Zusammenfassung
Antrag des Europa-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-108-1/XX-2024 – Freier Handel darf nicht zur Gefährdung der österreichischen Landwirtschaft führen
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Heinreichsberger, MA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen des NÖ Landtages! Von Mercosur reden wir nicht nur von einem lapidaren Handelsabkommen, das irgendwie so innerhalb von kürzester Zeit verhandelt wurde. Dahinter liegen 20 Jahre harte Verhandlungen, und nach 20 Jahren müssen wir feststellen, dass das Ergebnis für uns in Österreich, aber vor allem für die Landwirtschaft, weniger als nicht zufriedenstellend ist. Ich habe gerade vorher auch mit dem Kollegen Hofer-Gruber diskutiert. Es geht da um viele Zahlen, Daten, Fakten. Ich bin ein Freund von Zahlen, Daten, Fakten, weil es auch wichtig ist. Es ist oft der Selbstversorgungsgrad angesprochen worden. Es ist angesprochen worden – na no na ned – dass wir ein exportorientiertes Land sind. Das ist auch wichtig. Man darf nicht vergessen, dass jeder zweite Euro, jeder fünfte Arbeitsplatz durch den Export erwirtschaftet wird, aber man muss auch darauf achten, dass nicht der Export auf dem Rücken der Landwirte und anderen Wirtschaftszweigen – denn Landwirtschaft ist auch eine Wirtschaft – ausgetragen wird. Aber zuerst zu den politischen Fakten. Was ist in der Zwischenzeit passiert oder wie ist der Stand generell zu Mercosur? Hier bei unserem Arbeitsübereinkommen in der XX. Gesetzgebungsperiode gibt es ein klares "Nein" gegenüber dem Freihandelsabkommen im landwirtschaftlichen Bereich. I m Nationalrat hat man sich des Öfteren in der Vergangenheit schon mit Mercosur befasst. Im September 23 gab es eine Aussprache mit dem EU-Chefverhandler Rupert Schlegelmilch. Also da gab es auch schon einen Austausch. Im September 19 wurde mit einer breiten Mehrheit auch in zwei Stellungnahmen im EU-Unterausschuss dieses Thema behandelt und sich auch dagegen ausgesprochen und im Nationalrat 2021 wurde die ablehnende Position Österreichs zu Mercosur auch mit einem Beschluss manifestiert. Also das klare "Nein" zu Mercosur ist damit auch in Österreich und aus österreichischer Sicht besiegelt und auch in Stein gemeißelt. Wenn wir natürlich von Selbstversorgungsgraden sprechen und Mercosur hat natürlich als Gegenpart zu den wirtschaftlichen Leistungen auch – also was würden wir im Euroraum importieren? – Lebensmittel als Schwerpunkt, dann möchte ich schon darauf hinweisen, dass wir sehr wohl in Österreich einen hohen Selbstversorgungsgrad in vielen Bereichen haben. Ich tu es nur runter erzählen, sage ich jetzt einmal: 94 Prozent Getreide, 90 Prozent Erdäpfel, 58 Prozent Gemüse, 48 Prozent Obst und gerade was das Fleisch betrifft – und das ist ja auch eines der negativsten Dinge im Mercosur-Abkommen, dass da Rindfleisch, Geflügelfleisch und vieles andere auch importiert werden soll, gefüttert und großgezogen auch mit genmanipuliertem Soja und Mais – und da haben wir auch wieder einen sehr hohen Selbstversorgungsgrad selbst in Österreich: nämlich 106 Prozent im Bereich des Schweinefleisches, 145 Prozent Eigenversorgung im Bereich des Rindfleisches, 112 Prozent generell und auch was Eier betrifft, 90 Prozent. Was möchte ich damit ausdrücken? Ich möchte damit ausdrücken, dass wir kein Rindfleisch aus Argentinien benötigen, wir haben selbst genug, dass unser Selbstversorgungsgrad hoch genug erscheint. Weiters wird auch ins Treffen geführt, dass da Ethanol, Gensoja, Genmais auch als Futtermittel importiert werden soll. Ethanol haben wir selber genug, wir haben Vorzeigeunternehmen auch in Niederösterreich wie die Agrana, selbst in meinem Bezirk in Pischelsdorf. Um was geht es? Es geht es wie so oft um die Nachhaltigkeit. Wenn wir das Abkommen aufgrund der Nachhaltigkeit beleuchten, dann muss ich ökologisch feststellen: Sind Brandrodungen ökologisch, die aufgrund des Agrar-Exportes dann passieren würden? Nein, sind sie nicht. Denn 120.000 Hektar werden jährlich