Zusammenfassung
Antrag des Rechts- und Verfassungs-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-159/A-2/5-2023 – Härtere Strafen für Klima-Kleber
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Dr. Krismer-Huber (GRÜNE): Sehr geehrter Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hoher Landtag! Der Antrag kommt ja nicht sehr überraschend. Die Frau Landeshauptfrau hat über Monate hin das getrommelt. Die Freiheitlichen auch. Daher hier ist die Koalition in einter Fusion FVP unterwegs und es war klar, dass wir das im Landtag einmal in der Form besprechen sollten. Ich möchte einmal meine Rede damit beginnen, da ich nicht Juristin bin, aber einmal den Versuch zu starten das juristisch hier zu debattieren. Wie auch bei einem Antrag, der noch von der Sozialdemokratie kommt, haben auch die offensichtlich diesen Robert Kert, der Vorstand des Institutes des Österreichischen und Europäischen Wirtschaftsrechtes an der WU Wien durchgelesen und geschaut: Wie sehen das Strafrechtler? Ist unser Recht hier wirklich nicht ausreichend? Muss man da wo nachlegen? Greift man da irgendwie so in das Strafrecht ein, dass das absurd wird? Wie geht man damit um? Ich bin halt eine, ich kann es nicht verhehlen, die sich Fachexpertise durchliest, bin auch auf der Seite, die viel von Wissenschaft und Forschung hält und dass wir so gut weiterkommen als Menschheit. In der Frage und da ist ... für mich ist das ganz einfach sehr plausibel und ich habe auch noch keinen Strafrechtler gefunden, der wirklich gesagt hat, was man jetzt hier ändern sollte. Dieses – und darum geht es ja – sich wo hinzusetzen, quasi auch in einer Eskalation, ziviler Ungehorsam ... zuerst einmal auf einer Straße, die wenig befahren war bis hin zu jetzt auf einer Autobahn – und ich bin bei Gott noch nicht, wie ich das als Politikerin einschätze, sondern nur, was hier Zivilgesellschaft gemacht hat, ist und bleibt es ein rein passives Verhalten. Und es ist daher auch nicht zu begründen, dass hier auf jemanden körperlich etwas eingewirkt hätte. Es ist keine Gewalt und auch keine Nötigung. Und Nötigung – es sind ja ein paar Juristen unter uns – ist geregelt im Strafgesetzbuch § 105 und das braucht eben auch gefährliche Drohung oder Einsatz von Gewalt. Auch das ist hier nicht der Fall. Das heißt, was so mancher sich dann vorstellt, also was hier passieren könnte ... was alles im Leben irgendwann einmal eine Wahrscheinlichkeit hat oder nicht ... heißt aber doch im juristischen Kontext: Es muss quasi ein Kausalverlauf hier ablesbar sein. Man macht immer irgendetwas und das muss voraussehend sein, dass das dann auch eintritt. Daher ... ich kann mich erinnern an Diskussionen, die wir geführt haben als die Rettungsgasse eingeführt wurde. Gerade die Rettungsgasse ist ja das Beispiel: Also wer sich heute bei einer Rettungsgasse in die Rettungsgasse stellt, der muss eigentlich – Kausalverlauf – davon ausgehen, dass er jetzt wirklich Menschenleben in Gefahr bringt. Und so einfach ist es dann auch wieder nicht da habhaft zu werden. Aber nur mehr, um zu schauen: Mit was sind wir konfrontiert als Gesellschaft? Das heißt: Es gibt hier eben keine Vorsatzdelikte, es gibt keine Tatbestände der fahrlässigen Tötung oder der Körperverletzung und es gibt keine Gefährdung der körperlichen Sicherheit. So und jetzt sagen die Strafrechtler: Und jetzt kommt es dann darauf an, dass man hier mit einer Verhältnismäßigkeit vorgeht und das quasi einfach ganz sachlich abwickelt. Die, die hier mit dem Strafgesetzbuch drohen – und dann leite ich schön langsam über in meinen politischen Teil – haben vielleicht andere Dinge vor. Ich glaube und bin davon überzeugt, dass hier Gruppen in der Gesellschaft, in einer liberalen Demokratie, uns, die die Regeln machen, der Politik mitgeben wollen, dass so manches hier fahrlässig ist für die Zukunft der Menschheit. Man könnte jetzt auch schon sagen: Manche Gesetze, die wir nicht machen, ist schon wiederum fast vorsätzlich, wenn wir sie nicht machen – jetzt sage ich einmal: Klimagesetz, Wärmegesetz, andere Gesetze und das wollen sie uns mitteilen. Und wie teilen sie uns das mit? Im Rahmen von zivilem Ungehorsam. Ich habe zunehmend ein Problem, wenn wir uns in Österreich nicht mehr auf die Grundfesten einer liberalen Demokratie einigen, dass wir sagen: Ziviler Ungehorsam, den müssen wir aushalten. Wir haben ein Strafgesetzbuch. Wer das so übertreibt und jemanden wirklich bedroht, verletzt, seine körperliche Sicherheit gefährdet, dann ist das Recht mit voller Bereitschaft da. Und das ist auch so. Daher schauen wir uns an: Was ist denn über längere Zeit passiert? Und jetzt bin ich halt schon länger dabei. Es kommen immer wieder Kräfte, die diese liberale Demokratie und diesen quasi Rechtsstaat mit dem, dass wir den zivilen Ungehorsam quasi auch aushalten müssen, angreifen – und zwar: Ich habe das noch gut in Erinnerung. Man möchte diesen zivilen Ungehorsam aussperren. Das ist passiert z. B. mit dem Feldschutzgesetz 2014 in Niederösterreich. Wer sich noch erinnern kann: Da ist die Tierschutzszene ziemlich aktiv gewesen und in Niederösterreich mit Law und Order hat man gesagt: „Nein, in unsere Ställe schaut einmal keiner hinein. Das wollen wir nicht.“ Also der Tierschutz ist nicht so hochrangig. Zivilen Ungehorsam, Vereine, die hier nach dem Rechten sehen, brauchen wir nicht. Stalltüren zu. Also aussperren. Oder: Überhaupt einsperren. Können sich meine Kolleginnen und Kollegen noch an das erinnern, wo es die Proteste der Tierschutzorganisationen auf der Mariahilfer Straße gegeben hat? § 278 ist das Schlagwort und ich glaube, das kennen alle hier herinnen. Terroreinheiten. Geschichtlich erbärmlicher Prozess in Wiener Neustadt gegen eine Tierschutzorganisation. Also einsperren war die Devise. Und jetzt im Zuge der Klimabewegung sind wir an dem Punkt angekommen: wegsperren. Das ist eigentlich das Ansinnen dieses Antrages, dass man hergeht und sagt: „Unser Gesetz, unser Strafrecht ist nicht ausreichend.“ Man zimmert sich irgendetwas zusammen, hat durchaus Sorge, dass da ein Kausalprozess und Zufälligkeiten zu tragen kommen, aber das drücken wir ihnen jetzt einmal drauf, weil das ist ganz fix, dass da etwas passiert. Ich habe das so toll gefunden auch vom Chef des Roten Kreuzes, der sich hingestellt hat – das, glaube ich, war rund um den Wahlkampf – und gesagt hat: „Nein, so kann man das nicht darstellen und die Rettung findet auch andere Wege.“ Wir haben das als Rettung und als Blaulicht zigmal am Tag, grade in Wien. Dort eine Baustelle, die uns nicht gesagt worden ist oder wer nicht aufgenommen hat, dort grade wieder ein Unfall, dort ist etwas passiert. Das lässt sich leider nicht alles regeln. Daher: Worum geht´s? Ich hier, und die GRÜNEN werden nicht müde werden diese liberale Demokratie wirklich zu verteidigen – und „wuascht“, wer sie angreift. Wer mit mir die Debatten über die Demonstrationen der Corona-Leugner geführt hat, war ich auf der Seite derer, die gesagt haben: „Leute, das müssen wir aushalten.“ Ich halte es für mich, nach meinen Werten, nicht aus, wenn vor dem Spital in Baden demonstriert wird und gegrölt wird und ich weiß, dass da drinnen Menschen sind, die grade vom Operationssaal rausgeschoben werden und wach werden und nicht wissen, was los ist, weil da draußen wildgewordene Corona-Leugner unterwegs sind. Ich bin bei der Demonstration dort gewesen, weil ich ja vor diesen Menschen nicht Angst habe, weil eine Demokratie, die an sich glaubt, das aushalten muss. Und jetzt sind wir wieder am Punkt. Ich glaube nicht, dass das alles so gescheit ist, wenn man sich auf eine Autobahn hinsetzt. Also erstens brauchst du selbst schon eine ziemliche Courage und es gibt halt komische Zufälligkeiten im Leben. Aber das müssen die verantworten, die sich da hinsetzen und unser Strafrecht hat dafür vorgesorgt. Ich glaube hier an das, was wir uns derzeit als Basis geschaffen haben, was das Strafrecht betrifft und ich weise das wirklich zurück, dass wir uns hier auf sehr dünnes Glatteis begeben und an den Festen schütteln. Manche provozieren und wollen das. Ich sage das hier auch: Am meisten enttäuscht bin ich von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in der Frage, weil gerade die ÖVP in einem parteipolitischen Kontext – dazu noch, wenn man Regierungsvorsitzende ist – eine wichtige Funktion hat, nämlich auch eine, die für den Ausgleich zu sorgen hat. Das ist das, was die Konservativen einmal gut gekonnt haben und verlernt haben. Und wenn ich heute einen Ordnungsruf erhalten habe, weil ich gesagt habe „populistischer Blödsinn“ ... habe ich gesagt und einen Ordnungsruf erteilt bekommen, dann muss ich selbst eine Berichtigung machen. Populismus ist immer Blödsinn. Populismus ist immer Unsinn und ich erwarte mir von einer Landeshauptfrau, dass sie Verhältnismäßigkeiten noch hat und dass sie Augenmaß hat. Das hat man gerade in Zeiten wie diesen als Regierungspartei und als Landeshauptfrau zu haben. In dem Sinne bin ich sehr froh, dass es die Gelegenheit gegeben hat in dem Rahmen jetzt einmal öffentlich diese Debatte in St. Pölten abzuführen und ich glaube, die Standpunkte sind klar. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und den NEOS.)
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