Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-370/XX-2024 – Frauen brauchen Schutz vor Schutzsuchenden!
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Schon die Überschrift zu dieser Aktuellen Stunde ist Programm. Die FPÖ spricht ein Problem an und das auf eine Art und Weise, die viele empört. Dann passiert außer großer Empörung wenig, weil die FPÖ ja nur provoziert, aber nicht den geringsten umsetzbaren Lösungsansatz bringt. Das Problem, das angesprochen wurde, ist aber da und es wird durch Empörung nicht gelöst, sondern es wird immer größer. Und schon kann die FPÖ in die nächste Runde gehen, mit noch schärferen Worten, mit Beleidigungen, mit Unterstellungen, mit Drohungen, was alles passieren wird, wenn sie an die Macht kommt. Und was sie wieder schuldig bleibt: Lösungen. Denn statt dem Feuerlöscher hat sie den Benzinkanister mit. Und so geht das schon eine ganze Weile und immer mehr Wählerinnen und Wähler schenken dieser Partei ihr Vertrauen. Einer dokumentiert korrupten Partei, die den Verfassungsschutz überfallen lässt, die Identitären hofiert, die Österreich zu einer Festung außerhalb der EU machen will, um sich noch stärker von ihren Freunden Putin, Marsalek und wie sie alle heißen abhängig zu machen. Wie konnte das passieren? Indem die anderen Parteien – das sind diejenigen, die in der Zweiten Republik durchgängig den Bundeskanzler gestellt haben – vor allem bei der Migrationspolitik aus verschiedenen Gründen weggeschaut haben, wenn die FPÖ Feuer gerufen hat und gleichzeitig noch mehr Öl in dieses gegossen hat. Sie haben tatenlos zugesehen, wie sich an verschiedenen Orten – vor allem in Wien, aber auch in anderen Städten – Parallelgesellschaften gebildet haben. Sie haben sich – statt eine zukunftsgerichtete Bildungspolitik zu etablieren – in ideologischen Grabenkämpfen abgearbeitet. Sie haben es verabsäumt, auf europäischer Ebene Partner zu suchen, mit denen eine konstruktive Migrationspolitik umsetzbar gewesen wäre. Die ÖVP ist vor Stolz auf die behauptete Schließung der Balkanroute fast geplatzt, statt sich um Migrations- und Rückführungsabkommen zu bemühen. Und nicht zuletzt hat die ÖVP hier in Niederösterreich vor sechs Jahren den Bock zum Gärtner gemacht, indem sie ausgerechnet das Thema Integration der FPÖ dem inkompetentesten und unwilligsten Regierungspartner übertragen hat. Und dann hat Johanna Mikl-Leitner noch nachgedoppelt und dieser FPÖ den roten Teppich ausgerollt. Zum Dank wurde sie nicht einmal vom eigenen Koalitionspartner zur Landeshauptfrau gewählt. "Culpa in eligendo" sagt der Jurist dazu, und da nimmt Sie keiner aus der Verantwortung. Soviel zur Einleitung und jetzt zum Thema. Ja, jeder Mord ist einer zu viel. Jede Gewalttat ist eine zu viel. Jeder Übergriff auf Frauen ist einer zu viel. Gewalt gegen Frauen ist nicht akzeptabel. Die österreichische Kriminalstatistik aus dem Jahr 2022 zeigt zu diesem Punkt auf, dass fast 35 Prozent der Frauen körperliche und oder sexuelle Gewalt erlebt haben, 27 Prozent Belästigung am Arbeitsplatz. Und das sind nur ein paar rohe Zahlen. Dahinter stecken jeweils menschliche, genauer genommen weibliche Schicksale, die oft mit lebenslang spürbaren Folgen wie Ängsten, Schuldgefühlen, mangelndem Selbstwert verbunden sind. Und natürlich erweckt die FPÖ gerne den Eindruck, das Thema Gewalt gegen Frauen wäre untrennbar mit Migration verbunden. Es stimmt leider nicht. Das Thema in seiner ganzen Tiefe zu beleuchten würde meine Redezeit sprengen, aber ganz kurz: Gewalt gegen Frauen kommt aus einem mehr oder weniger dumpfen Gefühl der Überlegenheit des Mannes, zusammen mit der Angst, dieser Überlegenheit nicht wirklich gerecht zu werden. Dieses Gefühl der Überlegenheit war aber Jahrtausende die Richtschnur der entstehenden Zivilisation. Zumeist geprägt von irgendwelchen religiösen Vorstellungen. Da sind alle drei großen monotheistischen Religionen gleich. Das Bild wurde auch durchaus in die Rechtssysteme übernommen. Das allgemeine Wahlrecht für Frauen in Österreich wurde erst 1918 beschlossen. Frauen an Universitäten waren bis weit ins 20. Jahrhundert so häufig wie Marsmännchen am Stephansplatz. Und Frauen mussten bis in die 1970er-Jahre hinein ihren Ehemann um Erlaubnis fragen, ob sie denn Arbeiten gehen dürfen. Gewalt gegen Frauen ist auch nicht schichten- oder bildungsspezifisch. Gerade was man jetzt aus der Kulturszene – die an sich ja selbst so gern einen intellektuellen Anspruch stellt – so heraushört, ist durchaus verstörend. Auch wenn das jetzt keiner hören will, meine Damen und Herren: In vielen Köpfen – auch von erwachsenen autochthonen Männern – existiert eine recht rückständige Idee über die Männlichkeit des Mannes und die Rolle von Frauen und wie man mit ihnen umgehen sollte. Da gibt es Schnappatmung, wenn die Begriffe "Feminismus" oder "sexuelle Selbstbestimmung" fallen. Da verursacht ein "Binnen-I" Hautausschläge. Und da gibt es bei näherer Betrachtung bei den Themen Männlichkeitsbild, Gleichberechtigung, Homosexualität erstaunliche Parallelen zwischen rechtskonservativen und radikal islamischen Weltbildern. Aber – und ich will das nicht kleinreden: Wir müssen feststellen, dass Täter mit Migrationshintergrund in der Kriminalstatistik – insbesondere bei Gewalttaten gegen Frauen – signifikant überrepräsentiert sind. Das sind die Fakten. Aber was können wir tun? (Abg. Ing. Mag. Teufel: Abschieben.) Entweder Populismus üben, schimpfen, Ausländer raus! fordern, höhere Strafen, alle einsperren und abschieben, auch wenn das gar nicht geht, wie wir wissen. Oder wir übernehmen Verantwortung, meine Damen und Herren. Verantwortung für das, was wir zugelassen haben und Verantwortung für das, was noch kommen wird. Lassen Sie mich das erklären: Seit wir das Land in den 70er-Jahren durchaus eigennützig für sogenannte "Gastarbeiter" geöffnet haben, leben deutlich mehr Ausländer in Österreich als früher. In der Folge haben sich ausländische Communities entwickelt – die Politik hat weggeschaut. Ausländerviertel haben sich gebildet, Brennpunktschulen sind entstanden – die Politik hat das alles weiterhin konsequent ignoriert. Die Migrationskrise 2015 hat ganz Europa überfordert. Das Abwägen zwischen der kompromisslosen Erfüllung der Menschenrechtskonvention und der Unterbindung organisierter Schlepperkriminalität ist nicht gelungen und wurde im Zweifel zugunsten der Schutzsuchenden entschieden. Das ist zusammengefasst die Realität, meine Damen und Herren. Und das zu beklagen, ist genauso hilfreich wie das Jammern über verschüttete Milch. Und jetzt kommt die Verantwortung ins Spiel. Wir müssen endlich was tun. Also: Raus aus der Opferrolle, rein in die Gestaltung! Wenn wir einmal verstanden haben, dass viele, die hier sind, bleiben werden, dann gibt es nur eines: Integration. Der erste Schritt dazu, wir müssen die Menschen dort abholen, wo sie sind. Und die sind eben nicht im westlich liberal aufgeklärten Europa sozialisiert, sondern in religiös-patriarchalischen Strukturen, sind oft in für uns unvorstellbaren Verhältnissen aufgewachsen, häufig traumatisiert, auf einen Wertekanon gestützt, der uns fremd ist. Ein Wertekanon, der die Religion über den Staat stellt, der Frauen eine klar untergeordnete Rolle zuweist, der Zweifel am Dogma als Sünde sieht und damit grundlegende wissenschaftliche Prinzipien verneint, der Sexualität unterdrückt, Jungfräulichkeit überhöht – übrigens kein Alleinstellungsmerkmal des Islams – und die Welt in Gläubige und Ungläubige teilt. Und jetzt stellen Sie sich vor, was in solchen jungen Männern abgeht, wenn Sie sehen, dass hier bei uns junge Frauen ausgehen können, ohne Bewachung durch den Bruder oder Onkel, auf der Straße ihren Freund küssen dürfen und einen Spritz Aperol trinken, dass hier Frauen ohne Kopftuch und Schleier als Ärztinnen, Lehrerinnen und Richterinnen arbeiten, mit einem Wort: Wenn sie feststellen, dass die Ungläubigen in Wohlstand leben, Meinung und Kritik äußern können, schlicht und einfach frei sind. Und daher der zweite