Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-567/XX-2024 – NÖ Sozialbericht 2023
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Moser, MSc(GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, der vorliegende Sozialbericht gibt wieder einmal einen halbwegs guten Überblick über die Situation in Österreich. Allerdings sind viele Inhalte seit Jahren gleich und auch unnötig, diese jedes Jahr wiederzubringen. Zum Beispiel eine Präsentation von Studienergebnissen aus 2021 kann man sich da jetzt schon sparen. Anderes fehlt hingegen – der aktuelle Altersalmanach, angekündigt für das dritte Quartal 23. Gibt es den nicht oder wo ist der? Ich habe ihn nicht gefunden. Ja, ich nehme mir heute schwerpunktmäßig zwei Themen heraus: alte pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderung. Ja, kein Geheimnis. Es gibt mehr alte Menschen in Niederösterreich, ungefähr um 2.600 Menschen mehr, die Pflegegeld beziehen als im Jahr 2022, aber in etwa gleich viele Pflegeplätze in den Pflegeeinrichtungen. Gleichzeitig ist die Zahl jener, die 24-Stunden-Betreuung in Anspruch nehmen, auch gesunken. Auch jene, die Essen auf Rädern beziehen, also auch weniger. Und das war auch im Vorjahr so und das Jahr davor ebenfalls. Wenn wir aber das Motto "Daheim vor stationär" propagieren wollen, dann müssen wir da schauen, dass wir da in die Gänge kommen. Bei den sozialen Diensten, ganz auf kurzen Nenner gebracht: Weniger Mitarbeiterinnen versorgen etwas mehr Hilfeempfänger mit weniger Einsatzstunden. Und natürlich besteht großer Personalbedarf. Also, wenn die Leute daheimbleiben sollen, müssen wir da rasch tätig werden. Und eines zeigen diese Zahlen und Ergebnisse auch: Die Betroffenen sind mehr denn je auf ihre Angehörigen angewiesen. Und da komme ich zum Pflege- und Betreuungsscheck, den ich persönlich ja nicht unterstütze. Den hat ungefähr nur die Hälfte der Betroffenen beantragt. Und ich wiederhole das, was ich schon mehrmals gesagt habe: Die dafür veranschlagten 46 Millionen Euro wären woanders wesentlich besser eingesetzt und zwar beim flächendeckenden Ausbau von den Community Nurses. Das würde sich locker ausgehen mit diesem Geld und würde den Menschen wesentlich mehr bringen, vor allem jenen, die momentan in einer Situation sind, dass sie einen pflegebedürftigen Angehörigen haben. Zu den Pflegeheimen, da bleiben auch einige Fragen offen. Nämlich: Wie viele Betten konnten denn nicht belegt werden im Vorjahr aufgrund von Personalmangel? Das wird immer verschwiegen. Man geht nur von den absoluten Bettenanzahlen aus, aber wie viele da tatsächlich jetzt besetzt werden können, wissen wir nicht. Und noch mehr interessiert mich die Tagespflege. Das ist ja auch eigentlich ein gutes Konzept für die Zukunft. Da heißt es nur lapidar, in jedem Haus wird Tagespflege angeboten. Das glaube ich schlichtweg nicht. Wie viele Plätze gibt es denn für Tagespflege? Das wäre für mich wirklich interessant, weil die Erfahrung zeigt, wenn es Personalnot gibt, die Tagespflegeplätze sind als Erstes futsch. Ja, und dann fehlt mir noch der Deckungsgrad der Kosten für die Pflegeheime. Der ist nicht ausgewiesen. Zu den Menschen mit Behinderung, da gibt es eine Studie aus 2015 mit Referenzwerten aus 2012. Und da wird beim Wohnen bis nächstes Jahr – also 2025 – ein zusätzlicher Bedarf von 732 Plätzen prognostiziert und in der Tagesbetreuung von 561 Plätzen. Und die in diesem Sozialbericht vorliegenden Zahlen zeigen, dass die Tagesbetreuungsplätze annähernd diesem errechneten Bedarf entsprechen, beim Wohnen jedoch bei weitem nicht. Und ich