niedergebrannt hier in den Mercosur-Staaten, um produzieren zu können. Ist der Transport von landwirtschaftlichen Gütern aus den Mercosur-Staaten in den EU-Raum nachhaltig, ökologisch nachhaltig? Das glaube ich auch nicht, denn die größten, die 15 größten Containerschiffe der Welt stoßen so viel CO2 wie 750 Millionen Autos pro Jahr aus. Und nur zum Vergleich: Die Weltflotte an Containerschiffen beträgt rund 90.000. Gibt es ökologische Gütesiegel? Ich habe noch keine mitbekommen. Gut, kommen wir zum ökonomischen Teil dieses Abkommens. Man beeinträchtigt, wenn nicht sogar beeinflusst, mehr als nur negativ die österreichische, aber nicht nur österreichische, sondern europäische Landwirtschaft. Und man gefährdet auch die Arbeitsplätze, auch indirekt die Arbeitsplätze, die mit der Landwirtschaft zusammenhängen, und ich glaube, da sind wir alle einer Meinung, dass da auch sehr viele Arbeitsplätze dranhängen. Der Grad der Eigenversorgung wird dadurch auch beeinträchtigt. Und gerade wenn wir uns die Berichterstattung der letzten Monate ansehen, wenn ein Containerschiff im Suezkanal quer steht, wenn Rebellen im Roten Meer Containerschiffe angreifen, hat das negative Auswirkungen sowohl auf den Im- und Export der Europäischen Union und somit auch Österreich. Wir sind auch – wie schon erwähnt – abhängig auch vom Export. Und da sind auch wieder Arbeitsplätze, die da auch gefährdet werden. Und von den sozialen Standards, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, soziale Nachhaltigkeit, traue ich mich zu behaupten, dass der nicht großgeschrieben wird, der Stellenwert in diesen Staaten. Zumindest haben wir, um das umgekehrt zu formulieren, in Europa, vor allem auch in Österreich, die besten Standards, was den Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz betrifft, die Entlohnung und den Arbeitsschutz betrifft. Was denkt das Volk darüber? Was denken Befragungen darüber? Was sagen Studien? Es wurde eine Studie in Auftrag gegeben der Firma Spar und Greenpeace. Kurz zusammengefasst: 87 Prozent der Österreicher sprechen sich in dieser Umfrage – die Grundlage sind 1.000 Befragte – gegen das Mercosur-Abkommen aus. Drei Viertel der Befragten sagen, dass sich Mercosur negativ auf Österreich auswirkt und 90 Prozent der Befragten sind sich sicher, dass sich Mercosur negativ auf die Bäuerinnen und Bauern und somit auch auf die Produktion bei uns in Österreich auswirkt. Lebensmittel bzw. die Landwirtschaft – und das ist unser Wunsch – darf in Zukunft, wenn wir es selber besser, qualitativer können und hochwertiger produzieren können, mit dem höchsten Standard, wo ja auch Erfahrung dahintersteckt – ich sage ja bewusst "Standard". Denn diese Qualität ist für uns so selbstverständlich in Österreich, dass es ja zum Standard wird. In vielen anderen Volkswirtschaften und Ländern gibt es diesen "Standard" gar nicht. Und das ist auf die Erfahrung unserer Landwirte, auf fundierte Ausbildung und vieles andere auch zurückzuführen. Und genau dieses darf nicht gegen etwas anderes eingetauscht werden zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten, der Bäuerinnen und Bauern. Daher ist für uns wichtig, dass die Landwirtschaft in Zukunft kein Teil von freier Handelsabkommen, wie es auch bei Mercosur vorliegt, als Gegenstand genommen werden darf. Und wir müssen uns auch vor allem auf europäischer Ebene bei unseren Partnern einsetzen und den Entscheidungsträgern, dass diese auch im Mercosur-Abkommen komplett herausgenommen wird, denn auch ohne Landwirtschaft gibt es ja auch kein Mercosur-Abkommen, weil es auch Teil davon ist. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung, denn es geht da jetzt nicht nur um ein Handelsabkommen, das wir ablehnen, sondern es geht darum, dass unser Way of Life, wenn ich das so sagen darf, unsere Einstellung zur Nachhaltigkeit in diesem Antrag auch verteidigt wird. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
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- LH Johanna Mikl-Leitner VP Niederösterreich