Zusammenfassung
Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-683/XX-2025 – Präventive Menschenrechtskontrolle 2024
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Hahn, MEd MA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Ich darf mich nun ebenfalls zum Bericht der Volksanwaltschaft über die präventive Menschenrechtskontrolle äußern und möchte an dieser Stelle zuerst eines vorwegschicken und auch ganz klar sagen: Die Volksanwaltschaft ist, wenn man so möchte, das Menschenrechtshaus unserer Republik. Die Arbeit der Volksanwaltschaft, auch ihrer Kommissionen und ihre unabhängigen Kontrollen sind aus meiner Sicht unverzichtbar, um sicherzustellen, dass Menschenrechte nicht nur schöne Worte in einem Gesetzestext bleiben, sondern auch im Alltag gelebt und geschützt werden. Der Bericht macht aber auch vieles deutlich. Nämlich, Menschenrechte stehen und fallen mit der sozialen Realität. Es geht um pflegebedürftige Menschen, die ein Recht auf Würde und gute Betreuung haben. Es geht um Kinder und Jugendliche, die in Krisensituationen Schutz brauchen. Es geht um Menschen mit Behinderungen, die selbstbestimmt leben wollen und es geht um Patientinnen und Patienten, deren psychische Gesundheit kein Tabu mehr sein darf. Aber jetzt ganz konkret zum Bericht und in weiterer Folge natürlich auch zur Stellungnahme der Landesregierung: Wir haben schon gehört, in Niederösterreich wurden 22 Alten- und Pflegeheime, 13 Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, 35 Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und 10 psychiatrische Abteilungen kontrolliert und begutachtet. Was zeigt nun der Bericht ganz besonders und ganz konkret? Welche Empfehlungen, welche Kritikpunkte gibt er uns vor? Erstens– und da muss ich meinen beiden Vorrednern auch vollinhaltlich zustimmen – den massiven Personalmangel, der sich durch wirklich alle beschriebenen Bereiche im Bericht zieht, vor allem aber in den Pflegeheimen, in psychiatrischen Einrichtungen und auch in der Kinder- und Jugendhilfe wird dieser Personalmangel deutlich sichtbar. Das ist kein neues Thema. Das Thema hatten wir auch an dieser Stelle immer wieder, aber es bleibt eines der drängendsten. Und es ist ganz klar: Die größten Probleme entstehen genau dort, wo Menschen fehlen, die helfen, die betreuen, die pflegen. Und es sind in Wahrheit nicht nur abstrakte Fragen von Organisation oder Management, sondern es ist der akute Personalmangel, der letztendlich auch die Menschenrechte gefährdet. Ohne ausreichendes und vor allem ohne ausreichend qualifiziertes Personal sind alle rechtlichen und alle qualitativen Standards und auch alle noch so gut gemeinten Maßnahmen in Wahrheit nur Papier. Und deshalb sage ich an der Stelle auch eines noch einmal ganz, ganz deutlich: Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen in all diesen Bereichen. Wir brauchen eine faire Entlohnung in diesen Bereichen. Und vor allen Dingen: Wir brauchen auch schon attraktive Ausbildungsplätze, damit es auch junge Menschen anzieht, in diese Berufe zu gehen, sich für diese Berufe zu interessieren. Wenn wir das nicht schaffen, dann werden uns auch in Zukunft noch so viele Konzepte und Pläne in Wahrheit nicht weiterhelfen. (Beifall bei der SPÖ.) Zweitens: Die Situation in der Kinder- und Jugendhilfe. Der Bericht der Volksanwaltschaft spricht von einem eklatanten Mangel an passenden Betreuungsplätzen. Die Stellungnahme der Landesregierung relativiert das. Man verweist da auf Zahlen, auf Stichtage, auf unterschiedliche Messmethoden. Gut, den Wunsch nach Präzisierung und Präzision verstehe ich schon irgendwo, aber am Ende des Tages geht es eben auch in diesem Bereich nicht nur um Statistik, sondern es geht ganz konkret um Kinder, die dringend Hilfe brauchen, die Geborgenheit brauchen. Und wenn Sozialarbeiterinnen sagen, dass Plätze fehlen, dann müssen wir handeln und nicht diskutieren. Und das möchte ich an dieser Stelle auch schon dem neuen Finanzlandesrat mitgeben: Ich glaube, Sparen wäre hier der falsche Platz. (Beifall bei der SPÖ.) Außerdem braucht es dringend eine noch bessere Vernetzung, Kooperation, Kommunikation zwischen den einzelnen Beteiligten – nämlich den Behörden, den Trägern und Einrichtungen auf der einen Seite und aber auch zum Beispiel den Bildungseinrichtungen auf der anderen Seite, die die betreffenden Kinder und Jugendlichen dann auch besuchen. Das kann ich aus meiner eigenen Erfahrung als Schulleiterin und aber gleichzeitig auch als Vertreterin eines Kinder- und Jugendhilfeträgers so