagen, was er schlecht macht, sondern wir überbieten uns mit besseren Vorschlägen und zwar aus folgendem Grund: Wenn Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg dieses Land, das heute vor uns liegt, schaffen konnte, dann glaube ich, können wir auch die digitale Revolution und die nächste Zeit schaffen und das im Positiven und um das bitte ich Sie auch. Und zwar deswegen, weil ich glaube, dass die Kinder nicht nur, die heute hier zuschauen, sondern, dass die Kinder, die heute da sind, diese Chance verdienen, wie sie wir auch hatten und eines ist sicher: Ein Leben mit Leistung ist ein gelungenes Leben. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
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