Zusammenfassung
Antrag des Wirtschafts- und Finanz-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-223/V-1-2023 – Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 2024
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Moser, MSc (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Landesrätin! Frau Landesrätinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe an bei dem, was mein Vorredner gesagt hat: Was ist Sozialpolitik? Ich habe ein bisschen einen anderen Zugang logischerweise. Sozialpolitik hat das Ziel, das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger zu fördern und soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit zu gewährleisten. Und jeder Mensch sollte unabhängig von seiner sozialen Herkunft, seinem Geschlecht, seiner ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, seiner körperlichen oder psychischen Verfassung oder anderen Merkmalen die gleichen Möglichkeiten haben, sich zu entwickeln und sein volles Potenzial zu entfalten. Sozialpolitik entwickelt sich auch ständig weiter, um sich den gesellschaftlichen Herausforderungen anzupassen. Eine gut gestaltete Sozialpolitik fördert aber nicht nur das individuelle Wohlergehen, sondern stärkt auch den sozialen Zusammenhalt und die Stabilität einer Gesellschaft. Das ist mein Zugang. Für mich ist die niederösterreichische Sozialpolitik weit weg von diesen Zielen. Statt zu integrieren wird leider Gottes gespalten, gehusst – wir haben es heute schon gehört und wir werden es in dieser Gruppe noch einmal hören, wahrscheinlich. Es werden bürokratische Hürden aufgebaut und gepflegt und Probleme ignoriert. Und durch dieses Sozialbudget wird sich auch im nächsten Jahr hier nichts wesentlich verändern oder verbessern. Die Situation ist eh bekannt. Ich erwähne nur mit ein paar Stichworten, wo die Probleme liegen. Die Sozialhilfe als restriktive Almosenvergabe – das beschämt viele Betroffene so, dass sie nämlich nicht einmal einen Antrag stellen. Die Chance mit dem Wohn- und Energiekostenzuschuss des Bundes hier wirklich den finanzielle Schwächsten zu helfen, wurde auch versäumt. Es gibt keine Basissubvention für Sozialmärkte. Gerade die sind es aber, die den einkommensschwachen Menschen ihre Existenz sichern. Personalnot überall in der Pflegt, überall. Angehörige von pflegebedürftigen Personen fühlen sich alleingelassen. Es gibt keine mobilen Dienste, weil die Mitarbeiterinnen fehlen. Es gibt keinen Pflegeplatz. Menschen mit Behinderung fragen sich, wieso gerade für sie in Niederösterreich der Zugang zur persönlichen Assistenz so schwierig ist? Und Eltern von Kindern mit Behinderung fragen sich: Wie kann ich nachmittags Ferienbetreuung für mein Kind organisieren? Wie soll bitteschön die Inklusion passieren? Die Kinder bringen mich auch zum nächsten Thema, nämlich zum vorliegenden Kinder- und Jugendhilfebericht. Kinder- und Jugendhilfe, das ist einer der sensibelsten Bereiche unserer politischen Verantwortung. Dieser Bericht freut mich einmal, dass er heuer wiedergekommen ist und nicht erst wieder in vier Jahren. Dieser Bericht ist wesentlich besser als jener, der letzte, von, glaube ich 2018 bis 21. Es sind hier alle Bereiche der Kinder-/Jugendhilfe angesprochen und vertreten und man bekommt wesentlich mehr Infos: Was war im letzten Jahr los? Und ich muss sagen, die abgebildeten Leistungen der Mitarbeiterinnen in der Kinder- und Jugendhilfe sind gewaltig. Ich bedanke mich ausdrücklich und herzlich bei jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedem einzelnen Mitarbeiter. (Beifall bei den GRÜNEN, SPÖ, LR Königsberger-Ludwig und Abg. Gepp, MSc.) Die Problemlagen von Kindern und Jugendlichen – wir wissen es alle – sind drastisch gestiegen in Anzahl und in Intensität und dadurch die Herausforderungen für den mobilen und den stationären Bereich. Die Personalnot im stationären Bereich, die kennen wir auch alle, ist drastisch – vor allem in der Krisenunterbringung. Wenn ich hier lesen muss, dass nicht alle Krisenplätze besetzt werden können, weil hier Personal fehlt, dann ist das für mich wirklich dramatisch. „Welche Maßnahmen zur Verbesserung wird es hier geben?“, frage ich mich. Meldungen über die Kindeswohlgefährdung sind deutlich gestiegen – von 7.760 auf 8.727 – das ist massiv, und auch die Zahl der Betretungs- und Annährungsverbote. Warum sage ich das hier so explizit? Weil in beiden Fällen eine fundierte professionelle Abklärung der Mitarbeiterinnen der Abteilung Soziales stattfinden muss und zum Großteil auch im Vier-Augen-Prinzip. Das ist natürlich, wenn die Zahlen so steigen, auch eine deutliche Mehrbelastung. Da vermisse ich aber eines: Es gibt nicht mehr Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an den Bezirksverwaltungsbehörden. Ich sage das hier jedes Mal und bei jeder Gelegenheit. Der Personalstand ist geringer als der von 2013 bei gestiegener Bevölkerung, bei gestiegenen Problemen, bei intensiveren, schwierigeren Problemen. Ich erwarte mir hier endlich einmal eine Personalaufstockung. Zwei wesentliche Bereiche für mich aus dem Kinder-/Jugendbereich möchte ich noch ansprechen. Das eine ist die Rechtsvertretung Minderjähriger. Da konnte man lesen, dass im Vorjahr 30.811 Verfahren geführt worden sind. Das ist auch eine gewaltige Zahl. Das ist super für die vertretenen Elternteile und ihre Kinder und ist auch wirklich wichtig. Jetzt habe ich vor kurzem erfahren, dass viele – Frauen vor allem – Scheu haben hier die Unterstützung der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen. Das heißt, sie haben Scheu auf dieses Amt zu gehen und Unterstützung zu holen und plagen sich ab, vor Gericht hier den Unterhalt einzufordern. Das ist immer so eine Zwickmühle zwischen die Kinder sollen ja den guten Kontakt zum anderen Elternteil haben und bewahren und ich möchte meinen Anspruch auf das, was mir zusteht, für die Kinder aber durchsetzen. Das ist wirklich ein grauslicher Zustand. Vielleicht könnte man sich da überlegen, wie man diese Hürde irgendwie kleiner macht, damit auch Frauen, die nicht so gern dann in den Fängen der Kinder-/Jugendhilfe wie sie glauben, landen, sondern dass das ganz ein normaler Schritt ist zur Unterstützung. Dann ist mir die Ausweitung der Unterhaltsvorschüsse. Wir wissen alle, dass ungefähr ein Drittel der Alleinerzieherinnen keinen Unterhaltsvorschuss bekommen, weil der andere Elternteil nicht leistungsfähig ist. Hier haben wir schon einmal einen Antrag eingebracht, der leider abgelehnt wurde. Da wünsche ich mir Bemühungen der entsprechenden Abteilung, dass man hier eine Gesetzesänderung auf Bundesebene bewirkt. Was mich noch ein bisschen erschüttert oder zu denken gibt, ist die Situation der Pflegefamilien. Ich musste lesen, dass die Pflegefamilien immer schwieriger zu finden sind. Es geht auch die Anzahl der Pflegefamilien zurück. Zugleich habe ich in einem Bericht des Wiener Stadtrechnungshofes gelesen, dass offensichtlich nicht die nötige Aufsicht der Wiener Kinder in Niederösterreich gewährleistet ist. Das ist nachzulesen in diesem Bericht. Das gibt mir schon zu denken, wo ich mir denke, einerseits es geht ja nicht nur um Kontrolle, sondern es geht auch um Unterstützung und Qualitätssicherung und wenn da Familien ein Jahr nicht besucht werden, länger als ein Jahr oder gar länger als drei Jahre, dann ist das schon bedenklich. Ich wünsche mir, dass es da Aufklärung gibt – nämlich: Ist das wieder besser? War das nur eine kurzzeitige Situation? Wobei drei Jahre sind keine kurze Zeit. Oder werden Kinder aus Wien anders behandelt als Kinder aus Niederösterreich? Das wäre für mich überhaupt das schlimmste Szenario. Oder, was natürlich auch sein kann: Werden die Kinder aufgrund von Personalmangel nicht besucht, so wie es eigentlich in § 61.1. Kinder- und Jugendhilfegesetz vorgesehen ist. Ich jedenfalls verlange hier wirklich ausreichend Unterstützung und auch Qualität. Jetzt zum Abschluss noch kurz zu dem Resolutionsantrag betreffend Förderung von Tageseltern in Niederösterreich. Das freut uns GRÜNE sehr, dass dieses Problem erkannt wird, wir müssen aber sagen, es nützt uns nichts, wenn irgendwann eine Evaluierung stattfindet. Jetzt brechen die Tageseltern weg. Jetzt ist Handlungsbedarf. Daher muss auch jetzt die Evaluierung erfolgen und nicht irgendwann. Gut, wir erwarten uns entsprechende Verbesserungen. Danke, wir können der Gruppe 4 nicht zustimmen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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