Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-424/XX-2024 – Unser Boden will atmen – Gesunde Böden für Niederösterreich
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Kollermann(NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Biodiversität, Artenschutz, 2,5 Hektar-Ziel – das sind, glaube ich, die Bedrohungsszenarien, die die Kollegen von der FPÖ auf ihre EU-Wahlplakate schreiben unter dem Titel "Klimawahnsinn und Öko-Kommunismus", wohingegen ja Naturschutz und Heimatschutz positiv besetzt sind. Und dabei hat das Kind nur einen anderen Namen. Und auch die ÖVP ist zwiegespalten, wenn es darum geht, Lebensraum zu erhalten und vielleicht in der Landwirtschaft etwas ändern zu müssen an dem, was immer schon so war. Es geht sich halt nicht aus. Der Spagat zwischen "Wasch mir den Pelz und mach mich nicht nass" geht sich nicht aus. Nicht, wenn man wirklich Dinge ansprechen will, Probleme ansprechen will und Lösungen finden möchte. Und auch wenn Europa der Überschrift nach erst der Titel in der zweiten Aktuellen Stunde sein wird, muss man schon sagen, dass auch der Bodenschutz eine europäische Komponente hat. Ich erinnere an den Europäischen Green Deal, die europäische "Mann-auf-den-Mond-Mission", wie die Kommissionspräsidentin von der Leyen das 2019 genannt hat. Alle 27 Mitgliedsstaaten haben sich dazu verpflichtet, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Und das ist ambitioniert. Vor allem, wenn wir Jahr für Jahr die mäßigen Zielerreichungsgrade und die mäßigen Fortschritte bei den Klimawandelanpassungsmaßnahmen hier präsentiert bekommen. Aber was ist es anderes als Heimatschutz, wenn es darum geht, unsere Heimat Niederösterreich, Österreich, Europa, hier so zu schützen, dass wir den lebenswertesten Lebensraum, den es gibt auf dieser Erde, auch erhalten können? Und dafür müssen wir etwas tun. Das fällt nicht vom Himmel – Freiheit, Wohlstand, gesunder Lebensraum. Dafür muss man etwas tun. Jetzt schon wir hier, die wir hier sitzen und hier leben, aber auch langfristig für die nachfolgenden Generationen. Nehmen wir zum Beispiel das Renaturierungsgesetz – die Kollegin Helga Krismer-Huber hatte es schon angesprochen – gegen die haben die europäischen Volksparteien ja massiv mobilgemacht. Auch bei uns in Niederösterreich wollte man das mit "einem Herantreten an die Bundesregierung" wieder einmal so verwässern, dass nichts davon übrigbleibt, und dann mag fast froh darüber sein, wie wenig Wirkung unser Herantreten an die Bundesregierung oftmals hat. Das EU-Renaturierungsgesetz soll sicherstellen, dass geschädigte Ökosysteme wiederhergestellt werden. Bis 2030 müssen 30 Prozent jener Flächen, die in einem schlechten Zustand sind – da geht es um Flüsse und Seen, es geht um Wälder, um Moore, um Grünland – dass die, die in einem schlechten Zustand sind, in einen guten versetzt werden. Bis 2040 sollen es 60 Prozent sein, bis 2050 sogar 90 Prozent. Bis 2030 soll der Schwerpunkt auf den Natura 2000-Gebieten liegen. Das ist gut. In Niederösterreich haben wir einige davon. Also wissen wir gleich, wo wir anfangen können. Und da soll man meinen, dass es einen breiten Konsens darüber gibt. Es gibt einen Stufenplan, es gibt eine Zeitleiste. In diesem Zeitraum, also in den nächsten 5 bis 25 Jahren, können wir bestimmte Ziele erreichen. Und man sollte ebenso meinen, dass im Parteienspektrum von links nach rechts alle ein Interesse daran haben, unseren Lebensraum als wertvoll zu erhalten. Wenn wir aber sehen, dass die ÖVP und die FPÖ auf unsere Natura 2000-Gebiete pfeift, lauter pfeift, als jeder potenziell zu schützende Vogel, nur weil eine Förderbandlobby oder eine Straßenbaulobby daherkommt, dann können wir uns jetzt schon ausmalen, wie erfolgreich wir sein werden bei der