Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-555/XX-2024 – NEIN zur Schließung unserer Spitäler
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Landeshauptfrau! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Da wird aus einer Arbeitsgruppe, aus einer hochkarätigen Arbeitsgruppe, ein Papier an die Öffentlichkeit getragen. Drängt sich schon einmal die Frage auf: Wie wird denn da gearbeitet, wenn es keine Vertrauensbasis gibt? Noch schlimmer: Es will dann gar niemand wissen, was das eigentlich für ein Papier ist? Nicht einmal die, die in der Arbeitsgruppe sitzen. Die SPÖ sagt: "Das Papier ist äußerst brisant, das wird Niederösterreich ruinieren." Die ÖVP sagt: "Ah, das Papier ist uralt und irrelevant."Die FPÖ sagt mal gar nichts. Und Frau Kollegin Kollermann, du solltest unsere Presseaussendungen ein bisschen genauer lesen, dann würdest du unsere differenzierte Position auch erkennen und verstehen. (Unruhe bei den NEOS. – Unruhe bei den NEOS. – Abg. Ing. Mag. Teufel: Zuhören! – Abg. Lobner: Das hat gesessen.) Ich stehe für konstruktive Politik, ganz besonders dort, wo es um das Leben und die Gesundheit von Menschen geht. Und ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass mit diesem Thema billige Parteipolitik betrieben wird. (Beifall bei den GRÜNEN.) Jetzt zeigt es sich auch, wer seriöse Politik macht oder reinen Populismus. Und das betreibt die SPÖ gerade wunderbar. Kolleginnen, ihr seid Teil der Landesregierung. Ihr habt bisher alles mit getragen und ihr tut jetzt so, als wüsstet ihr von all dem nichts. Wer soll denn das verstehen? Und Kollegin Scheele, ich schätze dich an und für sich sehr kompetent ein. Was du heute gesagt hast, das passt nicht zu dem, was eigentlich ist, das passt nicht zu dir. (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele.) Du sprichst von sinkendem Vertrauen und da seid es gerade ihr, die den Menschen Angst machen durch eure Panikmache hier. Es werde ihnen was weggenommen und ist die Versorgung gefährdet und so weiter und so fort. Wie soll denn die Politik bitte Vertrauen zurückgewinnen? (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele.) Wie soll die politische Gesamtstimmung verbessert werden, wenn so agiert wird? (Abg. Weninger: Sollen wir das verdeutlichen auch noch? – Beifall bei den GRÜNEN.) Was ich der gesamten Landesregierung – ÖVP, FPÖ und SPÖ – zum Vorwurf mache, das ist das Verschleiern und Geheimhalten. Ihr seid in allen relevanten Gremien: im NÖGUS, in der Landeszielsteuerungskommission, in der LGA, Landesgesundheitsagentur. Ihr habt alle relevanten Informationen und Zahlen. Und alles wurde bisher geheim gehalten. In keinem Jahresbericht der Landesgesundheitsagentur findet man Zahlen zu Bettensperren, fehlenden Personalärztinnen etc. Intransparenz pur. Und diese offensichtliche Intransparenz (Abg. Weninger: Jetzt sind wir dran schuld oder wie? – Unruhe bei Abg. Weninger.) war schon damals der Grund, warum wir gegen die LGA gestimmt haben, weil wir das schon so kommen gesehen haben. (Unruhe bei Abg. Weninger.) Es gibt Geheimpapiere namens "Leistungsvereinbarungen" und keine Kontrollmöglichkeiten durch den Landtag. Und Herr Landesrat Schleritzko, wie kannst du diese Intransparenz verantworten? (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele.) Wie geht das? Und ich finde, es ist wirklich höchst an der Zeit – weil Gesundheit kennt bekanntlich keine politische Farbe – dass alle Fraktionen in den Reformprozess eingebunden werden. (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele. – Beifall bei den GRÜNEN.) Bisher habt ihr den Menschen vorgegaukelt, ist eh alles in Ordnung. Im Gesundheitsbereich da gibt es halt kurzzeitige Engpässe, dann hat es unsinnige Garantien gegeben – Landarztgarantie, Standortgarantie (Unruhe bei Abg. Weninger.) – geglaubt hat das sowieso niemand mehr. Ihr habt die standortgenaue Planung des regionalen Strukturplans "Gesundheit" verweigert, damit in den Gesundheitsregionen Betten, Personal, Patienten herumgeschoben werden können, wie man es gerade halt braucht, bis hin zu Schließungen von ganzen Abteilungen. Und ihr habt alle die verantwortungslose Personalpolitik der Landesgesundheitsagentur mitgetragen. Und selbstverständlich sehe ich, sehen wir, dass der Arbeitsmarkt bei den medizinischen und Gesundheitsberufen besonders angespannt ist. Die Landeskliniken, wie sie jetzt bestehen, haben schon längst das notwendige medizinische Personal nicht mehr. Und selbstverständlich muss das Spitalswesen in Niederösterreich als Gesamtes hinterfragt und überprüft werden. Und selbstverständlich