Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-374/XX-2024 – Schwarz-Blaues Gesundheitsdebakel – welche Spitalsabteilung schließt als nächste?
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren Landesräte! Hohes Haus! Vorweg einmal gleich: Ich mache dich, Herr Landesrat, und die Landesregierung für die Situation in den NÖ Landeskliniken verantwortlich. Vieles funktioniert ja zum Glück gut, dank dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber die Patientinnen erleben immer öfter, wie bitter sich die Personalnot in Pflege und Medizin auswirkt. Tagelang kein Arzt am Bett, Verschieben von Behandlungen – sogar von Chemotherapien – um Wochen, Fehler bei Medikamentenverordnungen und vieles mehr. Und die Gynäkologie in Waidhofen an der Ybbs und der Vollbetrieb an der HNO im LK Mistelbach sind jene Stationen, die zuletzt aus Personalmangel geschlossen werden mussten und von denen – das möchte ich auch betonen – die Öffentlichkeit erfahren hat. Es gibt ja durchaus mehr gesperrte Bereiche und Abteilungen. Und – um im medizinischen Jargon zu reden – das sind für mich zwei Symptome der Diagnose Planlosigkeit. Die Schließung des Vollbetriebs der HNO in Mistelbach ist aber nicht zufällig, und ich möchte es hier ausführlich erzählen, wie das zugegangen ist, damit sich die Zuhörerinnen und wir alle ein Bild davon machen können, wie die LGA vorgeht. Es ist ja nicht zufällig gesperrt worden, weil ein paar Ärztinnen gekündigt haben, wie wir es so gelesen haben. Ach, herrje, die haben gekündigt. Nein, es hat einen jungen Arzt gegeben, der hat ca. vor eineinhalb, zwei Jahren die Ausbildung auf der HNO – die Facharztausbildung – abgeschlossen und der wollte gerne auf dieser Station weiterarbeiten. Es waren aber nur 15 Stunden frei. Da hat die LGA gesagt: "Das geht nicht." Noch dazu war in Aussicht, dass ungefähr in einem Jahr ein Kollege in Pension gehen wird. Trotzdem LGA: "Das geht nicht." Es haben sich drei Fachärztinnen gefunden, die hätten jeweils drei Stunden abgegeben, sodass der junge Kollege mit 30 Stunden hätte angestellt werden können. LGA: "Das geht nicht." Das zu einer Zeit, wo es schon am Tisch gelegen ist, dass keine Ärztinnen und Ärzte am Markt verfügbar sind. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Dann haben Anfang vorigen Jahres zwei Fachärzte/ Fachärztinnen angekündigt, sie werden im Herbst in eine Kassenordination wechseln. Gab es da Anstalten diese Posten nachzubesetzen? Nein, gab es nicht. Die sind dann gegangen und die verbliebenen Fachärztinnen waren dann einfach nicht mehr bereit, für alle Dienste zur Verfügung zu stehen. Und was ist jetzt übrig geblieben? Es ist jetzt quasi eine Ambulanz übrig geblieben und drei junge Ärztinnen in Ausbildung, im ersten bis zweiten Ausbildungsjahr. Was machen die jetzt? Es gibt nicht mehr genug Fachärztinnen, um die auszubilden, und vor allem das Behandlungsspektrum ist so eingeschränkt, dass sie dort in Mistelbach die Ausbildung nicht abschließen können. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuhörerinnen, das ist ein Teufelskreis. Ein fast gleiches Schicksal kenne ich aus einem anderen Landesklinikum von einem jungen Radiologen. Kein Entgegenkommen der LGA. Arzt futsch, oje. Ich nenne dieses Vorgehen planlos und verantwortungslos. Die Frage von euch, Kolleginnen der SPÖ, welche Abteilung in welchem Landesklinikum als nächstes schließt, die ist mehr als berechtigt. Wie lange werden zum Beispiel die Psychiatrien durchhalten – vor allem Hollabrunn und Mauer? Wird die neue Psychiatrie in St. Pölten, um die man ja so ein großes Trara macht, diese beiden Standorte völlig ruinieren, weil Personal abgeworben wird? Ist man vorbereitet auf den steigenden Bedarf in den Psychiatrien? Ich zweifle. Welche Chirurgien, welche internen Stationen sind bedroht? Denken wir einmal nach. Und wer, bitte, wer verantwortet das völlige Versagen bei der Ausbildung von Fachärztinnen für Pathologie, Radiologie und Labormedizin? Es ist ja nicht nur das Fehlen, der Mangel, an den Ärzten und Ärztinnen bedrohlich – nämlich bedrohlich für die Patientinnen – es kostet uns viel Geld. Einspringerdienste von externen Ärztinnen – wir wissen es alle – die werden händeringend gesucht. Die sind sehr teuer und zudem demotivierend für das Stammpersonal. Ebenso teuer sind die radiologischen und labormedizinischen Befundungen durch externe Firmen, zum Teil aus Deutschland. Und zwar deshalb, weil Eigenleistungen nicht mehr in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Das sind Einzellösungen, das ist kein Plan. Ich verlange hier eine Strategie. Und für mich ist es auch eine schleichende Privatisierung in diesem Bereich. Warum gibt es diese Leistungen nicht LGA-intern, zum Beispiel in der Radiologie? Es muss ja nicht rund um die Uhr Dienste in jedem Klinikum geben, aber es könnte hier ein Zentrum geschaffen werden, wo ich sage: Da ist immer Personal vorhanden und da kann ich telemedizinisch befunden. Das ist ja nicht so eine Hexerei. Und ich habe das Gefühl, hier verschläft man wieder eine wichtige Entwicklung. 2006 hat das Land NÖ alle Kliniken übernommen und ich beobachte seit damals das Geschehen ganz genau. Ich habe den Umgang mit Ärztinnen und Ärzten, mit Pflegepersonal, mit Bewerberinnen, mit Krankenpflegeschulen beobachtet. Im Übrigen, da wird jetzt gerade wieder eine ruiniert, in Hollabrunn, einfach willkürlich gestrichen, ein Ausbildungszweig. Na, gratuliere! 2006, damals ist man auf das hohe Ross gestiegen und seitdem, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist man nicht mehr heruntergestiegen. Damals hat man in anderen Bundesländern Jungärztinnen und Jungärzte schon hofiert, wo man sie bei uns lapidar auf eine Warteliste gesetzt hat. Dann kam der Einschnitt durch das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz 2015. Da hat man auch einiges versäumt: zum Beispiel die Entlastung der Ärztinnen durch Verwaltungspersonal. Und dann kam ein Landesrat, dem war die Optik der Kliniken wesentlich wichtiger als alles andere. Hauptsache, es gibt pompöse Eingangsbereiche. Und dann die LGA – übrigens, wir GRÜNE waren als Einzige dagegen, weil wir schon gewusst haben, was da auf uns zukommt – ein Aufblähen des Verwaltungsapparates – es ist heute schon ein paar Mal gesagt worden – und völlige Intransparenz. Keine Antworten mehr auf Anfragen und das Drücken vor politischer Verantwortung. Ich möchte es aber jetzt einmal von einer anderen Seite sehen: Es ist doch irgendwie sehr bequem für den zuständigen Landesrat oder die Frau Landeshauptfrau jegliche Verantwortung von sich zu schieben und zu sagen: "Landesgesundheitsagentur. Ich bin nicht verantwortlich. Landesgesundheitsagentur." Auf der anderen Seite, was aber geblieben ist – und da klagen viele drüber – die politische Einflussnahme bis hinein auf die Stationen. Wie geht es weiter? Der Bund stellt Niederösterreich aus dem Finanzausgleich 437,4 Millionen Euro zusätzlich bis 2028 zur Verfügung. Bedingung sind Reformen und eine zielgerichtete Planung in Form eines detaillierten regionalen Strukturplans Gesundheit. Die Landesregierung hat daraufhin Anfang Jänner zu einem Gesundheitsgipfel geladen, einen Gesundheitspakt geschlossen und eine Strukturreform angekündigt. Ich bin gespannt. Bisher hat sich noch gar nichts getan, es hat keinen weiteren Termin gegeben. Für den sogenannten "Nachdenkprozess" sind 15 Monate anberaumt, wodurch man wie zufällig mit den Maßnahmen jedenfalls erst nach der Gemeinderatswahl beginnen kann. Die ordentliche Planung und strategische Ausrichtung der Landeskliniken ist höchst überfällig. Gibt es keine Planung, müssen auch keine Ziele verfolgt und eingehalten werden, gibt es keinerlei Transparenz. Nachzulesen im Bericht des Landesrechnungshofs. Ich fordere in den Universitäts- und Landeskliniken einerseits eine flächendeckende Grundversorgung und andererseits eine transparente Bündelung der Spezialkompetenzen. Und eines ist mir ganz wichtig, die Menschen müssen an Bord genommen werden. Ich bin überzeugt, dass man mit Transparenz und Ehrlichkeit den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern erklären kann, wie es mit den Landeskliniken weitergehen wird. Man kann gut erklären, wo eine Spezialisierung erfolgen wird, wann und warum eine Station im Vollbetrieb nicht mehr notwendig oder sinnvoll ist. (Beifall bei den GRÜNEN, Abg. Pfister und Abg. Mag. Scheele.) Man kann aber von den Menschen nicht erwarten, dass sie Verständnis für überfallsartige Schließungen von Stationen haben, noch dazu, wo ihnen seit Jahren mit sinnlosen Garantien wie Landarztgarantie, Standortgarantie, Vertretungsärztinnen und so weiter vorgegaukelt wurde, dass eh alles in Ordnung sei. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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