Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-59/A-8/2-2023 – Sicherheit im Umgang mit dem Wolf in Niederösterreich
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Hohes Haus! Es gibt viele Dinge, denen ich nicht begegnen will: einer Horde von betrunkenen Hooligans in einer engen Gasse, einer Kreuzotter, wenn ich in Badeschlapfen über den Rasen gehe, einem Hornissenschwarm, wenn ich dem Wiener Neustädter Kanal entlangradle, einem rücksichtslosen Autofahrer, der auf meiner Spur daherkommt und auch nicht einem Wolf, wenn ich im Wald wandern bin. Dennoch werde ich nicht aufhören durch enge Gassen zu gehen, gelegentlich in Badeschlapfen über den Rasen zu gehen, am Wiener Neustädter Kanal radlzufahren, mit dem Auto zu fahren oder durch den Wald zu wandern. Ich werde aber auch nicht fordern betrunkene Hooligans präventiv zu inhaftieren, Kreuzottern und Hornissen auszurotten, allen anderen, außer mir, das Autofahren zu verbieten und ich werde auch nicht fordern, jeden Wolf, der irgendwo seine Nase aus dem Gebüsch steckt, abzuschießen. Soweit zur Ausgangslage. Vieles hat sich in den letzten 30 Jahren verändert – manches zum Guten und manches zum Schlechten. Viele Tier- und Pflanzenarten sind ausgestorben, ausgerottet, zurückgedrängt oder marginalisiert worden, andere haben sich neuen Lebensraum gesucht – auch hier bei uns. Und der Motor dieser Veränderung, meine Damen und Herren, ist in fast allen Fällen der Mensch. Egal, ob direkt, durch Bejagung oder durch Eingriffe in den Naturraum ... Stichworte: Landwirtschaft, Flussregulierung, Verbauung ... oder indirekt über den Klimawandel. Teile der Gesellschaft – das sind insbesondere jene, die akzeptieren, dass der Mensch hinter dem derzeit zu beobachtenden Klimawandel steckt, das sind jene, die sich Gedanken über die Zukunft des Planeten machen – haben erkannt, dass da Handlungsbedarf besteht und sie haben auch gehandelt – in diesem Fall auf EU-Ebene. Das ist schon erklärt worden heute. Wölfe sind durch die Bestimmungen der Richtlinie 92/43/EWG, besser bekannt als Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, eine in allen Mitgliedsstaaten streng zu schützende Tierart. Durch die Listung in Anhang 4 sind sie dem besonderen Schutzregime des Artikels 12 dieser Richtlinie unterworfen. Von diesen Bestimmungen kann nur in bestimmten begründeten Einzelfällen abgewichen werden. Wem das nicht gefällt, der muss sich um eine Gesetzesänderung bemühen. Das wird zugegebenermaßen etwas schwierig werden und man wird auch das Einvernehmen mit Nachbarländern suchen müssen. Für mich persönlich ist das Gesetzbuch und das EU-Recht wichtiger als das Buch Genesis, aber das ist meine persönliche Einstellung. (Heiterkeit bei Abg. Mag. Scheele, Abg. Schindele und Abg. Dr. Spenger.) Was ist die Alternative zu einer Gesetzesänderung? Man könnte sich einmal mit den Fakten auseinandersetzen. Wo kommen die Wölfe her? Wo leben sie? Woher wandern sie? Welche Rolle nehmen sie im Ökosystem ein? Wie viele Risse von Schafen und anderen Nutztieren sind überhaupt zu verzeichnen? Welche Möglichkeiten, die durch den Wolf angerichteten Schäden zu verhindern, zu mindern oder auszugleichen gibt es? Und schließlich: Wie gefährlich wird der Wolf dem Menschen? Aber wie ist denn die Datenlage? Leider sehr dünn. Weil der Wolf – wie so vieles in Österreich – zwischen Bund, Ländern und Interessensvertretungen hin- und hergeschoben wird wie eine heiße Kartoffel. Wir haben nicht einmal einen fundierten Überblick über die Risse, die durch Wölfe überhaupt entstanden sind. Wir wissen nicht, wie viele Entschädigungszahlungen angefallen sind. Wir NEOS haben daher auf Bundesebene an die damals zuständige Ministerin eine Anfrage gestellt. Die Antwort: „Entschädigungsregelungen fallen in die ausschließliche Kompetenz der Bundesländer und sind je nach Bundesland unterschiedlich gestaltet.“ Kommt das jemandem bekannt vor? Ist das der Föderalismus, den wir wollen und der uns viel Geld kostet? Bevor wir hier im wahrsten Sinn des Wortes Schnellschüsse abfeuern, sollten wir diese Fragen klären und dann erst Maßnahmen entwickeln. Dass Landwirten der Schaden, den der Wolf anrichtet, nach bundeseinheitlichen Regeln ersetzt wird, muss selbstverständlich sein. Der Ersatz von Schäden durch Versicherungen und die öffentliche Hand ist in diesem Bereich ja gelernte Praxis. Ebenso selbstverständlich sollte es sein, dass man die langjährigen Erfahrungen mit Herdenschutz, die es in Südtirol und in der Schweiz gibt, berücksichtigt und auch auf die Erkenntnisse des Wolfsforschungszentrums in Ernstbrunn zurückgreift. Das liegt ja quasi vor unserer Haustüre. Der Wolf an sich ist weder böse noch gut. Er ist kein Kuscheltier und keine Bestie. Es geht um ein Wildtier, das seit langem hier nicht mehr heimisch war, jetzt in Österreich wieder heimisch geworden ist. Diese Rückkehr ist ein völlig normales Phänomen. Suchen wir gemeinsam nach Lösungen nach einem Wolfsmanagement, das auf Fakten basiert und machen wir hier kein politisches Kleingeld daraus. Dankeschön. (Beifall bei den NEOS.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Baden
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich