Zusammenfassung
Antrag des Europa-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-108-1/XX-2024 – Freier Handel darf nicht zur Gefährdung der österreichischen Landwirtschaft führen
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Zur Einordnung: Österreich ist ein extrem außenhandelsabhängiges Land. Rund 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – das ist grob gesprochen der Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen, die während eines Wirtschaftsjahres innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft als Endprodukte erwirtschaftet wurden – wurden im Jahr 2022 exportiert. Rund 30 Prozent. Waren im Wert von 194,7 Milliarden Euro wurden exportiert ohne Dienstleistungen, Waren im Wert von 215,3 Milliarden wurden importiert. Welche Rolle die Landwirtschaft hier spielt, sieht man in der Import-Export-Statistik der Statistik Austria und zwar am besten gleich im Zusammenhang mit dem Selbstversorgungsgrad, den wir aus dem grünen Bericht ablesen können. Und, ups, da stellt sich heraus, Österreich kann sich über weite Strecken gar nicht selbst versorgen. Bei pflanzlichen Produkten – außer bei Zwiebeln – gar nicht. Bei Tierischem zwar zum Großteil, bei Schweinefleisch aber gerade so lala, bei Geflügel nicht, bei Eiern auch nicht und bei Fisch gar nicht – konkret zu 7 Prozent Selbstversorgung. Dennoch wird fleißig exportiert. Schauen wir einmal in der Außenhandelsstatistik bei "Nahrungsmittel und lebende Tiere" nach, was wir dort finden. Importe im Jahr 2022: 12,6 Milliarden Euro, Exporte: 11,1 Milliarden. Ein Außenhandelsdefizit von 1,5 Milliarden – naja, das ist kein Wunder – wir können uns eben mit der eigenen Lebensmittelproduktion nicht selbst ernähren. Und nur dank reger Handelsstätigkeit muss in Österreich niemand hungern, meine Damen und Herren, und im Winter stehen auch andere Dinge als Kartoffeln und eingelegtes Gemüse auf dem Speisezettel. Und dann schauen wir mehr ins Detail in dieser Statistik, in den dreistelligen SITC Code. Das ist eine feinere Klassifikation des Bereichs Nahrungsmittel und lebende Tiere. Und da sehen wir, dass praktisch in allen Untergruppen sowohl importiert, als auch exportiert wird. Unabhängig davon, ob das Ding da in Österreich überhaupt wächst oder erzeugt wird. Beispiel Kaffee. Nicht gerade ein Produkt, das auf heimischen Feldern gut gedeiht. Importe 514 Millionen. Gut, ist jetzt nicht verwunderlich, aber Exporte von 137 Millionen. Fisch und Krebstiere – das ist der Bereich, wo wir einen Eigenversorgungsgrad von 7 Prozent haben. Importe 606 Millionen, aber auch Exporte von 146. Und was zeigt uns das? Außenhandel sichert die Versorgung und erhöht den Wohlstand – zum Beispiel durch den Export von veredelten Lebensmitteln – und erhöht die Lebensqualität. Und wer das nicht will, meine Damen und Herren, wer das nicht will, der muss das auch klar sagen und nicht mit so einem verschwurbelten Antrag daherkommen, wie die ÖVP mit dem 34er. Fazit: Export und Import gehören untrennbar zu unserem Leben und sichern unseren Wohlstand. Der Wunsch, nur zu exportieren, der in diesem Antrag da irgendwie abzulesen ist und sich gegen Importe abzuschotten, geht sich weltweit nicht aus. Es ist nicht möglich, dass alle nur exportieren und niemand importiert. Das ist nicht nur mathematisch nicht möglich, sondern verringert auch die Lebensqualität der Bevölkerung enorm. Stellen Sie sich einmal Ihr Leben ohne Kaffee, ohne Südfrüchte (Abg. Dr. Krismer-Huber: Ohne Bananen.) , ohne Baumwolle vor, ohne Meeresfische oder auch ohne Erdöl, ohne Erdgas, ohne elektronische Geräte, ohne PV-Anlagen, Flugzeuge und vieles mehr. Aber Export und Import gelingen am besten innerhalb eines Regelwerks. Genauer gesagt innerhalb einer Reihe von Regelwerken. Vergleichen Sie bitte den weltweiten Außenhandel heute mit dem des 18. oder 19. Jahrhunderts, wo selbst innerhalb heutiger Nationalstaaten Zölle und andere Abgaben erhoben wurden, immer mit dem vorgeschobenen Argument die eigene Produktion zu schützen und dem eigentlichen Ziel, Geld in die Kassen der Regierenden zu spülen. Das hat nicht zu erhöhtem Wohlstand geführt, sondern zu Verarmung und Schwarzmarkt. Aber vielleicht ist genau das das Ziel der Abschotter und Festungsbauer. Ich weiß es nicht. Jedes Mal, wenn neue Verträge oder Freihandelsabkommen verhandelt werden, kommen die üblichen furchtbaren Prognosen: Chlorhühner, Ruin der heimischen Landwirtschaft und so weiter. Ich darf dabei auf das Schildlaus-Joghurt des populistischen Übervaters der FPÖ, Jörg Haider, erinnern. Nichts davon ist eingetreten, meine Damen und Herren. Nichts. Gar nichts. Dafür hat sich der Exportüberschuss mit Kanada nach dem vorläufigen Inkrafttreten von CETA, gegen das ja auch ordentlich mobilisiert wurde, im Jahr 2022 um 44 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro erhöht. Mercosur ist die Abkürzung für Mercado Comun del Sur. Mercosur gibt es also schon, und zwar schon seit einiger Zeit. Heute geht es um ein Abkommen zwischen der EU und Mercosur. Das ist den Antragstellern offenbar egal. Im Antragstext wird ständig Mercosur und das Abkommen zwischen der EU und Mercosur verwechselt. Aber mangelhafte Antragstexte sind wir in diesem Hause ja schon gewöhnt. Das stört außer uns scheinbar niemanden wirklich. Teilnehmern Mercosurs in Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay sowie einige assoziierte Länder. Mehr als 720 Millionen Menschen leben in diesen beiden Regionen, das heißt in der EU und in der Mercosur-Region. Diese Handelszone würde nahezu 20 Prozent der Weltwirtschaft und mehr als 31 Prozent der globalen Warenexporte abdecken. Mit Süd- und Mittelamerika erwirtschaftet Österreich derzeit schon Exportüberschüsse von 1,6 Milliarden Euro. Ich sehe hier keinen Grund, auf die Bremse zu steigen. Und noch etwas zur Auswirkung von Freihandelsabkommen auf die Umwelt: Es ist nicht das Freihandelsabkommen, das den Regenwald abholzt. Es sind immer die politisch Handelnden vor Ort, die das entscheiden, am besten illustriert durch den Machtwechsel in Brasilien. Aber es geht auch darum, den Einfluss Chinas in diesem Wirtschaftsraum einzudämmen. Wenn dieses Abkommen nicht mit dem Wirtschaftsraum Mercosur abgeschlossen wird, dann wird sich diese Gegend der Welt noch stärker in Richtung China orientieren, womit jeder europäische Einfluss auf Umweltstandards oder auch der Regenwaldschutz verloren gingen. Aber die Umwelt kommt in dem 34er der ÖVP ja gar nicht vor. Das ist ein weiterer Grund, diesen Antrag abzulehnen. Von Miterledigung kann da ja überhaupt keine Rede sein. Aber das Schlimmste ist die Scheinheiligkeit hinter diesem Antrag. Da wird ja tatsächlich gefordert, dass das Abkommen zwar im Sinne der Exportwirtschaft geschlossen wird – das heißt exportieren dürfen wir – der Bereich Landwirtschaft aber ausgenommen wird. Ein Bereich, in dem aber ohne dieses Abkommen schon frisch fröhlich importiert und exportiert wird und unabhängig von dem Thema Selbstversorgung, wie ich dargestellt habe. Viel mehr "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" geht nicht. Und auch deshalb werden wir diesen Antrag aus voller Überzeugung ablehnen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)
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- Baden
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- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich