Zusammenfassung
Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-125/B-17-2023 – Präventive Menschenrechtskontrolle 2022
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich der Volksanwaltschaft für diesen Bericht und den Beschäftigten in den betrachteten Einrichtungen danken für ihr Engagement, das sie Tag für Tag an den Tag legen. In den diversen Managementtheorien, die ich in den Jahren der Berufstätigkeit kennenlernen durfte, hat sich in den letzten Jahren ganz speziell der Begriff „purpose“ herausgebildet. Das ist jetzt nicht wörtlich übersetzt ... aber inhaltlich gemeint ist es mit dem deutschen „Sinn“ gleichzusetzen. Soziale Berufe – also gerade jene Berufe, die in diesem Bericht auch sehr, sehr stark drinnen vorkommen – haben ja schon einmal von Grund auf ein sehr hohes Maß an Sinn in ihrer Tätigkeit. Nämlich, weil die Arbeit unmittelbar spürbar ist – sowohl für die Betroffenen als auch für die Gesellschaft als Gesamtes. Was in den letzten Jahren bröckelt, ist aber diese Sinnerfahrung für viele Beschäftigte in den Sozialberufen, vor allem ausgelöst durch den Mangel, der sich immer mehr auftut. Im Dienstleistungsbereich allgemein geht es im Wesentlichen ja darum wie viel Zeit man für etwas verwenden kann. Wenn die Zeit fehlt, dann fehlt es auch an der Befriedigung aus der Arbeit, weil man mit dem was man tut selbst nicht mehr zufrieden ist und sein kann. Keine Zeit für ein Gespräch mit einer alten Frau, die vielleicht keinen Besuch mehr bekommt. Keine Zeit, psychische Auffälligkeiten in einer Einrichtung zu erkennen und dem zu begegnen. Keine Zeit für ausreichende Körperpflege. Keine Zeit für Supervision oder dafür sich mit Kolleginnen auszutauschen. Damit wird der Beruf dann auch als weniger attraktiv empfunden. Dazu kommt der Eindruck fehlender Wertschätzung aus dem Umfeld. Da hört man dann so Sätze wie: „Was, du bist in der Altenpflege? Das könnte ich nie“, oder: „Mit verhaltensauffälligen Jugendlichen? Nein, danke.“ Oder: „Den ganzen Tag mit Behinderten, wo man nicht weiß, was heute wieder los ist ... da lob ich mir meinen Bürojob.“ Solche Kommentare, die Beschäftigte in den Sozialberufen, in den unterschiedlichen, sicher sehr häufig auch hören und oftmals auch als nicht angemessen empfundene oder tatsächlich nicht angemessene Bezahlung und Arbeitszeiten lassen die Befriedigung verblassen, die sonst vielleicht aus einem dankbaren Lächeln der einsamen alten Frau kommen würde oder aus dem Aufstieg in die nächste Schulstufe durch ein besonders schwieriges Kind, die Freude über ein gelungenes Werkstück, das der schwerbehinderte Bursche geschafft hat. Das alles ist sehr, sehr stark verankert in dem Personalmangel. Auf den gehe ich dann noch ein. Ich möchte aber sehr gerne auch hervorheben, dass in dem Bericht zur präventiven Menschenrechtskontrolle auch einige Positivbeispiele grade auch aus Niederösterreich hervorgehoben wurden und das ist mir deshalb wichtig, weil es ein Signal ist an die Beschäftigten, dass ihre Arbeit und ihr Einsatz und auch ihr Wunsch, etwas zu verbessern, gesehen und geschätzt wird. Ein kleineres, niederösterreichisches Heim wird hier hervorgehoben, das ehemalige Mitarbeiter in die Besuchsdienste einbezieht und Pflegekräften auch eine Wohnmöglichkeit anbietet. Ein Heim, das Pflegekräften Sprachkurse anbietet, speziell für ausländische Mitarbeitende und eine medizinische Versorgung mit starker ärztlicher Präsenz. Wir wissen, in den Heimen ist es leider sehr, sehr oft dünn gesät mit der tatsächlichen vorhandenen ärztlichen Präsenz. Ein weiterer Punkt ist: In einem anderen niederösterreichischen Pflegeheim wird die gute Arbeitsatmosphäre gelobt. Ein umfassendes Schulungsangebot und die Verwendung von Haustieren – „animal bodies“ sozusagen – also Therapiehund, Hauskatzen. Auch die Tullner Kinder- und Jugendpsychiatrie wird als Positivbeispiel hervorgehoben, eine andere sozialpädagogische Einrichtung für ihre