Umsetzung und bei der Erreichung dieser Ziele. Kranke Böden sind keine Grundlage für eine gute Land- und Forstwirtschaft. Kranke Böden garantieren keine Ernährungssicherheit. Und das muss doch eines unserer ersten Ziele sein, dass unsere Bauern und Bäuerinnen dafür sorgen können, dass unsere Bevölkerung mit saisonalen, mit möglichst schadstofffreien Produkten versorgt werden kann. Vollmundig zu verkünden, wo man sicher nicht zustimmen wird, und gleichzeitig nach dem Katastrophenfonds schreien, das ist halt kein Konzept. Mit dem Klimawandel wird es häufiger zu Dürre- und Hitzeperioden kommen, und diese begünstigen auch Waldbrände. Jeder sorgsame Forstwirt – es gibt ja auch Kollegen hier im Haus, die das kennen müssten – wird ja danach trachten, in seinem Wald für ein gesundes Bodenklima zu sorgen. Dafür zu sorgen, dass sein Bestand widerstandsfähig ist, und darum geht es ja auch beim Bodenschutz: Prävention vor Reparatur. Und nicht zuletzt betrifft das Thema Bodenschutz auch die Kompetenzverteilung in der Raumplanung und in der Flächenwidmung. Die Bodenversiegelung, die in Österreich mittlerweile 11,5 Hektar pro Tag – man muss sich das ja vor Augen halten: pro Tag – ausmacht, das sind diese berühmten 12 bis 14 Fußballfelder. Das wurde schon als Problem erkannt. Es wurde daher versucht, sich österreichweit auf ein gemeinsames Ziel zu verständigen, dass man nämlich nicht mehr als 2,5 Hektar pro Tag versiegeln möge. Das ist erwartungsgemäß am Veto der Landeshauptleute gescheitert. Derzeit hat ja in Niederösterreich Frau Landeshauptfrau Mikl-Leitner den Vorsitz inne. Sie redet aber lieber vom ohnehin unumstrittenen Ehrenamt, statt dass man sich einer gemeinsamen Kraftanstrengung in der Bodenversiegelung bewusst wird und um diese österreichweit in den Griff zu bekommen. Naja, man wird sehr viele Ehrenamtliche brauchen für Probleme, die man gar nicht hätte, wenn man rechtzeitig schwerpunktmäßig auf die richtige Strategie gesetzt hätte. Auch andere als Naturschutzorganisationen haben die Problematik erkannt – zum Beispiel die Hagelversicherung. Greift ja auch massiv in ihr Geschäftsmodell ein, wenn da ständig die Schäden ansteigen und man offensichtlich nicht allzu viel dagegen tun will. Auch diese fordert nämlich ein Maßnahmenbündel, um den Bodenverbrauch zu beschränken. Laut einer WIFO-Studie könnte eine verpflichtende Teilung des Kommunalsteueraufkommens zwischen den Gemeinden ein Hebel sein. Das könnte nämlich helfen, Anreize für Umwidmungen zu verhindern und die Zersiedelung auch einzudämmen. Und ich zitiere von der Website der Landwirtschaftskammer, nicht ganz unbekannt, glaube ich, vielen hier. (Liest:) "Der Hagelversicherung zufolge werden gegenwärtig bauwütige Gemeinden mit ihren Gewerbeparks etc. über die Kommunal- und Grundsteuer belohnt. Dabei sollen aber bodenschonende Gemeinden honoriert werden." Mit anderen Worten: Entweder man findet ein anderes Anreizsystem oder man sollte die Widmungskompetenz hier überdenken, ohne gleich "Zeter und Mordio" zu schreien. Und ich darf zum Abschluss auch noch den Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Hagelversicherung, Dr. Kurt Weinberger, zitieren (liest:) "Wir müssen jedenfalls eines bedenken: Der Boden ist unsere einzige Ressource mit dem Lebensmittel produziert werden können. Die Ablehnung des 2,5 Hektar-Ziels ist ein sehr altes Denken und zeigt, dass einem die künftigen Generationen offensichtlich kein Anliegen sind. Von Beton können wir jedenfalls nichtabbeißen." Und vielleicht sollten die Betonierer und die Bodenversiegeler innerhalb dieser Landesregierung auch darüber einmal nachdenken. Dankeschön. (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Mödling
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich