Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-374/XX-2024 – Schwarz-Blaues Gesundheitsdebakel – welche Spitalsabteilung schließt als nächste?
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Suchan-Mayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Landesräte! Hoher Landtag! Unsere heutige Aktuelle Stunde mit dem Titel "Schwarz-Blaues Gesundheitsdebakel – welche Spitalsabteilung schließt als nächste?" ist mit der Schließung der Gynäkologie und der Geburtenstation in Waidhofen an der Ybbs aktueller denn je. Stellt euch vor: Eine schwangere Frau (Unruhe bei Abg. Mag. Zeidler-Beck, MBA.), unerträgliche Schmerzen, die Wehen haben eingesetzt, kurz vor der Geburt, hier zählt jede Minute. Aber wir haben in Niederösterreich leider immer mehr die Situation, dass wenn jemand ins Krankenhaus muss – egal welcher Notfall – wir vor verschlossenen Türen stehen oder die zuständige Abteilung im Krankenhaus geschlossen ist. Ein Beispiel, so letzte Woche in der Gemeinde Hollenstein an der Ybbs. Die Frau Anna M. – tatsächlich passiert, Name verändert. Sie ist ca. 40 Jahre alt, kugelt sich am Königsberg ihre Schulter aus. Ihre zwei kleinen Kinder sind mit dabei. Sie wird vom Königsberg, Hollenstein, nach Waidhofen an der Ybbs gebracht. Dort ist leider kein Unfallchirurg vorhanden. Sie wird weitergefahren in das Krankenhaus Amstetten – mehr als eine Stunde Fahrzeit zusätzlich – wo ihr dann die Schulter wieder eingerenkt wurde. Auch Kindernotfälle werden bzw. müssen im Krankenhaus Waidhofen an der Ybbs immer öfter abgewiesen werden, und das erzählen mir Betroffene. Von Hollenstein nach Waidhofen an der Ybbs sind es schon rund 25 Minuten. Man fährt dann am Krankenhaus Amstetten... Entschuldigung, Waidhofen an der Ybbs vorbei, ins nächste Krankenhaus nach Amstetten. Vom Königsberg nach Amstetten oder nach Scheibbs, wo die nächsten Krankenhäuser sind, sind es über 50 km, also weit über eine Stunde Fahrzeit. Und nun sperrt die Geburtenstation, die Gynäkologische Abteilung in Waidhofen an der Ybbs zu. Jetzt stellt man sich vor – wie schon eingangs gesagt – eine schwangere Frau kurz vor der Geburt, welche psychische Belastung dies zusätzlich zu der Situation noch weiters ist. (Abg. Mag. Zeidler-Beck, MBA: Die hat sich ja vorher schon für dieses Krankenhaus entschieden. – Wie lange dauert denn eine durchschnittliche Geburt?) Schaffen wir es rechtzeitig ins Krankenhaus? Immerhin ist nun für Patienten und Patientinnen für die Gemeinden rund, um Waidhofen an der Ybbs, dem Ybbstal und darüber hinaus bis an die Grenzen in der Steiermark mehr als eine halbe Stunde zusätzlich einzuplanen. Viele Betroffene – von Hebammen bis zu werdenden Müttern – haben sich auch bei uns gemeldet und ihren Unmut dazu zum Ausdruck gebracht. Der weitere Weg, die längere Fahrzeit, ist nicht nur eine zusätzliche Belastung, sondern wird auch eine massive Verschlechterung für die Versorgung der Bevölkerung rund um Waidhofen an der Ybbs bringen. (Abg. Mag. Zeidler-Beck, MBA: Aber das Gegenteil ist doch der Fall, wenn sie präventiv besser versorgt ist!) Aus den kleineren Gemeinden, dem ländlichen Raum, brauchen – und ich erkläre weiters – auch die Rettungskräfte nun mehr als eine Stunde für den Transport hin und retour. Sie brauchen jetzt dann mehr als das Doppelte an Zeit. Dies ist aber Zeit, die man auch für andere Krankentransporte braucht. Und diese Krankentransporte können dann in dieser Form nicht mehr so gemacht werden. Und ich möchte noch einmal auch an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Rettungsleute dies freiwillig und ehrenamtlich machen und diese nun noch mehr Zeit und unter noch mehr Druck auf der Straße verbringen müssen. (Beifall bei der SPÖ und LR Mag. Hergovich.) In diesem Zusammenhang und an dieser Stelle ein großes Dankeschön auch für den Einsatz aller unserer freiwilligen Rettungskräfte in Niederösterreich. Sie müssen vielfach auch zusätzliche Aufgaben in der oftmals unbefriedigenden Situation übernehmen und es fragt sich, in welchem Ausmaß die Kapazitäten zukünftig gegeben sein werden? Der Grund für die Schließung der Gynäkologie und der Geburtenstation ist der Personalmangel, der in unseren niederösterreichischen Krankenhäusern herrscht. Warum Personalmangel? Weil über Jahre, ja Jahrzehnte, hier verschlafen wurde. Und vor allem, weil es an einer vorausschauenden und gesamten Planung fehlt. (Beifall bei der SPÖ und LR Mag. Hergovich.) Am Ende heißt es nun: Wir finden kein Personal, müssen leider zusperren. Die Petition zum Erhalt der Geburtenstation haben bereits mehr als 5.000 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher unterschrieben und das ist ein starkes Signal an die Verantwortlichen, an den zuständigen Landesrat, der mittlerweile den Saal auch verlassen hat, an die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich, um diesen Anschlag auf die Gesundheit von Frauen in der Region zu verhindern und die Station zu erhalten. (Beifall bei der SPÖ und LR Mag. Hergovich.) Diese Schließung hat Folgewirkungen in vielen anderen Bereichen und führt zu massiven Verschlechterungen der Gesundheitsversorgung, insbesondere im ländlichen Raum. Und der ländliche Raum muss aus medizinischer Sicht auch gut abgedeckt sein. Und hier dürfen auch die Bundesländergrenzen keine Rolle spielen. Es fehlt eine vorausschauende, vernünftige Planung, auch länderübergreifend. Und das haben wir in Niederösterreich nötiger, denn in anderen Bundesländern, denn unser Selbstversorgungsgrad liegt hier nur bei 75 Prozent. Das heißt, ein Viertel der Patienten und Patientinnen werden in anderen Bundesländern, in anderen Krankenhäusern als in Niederösterreich betreut. Und dabei finanzieren die Gemeinden mit dem NÖKAS- und dem Standortbeitrag das Spitalsystem mit. Die Kosten für die Gemeinden – da erzähle ich nichts Neues – steigen und steigen und steigen, aber nur kommt weniger für die Bürgerinnen und Bürger heraus. Nun kommen wir zu dem Punkt, warum eigentlich sind wir in dieser Situation? Und meine Vorrednerin und Kollegin Karin Scheele hat es schon ausgeführt. Warum gibt es so viele Schließungen von Abteilungen in Krankenhäusern, gibt es schlechtere gesundheitliche Versorgung, gibt es vielfach auch im niedergelassenen Bereich keine Wochenenddienste der Hausärzte mehr? Warum gibt es überhaupt Kürzungen im Gesundheitsbereich? Denn Gesundheit – und das haben wir gerade in der Corona-Krise immer wieder auch an dieser Stelle hier gehört, das wissen wir alle – Gesundheit ist das größte und wichtigste Gut. Und die Gesundheitsversorgung, der ländlichen Raum, der oftmals hier diskutiert wird, wurde seitens des Landes Niederösterreich, seitens der Verantwortlichen hier immer weiter ausgedünnt. Nach dem Wegfall der Polizeiposten in den kleineren Gemeinden, dem Zusperren von Postämtern, dem Schließen von Kassen in den Bahnhöfen, dem Fehlen von Bankomaten und gar Schließen von Bankfilialen wie aktuell, dem Nichtbesetzen von Kassenarztstellen ist der Gipfel nun die Schließungen von Abteilungen in den Krankenhäusern. (Abg. Kainz: Zusperren des Konsums! Konsum hast du auch vergessen.) Nun Ansätze, und wo kann man hier mit Verbesserungen entsprechend auch entgegenwirken? Bessere bzw. grundsätzlich einmal eine Planung. Es fehlt diese Gesamtplanung. Wenn man eine entsprechende Personalplanung, Personalentwicklung macht, so dürfte es klar sein, dass und auch wann Ärzte und Ärztinnen in Pension gehen. Diese Gesamtplanung und Strategie, der wissenschaftlich basierte Personalschlüssel, ein zielgerichtetes Investieren ins System anstatt Mehrkosten für Administration und Umstrukturierungen – wie vorher auch schon ausgeführt, wie durch die LGA passiert – und parteipolitische Einmischungen. Das sind Punkte, die hier wesentlich sind und außerdem sehen wir aber auch eine Veränderung natürlich im Bereich der Medizin, dass mehr Frauen auch den Arztberuf ausüben. In den letzten 25 Jahren hat sich der Frauenanteil mehr als verdoppelt. Heute haben wir gleich viele Männer wie Frauen unter den berufsausübenden Ärzten und Ärztinnen in Niederösterreich. Das heißt, auch die Rahmenbedingungen für Frauen in diesem Job müssen sich ändern und verbessert werden. Ein Punkt ist hier vor allem auch die Kinderbetreuung, am besten auch noch – aufgrund der Arbeitszeiten – auch ein Betriebskindergarten vor Ort. Die Vereinbarkeit von Familie für Mütter und Väter und den Beruf funktioniert nur, wenn ausreichende, ganztägige und auch kostenfreie Kinderbildungsplätze – und zwar für das gesamte Krankenhauspersonal – vor Ort angeboten werden. (Beifall bei der SPÖ und LR Mag. Hergovich.) Ein weiterer Punkt und gerade im ländlichen Raum ist auch die Infrastruktur, der öffentliche Verkehr, der Ausbau von Bus- und Zugverbindungen, wie wir sie ja auch schon immer wieder fordern und fordern. Der öffentliche Verkehr, eine Zugverbindung, wenn man beispielsweise hier auch wieder von Waidhofen an der Ybbs Richtung Amstetten fährt, sieht man wie gegenüber der Railjet abfährt. Das heißt, das ist keine gute Anbindung und auch keine gute Situation, um aus anderen Städten hier Personal entsprechend in unsere Krankenhäuser zu bringen. Und natürlich bessere Arbeitsbedingungen für alle, für alle, die im Gesundheits- und Pflegebereich arbeiten. Dazu gehört natürlich auch eine bessere Bezahlung, wie wir das aus anderen Bundesländern hier kennen und sehen. Und ein geregelter Dienstplan mit Pausen und nicht, dass man über 10, 12, ja gar 14 Stunden durcharbeiten muss. Damit verbunden ist auch diese Dienstplantreue, dass man auch Anspruch auf Freizeit hat und diese auch planen kann. Ja, ich möchte hier nochmal diesen dringenden Appell aussprechen, zu handeln und dieser bedrohlichen, ja lebensbedrohlich werdenden Situation, entgegenzusteuern. Man sieht auch, dass die Herzschlag-, Hirnschlag-Thematik, quasi diese Bedrohlichkeit mit dem Tod, auch mit der Zeit, mit den Kilometern, wie weit man ins nächste Krankenhaus muss, hier wirklich auch stark zusammenhängen. Und das Gesundheitssystem muss ausgebaut werden, nicht so wie jetzt, wie wir hier auch sehen, abgebaut. Und wir brauchen einen vernünftigen, gesamtheitlichen Plan. Zum Krankenhaus Waidhofen an der Ybbs möchte ich noch sagen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter monate-, wenn nicht jahrelang, am absoluten Limit gearbeitet haben und hier eine hervorragende Arbeit im Sinne der Patienten und Patientinnen geleistet haben. Ich möchte insbesondere den Ärzten und Ärztinnen danken und dem tollen Hebammen-Team für ihr Engagement im Sinne aller Patienten und Patientinnen und sage ein herzliches Dankeschön. Danke auch für die Aufmerksamkeit und ich bin schon gespannt, wie uns nun die nächsten Redner der FPÖ und der ÖVP erklären werden, wie sie diese Situation für die Menschen in Niederösterreich zum Positiven verändern. (Beifall bei der SPÖ und LR Mag. Hergovich.)
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Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Amstetten
- Klub/Fraktion:
- Klub der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Niederösterreichs
- Wahlpartei:
- Sozialdemokratische Partei Österreichs