Zusammenfassung
Antrag des Kommunal-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-255/G-3/1-2023 – NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 1976 (GVBG), NÖ Gemeindebeamtengehaltsordnung 1976 (GBGO) – Änderungen (Gemeinde-Gehaltsnovelle 2024)
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Wie ich vor vielen Jahren meine berufliche Laufbahn in der Privatwirtschaft begonnen habe, hat man über den öffentlichen Dienst ungefähr Folgendes gesagt: „Im öffentlichen Dienst verdient man zuerst wenig, dann gar nicht so schlecht. Am Schluss wartet eine schöne Frühpension und am Weg dorthin gibt es wenig Stress und gar keine Angst vor Arbeitslosigkeit oder Einkommensverlust.“ Seither hat sich dieses Bild des öffentlichen Dienstes vor allem in einem Punkt gewandelt: Die Einkommen zählen zu den höchsten im Lande. (Abg. Krumböck, BA: Das ist derart respektlos!) Alles andere ist gleichgeblieben oder hat sich für die öffentlich Bediensteten weiter verbessert. Pensionsantritte zum regulären Pensionsalter sind Einzelereignisse. Von Kündigungen des Dienstgebers wegen mangelnder Leistung, nicht vorhandener Teamfähigkeit, Nichteinhalten von Compliance-Regeln usw. hört man selten. Noch seltener, meine Damen und Herren, werden öffentlich Bedienstete beim Frühwarnsystem des AMS angemeldet, weil wieder eine Behörde wegen des Konkurrenzdrucks aus Asien zusperren muss. Die sechste Urlaubswoche gibt es für alle über 42, unabhängig von den geleisteten Dienstjahren. Die Mittagspause zählt zur bezahlten Dienstzeit. Für Kinder gibt es Zulagen und Studienbeihilfen. Und bei der Bewerbung für ein Mandat bei Wahlen gibt es – unabhängig von der Erfolgswahrscheinlichkeit – für die erforderliche Zeit dienstfrei bei vollen Bezügen, ebenso später für die Zeit, die man für das Ausfüllen des Mandats braucht. Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gabi Holzinger ist Angestellte im nicht geschützten Sektor – sprich in der Privatwirtschaft. „Aha“, denkt sich Gabi Holzinger, die sich gerade berechtigte Sorgen um ihren Arbeitsplatz in der Automobilzulieferindustrie macht. „Aber da kommt ja ein neues Dienstrecht. Da werden ja sicher ein paar dieser Ungerechtigkeiten abgeschafft.“ Mitnichten, meine Damen und Herren, im Gegenteil. Die Einstiegsgehälter werden erhöht, die Gehaltskurve dafür abgeflacht, sodass das Lebenseinkommen angeblich gleichbleibt. Ok, wenn es wirklich so ist, soll es sein. Aber alles andere wird nicht nur nicht reformiert, sondern einzementiert: die bezahlte Mittagspause, die Freistellung für politische Tätigkeit, die Zulagen usw. Aber es kommt noch dicker. Es kommen noch mehr – nicht weniger – Privilegien. Das erste Jubiläumsgeld schon nach 5 Jahren, das nächste nach 10 und nach 15 Jahren. In der Privatwirtschaft braucht man dazu ganze 20 Jahre und zwar im selben Betrieb, meine Damen und Herren. Und weil die sechs Wochen Urlaub nicht reichen, erweiterte Sabbaticalmöglichkeiten zusätzlich zur ohnehin bestehenden Empfehlung, regelmäßig vorsorglich auf Kur zu gehen. „Aha“, denkt sich Gabi Holzinger, die sich um ihren Arbeitsplatz Sorgen macht und die gerade nach Arbeitskampf 8,6 % mehr Gehalt bekommt. „Aha“, denkt sie sich, „wenn die so einen sicheren Arbeitsplatz mit bezahlter Mittagspause haben, kriegen sie sicher weniger Gehaltserhöhung als wir, die zwar mit unserer Wertschöpfung den Wohlstand in diesem Land sichern und die Steuern erwirtschaften, aber eben nicht so privilegiert sind.“ Mitnichten, meine Damen und Herren, im Gegenteil. Die Gehaltserhöhung im öffentlichen Dienst beträgt mindestens 9,15 % quer über alle Berufs- und Einkommensgruppen, für Geringverdiener noch ein bisschen mehr, ansonst ohne jede soziale Staffelung. Die zuständigen Minister Kogler und Brunner – offenbar die härtesten Verhandler, die man sich vorstellen kann – sprachen davon, dass man an die Grenzen hätte gehen müssen. Interessant! An welche Grenzen sind die Minister denn hier gegangen? Vielleicht wurden die Verhandlungen mit der Gewerkschaft im Grenzstüberl in Nickelsdorf abgehandelt, etwas anderes kann ich mir hier nicht vorstellen. Übrigens: Derselbe Finanzminister Brunner, der noch im Sommer den Sozialpartnern geraten hatte, auf allzu hohe Gehaltsrunden zu verzichten, ist dann mit diesem hohen Abschluss für den öffentlichen Dienst den Metallern in die Parade gefahren. So schaut die Wirtschaftskompetenz der ÖVP aus. Herzlichen Dank! Wie wollen Sie das Gabi Holzinger aus der Privatwirtschaft erklären ohne rot zu werden? (Unruhe bei Abg. Weninger.) Bevor Sie jetzt das Hohe Lied auf die Straßenarbeiter singen, bevor Sie jetzt wieder die unbestritten hervorragenden Leistungen der Krankenpflegerinnen, der Lehrerinnen und der Polizisten beschwören, sage ich Ihnen auch deutlich: Ja, die gehören ordentlich bezahlt – keine Frage. Aber was im öffentlichen Dienst stattdessen passiert, ist eben ein undifferenziertes über den Kamm scheren, ein Nivellieren nach oben. Und nur deshalb wenden wir uns vehement gegen die unhaltbaren Privilegien, weil sie völlig undifferenziert für alle gelten und vor allem im Bereich der Verwaltung völlig aus der Zeit gefallen sind. Verwaltung – das sind die Bürojobs in Ämtern und Bezirkshauptmannschaften, im Amt der Landesregierung, in den Verwaltungseinheiten und Gerichten. Das ist nicht der Straßendienst, es ist nicht die Exekutive, es sind nicht die Kanalarbeiter, es sind nicht die Pädagoginnen und Pädagogen, es sind nicht die Krankenschwestern und was immer es für herausfordernde, auch körperlich anstrengende Tätigkeiten gibt. Und noch einmal ganz klar, weil ich ja weiß, dass es bei manchen von Ihnen Schnappatmung auslöst, wenn ich das Wort „Privileg“ in den Mund nehme: Ich beurteile nicht die Leistung, die der öffentliche Dienst erbringt. Ich kritisiere nur die völlig willkürliche Besserstellung in vielen Bereichen, vor allem in den ganz normalen Bürojobs. Genau wegen dieser unzeitgemäßen Privilegien darf es dann auch niemanden wundern, wenn ein großer Teil der Abgeordneten auf allen Ebenen aus dem Dunstkreis des öffentlichen Dienstes – in Niederösterreich ist das der ÖAAB – kommt und diesem naturgemäß recht unkritisch gegenübersteht. Verhandlungen über Gehalt und Dienstrecht laufen dann nach dem Motto „Ich verhandle mit mir selbst“ und das logische Ergebnis kritisiere ich gerade. Denn Gabi Holzinger, die sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz macht und deshalb natürlich nicht „Nein“ sagt, wenn die Chefin sie bittet, am Abend doch länger zu bleiben und das Angebot noch einmal durchzukalkulieren, denkt sich zwar oft: „Pah, ist ja unglaublich, was die in der Politik aufführen. Ich würde mich da gerne selbst engagieren. Aber wann? Wenn die Kinder im Bett sind, zwischen 20 und 22 Uhr?“ Ja und dann bleibt sie natürlich im Büro und ihrem Mann Robert, der einen Installationsbetrieb hat und am Abend noch die Abrechnung macht, dem platzt zwar manchmal der Kragen wegen der lebensfremden Bürokratie, er kommt aber gar nicht auf die Idee sich selbst zu engagieren. Ja, wann denn auch? Anders natürlich Bedienstete in Bund, Land und Gemeinden. Die Zeit für politisches Engagement ist ja vorhanden – tagsüber und zwar bezahlt. Bezahlt unter anderem von Gabi und Robert Holzinger. Und wer ersetzt die dienstfrei gestellten Bewerberinnen? Ja, richtig: Die Kollegen und Kolleginnen, die dafür dann wahrscheinlich Überstunden verrechnen, weil nur böse Zungen würden behaupten, dass das Fehlen einzelner Wahlwerber im dienstlichen Ablauf gar nicht auffallen würde. Sie werden aus meiner Rede mitgenommen haben, dass wir den beiden Geschäftsstücken nicht zustimmen werden. Aber ich möchte Ihnen auch noch sagen, bevor Sie uns jetzt wieder Beamtenbashing vorwerfen: Überlegen Sie sich bitte nicht, was Sie mir antworten, sondern überlegen Sie sich sehr gut, was Sie Gabi Holzinger, die sich berechtigte Sorgen um ihren Arbeitsplatz macht, erzählen würden. Dankeschön. (Beifall bei den NEOS.)
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