Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-708/XX-2025 – Nichts gelernt! – Mit schwarz-blauen Betonmischern in die nächste Hochwasserkatastrophe
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der NÖ Landesregierung! Hohes Haus! Ich möchte beginnen mit... quasi... mir selber und anderen in Erinnerung rufen, dass hier am Dienstag in diesem Saal ein wirklich würdiger Akt war – nämlich die Engagierten, die wirklich vor Ort waren, die Rettungseinsätze, die Blaulichtorganisationen, der Zivilschutzverband,... alle waren hier und haben Dank und Anerkennung stellvertretend von der Frau Landeshauptfrau im Sinne das Land weiß um die Menschen, die im Krisenfall in diesem Lande zusammenstehen, zusammen anpacken und schauen, dass wir den Karren im wahrsten Sinne des Wortes wieder aus dem Dreck ziehen und, dass es eine gute Zukunft gibt. Und daher auch von dieser Seite noch und, ich denke, im Namen aller ein herzliches Dankeschön. (Beifall im Hohen Hause.) Und auch ein erweiterter Dank an alle Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, Bürgermeisterinnen, Bauämter, auch Gebietsbauämter,... alle, die bei den Schadenskommissionen mitgewirkt haben. Es waren immerhin 18.000 Fälle abzuwickeln. Das WIFO spricht von 1,3 Milliarden, die an Schäden zu beziffern sind. Man kann sagen, der Sommer 2024 hat halt schon etwas mit uns im Land gemacht. Das hat Spuren hinterlassen. Es geht einigen in diesem Land finanziell, aber auch seelisch noch immer nicht gut. Da ist etwas passiert. Da ist etwas ins Rutschen gekommen. Daher bin ich sehr dankbar, dass der Kollege Ecker, den Vorschlag gemacht hat, diese Aktuelle Stunde einzuberufen. Warum? Weil wir auch als Landtag in der Tat ein Momentum finden müssen, wo wir uns einmal ein bisschen unaufgeregter mit diesem Thema befassen. Warum? Wir sind in der Aufarbeitung des Schadens ganz gut unterwegs, aber es wird ein nächstes Hochwasser geben. Es wird eine nächste Krise wieder geben. Das sagen uns alle Expertinnen und Experten. Daher: Es geht in der Tat um Verantwortung hier von uns als Abgeordnete. Das heißt ganz klar, Antworten zu geben, Verbesserungen in den Gesetzen herbeizuführen. Und um es so zu formulieren wie 2002 bei der großen Hochwasserkatastrophe, als Landeshauptmann Erwin Pröll gesagt hat, alles zu tun, damit Niederösterreich wieder ein Schmuckkasterl wird. Und da gehört eben auch dazu, dass wir als Landtag, als Gesetzgebung, unsere Hausaufgaben machen. Und wenn ich da so noch ein bisschen im Ohr habe den einen oder vor allem den anderen Vorredner, dann möchte ich schon sagen: Man muss kein Klimaexperte sein, -expertin. Man muss auch kein Wetterfrosch sein. Man muss nur ein bisschen seinen Verstand einsetzen, dann weiß man nämlich: Ein gesunder Boden nimmt wie ein Schwamm ordentlich Wasser auf, wenn er zubetoniert ist, wenn der Humus keine Kraft mehr hat, dann wird er kein Wasser aufnehmen. Und der zweite Punkt ist auch, glaube ich, jedem Kindergartenkind in Niederösterreich zu erklären: Wenn ein Fluss einen Raum hat und übergehen darf, wie eine Badewanne, ohne dass es dann eine Katastrophe ist, dann ist das gescheiter, als einen Fluss so zu regulieren, dass er wie ein Kanal funktioniert. So, und da gibt es Versäumnisse. Die Wasserbauer in den 60er-, 70er-Jahren haben es nicht besser gewusst. Man hat in Niederösterreich, Gott sei Dank, nicht dieses arge Problem von Lawinen und dergleichigen Steinschlägen – haben wir jetzt auch gesehen in der Wachau – aber da gibt es andere Gegenden in Österreich, die noch mehr daran arbeiten, was hier quasi verbockt wurde. Daher: Wir brauchen die Flüsse in einem sehr guten Zustand. Da gibt es EU-Gesetze, da gibt es Wasserrahmenrichtlinien. Da hinken wir in Niederösterreich ein wenig hinterher. Weil, um die Flüsse in einen guten Zustand zu bringen, dass dort auch mehr Fischarten drin sind, damit da überhaupt mehr Leben drin ist, damit der Fluss einen Raum hat, muss man Geld in die Hand nehmen. Da ist man