Zusammenfassung
Antrag des Sozial-Ausschusses
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-82/A-1/13-2023 – Einführung des NÖ Pflege- und Betreuungsschecks
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Kollermann (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hoher Landtag! Ich kann nahtlos an die Aktuelle Stunde von vorhin anschließen. Das Rezept der FPÖVP-Regierung lautet: Man nehme eine Portion Emotion, einen Schuss Populismus und Steuergeld nach Belieben und daraus wird dann eine bittere Medizin, speziell für die nächsten Generationen. Der neue Stil der Regierung lautet nämlich erstens: Man macht eine mediale Ankündigung. Zweitens: Man lässt sich ein Budget abnicken. Wo man sowieso die Mehrheit hat, ist das also schon eine sichere Sache und drittens: Man erarbeitet einen Plan. Sollte das nicht in der umgekehrten Reihenfolge stattfinden? Jeder ordentliche Kaufmann, jeder Förderwerber, der eine Förderung beantragen möchte, muss in der umgekehrten Reihenfolge vorgehen. Aber ordentlicher Kaufmann ist ja sowieso fehl am Platz hier, weil die ehemaligen Wirtschaftsparteien sich dieser Kompetenz ja längst entledigt haben und damit auch diesbezüglich kein schlechtes Gewissen mehr haben sich für diese Politik der Brot und Spiele abfeiern zu lassen. Aber es ist ein viel zu ernstes Thema als dass da etwas zu feiern wäre. Jetzt gibt es also den Vorschlag eines Pflege- und Betreuungsschecks. Dem Niedergang des Pflegesektors hat die ÖVP seit Jahren tatenlos zugeschaut. Die FPÖ hat sich unter Erich Königsberger auch noch glaubwürdig darum angenommen. Mittlerweile ist es auch nur noch eine Wählergruppe, wo Stimmen abzuholen sind. Lassen wir noch einmal die bisherigen Ideen im Zeitraffer Revue passieren. Da war einmal 2017, kurz vor einer entscheidenden Wahl: Abschaffung des Pflegeregresses als Wahlzuckerl, ohne sich eine alternative Finanzierung überlegt zu haben. Ich sage das immer in einem gesamten Gedanken. Zweitens: Legalisierung eines Billiglohnsektors mit Personenbetreuerinnen, wo man dann nicht mehr so genau hinschaut und natürlich mit den Ergebnissen auch nur teilweise zufrieden sein kann und schließlich auch möglichst viele und möglichst große Pflegeeinrichtungen zu bauen. Da gibt es also eine Vorgabe mit 140 Betten, was an sich schon ein Wahnsinn ist, wenn man sich vorstellt, wie da die Pflege stattfinden soll. Die Folgen: starke Nachfrage bei den Heimplätzen, ein überlastetes Personal, unattraktive Arbeitsbedingungen – das geht ja Hand in Hand, gesperrte Betten, Kostenexplosionen, keine Perspektiven. Jetzt gibt es eine neue Idee. Die heißt „Zu-Hause-Bleib-Prämie“ mit dem irreführenden Deckmantel „Wahlfreiheit“. Ein Modell übrigens, das ja auch in anderen Bereichen, die staatlich geregelt sein müssten, wie die Kinderbetreuung, fröhliche Urstände feiert. Was ist denn euer Politikverständnis, wenn es darum geht Lösungen zu schaffen – Lösungen mit dem Anspruch das Leben der Menschen zu verbessern? Wo ist dieser Anspruch, was wir als Wissens- und als Dienstleistungsgesellschaft gelernt haben, Positives zu gestalten? Im Begründungstext zählen Sie bespielhaft Dienstleistungen auf, die man sich mit dem Pflegescheck, Betreuungsscheck finanzieren lassen soll und entblöden sich nicht das als Wahlfreiheit zu titulieren. Wahlfreiheit kann nur bestehen, wenn es ein Angebot gibt aus dem man wählen kann. Es ist dieses rückwärtsgewandte Rollenbild von FPÖ/ÖVP mit dem Sie alle Verpflichtungen und auch Lasten – ich muss das auch so sagen – auf die Frauen in der Familie abschieben wollen, statt dass Sie in der Realität des 21. Jahrhunderts ankommen und Lösungen finden. Wenn nur die Frauen brav ihre Rollen wieder aufnehmen, dann ist die Welt in Ordnung. Wenn man sich aber ernsthaft mit den Problemen und auch mit den Lösungsvorschlägen der Betroffenen befasst, dann sieht man schon, dass es sowohl einiges gibt, was man Positives gestalten kann, wo man wirklich etwas tun kann und auch hier wieder: Es ist nicht eine Besserwisserei. Es geht einfach darum die Vernunft einzusetzen und zu versuchen mit den Betroffenen gemeinsam zu Lösungen zu kommen. Vom NÖ Landesverband der diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegekräfte ist mir vorgestern eine E-Mail hereingeflattert mit der Bitte eine Petition zu unterschreiben vom Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband, was ich gerne getan habe. Denn es ging um die Professionalisierung der Pflege. Professionalisierung ist es, was wir brauchen, damit nämlich das, was immer wieder so mit Schlagworten gefordert wird – nämlich die Attraktivierung der Arbeitsbedingungen – damit wir das auch schaffen: Arbeitszeitmodelle, die der heutigen Realität angepasst sind, neue Berufsbilder in der Pflege und vor allem das Zusammenwirken in der Pflege. Denn die Betroffenen, die Profis, haben längst erkannt, dass es hier nicht um eine Konkurrenzsituation geht, die großen Hilfsorganisationen gegen die selbständigen oder gegen andere Einrichtungen oder Community Nurses, wie auch immer, sondern es geht darum die verfügbaren Kräfte zu bündeln, damit bei den Menschen professionelle Pflege geleistet werden kann. Nehmen wir doch dieses Geld, das sind knapp 50 Millionen Euro im Jahr ... und wenn es auch mehr sein muss ... mit einem vernünftigen, guten Konzept darf es auch mehr sein ... nehmen wir das Geld in die Hand, um die Pflegeinfrastruktur auszubauen. Mit der Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen – und das geht nur dann, wenn man auch Dienstpläne einhält, weil man genug Personal zur Verfügung hat ... das ist ja ein kommunizierendes Gefäß – damit sich auch der Beruf mit der Familie vereinbaren lässt. Mit der Förderung von Hauskrankenpflegemodellen, mit diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegekräften, die als selbständige Pflegekräfte auch arbeiten können, wenn sie das möchten. Es gibt unterschiedliche Bedürfnisse. Manche möchten lieber in einer großen Organisation arbeiten, andere möchten gerne selbstorganisiert sein und das geht als Selbständige, wenn ich eine entsprechende Kompetenzerweiterung habe, dass auch bestimmte Verordnungen möglich sind, wo die Kompetenz an sich dort ja sowieso vorhanden ist, aber die formale Kompetenz fehlt. Ob als Community Nurse, ob im Rahmen des Buurtzorg-Modells ... das sind sehr, sehr gute in anderen Ländern gut funktionierende Modelle. Das werden Sie mir zugestehen, Herr Kollege Erber, in Ihrem Redebeitrag dann auch, dass das Modelle sind, die funktionieren in anderen Ländern und es gibt aus meiner Sicht überhaupt keinen Grund, das bei uns in Niederösterreich nicht ergänzend zu versuchen. Mit dem Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen, damit auch Erholungsurlaub möglich ist für pflegende Angehörige und auch mit der Förderung von gemeinsamen Erholungszeiten. Es gibt ja Pflegebedürftige und ihre pflegenden Angehörigen, wo das gewünscht ist, wo das sinnvoll wäre eine Erholungszeit zu haben gemeinsam, das auch in Anspruch zu nehmen, wo der Pflegebedürftige gut betreut wird und die pflegenden Angehörigen ein bisschen Auszeit bekommen. Es geht nicht darum den pflegenden Angehörigen einen Bonus nicht zu gönnen – ganz im Gegenteil. Mit nachhaltigen und strukturellen Maßnahmen professioneller Unterstützung wird nicht nur die Pflege deutlich verbessert, sie erlaubt es auch viel besser eine bessere Vereinbarung der sonstigen Aufgaben, wenn sie pflegende Angehörige noch haben, auch durchzuführen. Wenn Sie Hilfsleistungen ansprechen, die sich die Pflegebedürftigen dann ... dass sie sich dann zusätzliche Ausgaben leisten können ... das ist ... ich habe etwas dagegen, wenn man Almosen verteilt. Es gibt einige Bereiche, wo das Land oder gemeinsam auch mit den Kassen Kosten übernehmen könnte ... es gibt nur in Niederösterreich, wo die Inkontinenzprodukte nicht übernommen werden ... wäre ja auch eine Möglichkeit. Aber verteilen wir nicht, damit ich mir eine Haushaltshilfe leisten kann ... das muss doch anders geregelt sein. Die Menschen haben ein Recht auf professionelle Pflege und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben ein Recht darauf, dass sorgsam mit ihrem Steuergeld umgegangen wird und nicht mit dieser Ahnungslosigkeit und Handlungsunfähigkeit Geld im Gießkanneprinzip übers Land geschüttet wird. Die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher brauchen keine Symbolpolitik und pflegende Angehörige brauchen professionelle pflegende Entlastung. Und die Pflegekräfte brauchen eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen. So schaut es aus. Wir möchten die Menschen wirklich unterstützen mit vernünftigen und gescheiten Angeboten und zwar nachhaltig, und dazu ist dieser Antrag leider nicht geeignet. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
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Zur Person
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- Mödling
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich