Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-531/XX-2024 – Katastrophenhochwasser September 2024 – Soforthilfemaßnahmen des Landes NÖ
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Geburtstagskind-Präsident! Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau! Werte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Ja, es ist passiert. Ja, es ist wieder passiert. Niederösterreich ist mit voller Wucht der Klimakrise getroffen worden. 2002 war das letzte große Ereignis. 1,2 Milliarden Euro hat es Niederösterreich gekostet. Jahrelang musste der Haushalt in Niederösterreich angepasst werden und seitdem ist es weitere fünf Male mitten in Europa passiert. Und jetzt hat es unsere Landsleute in voller Wucht getroffen und daher möchte ich drei Worte, quasi Kreise, einmal in den Raum stellen. Das eine ist die Trauer und die Trauerarbeit. Ich möchte mich beim Präsidenten für seine Worte bedanken. Mitgefühl und Beileid ist bei den Menschen, die betroffen sind – nicht nur, dass fünf Menschen in Niederösterreich gestorben sind – auch wenn jemand seine Existenz verliert, dann ist das mehr als bedrohlich, wenn man oft nicht weiß: Wie soll es weitergehen? Der zweite Teil ist dieser Dank, den – auch wenn er schon gesagt wurde, ich glaube, das kann man nicht oft genug sagen – möchte ich mich und möchten wir uns als GRÜNE auch wirklich bedanken bei allen Freiwilligen. Man hat wieder gesehen, wie wichtig dass es ist, dass die niederösterreichischen Feuerwehren sehr gut ausgestattet sind, dass wir diese Leistung, dieses Gemeinsame in diesem Land auch herbringen und ich möchte mich auch bei den Gemeindebediensteten bedanken, denn auch hier ist angepackt worden, was keine Selbstverständlichkeit ist und da möchte ich wirklich noch einmal applaudieren. (Beifall im Hohen Hause.) Ich möchte den Menschen, den Zuhörenden heute auch Hoffnung geben hier vom Landtag aus, und wenn man mitten in einem Wahlkampf ist und alle Parteien sind sich einig, dass die Förderhöhe... dass es angehoben werden muss... dann soll das da draußen den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern Hoffnung geben, dass auch wir in Krisenzeiten wissen, was zu tun ist über die Parteigrenzen hinweg. Nichtsdestotrotz unterscheiden wir uns, wie wir für die Zukunft Hoffnung geben wollen. Ich stehe hier als eine Vertreterin für eine Partei, die Mut machen will, dass all das, was jetzt so Schreckliches ist, erlebt haben, in die Zukunft blicken und jetzt die richtigen Schlüsse ziehen. Klimapolitik ist immer Politik für die Menschen. Manche haben das vielleicht bisher nicht einordnen können. Nachdem, was wir jetzt erlebt haben in Niederösterreich, ersuche ich alle hier im Raum zu akzeptieren, dass es dem Planeten völlig egal ist, ob er von Dinosauriern oder von Menschen bewohnt wird. Der Unterschied zu den Dinosauriern ist: Die haben es nicht selber verschuldet, dass sie solche Ereignisse haben. Was wir hier erleben, haben wir von Menschenhand gemacht. Daher appelliere ich heute vor allem an die BLAUEN und auch an andere, dass es akzeptiert wird, dass diese Katastrophen nicht von oben kommen, sondern dass wir als Menschen das selber machen. Ich unterscheide mich jetzt – und das werden Sie sehen – maßgeblich von der Kollegin Collini in Ansätzen, wie wir das bewältigen. Es geht mir um eine Trias, das jetzt in der Politik wichtig ist. Das eine ist das Renaturieren. Die Wunden, die wir der Natur zugefügt haben, die müssen wir endlich bearbeiten, denn diese Wunden sind die, die uns nämlich dann verdammt schmerzen. Da geht es um Räume, die wir weggenommen haben. Das müssen wir rascher als bisher in den Griff bekommen. Wenn jetzt aus der ersten Reihe kommt: "Es ist schon viel passiert", muss ich sagen: "Gut, dass schon einiges passiert ist. Der Anspruch muss sein, hier noch besser zu werden." Und mit einem neuen gesetzlichen Rahmen wird uns das – bin ich davon überzeugt – auch in Niederösterreich gelingen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Der zweite Punkt ist das Reparieren. Das ist genau das, was wir jetzt erleben. Woher nehmen wir die Mittel? Wie stellen wir das zusammen, um jeden Einzelnen in Niederösterreich, jede Person, die betroffen ist, auch zu helfen? Sowohl was das Materielle betrifft, und ich komme dann auf das zurück, was auch die mentale Gesundheit betrifft. Da werden wir eben nicht Straßenprojekte brauchen, sondern wir werden jetzt das Geld brauchen, um zu reparieren. Und wer sich anschaut, wie der Katastrophenfonds gespeist wird, dann muss er akzeptieren – auch in Richtung der NEOS – das ist die Körperschaftsteuer und das ist die Einkommensteuer. Und wenn man immer nur glaubt, man kann die Steuern senken und immer feig ist und nie genau sagt, wo man die Steuern senken möchte und auf der anderen Seite dann auch klar sagt, was nicht möglich ist, dann muss gerade heute ganz klar sein: Wenn wir diese Steuermittel nicht haben, dann wird es auch keinen Katastrophenschutz geben. Und der dritte Punkt ist das Transformieren. Wir haben uns seit Jahrzehnten sehr viel vorgenommen in Niederösterreich. Die Energiewende – wir haben sie noch immer nicht geschafft. Wir werden erst jetzt in den nächsten Wochen hier einen Beschluss fassen, dass endlich alle Spitäler kein Gas mehr haben. Wir haben das eigentlich – sind wir uns ehrlich – nicht so geschafft, wie wir uns das einmal auch vor 15 bis 20 Jahren vorgenommen haben. Daher: Renaturieren, reparieren und transformieren – und das ist nur möglich mit einem Haushalt, der auch die Mittel bereitstellt. Die, die glauben, dass wir in Wiener Neustadt gerade jetzt die Ostumfahrung mehr oder weniger beginnen sollten – und das sind ÖVP, Freiheitliche und die Sozialdemokratie – da muss ich schon sagen: Geht bitte noch einmal in euch und überlegt euch das. Man kann nicht in einer Sonntagsrede vom Bodenschutz reden und dann wieder die Asphaltmischer anwerfen. Das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist nicht möglich. (Beifall bei den GRÜNEN.) Da der Dringlichkeitsantrag die notwendige Mehrheit nicht gefunden hat – und Sie wissen, ich bin hartnäckig – werde ich jetzt einen Abänderungsantrag einbringen, der aus meiner Sicht ganz wesentlich ist. Die von Ihnen, die bei den Schadenskommissionen in den Gemeinden sind, wissen, dass wenn es um Steuergeld geht, muss das ordentlich nachvollziehbar gemanagt werden und das braucht Zeit. Der Kollege Georg Ecker, der in der Region Hollabrunn ja vor einigen Wochen erst betroffen war, hat uns berichtet, dass die Abwicklung nicht so schnell geht, wie der eine oder andere Bürger es sich wünschen würde bzw. Bürgerin. Es gibt Menschen, die haben eben in Zeiten wie diesen den Notgroschen nicht auf der Seite und genau jenen sollten wir relativ schnell das Geld geben. Wenn wir einen Antrag machen, wo "Soforthilfe" draufsteht, dann müssen wir schon darauf achten, dass heute die Zusehenden nicht glauben, das wird morgen überwiesen. Soforthilfe wird nicht morgen überwiesen. Was heute der Landtag beschließt, ist, wie viel sozusagen an Förderung ausgegeben werden darf – nämlich 50 Prozent – und dass man sich bemüht, dass die Töpfe voll sind. Aber der Deckel muss aufgehen vom Topf und es muss jetzt schnell zu den Bürgerinnen und Bürgern. Und daher ist unser Ansatz, dass die einfache Antragstellung in den Gemeinden, wenn man ankreuzt "ich hätte auch gerne einen Vorschuss" dann sind die auf der Gemeinde in der Baubehörde stets fähig einzuschätzen, welcher Vorschuss ist hier verhältnismäßig und der sollte dann vom Fonds im Land auch schnell ausbezahlt werden. Dann wird alles... und dann hat man Zeit, dann wird dieser Antrag bearbeitet, wie es sein muss und dann gibt es eine Schlussrechnung. Ich würde wirklich noch einmal die Mehrheit hier im Haus ersuchen, dass, wenn man Soforthilfe draufschreibt, wir auch den Menschen das Gefühl geben, sie bekommen das Geld rasch. Der andere Punkt betrifft die mentale Gesundheit. Nun sage ich Ihnen, wie ich auf das komme: Die Stadt Baden war nicht – Gott sei Dank – nicht so betroffen wie andernorts, aber ich habe gesehen, was das mit Menschen macht. Wenn diese... die Schwechat... wie – wirklich – wie ein Monster durch die Stadt fegt... ich habe mit älteren Menschen Gespräche geführt, die haben Tage danach, als sie mir das berichtet haben, haben sie noch gezittert. Das macht auch etwas mit uns und Sie wissen, dass Klimakrise auch etwas mit der mentalen Gesundheit macht. Daher ist mein Appell an die Landesregierung, eine eigene Richtlinie zu machen für solche Fälle und dass man dann in einem Nachtragsbudget auf den Topf der Corona-Fondshilfe auch zugreifen darf. Wir haben dort die Gelder und auch dort war es ja durchaus in einem Bereich einmal vorgesehen, etwas für die mentale Gesundheit zu tun und daher ist das quasi ein Vorschlag von uns. Ein dritter Punkt, der auch wichtig ist – und ich hoffe, dass der jetzt bearbeitet wird in der Landesregierung – ist die Wohnbauförderung. Bleibt es dabei? Gibt es Sonderförderungen? Der Bund – Leonore Gewessler – hat bereits jetzt klargestellt, was hier wieder Kesseltausch und der Umstieg auf Erneuerbare betrifft, dass hier der Bund wirklich stark jetzt ist und quasi den Lead übernommen hat. Nichtsdestotrotz müssen wir uns in Niederösterreich auch überlegen: Was passiert denn mit jenen, die jetzt eine Wohnbauförderung auf ihrem Eigentum haben? Und die hat es jetzt getroffen. Das wird sich existenziell nicht so ausgehen, wie manche mit einem Stift in der Hand glauben. Daher: Vom Landtag aus kann ich ja nur ersuchen, dass die Landesregierung im Bereich der Wohnbauförderung all diese kritischen Fälle beachtet und gegebenenfalls nachjustiert. Und ein vierter Punkt: Bodenpolitik ist Raumordnungspolitik und damit Flächenwidmung. Ich war vor 14 Tagen in Türnitz drinnen. Ich glaube, der Gemeinderat in Türnitz wird das, was öffentlich aufgelegt wurde, jetzt im Gemeinderat nicht so beschließen. Das ist einfach zu viel. Dieses Urassen und so zu tun als hätten wir unendlich viel Boden – mit dem muss Schluss sein. Die Landesregierung hat die Möglichkeit in den regionalen Raumordnungsprogrammen, wo sich Stephan Pernkopf, der genau für all die Dinge zuständig ist, von Raumordnung über Katastrophenschutz, der das eigentlich wissen möchte, ist mein Appell, dass jetzt noch einmal diese regionalen Raumordnungsprogramme – weil jetzt hat man sich eh schon so lange Zeit gelassen, über zwei Jahre – dass man sich die noch einmal hernimmt und schaut – HQ30 und dergleichen mehr – dass jetzt nichts übersehen wird. Denn was jetzt die Regierung beschließt, wird für lange Zeit Gültigkeit haben. In dem Sinne bringe ich jetzt den Antrag, dass er ordentlich eingebracht ist und lese rasch vor (liest:)
"Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert,
1. nach Vorliegen der Schadenssummen aufgrund der Hochwasserkatastrophe und nach Feststehen des für Hilfsmaßnahmen erforderlichen Budgetbedarfs dem NÖ Landtag über die erforderlichen Hilfsmaßnahmen zu berichten und einen Vorschlag zur budgetären Bedeckung gegebenenfalls durch einen Nachtragsvorschlag vorzulegen.
2. Vorschüsse auf Antrag in der Richtlinie für die Gewährung von Beihilfen zur Behebung von Katastrophenschäden zu ermöglichen.
3. im Rahmen des aufgrund des aktuellen Hochwasserereignisses zu erstellenden Nachtragsvorschlag für die Jahre 25 und 26 einen Klimakatastrophenhilfsfonds zu ermöglichen, der vom Hochwasser traumatisierten Bürgerinnen und Bürgern Niederösterreichs dabei helfen soll, ihre psychische Gesundheit infolge des katastrophalen Hochwassers vom September 24 wiederherzustellen. Der Klimakatastrophen-Hilfefonds ist deckungsfähig mit dem Covid-Hilfsfonds.
4. für Neubauten eine Sonderförderung im Rahmen der Wohnbauförderung zu beschließen, damit die am meisten vom Hochwasser betroffenen Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher ein neues Zuhause errichten können. Für diejenigen, die ihr wohnbaugefördertes Zuhause gänzlich verloren haben, braucht es eine Sonderregelung, um sich erneut ein Zuhause aufbauen zu können. Und
5. die Folgen der Hochwasserkatastrophe bei der finalen Ausarbeitung der regionalen Raumordnungsprogramme betreffend sogenannter "roter Zonen" einzuarbeiten, damit nicht wieder Bauten in gefährdeten Lagen errichtet werden."
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Meinung, dass sehr, sehr viel Arbeit vor uns liegt. Das ist die Trauerarbeit, das Aufräumen dieser Katastrophe. Aber eines muss auch klar sein: Wir müssen viele Dinge in diesem Land besser machen. Und so, wie wir dieses Land schützen können vor der Klimakrise, sollten wir auch unseren Beitrag leisten. Wir sind jedenfalls bereit dazu. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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