bestätigen. Da braucht es einfach noch mehr Vernetzung, damit alle Seiten wissen, wovon gesprochen wird und damit die Kinder auch noch bestmöglich gefördert werden können. Drittens: Die psychiatrische Versorgung speziell für Kinder und Jugendliche. Ja, es gibt Fortschritte, die neue Abteilung in St. Pölten zum Beispiel, die Taskforce "Kinderpsychiatrie", die Ansätze zum Home-Treatment und vieles mehr. Das ist alles wirklich zu begrüßen, aber es reicht in Wahrheit immer noch nicht. Die Nachfrage wächst. Die Belastung steigt. Die Wartezeiten sind nach wie vor viel zu lang. Aber psychische Gesundheit darf eben nicht länger das Stiefkind unseres Gesundheitssystems sein. Das können wir uns gesellschaftlich gar nicht leisten. Ich denke mir – und da sind wir uns hoffentlich alle einig – alles, was sich schon in der Jugend diesbezüglich abfedern lässt, erspart uns womöglich dann später im Erwachsenenalter vieles, vieles mehr an weiteren zusätzlichen Kosten, wenn man es rein von der finanziellen Seite her betrachten würde. Und viertens: Der Bereich der Menschen mit Behinderungen. Der Bericht kritisiert ja, dass Österreich seine Verpflichtungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention immer noch nicht erfüllt, dass die Deinstitutionalisierung zu langsam vorankommt und es wird unter anderem auch der nicht immer barrierefreie Zugang zu medizinischer Versorgung zu Recht kritisiert. Allgemeinmediziner lehnen die Versorgung oft ab, Krankenhäuser entlassen Betroffene mitunter frühzeitig. Die Landesregierung verweist hier auf Maßnahmen wie zum Beispiel auch die Einrichtung der Medinklusions-Ambulanz – MIA oder MIA – in Melk. Auch das ist wirklich gut und ein großartiges herzeigbares Beispiel, aber ich glaube, wir dürfen uns nicht mit solchen einzelnen sozusagen "Leuchtturmangeboten" zufriedengeben oder damit, dass etwas in Planung ist. Hier braucht es einfach mehr Tempo, mehr Mut und vor allen Dingen auch den Willen, hier Geld in die Hand zu nehmen, denn das Recht auf Selbstbestimmung muss dabei auch für Menschen mit Behinderungen selbstverständlich sein. (Beifall bei der SPÖ.) Und eine Randbemerkung sei mir an dieser Stelle noch erlaubt: Besonders in der Bildung sind wir von echter Inklusion und einer echten Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention Lichtjahre entfernt – das sage ich als Direktorin einer Mittelschule in Niederösterreich. Meine Damen und Herren, ich will auch die Stellungnahme der Landesregierung gar nicht schlechtreden, im Gegenteil. Aber es wird vieles aufgegriffen, manches umgesetzt, das möchte ich gar nicht schlechtreden. Aber es macht teilweise den Eindruck, dass eher erklärt wird, warum Dinge nicht so schlimm sind, wie sie im Bericht der Volksanwaltschaft dargestellt werden. Es wirkt manchmal ein bisschen wie eine Verteidigungshaltung, möchte ich fast sagen. Ich würde mir endlich einmal wünschen... ja, weniger Verteidigungsmodus und einfach mehr Offensive in diesen Bereichen, mehr ganz klare Bekenntnisse. Ja, wir sehen die Probleme nicht nur, wir nehmen sie auch ernst und vor allen Dingen, ja, wir tun alles, um diese Probleme zu lösen, trotz der unterschiedlichsten Herausforderungen, die hier zugrundeliegen, die wir heute auch schon hinreichend gehört haben. Denn eines ist ganz klar: Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Sie sind die Grundlage unseres Zusammenlebens, aber sie brauchen eben auch ganz konkrete politische Entscheidungen und vor allen Dingen auch die politische Priorität und die nötigen Ressourcen dazu in weiterer Folge. Die Volksanwaltschaft zeigt uns jedes Jahr auf, wo wir besser werden können und wo wir besser werden müssen. Und ich glaube, wir können diesen Bericht durchaus nicht nur als Pflichtübung, sondern als Auftrag verstehen. Als Auftrag, die Pflege menschenwürdig zu gestalten, Auftrag, die Kinder- und Jugendhilfe nicht im Stich zu lassen, als Auftrag, Menschen mit Behinderungen auch tatsächlich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Die SPÖ nimmt den Auftrag natürlich sehr ernst und ich hoffe, die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich tut das auch. Denn ein Land darf sich nicht an Hochglanzbroschüren messen, sondern daran, wie es mit den Schwächsten im Land umgeht. Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
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- Tulln
- Klub/Fraktion:
- Klub der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Niederösterreichs
- Wahlpartei:
- Sozialdemokratische Partei Österreichs