sexualpädagogischen Ansätze und die Biographiearbeit und auch als weiteres Beispiel das Konzept einer bäuerlichen Großfamilie, das einen Familienbetrieb mit inklusiver Landwirtschaft betreibt. So kann es auch gehen und ich freue mich darüber, dass man in diesem sehr umfassenden Bericht auch Positivbeispiele lesen kann, weil sonst – wie gesagt – ist sehr viel Platz für sehr traurige Wahrnehmungen bis hin zu den Missständen, die auch Teil des Berichts sind. Und der Personalmangel in all diesen ... das zieht sich durch alle diese Bereiche, die hier angesprochen wurden von den Altenheimen bis hin zu Justizstrafanstalten ... überall geht es darum, dass es zu wenig Personal gibt. Es geht zwar nicht darum Schuldige zu suchen oder nicht in erster Linie darum, aber man muss schon sagen: Das ist auch ein Managementversagen der Einrichtungen, der Träger sozusagen, die ja diese Aufgaben auch verteilen – und das ist nun einmal die öffentliche Hand in sehr, sehr vielen Fällen, also das Land NÖ in unseren Fällen. Eine konkrete Personalbedarfsplanung und eine aktive Personalpolitik wird von unterschiedlichen Einheiten ... also ob das jetzt aus der Landesgesundheitsagentur und Pflegeeinrichtungen, die dort ja auch Teil davon sind, kommt oder eben auch aus anderen, aus Behinderteneinrichtungen ... eine aktive Personalpolitik ... da muss ich nicht ... und das habe ich jetzt kürzlich gehört, aus der Landesgesundheitsagentur, dass ein Abteilungsleiter gefragt wird, wie denn das im nächsten Jahr ausschauen wird? Wer geht denn bei euch in Pension? Das ist eine wirklich gute Frage oder tolle Rechenaufgabe, denn der Personalakt ... das ist ja das Erste, was jeder Mitarbeiter abgibt, wenn er sich beworben hat und da lässt sich auch das Geburtsdatum ableiten ... das heißt, ich weiß als Personalabteilung, wer wird im nächsten Jahr oder in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich in Pension gehen und dann wäre das aus meiner Sicht ja die ureigenste Aufgabe mit einer Personalbedarfsplanung dann festzustellen: Wo muss ich rechtzeitig vorsorgen, dass dann ausreichend qualifizierte Personen zur Verfügung stehen? Der Bericht sagt auch, dass das sogenannte „Pflegereformpaket“, das voriges Jahr vorgestellt wurde ... auch so kurz ... ich kann mich noch erinnern ... da war am nächsten Tag „Tag der Pflege“ und dann ist der Herr Bundesminister – damals schon Rauch – vor die Öffentlichkeit getreten und hat halt das Pflegereformpaket vorgestellt ... dass das nicht ausreichen wird. Und das ist auch etwas, was wir ernst nehmen sollen, denn das ist eine der Knackpunkte, ob wir den Sozialbereich in den nächsten Jahren gut managen können. Die Volksanwaltschaft merkt auch an, dass ausreichend Ausbildungsplätze für Sozialberufe geschaffen werden müssen. Wir haben ja auch einen Antrag im späteren Verlauf der Tagesordnung, wo es speziell um Sozialberufe und Ausbildungsplätze dafür geht, um das entsprechend auch abzubilden. Und die Volksanwaltschaft warnt auch davor, dass man Personalprobleme mit der Lockerung von Qualitätsstandards bekämpfen möchte. Das Land steckt einen guten Teil seines Budgets in den Gesundheits- und Sozialbereich, wir wissen das, das ist ein sehr, sehr hoher Anteil. Es ist auch eine sehr wichtige Aufgabe des Landes und es kann aber nicht sein, dass wir die Verschlechterung der Versorgung oder die Verschlechterung der Qualität schulterzuckend hinnehmen. Wir werden den Bericht selbstverständlich zur Kenntnis nehmen. Es ist ein sehr ausführlicher und sehr gut aufbereiteter Bericht, vielen Dank. Also hier werden wir zustimmen. Danke. (Beifall bei den NEOS.)
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Zur Person
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- Mödling
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- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
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- NEOS – Das Neue Niederösterreich