Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-293/XX-2024 – Sicherheit und Stabilität in herausfordernden Zeiten: Investitionen des Landes sichern Arbeitsplätze und den NÖ Wirtschaftsstandort
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Collini(NEOS): Da sitzt die Zukunft. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beginnen das neue Jahr mit einem großen Thema heute in der Aktuellen Stunde: der Wirtschaftsstandort. Wirtschaftsstandort Österreich, Wirtschaftsstandort Niederösterreich und ich begrüße das ausdrücklich, weil eine echte Auseinandersetzung – Kollege Kaufmann, eine echte Auseinandersetzung – einer Thematik, die ist dringend notwendig. Unser Land hat bei Unternehmerinnen im In- und Ausland massiv an Attraktivität verloren. Ich glaube, darüber sollten wir reden – weil das hat gravierende Konsequenzen für uns alle. Gerade in Niederösterreich gibt es wirtschaftspolitisch viel zu tun. Trotzdem haben wir von der schwarz-blauen Landesregierung nur wenig an vernünftiger Wirtschaftspolitik gesehen, dafür umso mehr an Wirtshauspolitik. Da war eine Schnitzelprämie „die“ wirtschaftspolitische Maßnahme im vergangenen Jahr oder dann auch noch die Gender- und Normaldebatte, das war wohl der Stoff für den Stammtisch. Das waren bisher die Antworten, die wir hier in Niederösterreich gesehen haben von SCHWARZ-BLAU auf die wirklich großen Herausforderungen unserer Zeit. Wir haben nun den Medien entnommen, dass sich die Regierung in ihrer Jahresklausur mit dem Thema „Wirtschaft und Arbeit“ beschäftigt hat und aufgrund des großen Drucks, den die Betriebe in Österreich haben und die Arbeitnehmerinnen haben, ist das gut so. Die Maßnahmen, die uns jedoch präsentiert wurden, hingegen schon weniger. Was war sie denn, die zentrale wirtschaftspolitische Maßnahme? Kollege Kaufmann hat es auch ausgeführt: Die zentralen wirtschaftspolitischen Maßnahmen sind Investitionen, sprich Bauvorhaben des Landes und Förderprogramme haben Sie noch genannt. Und natürlich, das kann man schon machen – also Steuergeld in die Wirtschaft pumpen – denn natürlich kurbeln die Bauprojekte des Landes, wenn wir unsere versprochenen Kindergärten bekommen und natürlich Leute im Gesundheitsbereich und Pflege ... die Investitionen, die sich die Leute auch erwarten können, natürlich kurbelt das die Bauwirtschaft an. Das ist keine Frage. Aber – und das hat der Kollege Kaufmann nicht erzählt – die EcoAustria-Studie, Monika Köppl-Turyna, hat natürlich das berechnet, aber sie hat auch gesagt, was alles fehlt und was an Strukturmaßnahmen fehlt, und diese Seite der Medaille aus der Studie, die haben Sie uns nicht erzählt. Das, was Sie uns präsentieren, sind wirtschaftspolitische Maßnahmen, die rein kosmetisch sind. Die wahren Probleme, die den österreichischen Wirtschaftsmotor zum Stocken bringen, die lösen sie nicht und das sagt Ihnen auch die Expertin. Es kommt mir fast so vor als würde die ÖVP versuchen, ein Leck in einem alten Dampfer mit Klebeband zu reparieren. Der Dampfer, der ist Niederösterreich. Das ist also ein gern zitiertes Bild von der ÖVP, weil in der Erzählung der Landesregierung ist das eben ein Dampfer, der ruhig durch die stürmische See gleitet. (Abg. Dr. Krismer-Huber: Der raucht und stinkt.) Und das klingt natürlich gut, wenn man immer wieder das Wort ... also Sicherheit soll das auch suggerieren. Das haben wir auch gehört, eben so wie auch der Titel der Aktuellen Stunde. Der heißt doch tatsächlich „Sicherheit und Stabilität in herausfordernden Zeiten: Investitionen des Landes sichern