Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-531/XX-2024 – Katastrophenhochwasser September 2024 – Soforthilfemaßnahmen des Landes NÖ
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Kocevar (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren Präsidenten! Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau! Geschätzte Mitglieder der Landesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Landtages! Der Abänderungsantrag von der Kollegin Krismer ist zwar nicht in allen Details das, was die Sozialdemokratie vielleicht verfolgenswert findet, aber in Ansätzen der Richtige, und daher werden wir dem auch zustimmen. Aber ich möchte vielleicht mit etwas ganz anderem anfangen, nämlich: Ist es nicht traurig... ist es nicht traurig, dass wir eine Katastrophe in diesem Bundesland brauchen, dass wir zu einem Allparteienantrag kommen, dass sich alle zusammensetzen und eine gemeinsame Lösung finden für die Landsleute in Niederösterreich? Brauchen wir wirklich immer so dieses Damoklesschwert, dass irgendetwas passiert... Krisen, Kriege oder andere Katastrophen, dass wir ein bisschen außerhalb dieser politischen Blase denken und nicht in koalitionären Papieren? Ich glaube, das sollte uns auch ein bisschen zu denken geben. Wenn wir eine ehrliche Politik für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher machen wollen, dann tut es uns vielleicht auch einmal gut, ohne Katastrophe uns alle wirklich zusammenzusetzen und Entscheidungen zu treffen, die den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern zugutekommen. (Beifall bei der SPÖ, LR Königsberger-Ludwig und LR Mag. Hergovich.) Und das passt eigentlich jetzt gerade auch – wie der Klubobmann Weninger – zuerst gesagt hat, zu unseren beiden Resolutionsanträgen, weil auch hier können wir zeigen, dass wir nicht nur klatschen, wenn es darum geht, die Ehrenamtlichen und Freiwilligen zu beglückwünschen für ihren Einsatz. Wir alle waren wahrscheinlich an diesem Wochenende in unterschiedlichsten Positionen und Funktionen vor Ort, haben all diese Schicksale erlebt, waren selbst vielleicht sogar im familiären Kreis betroffen. Aber wir wissen auch, dass es in wenigen Tagen und Wochen immer weiter ins Hintertreffen rückt, weil das Leben wieder seinen normalen Lauf nehmen wird. Und wir erleben es ja in ganz anderen Situationen, wenn ich mir die Ukraine anschaue, die vor wenigen Monaten hier im Landtag eines der Hauptthemen war, und heute ist es überhaupt kein Thema mehr. Es ist fast Normalität geworden, dass tagtäglich dort Menschen sterben, dass Menschen bombardiert werden. Und ähnlich wird es auch den Hochwasseropfern gehen in Niederösterreich, die jetzt heute in den Mittelpunkt dieser Diskussion gestellt werden, die mit da oder dort sofortiger Hilfe und Zusagen jetzt dankenswerterweise mit der Aufstockung dieses Hilfsfonds bedient werden, aber die spätestens in vier, fünf Monaten – es tut mir leid, das sagen zu müssen – niemanden mehr hier interessiert, weil die haben dann 50 Prozent gekriegt. Also jetzt kostet ein Haus 500.000, 600.000 Euro. Jetzt geben wir denen 200.000 und dann sagen wir: "Und jetzt kauf dir bitte eine 50-Quadratmeter-Wohnung, weil dein Haus wird sich nimmer ausgehen." Und daher ist diese Forderung ganz klar, dass wir sagen: Die Bürgerinnen und Bürger brauchen eine vollständige Abgeltung. Bitte denkt euch das selber. Ihr habt wahrscheinlich viele Kinder. Die einen oder anderen haben einen Kredit rennen... die haben jetzt einen Kredit über 300.000 Euro, die bauen gerade, die haben Möbel gekauft und die Möbel haben es wenige Wochen später jetzt genau zu uns auf die Bauhöfe gebracht. Und jetzt sagen wir: "Ja, wir helfen. Aber leider Gottes können wir dir nur die Hälfte geben." Was heißt denn das für diese Familien? Die haben immer noch die 300.000 Euro Kredit. Nur jetzt haben sie keine Möbel mehr und haben vielleicht das Pech, dass sie in einem Gebiet wohnen, wo sie das Grundstück nicht einmal mehr verkaufen können, weil sie vielleicht dann in ein HQ100- oder HQ30-Gebiet eingepreist werden und müssen dort in Wirklichkeit wieder investieren und bauen, wohlwissend, dass, wenn das nächste Hochwasser kommt, stehen sie wieder vor demselben Dilemma und kriegen vom Land NÖ vielleicht 150.000 Euro als Wiedergutmachung für den Schaden, der das X-Fache ist. Und ich glaube, wenn wir ganz ehrlich sind und Kollegin Krismer, da sind wir vielleicht nicht ganz einer Meinung, aber ich glaube, wir müssen auch eine ehrliche Raumordnungspolitik machen, weil was heißt denn weniger Bodenversiegelung? Das heißt auch, dass wir den Landsleuten ganz klar sagen müssen: "Wenn du leistbaren Wohnraum willst und wenig versiegeln willst, musst du in die Höhe bauen."(Abg. Dr. Krismer-Huber klopft Beifall.) Und jetzt frage ich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister unter uns: Wenn wir in unseren Gemeinden sagen, wir machen Bauklasse 7, dann sind wir den letzten Tag Bürgermeister. Das muss man auch ganz deutlich sagen, nur da muss man auch mit der Bevölkerung eine ehrliche Diskussion beginnen. Wir können uns nicht auf der einen Seite bei Sonntagsreden hinstellen und uns jetzt gerade alle sagen: "Wir brauchen weniger Bodenversiegelung," gleichzeitig haben wir alle junge Menschen, die sich den Wohnraum nicht mehr leisten können, aber keiner zumindest in den kleineren Gemeinden – jetzt rede ich nicht von St. Pölten und Wiener Neustadt, die Urbanität gewohnt sind – aber alle kleineren Gemeinden, da will keiner Hochhäuser haben und keiner will in einer Stadt wohnen, wo ich dann vielleicht lauter Hochhäuser habe. Aber das ist die einzige logische Antwort, die nur keiner offen aussprechen will. Und da lade ich auch alle Parteien ein. Wir können diesen Diskurs mit der Bevölkerung nur gemeinsam führen. Ich will sagen, wenn wir weniger Flächenversiegelung wollen, dann müssen wir uns auch damit auseinandersetzen, wie wir nach oben bauen. Nur so können wir leistbaren Wohnraum mit wenig Versiegelung auf die Dauer sicherstellen. Und daher bin ich bei dem ersten Resolutionsantrag, wo es darum geht, die Einsatzkräfte, die wir jetzt alle schon hundertmal in hunderten Foren und persönlichen Gesprächen bedankt haben, nämlich den Anspruch der Dienstfreistellung und der Entgeltfortzahlung für freiwillige Einsatzkräfte, aber auch für die Betroffenen. Ich glaube, wir brauchen jetzt eh nicht alle dieselben huldigenden Worte. Wir haben alle erlebt, unter welchen Bedingungen, psychisch, physisch, kräfteraubend und schlafmangelnd unsere Feuerwehren im Einsatz waren und natürlich alle, die da mitgeholfen haben, ganz egal, aus Vereinen oder ehrenamtlichen, oft auch Familien, die sich untereinander gar nicht gekannt haben, haben auf einmal begonnen, bei den Nachbarn mitzuhelfen. Auch da muss man natürlich dazu sagen: Wir haben halt auch verlernt, miteinander zu reden. Ich war jetzt unlängst – nämlich gestern – mit dem Gebietsbauamt Wiener Neustadt – bei uns ist es auch wirklich sehr rasch gegangen –bei einer Familie, der hat gesagt: "Ich bin über 80. Ich weiß ja nicht, wen ich fragen soll, der mir meinen Kellerausräumt." Sage ich: "Na waren Sie schon einmal bei den Nachbarn?" Sagt er: "Nein, außer, dass wir uns grüßen, kennen wir uns nicht." Und ich glaube, das ist auch eine Entwicklung unserer Zeit, wo wir beginnen müssen ein bisschen nachzudenken. In der ganzen Handy- und Facebook- und Social-Media-Blase, die wir leben, sollten wir auch wieder unseren jüngeren Generationen ein bisschen mitgeben: "Geht doch über die Straße mit einer Flasche Wein oder von mir aus mit einem Bier und sagt einmal nicht nur guten Morgen, sondern auch hallo, wie geht es euch und braucht ihr irgendwas?" (Beifall im Hohen Hause.) Und ich glaube, das ist der Punkt, dass wir da auch versuchen müssen, als Politik als gutes Beispiel voranzugehen. Und daher lade ich Sie wirklich alle ein: Überlegen Sie sich diesen Resolutionsantrag, weil da geht es nicht um Parteipolitik. Da geht es darum, dass wir diesen Einsatzkräften tatsächlich mit einer Dienstfreistellung und Entgeltfortzahlung helfen wollen und natürlich auch den Betroffenen, dass die dann nicht auch noch Angst haben müssen, während sie den Schutt aus ihren Kellern und aus ihren Wohnräumen entfernen, dass sie den Job vielleicht auch noch verlieren, weil sie zwei, drei Tage nicht im Büro sein können. Und daher darf ich den ersten Resolutionsantrag hier einbringen, der Abgeordneten Kocevar, Danninger, Teufel, Weninger und so weiter (liest:)
"Der Hohe Landtag möge beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten und sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass diese gemeinsam mit den gesetzlichen Interessensvertretungen ein Katastrophenschutzpaket zur arbeitsrechtlichen Regelung für ehrenamtliche Einsatzkräfte und Betroffene von Großschadensereignissen ausarbeitet und dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorlegt, welches insbesondere folgende Inhalte umfasst:
1. Einen Anspruch auf Freistellung und der Entgeltfortzahlung bei Großschadensereignissen für freiwillige Einsatzkräfte, um sicherzustellen, dass diese ohne arbeitsrechtliche Hürden und ohne Angst vor finanziellen Einbußen ihrer unverzichtbaren Tätigkeit im Katastrophenschutz nachkommen können.
2. Einen Schadensbeseitigungs-Freistellungsanspruch unter Entgeltfortzahlung für Betroffene von Großschadensereignissen, damit diese ohne zusätzliche Belastung durch arbeitsrechtliche Unsicherheiten die notwendigen Maßnahmen zur Wiederherstellung ihres Eigentums und ihrer Existenz ergreifen können.
3. Einen angepassten Ersatz des wirtschaftlichen Mehraufwandes (Lohnkosten) für Arbeitgeberinnen aus dem Katastrophenfonds, damit diese für die Freistellung möglichst keine finanziellen Nachteile erleiden. Und
4. eine pauschale Abgeltung etwaiger Verdienstausfälle aus selbständiger Tätigkeit für freiwillige Einsatzkräfte und Betroffene von Großschadensereignissen aus dem Katastrophenfonds."
Das ist unser erster Resolutionsantrag und dann komme ich zu unserem zweiten und da geht es um die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Entschädigung für die Katastrophenschäden und wir haben es zuerst gehört. Im Nationalrat hat es hier einer eingebracht... da sitzt einer der Redenschreiber wahrscheinlich vom Herrn Kickl unter uns... die letztendlich sagen: "Ja, hier müssen 100 Prozent Abgeltung erfolgen“, und wir sind da völlig eurer Meinung und ich zitiere den Herrn Bundesparteiobmann der Freiheitlichen... (Abg. Erber, MBA: Puh...) ...mutig, ja, kann man nicht kaufen (liest:)"Unsere Botschaft kann ja nur sein, wir lassen euch mit euren Schäden nicht allein. Nicht einenEinzigen", ich nehme an, da zählt Niederösterreich auch dazu "keinen von euch, im Gegenteil, wir garantieren euch als unschuldigen Opfern ein Recht auf vollen finanziellen Schadenersatz." Zitat vom Herrn Kickl am 18. September – also noch nicht lange her – 24 im Nationalrat. Und liebe Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei, jetzt könnt ihr zeigen, ob ihr hinter dem Bundesparteiobmann Kickl steht und sagt: "Ja, das stimmt, was er sagt. Wir lassen keinen allein" und "kein" gilt für mich auch als Niederösterreicher, oder ob man tatsächlich sagt: "Nein,in Niederösterreich sitze ich in der Regierung, da will ich das nicht, weil da muss ich Verantwortung übernehmen. Da muss ich mir überlegen, wie man es finanziert." Also irgendwann muss sich die Freiheitliche Partei entscheiden zwischen Verantwortung und Populismus. Jetzt wäre gut die Zeit dafür. (Beifall bei der SPÖ und Abg. Mag. Hofer-Gruber.) Und daher darf ich auch hier diesen Resolutionsantrag der Abgeordneten Kocevar, Pfister, Scheele, Suchan-Mayr u.a. einbringen. Die Gefertigten stellen den Antrag (liest:)
"Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten und sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass diese eine Regierungsvorlage ausarbeitet und dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorlegt, gemäß welcher ein Rechtsanspruch auf umfassende Entschädigung als Bundesmittel für Betroffene von Katastrophenschäden geschaffen wird."
Ich darf Sie einladen, gehen wir diesen Schulterschluss weiter! Zeigen wir, dass wir nicht nur einen Antrag gemeinsam ausarbeiten, sondern vielleicht auch zwei oder auch den Abänderungsantrag der GRÜNEN noch weiterbringen. Ich glaube im Sinne der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher könnte Ihnen nichts Besseres passieren, als wenn wir da alle gemeinsam einen Weg gehen und alle davon profitieren. Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.