immer sehr zögerlich umgegangen. Der zweite Punkt ist die Bodengesundheit. Ja, das hilft halt nichts, wenn man das nur in Sonntagsreden sagt. Es wissen doch alle – auch mein lieber Bauernbund – wir haben schon ein Problem da oder dort, wie wir die Böden bearbeiten, und wie wir sie ausgelaugt haben und welch immenser Aufwand das ist, so einen Boden wieder in einen gesunden Zustand zu bekommen. Und wir haben noch immer den Fall, dass – wie in Loosdorf – ein Boden mit guter Bonität in heutig einem Gewerbe- und Industriegebiet ist und damit verbaut wird. Und wir haben es auch geschafft, jetzt vor kurzem in Niederösterreich in den regionalen Raumordnungsplänen den Gewässern nicht die notwendigen Uferzonen zu geben, sondern nur versprenkelt da oder dort. Fazit: Wir brauchen gesunde Flüsse. Wir brauchen eine Bodengesundheit. Wir brauchen genau mehr von dieser Natur, weil das uns schützt und das brauchen wir mehr als die schwarz-blauen Betonmischer. (Beifall bei den GRÜNEN.) Und ein wenig macht mir Sorge, dass die Frau Landeshauptfrau jetzt uns verlassen hat – also ich nehme an, für den ORF-Schwenk wird es gereicht haben, Herr Kollege vom ORF? Aber, dass der zuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf heute überhaupt nicht da ist – wird schon etwas eröffnet werden – das ist ein bisschen schade. Und auch ein bisschen um die Würde des Landtages und das, was Niederösterreich gemeinsam im Sommer 24 mitgemacht hat und bis heute davon zehrt. Warum? Weil Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf der "Mr. Gummistiefel" in dem Land ist. Er hat die Gummistiefel an im Stall und auch auf dem Feld, weil er für Landwirtschaft zuständig ist. Er braucht die Gummistiefel oft, weil er sehr im Gatsch herumspringt und er braucht die Gummistiefel, weil er auch für Hochwasser und für die Feuerwehren de facto zuständig ist. Der "Mr. Gummistiefel" hat in all diesen Bereichen in Niederösterreich über eine lange Zeit relativ wenig Leistung gebracht. Die leistungsorientierte ÖVP hat hier einen, den Sie vielleicht jetzt einmal woanders hinsetzen, weil dort, wo es geht um genau Bodengesundheit, Gewässersituation, Einsatz der Sicherheit, der Feuerwehren, Raumordnung, ... ist überall der "Mr. Gummistiefel" vorne dran und das reicht mittlerweile, würde ich sagen. Damit Sie wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wovon ich da rede und was mir ganz einfach wichtig ist in diesem Lande: Ich sage euch jetzt Beispiele, damit vielleicht auch der Christoph Kainz als ÖVP-Schlussredner sich noch besser vorbereiten kann. Seit März dieses Jahres liegt ein Ausschuss der GRÜNEN, wo es um die Verankerung des Leitzieles Hochwasser als Leitziel im Raumordnungsgesetz gibt, im Ausschuss. Na, wir haben ja Zeit. Das Hochwasser war im Sommer, wer weiß wann es wiederkommt. Wir haben ja Zeit. Und jetzt sage ich Ihnen, warum dieses Leitziel im Raumordnungsgesetz unter anderen Leitzielen so wichtig ist. Weil von dem leitet sich halt ganz viel ab, was in diesem Land passiert. Und wenn man nach Abfallwirtschaftsgesetz glaubt, man muss im Wienerwald, im Biosphärenpark Wienerwald, den Aushub der ISTA – ist ein Aushubmaterial ist jetzt nichts Toxisches – aber das nehmen und auf die Plöcking in St. Andrä-Wörthern hauen, um dort zu planieren und niemand in diesem Lande denkt mit und sagt: "Na langsam, wo schütten wir denn die Erde hin?" Und wenn ich ein bisschen vorgegangen wäre, hätte ich gesehen, ja da geht es ja runter, da sind wir im Quellengebiet vom Haselbach. Und der Haselbach, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist übergegangen im Sommer. Also ich glaube, wenn ich das einem Zehnjährigen erkläre, dann ist klar: Wenn da ein Quellengebiet ist, dort ein Aufbau ist, dass das nicht gut Wasser aufnimmt, ich oben wahnsinnig viel Erde hinschütte – da könnte man einmal so einen kleinen Bastelkurs machen für Kinder, vielleicht geht das auch dann für unsere Leute auf den Bezirkshauptmannschaften – und oben gebe ich Wasser drauf, dann wird mir das rutschert werden. Na Leute, da muss ich nicht auf der BOKU ein Doktorat haben. Und das ist natürlich genau der Ansatz, warum wir hier als Landtag endlich unseren Hintern in die Höhe bringen müssen und gute Gesetze machen, damit die auf den Bezirkshauptmannschaften auch geologische Gutachten in so einem Fall machen müssen und nicht erst, wenn die Krismer kommt. (Beifall bei den GRÜNEN.) Der zweite Punkt, den wahrscheinlich der Kollege Kainz ins Treffen führt, ist, dass hier die Sicherheit der Menschen in der Raumordnung drinnen ist, da gibt es Ausnahmen. Christoph, dir als Bürgermeister traue ich das ja zu, dass du auf das schaust. Aber das machen halt nicht alle Kolleginnen und Kollegen, weil es zu viele Ausnahmen gibt. Und wenn ich denn – und du kennst oft die Not – nicht mehr weiß, wo baue ich jetzt einen Kindergarten hin oder den Bauhof hin, dann gibt es halt oft ein bisschen eine Umwidmung. Und das kannst du dir in Atzenbrugg anschauen: Bauhof geht unter, Kindergarten ist untergegangen. Genau dort ist es passiert. Kollege Ecker hat aufdecken können, dass wir auch jetzt – nach dem Hochwasser 24 – genau solche Umwidmungen haben in Hollabrunn, in Retz, in Leobersdorf, in Stockerau. Das geht also alles munter weiter als wäre 24 in diesem Land nie gewesen. Hallo, Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen neue Gesetze in diesem Land. (Beifall bei den GRÜNEN.) Und was wir eben brauchen – und das ist der Antrag, der aktuell eingebracht wurde – ist ein absolutes Bauverbot in den Hochwasserschutzzonen. Ich diskutiere nicht mehr darüber. Dann müssen wir schauen, wie wir das umwidmen, wie wir das wieder quasi auch abgelten, denn ich sage es noch einmal: 1,3 Milliarden hat das gekostet von letztem Jahr. Alles, was wir hier wieder zurückwidmen, ist einfach gut investiertes Geld für die Zukunft. Daher: So etwas wie in Atzenbrugg an der Schubertwiese, können wir uns ganz einfach in Zukunft hoffentlich ersparen, im wahrsten Sinne des Wortes. Niederösterreich gibt aber doch einen gewissen Betrag – zwischen 60 und 66 Millionen Euro – pro Jahr für Hochwasserschutz aus. Aus dem Jahr 2002 hat man ja an der Donau etwas gelernt und wir haben dort viel technischen Hochwasserschutz gemacht. Die Menschen fühlen sich dort relativ sicher. Das haben wir wirklich in den Griff bekommen. Man hat sogar ein kleines Naturprojekt gemacht, ist auch gelungen. Bei... wie heißt das?... Röschitz, glaube ich, heißt das, Rührsdorf-Röschitz... Rossatz, Rossatz. Ich verwechsle es immer. Rührsdorf-Rossatz. Ich habe das Bild im Kopf. Ich weiß, wie es dort ausschaut. Also da ist schon da oder dort etwas passiert, aber unterm Strich wissen wir doch alle, es ist viel zu wenig, was wir hier in die Vorsorge investieren. Und wenn der Kollege – ehemaliger Kollege von mir hier, Landtagsabgeordneter außer Dienst und Bürgermeister – Rudi Friewald öffentlich nach der großen Flut der Perschling sagt, er ist nicht weitergekommen, das wissen wir alle schon lange, dass wir an der Perschling mehr investieren hätten müssen, dann ist das halt wirklich... das ist ein Armutszeugnis, weil es einfach zeigt, wie die Versäumnisse sind und die haben wir halt an mehreren Ecken und Enden. Daher ist mein großer Appell: Der blau-schwarze Betonmischer soll bitte jetzt einmal eine Zeit lang in der Garage bleiben. Wir brauchen ein niederösterreichisches Schmuckkasterl, wo die Natur einen Raum hat, wo die Flüsse auskönnen und einen Raum haben, weil ich sage euch: Das ist der einzige Schutz, der wirklich durchschlägt bis zum Menschenschutz. Naturschutz, Klimaschutz ist immer am Ende ein wirklich gelebter Menschenschutz und das haben unsere Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die haben das ganz einfach verdient, dass wir hier einen guten Job machen. Daher bitte um Unterstützung unserer Gesetzesanträge. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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