Schritt: Aufklärung, Bildung und Arbeit. Zugleich mit dem Spracherwerb müssen wir unsere Werte, unsere europäische Grundhaltung und Überzeugungen vermitteln. Und das mit Stolz, mit Nachdruck und ohne Toleranz gegenüber Intoleranz – gleichzeitig ohne den Zugewanderten den Eindruck von Minderwertigkeit und Engstirnigkeit zu vermitteln. Aber sehr wohl mit klaren roten Linien, etwa bei den Themen wie der Trennung von Religion und Staat, der Gleichberechtigung, Gewaltbereitschaft. Und das geht nicht in einem Dreitageskurs. Und das geht schon gar nicht, wenn wir afghanische Jugendliche in irgendeine Asylunterkunft sperren und sie dort sich selbst überlassen. Es geht aber schon, wenn wir Schutzsuchenden ab dem ersten Tag eine Perspektive bieten, eine sinnvolle Tagesstruktur, die durchaus Verpflichtungen zur regelmäßigen Arbeit enthält und diese an die Realität des Arbeitsmarkts heranführt. Und mit denen, bei denen wir beim Wertetransfer bisher kläglich versagt haben – das sind die, die die Kollegin vorher erwähnt hat – mit denen müssen wir sofort damit beginnen. Und das kostet Geld. Dieses Geld ist hier aber viel besser investiert als in Bezirksfeste oder in Jubelpublikationen der Landesregierung. Dieses Geld ist nämlich in unsere Zukunft investiert. Und dann muss Integration in den Arbeitsmarkt ein vorrangiges Ziel sein. Und zwar ohne Wartefristen. Wer arbeitet, verdient Geld, kann sein Leben selbst in die Hand nehmen, zahlt Steuern und kann sich ein soziales Umfeld schaffen. Und Arbeit ist genug da, meine Damen und Herren. Niemandem wird hier der Arbeitsplatz weggenommen. Und vorhandene Qualifikationen müssen unbürokratisch anerkannt werden. Dritter Schritt: Sanktionen. Bei Verstößen gegen die Rechtsordnung ist der Rechtsstaat zuständig. Das ist unser Instrument, auf dem wir spielen und das wir stimmen können und auch stimmen müssen. Die Vorschläge reichen von der Streichung von Förderungen bzw. die Schließung von Vereinen und Schulen, die gegen Integrationsbemühungen verstoßen, die schrittweise Kürzung von Sozialleistungen, wenn Förderangebote ausgeschlagen werden, bis zu einer engmaschigeren Bewährungshilfe. Und natürlich sind Abschiebungen – wo rechtlich und faktisch möglich – kein Tabu. Ob wir bei manchen Delikten, ob wir bei der Strafmündigkeit, ob wir bei Waffenverboten Nachschärfungen brauchen wird der politische Diskurs mit seinem demokratischen Entscheidungsweg ergeben, nicht der Zuruf aus irgendeiner rechten Ecke. Und jetzt noch ganz kurz zu dem, was kommen wird. Die Balkanroute ist nicht geschlossen. In vielen Teilen der Welt setzen sich nach wie vor Flüchtlingsströme in Bewegung. Das wird durch kriegerische Auseinandersetzungen, Auswirkungen des Klimawandels sowie Überbevölkerung noch befeuert. Und hier müssen wir große Lösungen finden. Hier ist die EU die richtige Plattform und wir alle sollten dazu beitragen, dass dort die richtigen Entscheidungen getroffen werden. (Abg. Ing. Mag. Teufel: Na das glauben Sie ja wohl nicht selber?) Denn wir als europäische Bürgerinnen und Bürger müssen die Regeln für Migration definieren und taugliche Bedingungen im Arbeitsmarkt, im Bildungs- und Sozialsystem schaffen. Das können nicht die Migranten selbst und auch nicht selbsternannte Weltretter. Denn tatsächlich brauchen wir Zuwanderung in Europa, um Wohlstand und Sozialsysteme zu sichern. Was wir nicht brauchen, ist Zuwanderung ohne angemessene Leistungsbereitschaft und ohne den klaren Willen, unseren Wertekatalog zu übernehmen. Die Kriegsrhetorik der FPÖ von einer Festung Österreich, einer Festung Europa löst hingegen kein einziges Problem, sondern erhöht nur Aggression und Gewaltbereitschaft. (Unruhe bei Abg. Ing. Mag. Teufel. – Heiterkeit bei Abg. Dorner.)
Präsident Mag. Wilfing: Herr Abgeordneter, ich muss Sie auf die Redezeit hinweisen.
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Ich bin schon fertig. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
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