Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-711/XX-2025 – Mission Nobelpreis: Wissenschaft & Forschung als Grundlage für Topjobs und erfolgreiche Unternehmen im Land
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Collini (NEOS): Mission Nobelpreis. Das ist ein verheißungsvoller Titel für die heutige Aktuelle Stunde. Klingt sehr ambitioniert und ich muss auch sagen, ist ja auch eine wunderschöne Vision. Umso trauriger ist es, dass die Dame, deren Vision das offensichtlich ist, deren Wunschraum das ist, nämlich Johanna Mikl-Leitner, heute hier, wenn wir quasi ihr Thema jetzt da besprechen, nicht im Plenum sitzt. Ja, es ist der Wunschraum von der Johanna Mikl-Leitner, haben wir den Medien vernommen. Und bei genauerem Hinblicken muss man vielleicht auch sagen: Träume sind natürlich manchmal auch Schäume. Vor allen Dingen, wenn man genauer hinschaut, ob sich hinter diesem klangvollen Titel auch ein entsprechendes Maßnahmenpaket verbirgt. Und wie so oft ist der Titel vielversprechend und wie so oft ist er eine schöne griffige PR-Schlagzeile. Ja, aber dahinter, auch wenn das wahnsinnig gut geklungen jetzt hat von der Kollegin Zeidler-Beck, gibt es schon noch viele Hausaufgaben zu erledigen. Denn eines ist klar: Ein Nobelpreis, der kommt nicht von plakativen Überschriften allein. Eine echte Mission Nobelpreis, die braucht wesentlich mehr. Sie braucht erstens einmal langfristige Investitionen in die Grundlagenforschung. Sie braucht zweitens internationale wissenschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. Und sie braucht natürlich die besten Köpfe im Land. Und bei allen drei Punkten gibt es gewaltige Hausaufgaben zu erledigen, wenn man dieses Ziel auch wirklich erreichen will. Und mir fehlt einfach die Skizzierung des Weges dorthin und auch die Ableitung der wirklich notwendigen Maßnahmen, die vermisse ich. Und allein jetzt zu sagen, da gibt es Bauprojekte im Campus Wieselburg und Investitionen in Infrastruktur oder jetzt eine neue Professur in KI... allein das macht halt noch keinen Nobelpreis, diese punktuellen Investitionen. Und ja, etwas muss man schon sagen, da kann man auch stolz sein: Wir haben in Niederösterreich mit dem MedAustron in Wiener Neustadt zum Beispiel und insbesondere mit dem IST oder ISTA – kann man auf Englisch oder auf Deutsch sagen – in Klosterneuburg... wir haben hier zwei hervorragende Forschungseinrichtungen. Und gerade das IST – ich war öfter schon dort – das ist wirklich ein Vorzeigeprojekt in Exzellenz, und es ist dort innerhalb kürzester Zeit gelungen, wirklich sich einen hervorragenden internationalen Ruf zu erarbeiten. Und da muss man auch sagen – anerkennend – der Erwin Pröll, der hat hier schon Vision gezeigt, der sich so stark eingesetzt hat für dieses Projekt. Aber dieses Erbe, das muss die Erbin – heute ist sie nicht da – auch gut bewirtschaften, weil sonst bleibt der Wunsch nach dem Nobelpreis wirklich ein Wunsch ans Christkind. Was braucht eine echte Mission Nobelpreis? Wie gesagt, erstens langfristige Investitionen in echte Grundlagenforschung. Und hier muss man einfach auch ehrlich sein: Da klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Und ich habe mir die Fakten genau angeschaut, ich habe noch einmal in den Wissenschaftsbericht 2023 hineingeschaut, und wenn man dort hineinliest, dann liest man von beeindruckenden Entwicklungen, wie die Kollegin Zeidler-Beck das auch eben schon alles formuliert hat, von Technopol-Standorten, von Forschungsfesten. Und die Prosa, die klingt ja wie gewohnt – wir kennen das in Niederösterreich – die klingt immer sehr schön, doch die harten Zahlen, die bringen hier schon Ernüchterung. Und schauen wir uns einfach einmal die Forschungsquote an, das ist eine harte Zahl. Laut dem Bericht investieren wir in Niederösterreich 1,8 Prozent des Bruttoregionalprodukts in Forschung und