würde mir jetzt wünschen, vielleicht kannst du, Kollege Erber, das aufklären. Was ist für eine Erklärung für das Fehlen der Wohnplätze? Liegen da das Angebot und der Bedarf tatsächlich so weit auseinander? Oder ist die Studie einfach wieder überholt? Das kann ja auch sein, dass die nicht mehr aktuell ist. Und dann, bitte, würde ich es aber aus dem Bericht streichen. Ja, insgesamt kann man feststellen, dass es bei den Hilfen für Menschen mit Behinderung wirklich ein breites Angebot gibt, allerdings ohne Anspruch darauf. Und das ist manchmal für die Betroffenen oder Angehörigen sehr, sehr mühsam, sich Leistungen zu erkämpfen. Und jetzt komme ich zur persönlichen Assistenz. Hier haben wir in Niederösterreich die restriktivsten Zugangsbestimmungen von ganz Österreich. Was dazu führt, dass nur 184 Personen im Vorjahr persönliche Assistenz erhalten haben. Und das ist wirklich sehr, sehr wenig für ein Bundesland in der Größe und Bevölkerungsanzahl wie Niederösterreich. Von diesen bewilligten Stunden wurden auch nur 70 Prozent in Anspruch genommen. Da steht im Bericht, das ist wegen Urlaub, Krankenstand etc. Ein Argument ist da aber nicht drinnen und das ist wesentlich für mich: Manche der Betroffenen können sich den Selbstbehalt einfach nicht leisten in dem Ausmaß, wo Stunden bewilligt wurden. Ja, ich habe es eh schon einmal – weil da haben wir einen Antrag eingebracht – der Zuschuss des Landes mit 22 € wurde halt seit vielen, vielen Jahren nicht erhöht. Ich habe schon gesagt, die persönliche Assistenz ist einer jener Bereiche, bei dem die Unterschiede zwischen den Bundesländern groß sind und absolut unverständlich sind. Und deswegen hat auch der Bund Richtlinien erstellt, um die Rahmenbedingungen österreichweit zu harmonisieren. Und er hat dafür Fördergelder zur Verfügung gestellt. Und diese Studie der WU, ich glaube, es wurde eh vom Land, der Landesregierung in Auftrag gegeben, die zeigt eines ganz deutlich: Es ist machbar. Also die Kriterien des Bundes zu übernehmen, sich die Fördergelder abzuholen – es ist machbar. Und ich sage es jetzt so: Ich verlange es auch. Warum soll man darauf verzichten? Warum sollen in Niederösterreich die Menschen mit Behinderung weniger Rechte haben, zu persönlicher Assistenz zu kommen? Noch kurz zur Umsetzung, der UN-Behindertenrechtskonvention: Ja, Niederösterreich ist säumig, ich habe es vorher gesagt. Das sagt auch der Monitoring-Ausschuss. Dessen Bericht ist ja auch im Sozialbericht drinnen, und der widmet sich diesmal vor allem dem Thema inklusive Bildung und stellt fest, dass die Regel- und Sonderschulen in der bestehenden Form nicht dem Inklusionsverständnis der UN-Behindertenrechtskonvention entsprechen. Der Ausschuss spricht von einem dringenden Handlungsbedarf und empfahl dem Land die Erstellung eines NÖ Inklusions-Fahrplans. Das ist vielleicht eine gute Idee, da wirklich Ziele zu definieren: Wann will man wo sein? Der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen fordert ebenso das getrennte Schulsystem unverzüglich zu beenden, um den Kindern das Recht auf inklusive Bildung zu ermöglichen und er fordert, dass der Zugang zu außerschulischen pädagogischen Betreuungsdiensten gewährleistet sein muss. In diesem Bereich, da tut sich in meiner Wahrnehmung seit Jahren – wirklich seit Jahren – nichts oder nichts Wesentliches. Wir warten auf Verbesserungen und warten und warten. Das ist auch der Grund, warum wir dem Sozialbericht heute nicht zustimmen werden. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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