darf und soll und muss überlegt werden, welche Abteilungen und Leistungen wo sinnvoll sind. Wir haben schon gehört, die Medizin hat sich rasant weiterentwickelt. Aufgrund der Komplexität sind Spezialisierungen unumgänglich und sie sind auch Voraussetzung, um eine entsprechende Qualität in der Behandlung zu bieten. Das klappt nicht in kleinen Abteilungen. Da braucht es entsprechende Zentren. Und das ist auch deshalb so wichtig, um exzellentes Fachpersonal zu binden und um erstklassige Ausbildungen anbieten zu können. Da stehen wir GRÜNE voll und ganz dahinter. Und wir rufen nicht kritiklos, dass jedes Krankenhaus erhalten werden muss. Was wir wollen ist, dass die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sichergestellt ist. Und zwar für die Menschen in den peripheren Regionen genauso wie in den Städten – von der Erstversorgung hin bis zu den chronischen Erkrankungen in hoher Qualität. Und dass wir auch wollen, dass die Patientinnen und Patienten sicher durch das komplexe Gesundheitssystem gelotst werden. Die Patientinnen und Patienten wollen die beste Gesundheitsversorgung. Sie wollen nicht in die nächste Einrichtung, sondern in die beste Einrichtung, um ihre Behandlung zu erhalten. Ich lehne es aber ab, den Spitalsbereich isoliert zu betrachten. Das Versorgungsumfeld ist für den Gesundheitsbereich entscheidend. Und wir meinen daher: Unbedingt braucht es ein Gesamtkonzept. (Beifall bei den GRÜNEN.) Das heißt: Was braucht eine Region an niedergelassenen Ärztinnen, Fachärztinnen, Ausstattung der Rettungsorganisationen, Pflegebetten, mobilen Diensten, therapeutischen Angeboten, Beratungsangeboten? Welche Leistungen können extramural, tagesklinisch, ambulant oder in Praxen genauso gut oder gar noch besser als in Kliniken erbracht werden? Und als Folge: Was muss daher ausgebaut werden? Braucht es eine Ertüchtigung des Rettungswesens, eine bessere Ausstattung mit/wegen Personal, die Ausbausicherstellung des Notärztedienstes? Wo sind Ambulatorien, Gesundheitszentren und Primärversorgungseinheiten notwendig und sinnvoll? Und bevor dieses Umfeld nicht geklärt ist, ist es verantwortungslos, eine Standortdiskussion über Krankenhäuser zu führen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Und wenn wir GRÜNE sagen, dass die Standorte erhalten bleiben, dann meinen wir genau dieses Gesamtangebot. Wir brauchen die Standorte für Gesundheitszentren der Zukunft mit zeitgemäßen und hochqualitativen Angeboten. Wir brauchen Ambulatorien, 24-Stunden-Ambulatorien, geriatrische Zentren, Übergangspflege und Remobilisation, onkologische Nachsorge, Kinderrehabilitation, Zentren für Diabetes, Long Covid, das chronische Erschöpfungssyndrom und Zentren für vieles mehr. Und ich verstehe überhaupt nicht, mit welcher – ich möchte schon fast sagen – Feigheit derzeit wieder agiert wird. Rückzieher und Beschwichtigungen... das kann es doch wirklich nicht sein. Die Debatte über die Spitalslandschaft in Niederösterreich muss geführt werden. Und bitte nicht wieder behaupten: Das Papier, das da hochgekommen ist, das ist alt und das ist irrelevant. Das sind nur vage Überlegungen. Wir müssen was tun, wir lesen es doch tagtäglich in den Nachrichten. Ja, gestern erst: Dem Krankenhaus Wiener Neustadt rennt das Personal davon. Acht Fachärztinnen der Gynäkologie verlassen gleichzeitig die Abteilung. Oder – was ich vor kurzem erfahren habe – in den Waldviertler Kliniken fehlen 57 Ärztinnen und Ärzte. Das ist doch dramatisch. Und jetzt, ganz ehrlich, da habe ich mich auch besonders geärgert: Wir brauchen auch keine Landeshauptfrau und Landesrätinnen und Landesräte, die sich vor die Medien stellen und großartig verkünden, dass wer eine akute Behandlung benötigt, diese auch bekommen wird. Ja bitteschön, das ist ja keine Leistung. Das ist eine Selbstverständlichkeit. (Beifall bei den GRÜNEN.) Zusammenfassend: Es gibt zu viele Krankenhausbetten, es gibt zu wenig Personal, Spezialisierungen sind zum Erhalt der Behandlungsqualität notwendig. Das Gesundheitswesen hat sich verändert, das muss auch das Spitalswesen. Eine Strukturreform muss dringend erfolgen. Und wer das verweigert, ignoriert die Tatsachen und schadet den Menschen. Und ich möchte, dass die Landesregierung ihre Verantwortung endlich wahrnimmt, eine umfassende Reform der Gesundheitsversorgung in Niederösterreich, eine Strukturreform der Kliniken und eine Organisationsreform der Landesgesundheitsagentur umsetzt. Und ich bin der Meinung, dazu sind alle Fraktionen einzubinden. Wir GRÜNE bieten uns als konstruktive Kraft an. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.