Entwicklung. Und das ist nicht nur weit weg von Weltspitze, sondern auch im Bundesländervergleich liegen wir bei neun Bundesländern auf Platz 5 – hinter der Steiermark, die investieren 3 Prozent, hinter Wien, hinter Oberösterreich, hinter Vorarlberg. Und Platz 5 ist einfach ein gerades Mittelmaß, so ehrlich muss man sein. Aber mit Mittelmaß kann man keinen Nobelpreis gewinnen. Und auch insgesamt, wenn man in den Wissenschaftsbericht hineinschaut, 124 Millionen Euro werden investiert anscheinend in Wissenschaft, in Wissenschaft in Niederösterreich und Forschung. Das ist schon mal eben absolut gesehen relativ wenig. Und wenn man dann genauer hineinschaut, sich die Ausgabenstruktur anschaut und wofür das Geld ausgegeben wird, dann muss man halt einfach sagen, dass die Mittel für die Zielerreichung falsch aufgeteilt werden und, dass manches, das da drinnen steht unter Wissenschaft und Forschung, mit Wissenschaft und Forschung aber überhaupt nichts zu tun hat. Zum Beispiel: 40 Millionen gehen in die Studienplatzfinanzierung der FHs. Das ist super, muss man wirklich sagen, aber das ist Ausbildung im tertiären Bereich und führt vielleicht einmal zu Wissenschaften. 15 Millionen stehen da drin für die Pflegeausbildung. Keine Frage, ist sehr, sehr wichtig, aber ob das einen Impuls bringt für einen Nobelpreis, das finde ich fraglich. Oder dann haben wir noch die FM-Plus Facility Management GmbH – wieder einmal so eine ausgelagerte Gesellschaft des Landes – die ist zuständig dafür, für die Bereitstellung von Räumlichkeiten und die Flächen eben für Wissenschaft, aber auch für Kultur in Niederösterreich. Von den 24,5 Millionen dort – keine Ahnung, welche wirklich Impulse jetzt im Wissenschaftsbereich bringt. So, der größte Brocken natürlich des Budgets, das ist das IST und das ist auch gut so. Aber was ist wirklich mit der Grundlagenforschung außerhalb des IST? 2023 gab es genau einen einzigen – einen einzigen! – Call zur Grundlagenforschung: 2,16 Millionen in die Grundlagenforschung hier. Und das ist einfach schlichtweg zu wenig für Exzellenz. Was braucht eine echte Mission Nobelpreis noch? Internationale Wettbewerbsfähigkeit. Und da meine ich jetzt nicht primär einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort – auch da haben wir sehr, sehr viele Hausaufgaben zu machen – sondern es geht vor allen Dingen um wissenschaftliche internationale Wettbewerbsfähigkeit, weil exzellente Forschung ist international. Nobelpreisverdächtige Forschung, die funktioniert nicht im Alleingang, sondern sie funktioniert eben im Dialog mit der restlichen Welt. Und Nobelpreise werden auch nicht für regionale Innovations-PR vergeben, sondern eben für bahnbrechende Erkenntnisse, die in internationalen, interdisziplinären Forschungsteams gewonnen werden und die in internationalen auch anerkannten, hochkarätigen Journals auch publiziert werden. So, und dazu braucht es – no na ned – Spitzenforscherinnen. Und wer die gewinnen will, der muss die nicht nur auch hier halten können, eben mit der exzellenten Infrastruktur, mit echter Forschungsfreiheit – ein ganz, ganz großes Thema – sondern der muss die auch noch überhaupt dazu motivieren, dass die überhaupt nach Niederösterreich kommen wollen. Und allein am IST – ich habe nachgelesen – Menschen aus 28 Nationen, die arbeiten dort. Na, werte ÖVP, was glauben Sie, was denken sich die Menschen dort mit ihrem wissenschaftsfeindlichen und ausländerfeindlichen Koalitionspartner, der uns eigentlich lieber zurück ins Mittelalter katapultieren möchte, als in die wissenschaftliche Zukunft transportieren? Das ist die Wahrheit. Fazit ist: Die besten Ideen, die entstehen, wenn wir uns der Welt öffnen und nicht, wenn wir uns einigeln, nicht, wenn wir Angst vor Vielfalt schüren und nicht, wenn wir von irgendwelchen Festungen fantasieren. (Beifall bei den NEOS und den