Arbeitsplätze und den NÖ Wirtschaftsstandort“. Ich kann Ihnen nur sagen: So klingt ein Titel, wenn man eine ganze Erzählung in eine Headline unterbringen will. Allerdings, nur weil der Titel so lang ist, heißt das nicht, dass der Schluss, den Sie ziehen, der richtige ist. Die ÖVP redet von Sicherheit und Stabilität, doch in Wahrheit, in Wahrheit steht vielen Betrieben das Wasser bis zum Hals. Also es kracht nicht nur beim Herrn Benko, sondern auch bei den vielen kleinen und mittleren Betrieben droht Schiffbruch. Die Anzahl der Firmenpleiten steigt. Mehr als tausend Unternehmen haben in Niederösterreich im Vorjahr Insolvenz angemeldet – Tendenz steigend. Nicht nur die Hygiene Austria, die wir jetzt gelesen haben. Ich möchte gar nicht wissen, wie viel Steuergeld die ÖVP da versenkt hat. Die groß angekündigten Firmenansiedlungen – Boehringer Ingelheim – kommen nicht. Fast hundert Tage braucht in der Zwischenzeit ein Unternehmen im Schnitt, um offene Positionen zu besetzen. Und dann habe ich mir noch angeschaut: Es gibt ein EU-Ranking der wettbewerbsfähigsten Regionen. Dort rutschte Niederösterreich auf Platz 33. Das soll spitze sein? So sieht ein florierender Wirtschaftsstandort aus? Nein, also wirklich nicht. Und darum muss man sich die Situation auch schönreden. Man erzählt sich eben, dass Niederösterreich wirtschaftlich super dasteht und um diese Erzählung auch mit Fakten aufzupeppen, bemüht Johanna Mikl-Leitner sich dann auch gerne mit einer Kennzahl. Man bemüht dann gerne die Kennzahl der Kaufkraft, weil die natürlich sehr schön klingt, weil die in Niederösterreich ja die höchste Kaufkraft von allen Bundesländern in Österreich hat. Aber auch diese Erzählung ist nur die halbe Wahrheit. Warum ist denn die Kaufkraft in Niederösterreich so hoch? Weil die Bewohnerinnen des Speckgürtels sehr gut verdienen und die beziehen ihr Einkommen nicht aus Niederösterreich, sondern zum größten Teil aus Wien. Weil wenn man eine wirkliche Aussage über die Prosperität des Wirtschaftsstandortes treffen möchte, dann schaut man sich andere Kennzahlen an. Eine wesentlich Aussagekräftigere ist das Bruttoregionalprodukt. Und das Bruttoregionalprodukt pro Kopf in Niederösterreich ist weit weg von der Nummer 1. Wir sind an der 8. Stelle. Nur das Burgenland ist hier noch schlechter. Nur zum Verständnis: Das Bruttoregionalprodukt sagt uns, was in Niederösterreich hier im Bundesland erwirtschaftet wird. Nummer 8, Zweitschlechteste in ganz Österreich. Das sind die Fakten. Die Einkommen, die wir in unserem Bundesland erwirtschaften, das Medianeinkommen in Niederösterreich, liegt bei 2.500 Euro. Das ist das, was die Niederösterreicherinnen hier in Niederösterreich erwirtschaften. Das ist Platz Nummer 1? Nein, das ist Platz Nummer 8! Auch hier: Nur das rote Burgenland kann das noch unterbieten. Das ist die Wahrheit. Das ist die Wirtschaftspolitik der ÖVP, die im Land seit Gründung der Zweiten Republik und seit fast 40 Jahren im Bund für die Wirtschaftspolitik zuständig ist. Die Betriebe ächzen und stöhnen unter der Last der Bürokratie und der Lohnnebenkosten und die Arbeitnehmerinnen, auch die, die werden von der Steuer- und Abgabenlast erdrückt und fast jedes Monatsende darf ein Durchschnittsverdiener, Durchschnittsverdienerin in Österreich fast die Hälfte des Einkommens an den Staat abliefern. Das ist das Ergebnis der ÖVP-Wirtschaftspolitik und darum bin ich Ihnen auch sehr dankbar für die Themensetzung heute dieser Aktuellen Stunde, dass Sie diesen Titel gewählt haben. Natürlich, Sie wollten es nutzen, um sich auf die Schultern zu klopfen – wir haben ja ein super Wahljahr vor uns – aber trotzdem: Ich sage, es ist auch eine Chance. Reden wir darüber! Reden wir darüber, was die ÖVP seit Jahrzehnten versäumt hat zu tun! Wohin sie den Dampfer Niederösterreich in Wahrheit wirklich manövriert hat? Aber reden wir bitte auch vor allen Dingen ernsthaft darüber, wie wir da rauskommen! Was braucht es? Drei Punkte habe ich Ihnen mitgebracht: Das erste Thema, das wir in Österreich in der Zwischenzeit haben, das ist: Wir haben ein Imageproblem. Unser Image als Wirtschaftsstandort ist nicht mehr gut. Und eines hat auch damit zu tun und das sind die Korruptionsskandale der letzten Jahre. Österreich hat hier massiv gelitten. Da brauchen wir eine Imagekorrektur, weil internationale Betriebe siedeln sich nicht in einer Bananenrepublik an, in der sie keine Arbeitskräfte finden und dann noch obendrauf immense Steuern abdrücken müssen. Also: Schritt 1, Korruptionssümpfe trockenlegen, Schritt 2, das ist der Arbeitskräftemangel, den wir beseitigen müssen. Die fehlenden Arbeitskräfte, das ist das Thema Nummer 1 in fast allen Betrieben in fast allen Branchen. Wo sind hier die Antworten der Landesregierung? Da bräuchte es ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Von belohnender Vollzeitarbeit, Steuerbefreiung von Überstunden, Ausbau der Kinderbetreuung, aber zügig, bis hin zu umfassenden Maßnahmen – oh, das wird jetzt ganz ... Achtung! ... ein ganz ein schwieriges Thema: Wir brauchen vernünftige Maßnahmen für eine Arbeitsmigration. Das ist mit dem Koalitionspartner natürlich ein schwieriges Thema, das ist klar. Und wir brauchen auch ganz dringend eine Reform der unfassbar komplizierten Rot-Weiß-Rot-Card. Werte ÖVP, wer Standortsicherung will, der holt sich nicht die FPÖ in die Regierung, die den Standort Österreich als kleine abgeschottete Festung versteht. Wer Standortsicherung will, der hüpft den Festungsfanatikern auch nicht auf Schritt und Tritt hinterher, weil genau das ist es ja, was eh schon die schwierigen Probleme, die wir haben, befeuert – beispielsweise im Pflegebereich, wo der ÖVP-Innenminister Karner ganz in FPÖ-Manier die Pflegekräfte aus Rumänien und Bulgarien mit seinem Schengenveto brüskiert. Wer eine Festung will, bekommt keine Unterstützung von außen: Nicht in der Pflege, nicht in der Landwirtschaft, nicht im Tourismus oder auch nicht am Bau und in vielen weiteren Branchen, wo die Arbeitskräfte fehlen. Und jetzt kommen wir zum dritten und letzten Punkt und das ist die Senkung der Steuerquote. Die Betriebe und die Menschen, die brauchen eine spürbare Entlastung. Die Steuer- und Abgabequote in den vergangenen zehn Jahren, die war nie unter 42 %. Die ÖVP-Wirtschafts- und Finanzpolitik hat Österreich zu einem Höchststeuerland gemacht und umso skurriler ist es, jetzt die Entlastungsansage von Ihrem Kanzler ... also dieses Wahlkampfgebrabbel nach 37 Jahren in der Regierungsverantwortung, das glaubt Ihnen wirklich niemand mehr. Zusammenfassend: Der Wirtschaftsstandort Niederösterreich braucht mehr als ein paar Bauprojekte des Landes, einem Förderprogramm, wenn wir den Wohlstand halten wollen. Dass die ÖVP dazu nicht in der Lage ist – nämlich für mehr – das hat sie in den vergangenen Jahrzehnten in der Regierungsverantwortung bewiesen. Sie haben das Wirtschaften verlernt. Es ist gut so, dass Sie auf vorgezogene Wahlen drängen, dass Sie da also Druck darauf machen, um Ihrem eigenen Spuk ein Ende zu bereiten. (Beifall bei den NEOS.)
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