Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-422/XX-2024 – Erhöhung des Pflegegeldes zum Ausgleich des Kaufkraftverlustes
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Pflege ist etwas Kostbares, Pflege ist auch etwas Teures. Und wenn wir jetzt an die Pflege zu Hause denken, dann muss man sagen, dieser Dienst an Familienangehörigen, den leisteten sehr lange – größtenteils bis heute auch – Frauen. Und das verführte gleich einmal automatisch zu dieser Einstellung, dass das nichts kosten kann oder darf. Und ich wage zu behaupten: Wären Männer hauptsächlich mit diesen Aufgaben beschäftigt gewesen, dann hätte man schon viel früher das Ganze auf der Tagesordnung gehabt, dass es einen finanziellen Beitrag braucht, oder dass es auch einer externen Unterstützung bedarf. Ich erinnere mich an den Spruch, der da hier passen könnte, von der Frau Landeshauptfrau: "Her mit den Millionen, her mit dem Zaster, her mit der Marie!" So einfach ist es aber leider nicht. Das Pflegegeld ist dafür gedacht, die Mehrkosten, die durch den Pflegebedarf entstehen, zu einem gewissen Teil abzumildern. Und natürlich ist es nachvollziehbar zu sagen, wenn Pflege und Betreuung sehr teuer ist, dass es auch mehr Pflegegeld geben muss. Nur man muss sich das halt schon im Gesamtsystem anschauen. Was ist mit anderen Sozialleistungen? Auch die Familienbeihilfe wurde über einen sehr langen Zeitraum bis vor kurzem nicht erhöht. Sollte man das jetzt auch nachholen? Die Nachkriegsgeneration hat Eigenheim geschaffen ohne begünstigte Darlehen, Annuitätenzuschüsse zu bekommen. Sollte man das auch ausgleichen? Oder jetzt ganz neu: Bestimmte Nebengebühren im Zusammenhang mit dem Erwerb von Immobilien sind seit 1.1.24 zum Teil befreit worden und nachgelassen worden. Müsste man jetzt nicht die Gebühren jener Personen, die in den letzten 20 Jahren die gleichen Kriterien erfüllt haben, auch ausgleichen? Niemand scheint sich – oder der Großteil der hier vertretenen Fraktionen – scheint sich mit der zentralen Frage auseinanderzusetzen oder auseinandersetzen zu wollen, wenn es um Finanzen geht. Woher kommt das Geld? Und der Kollege Pfister hat, glaube ich, am Anfang der Debatte heute schon einmal verwiesen auf das Interview mit dem Vorsitzenden des Fiskalrats Christoph Badelt, gestern in der ZIB2, wo er massiv darauf aufmerksam gemacht hat, dass wir ganz schwere Defizite haben in dem Auseinanderlaufen von Einnahmen und Ausgaben. Und nachdem wir wissen, dass wir eine der höchsten Abgabenquoten in der EU haben, wissen wir auch, es kann nicht an den fehlenden Einnahmen liegen, denn die sprudeln seit Jahren. Und er hat gesagt, wenn das aber so ist, dass man auf der einen Seite valorisiert, nämlich bei den Ausgaben, keine Einsparungen schafft und auf der anderen Seite natürlich was zurückgeben möchte, dann wird sich das nicht ausgehen. Und hier in Niederösterreich wird ja nicht einmal versucht im Eigenbudget, im eigenen Wirkungsbereich etwas zu finden, um zu sagen, hier müssen wir die Prioritäten anders setzen, wir müssen mehr umschichten, wir können einen bestimmten Teil dieser Aufgaben, dieser gestiegenen Aufgaben – das soll man nicht klein machen, es steigt auch weiter – hier schaffen wir das aus eigener Kraft, im eigenen Wirkungsbereich. Nein, "die Bundesregierung wird ersucht" nach dem Motto, wir setzen ein Zeichen für die Menschlichkeit, die uns nichts kostet. Vermeintlich nichts kostet. Und das ist zynisch, meine Damen und Herren, und das ist ein Wahlkampfgeplänkel. Der Slogan "Koste es, was es wolle," er wurde nicht erst vom inkompetentesten Finanzminister aller Zeiten, dem Herrn Gernot – wer sich noch erinnern kann – Blümel erfunden. Dieser Slogan, der wird vor jeder Wahl ausgepackt. In trauter Einigkeit von SCHWARZ, ROT, TÜRKIS, BLAU – der ganze Regenbogen, wie es sich für den Pride-Monat gehört. Aber worum geht es eigentlich wirklich? Die Pflege, die zu Hause stattfindet, die wird längst nicht mehr ausschließlich von pflegenden Angehörigen erledigt, wobei ich an dieser Stelle trotzdem sagen muss: Die pflegenden Angehörigen leisten Übermenschliches. Es ist gar nicht groß genug einzuschätzen, aber es kann auch gar nicht mehr von Ihnen alleine erledigt werden, weil ja sehr, sehr viele mehr erwerbstätig sind, gerade die Töchter und die Schwiegertöchter, und das ist ja auch gut so. Es gibt auch oftmals nicht mehr die Partner und Partnerinnen, weil es immer mehr Single-Haushalte gibt, und auch das ist im Steigen. Es geht im Grunde um die Finanzierung der 24-Stunden-Betreuerinnen. Und darum, dass diese Finanzierung, im Gegensatz zu