GRÜNEN.) Gerade Wissenschaft auf Weltniveau, die braucht Austausch anstatt Abschottung, weil mit Grenzen im Kopf hat noch niemand Neuland entdeckt. So, ich habe dem Wunsch unserer Landeshauptfrau nach diesen Nobelpreisen noch einmal ganz genau nachgespürt, noch einmal nachgelesen. Also, wenn sie in den Medien aber richtig zitiert wird, dann will sie eh – so steht es im "Standard" auf jeden Fall wortwörtlich – ich zitiere: "... in naher Zukunft, dass einem Niederösterreicher der Nobelpreis verliehen wird." So steht es auf jeden Fall in der Zeitung. Also, ich muss jetzt gar nicht mehr darauf herumreiten, dass eben Wissenschaft international ist. Ich kann auch noch darauf herumreiten, dass es "die" Wissenschaft heißt, also es wird wohl auch Frauen geben, die vielleicht einmal für den Nobelpreis in Frage kommen können. Aber ich möchte nur sagen: Könnte passieren, dass der präsumtive Nobelpreis-Empfänger/Empfängerin kein autochthoner Niederösterreicher/Niederösterreicherin ist und ich hoffe, wir sind dann trotzdem auch stolz darauf. Aber so oder so: Eine Mission Nobelpreis braucht die besten Köpfe im Land und auch... und wenn wir einen autochthonen niederösterreichischen Nobelpreis haben wollen, dann muss gerade im Bildungsbereich ein Land alles tun, was ein Land in seinem eigenen Verantwortungsbereich tun kann. Und das ist, erstens, sowas von viel Energie zu lenken in die Elementarbildung, weil das ist der Grundstein für die Bildung und für die ein oder andere wissenschaftliche Karriere. Die Nobelpreisträger von morgen, die niederösterreichischen, sitzen nämlich heute in unseren Kindergärten und die brauchen einen Rechtsanspruch auf qualitätsvolle Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag. (Beifall bei den NEOS, Abg. Mag. Scheele und Abg. Weninger.) Ohne elementare Bildung gibt es nämlich keine Exzellenz. Und dann können wir auch in unsere Pflichtschulen hineinschauen. Also da fällt mir extrem viel ein, was wir da tun können, im Bildungsbereich, hier im eigenen Wirkungsbereich voranzukommen. Zum Beispiel eine Pilotregion machen, wo wir endlich einmal diesen Übergang von der Volksschule in die nächste Schulstufe – Mittelschule oder Gymnasium – strecken, um hier diesen Druck herauszunehmen. Wir haben viele Ideen eingebracht, wie man gerade im Mittelschulbereich diese Zukunftsthemen auch in die Schulen hineinbringen kann, um hier viel mehr Lust auf Forschung, Wissenschaft, Entwicklung und Zukunftsfelder hineinzubringen. Zusammengefasst: Wenn eine Mission Nobelpreis kein Wunschtraum bleiben soll, ganz konkret, müssen wir einiges tun. Die Forschungsquote erhöhen auf 3 Prozent bis 2030, das wäre ein Vorschlag. Einen Fonds einrichten hier im Land NÖ, wirklich gezielt für Grundlagenforschung – idealerweise dotieren wir den mit einer vernünftigen Summe, mit 50 Millionen Euro, und nehmen externe oder private Beteiligungen hier herein. Es braucht natürlich den Mut zur Exzellenz, nämlich an allen Städten, wo in Niederösterreich geforscht wird, weil Exzellenz – und das IST zeigt das hervorragend vor – bringt natürlich dann auch internationale Forschungsgelder wieder hierher nach Niederösterreich. Wir brauchen eine transparente und kompetitive Vergabe von Forschungsgeldern, nämlich die sich auch wiederum an Exzellenz orientiert und nicht an politischer Nähe. Wir müssen die Talenteförderung neu aufstellen, eben beginnen mit einer qualitätsvollen Elementarpädagogik, hin zu neuen Schwerpunkten in den Mittelschulen, bis hin auch zur Lenkung der Mittel in die Nachwuchsforschung, gezielte Programme aufstellen, internationale Stipendien vergeben. Und last, but not least: Eine echte Mission Nobelpreis, die braucht einen offenen Geist und eine weltoffene Haltung, die Vielfalt in diesem Land als Bereicherung sieht. (Beifall bei den NEOS.)
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