Pflegeeinrichtungen, von staatlicher Seite weniger gut finanziell unterstützt ist. Und dass 24-Stunden- Betreuerinnen überhaupt billiger sind als ein Pflegeheimplatz, das liegt nicht zuletzt an der nicht vergleichbaren Qualifikation der Arbeitskräfte und an der schwindeligen Konstruktion der 24-Stunden-Betreuung. Statt aber systemisch darauf zu schauen, wie, wo, wann Pflege in unserer Gesellschaft stattfinden soll, entsteht ein Fleckerlteppich an Maßnahmen, an Geldleistungen, an Kompetenzzersplitterungen, die alle nur ein Ergebnis haben: Die Bedürfnisse und Erfordernisse in der Pflege werden nicht gesehen, weil keiner hinschauen will. Und die Auswüchse dieser Ideenlosigkeiten sind: Abschaffung des Pflegeregresses – war das Wahlzuckerl 2017, schwindelige Konstruktionen von Scheinselbständigkeiten, Inkaufnehmen von auch "schwarze Schafagenturen" – natürlich nicht nur – bei der 24-Stunden-Betreuung, Wahlzuckerl 2023: der Pflegetausender– 47 Millionen Euro, die wir plötzlich schon im Budget haben, mit denen man in der Pflege sehr viel Gutes bewegen könnte, Verhinderung von Initiativen wie Buurtzorg oder die Finanzierung der Community Nurses, jetzt wo die Förderung durch die EU-Finanzierung ausläuft, zu wenig Bewusstsein für Präventionsmaßnahmen, keine Idee einer nachhaltigen Finanzierung so wichtiger Bereiche wie Gesundheit und Pflege, und ein ohnmächtiges Zuschauen statt ein besseres Angebot zu schaffen. Die NÖ Landesregierung braucht eine Radikalkur, um das im Gesundheitswesen auch so auszudrücken. Und das fängt damit an, dass man sich für ihre fürstlichen Ministergehälter den Kopf darüber zerbricht –Anwesende ausgenommen in dem Fall – den Kopf darüber zerbricht, wie man im kommenden Budget Mittel freimacht, um im eigenen Wirkungsbereich Verbesserungen in der Pflegesituation herbeizuführen. Der erste Schritt ist nämlich eine Kompetenzentflechtung. Es braucht einen oder eine Zuständige für den Gesundheitsbereich und nicht eine Zerspragelung auf vier oder fünf Landesregierungsmitglieder. Es braucht eine Person, die für die Pflege zuständig ist. Das geht einigermaßen noch geschafft. Und diese maximal zwei Personen sollen sich mit den Expertinnen und Experten ihrer Beamtenschaft zusammensetzen und die Budgetmittel so einsetzen, dass sie sowohl für die Pflege zu Hause als auch für die Pflege in einer Einrichtung... dass es sich damit ausgeht. Vom Bund kommt über den Finanzausgleich schon sehr, sehr viel. Und manche Landesregierungen – wie zum Beispiel die unsrige – die kommen mir vor wie Teenager, die von den Eltern – das ist in dem Fall die Bundesregierung – fordern, fordern und nochmals fordern und nicht mitkriegen, dass die Eltern selber schon einmal kaum finanziell das stemmen oder selbst keinen Plan haben. Es geht aber besser. Im Tagesordnungspunkt über die Änderung des Grundversorgungsgesetzes haben sich ja fast alle für das Prinzip Sachleistungen vor Geldleistungen ausgesprochen. Das heißt, wenn ich hier ganz richtigerweise Probleme sehe, dann kann ich doch nicht wieder Geld auf Probleme schütten, ohne das Problem zu lösen. Das heißt, ich muss ein Angebot schaffen. Ich muss ein Angebot schaffen, das leistbar ist, dass Menschen in den verschiedenen Stadien, die die Pflege benötigen, auch ein entsprechendes, leistbares Angebot vorfinden können. Und nicht immer nur das Geld draufschütten, sodass die Menschen, Einzelpersonen, Familien mit einer Pflegesituation übrigbleiben, wo sie vollkommen überfordert sind. Wir werden den Antrag zur Erhöhung des Pflegegeldes in dieser Form nicht mittragen, und zwar weil wir von der Landesregierung mehr erwarten als einen Brief an die Bundesregierung – namentlich ein ganzheitliches Pflegegesamtkonzept. Ich komme noch kurz zum Antrag Schwerarbeit in der Pflege. Diesem Antrag werden wir zustimmen. Die Formulierungen sind in Teilen noch unpräzise. Unseres Erachtens wäre es so zu formulieren, dass der Sachverhalt der Schwerarbeit nur für jene Personen und für jene Berufsjahre zur Anwendung kommen soll, wo die Arbeit überwiegend am Patienten stattfindet – also nicht nur keine Führungskräfte, sondern auch keine Personalvertretungen, keine administrativen Kräfte. Hier wäre eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Berufsgruppen nicht gerechtfertigt. Für jenes Personal, das jedoch überwiegend am Patienten arbeitet, unterstützen wir dieses Anliegen. Das heißt, wir stimmen diesem Antrag zu und auch dem Zusatzantrag der ÖVP werden wir zustimmen. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Mödling
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich