Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2430/A-8/63-2022 – Erfolgsmodell Niederösterreich – Die blau-gelbe Partnerschaft zwischen Land und Gemeinden
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Hofer-Gruber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Hoher Landtag! Ja, wenn es der ÖVP ein Anliegen wäre ihre Leistungen für die Gemeinden transparent darzustellen, dann würden Sie endlich einmal einen ordentlichen Gemeindeförderungsbericht vorlegen und nicht dieses geistlos zusammengestellte Konvolut, über das ich mich jedes Jahr beim Rechnungsabschluss (Beifall bei den NEOS, der FPÖ und Abg. Ing. Huber.) ärgern muss. Aber wenn wir schon eine Aktuelle Stunde zum Thema „Land und Gemeinden“ abhalten, greifen wir doch gleich ein aktuelles Thema auf, das beleuchtet, wie ernsthaft sich die ÖVP für die berechtigten Anliegen der Gemeinden einsetzt. Die Gemeinde Ebreichsdorf schickt eine Resolution an den Landtag zu einem Thema, das viele Bürgerinnen in Niederösterreich betrifft – nämlich Verspätungen und Zugsausfälle bei den ÖBB. Das Ergebnis: Wie üblich eine sogenannte „Ausschusserledigung“, der Landtagspräsident schreibt einen Brief, in dem drinnensteht, dass die Angelegenheit ausführlich beraten wurde und dass die ÖBB der Meinung ist, es ist alles in Ordnung. Naja ... tatsächlich ist nichts in Ordnung und das wurde im Ausschuss auch von allen anderen Parteien festgestellt – sprich von allen anderen Parteien, die sich nicht ÖVP nennen oder wie Sie halt gerade heißen. Ist ja kein Wunder: Offenbar genieren Sie sich für den Namen „ÖVP“ schon so sehr, dass Sie im Wahlkampf auftreten wie eine Bürgerliste. (Heiterkeit bei Abg. Mag. Collini.) Mit einem Wort: Die Anliegen der Gemeinden, die Anliegen der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher sind Ihnen eigentlich völlig „wuascht“, wenn sie nicht in Ihre schöne Erzählung vom segensreichen Wirken der Landeshauptfrau und Ihrer Entourage passen. Und im Landtag wollen Sie so ein Thema natürlich schon gar nicht haben – die Weihnachtsfeier geht ja vor. Das ist ein „No-Go“. Jetzt zu den Fakten: Rund 70 % der Steuereinnahmen der Gemeinden sind Ertragsanteile des Bundes. Das ist der Teil der Steuereinnahmen ... kommt vor allem aus den Bundessteuern Umsatzsteuer und Lohnsteuer – das sind ja die größten Bringer in Österreich – das ist jener Teil der Steuereinnahmen, die den schwierigen Weg durch die teure und ineffiziente Geldverteilungsmaschine namens Landesregierung zu den Gemeinden geschafft haben. Was tut das Land NÖ dann für die 573 Gemeinden in Niederösterreich? Es knapst ihnen den Großteil dieser Bundesanteile gleich wieder ab als NÖKAS-Umlage für die Krankenanstalten und für das Sozialwesen. In meiner Heimatstadt Baden sind es rund 45 % der Ertragsanteile des Bundes. In St. Pölten – ich habe nachgeschaut – sind das mehr als 50 %. So viel geht postwendend an das Land zurück bzw. wird wenigstens gleich eingehalten. Wenigstens wird nicht hin- und herüberwiesen. Kein Wunder, dass die Gemeinden stöhnen und selbst in Publikationen des Gemeindebunds, der sich ja gerne als unabhängig darstellt, aber in Wirklichkeit natürlich eine Vorfeldorganisation der ÖVP reinsten Wassers ist, sind da kritische Worte zu lesen. Also die Umlagen steigen. Was mit dem Geld passiert, wissen wir nicht genau und die bei der Auslagerung der Landesgesundheitsagentur versprochenen Effizienz sucht man vergeblich. Die Landesgesundheitsagentur ist nämlich – was bei der Auslagerung natürlich so verschwiegen wurde – jeder Kontrolle durch den Landtag entzogen und aus Anfragen, die wir an verschiedene Mitglieder der Landesregierung gestellt haben, herrscht offenbar auch dort Unklarheit, wer jetzt wirklich für dieses neue schwarze Loch verantwortlich ist. Auch wenn sich der Rechnungshof noch so bemüht Tatsachen zu verschleiern: Die Spitze des Eisbergs sieht so aus, dass die Landesgesundheitsagentur dem Europa-Forum Wachau, das zufällig die Schwester der Bundesministerin Edtstadler leitet, 30.000 Euro spendet und Klubobmann Schneeberger – wie üblich die Faktenlage ignorierend – behauptet dann glatt: „Laut den Medienberichten ist genau nichts dran an den Vorwürfen der Opposition.“ Wie er zu dieser Einschätzung kommt ist mir ein Rätsel und anderen wahrscheinlich auch. Aber da haben wir später noch einen eigenen Tagesordnungspunkt, Gott sei Dank. Also: Den Gemeinden fehlt hinten und vorne das Geld. Sie bekommen aber ständig zusätzliche Aufgaben: Pandemie, Kindergartenoffensive, Blackout-Prävention, usw., usw. Und die Lösung? Gemeinsam mit dem Bund unter Zuhilfenahme von EU-Geldern hat man da einen völlig unübersichtlichen Förderdschungel aufgebaut. Da wird alles Mögliche gefördert, vom Feuerwehrauto über die PV-Anlagen bis zum Weinbauverein. Da werden ohnehin budgetierte Posten mehrfach verkauft. Da werden dieselben 80 Millionen einmal für dies, einmal für das versprochen. Da wird geflissentlich vergessen, dass sich viele Gemeinden die Gelder gar nicht abholen können, weil sie ihren Teil der vorgeschriebenen Kofinanzierung nicht stemmen können usw. und getoppt wird das Ganze noch durch die Bedarfszuweisungen: eine Lotterie. Die Landeshauptfrau ist das Glücksengerl, aber die Ziehung erfolgt nicht öffentlich im Fernsehen, sondern im Hinterzimmer der ÖVP-Machtzentrale. Das, was Sie „blau-gelbe Partnerschaft“ nennen, ist in Wirklichkeit ein blau-gelbes Gängelband, an dem die Gemeinden hängen und um die Gunst des Landes buhlen. Was Sie dabei verschweigen, meine Damen und Herren: Alle diese Wohltaten sind mit Schulden finanziert. Es ist nicht die Landeshauptfrau, die ihre Börse öffnet. Es sind nicht die Einnahmen aus den Landesbeteiligungen. Nein, es sind Steuergelder, die die Steuerzahlerinnen entweder jetzt gleich oder in Zukunft über die Schuldentilgung selbst bezahlen. Das gilt übrigens auch für den Strompreisrabatt, wo die Landeshauptfrau ja so tut, als würde sie diesen gewähren – wie man den Briefen entnehmen kann, die jetzt gerade verschickt werden. Wir nennen das „Spendierföderalismus“ und Hans Kelsen würde sich im Grabe umdrehen, wenn er sehen würde, wie seine fein austarierte Verfassung, die er im Hinblick auf die instabilen Verhältnisse in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts entworfen hat, heute von den ehemaligen Großparteien interpretiert oder besser gesagt missbraucht wird. Apropos missbraucht: Sie von der Sobotka-ÖVP haben die Wahlkampfkostenobergrenze von schlappen 6 Millionen Euro schon mehrfach überzogen. Sie brauchen nämlich gar kein Wahlkampfbudget. Sie machen das schamlos über den Vollzug des Landes – schon seit Jahren und besonders jetzt kurz vor den Wahlen. Ich habe Ihnen jedes Jahr vorgerechnet, dass Sie in allen Voranschlagsgruppen jedes Jahr mehr ausgegeben haben als der Landtag genehmigt hat. Sie haben sich mitten in der größten Krise dazu entschieden ein Doppelbudget auf den Weg zu bringen, damit Sie sich kurz vor der Wahl eine Budgetdebatte ersparen und das Märchen von Ihrem Budgetpfad, der irgendwann einmal ausgeglichen sein sollte, weitererzählen können. Ich sage Ihnen: Schon aus Gründen der Inflation wird kein einziger Ansatz im Budget 2023 halten und das war voraussehbar. Deshalb ist das, was Sie hier in den letzten Jahren geleistet haben – Entschuldigung – was Sie sich hier in dem letzten Jahr geleistet haben ein verantwortungsloser Schlag in das Gesicht der jungen Generationen, die das alles ausbügeln werden müssen. Ich habe zur Budgetabweichung übrigens eine Anfrage an Landesrat Schleritzko eingebracht. Ich bin offenbar der Einzige in dem Raum, den das wirklich interessiert, der die Kontrollaufgabe des Landtags ernst nimmt. Eigentlich wäre das eine Bringschuld der Landesregierung, aber trotzdem: Der Landesrat, der immerhin jetzt anwesend ist – Dankeschön – hat auf seine Art geantwortet mit eineinhalb Seiten Prosa, keine einzige Zahl, nur ein verbaler Umriss der Kostenüberschreitungen, keine konkrete Einschätzung der Entwicklung der Einnahmen, keine Vorschau auf 2023. Ich kenne kein mittelständisches Unternehmen, geschweige denn einen Großbetrieb, der sich mit einer so dünnen Datenlage begnügen würde, aber dennoch im Wochenrhythmus Millionen Unterstützungspakete ankündigt. Das ist schlicht und einfach verantwortungslos. Aber ich sage Ihnen noch etwas, meine Damen und Herren von der ÖVP: Sie werden am 29. Jänner demütig zur Kenntnis nehmen, dass die Wählerinnen und Wähler in Niederösterreich genug haben von dieser billigen und zukunftsvergessenen Showpolitik, die ja leider nur von der Qualität her billig ist und in Wirklichkeit vor allem für die Jungen sehr teuer wird. Es hat sich „ausgepröllt“, meine Damen und Herren, es hat sich „ausgesobotkat“ in diesem Land und daran wird auch der heutige Versuch der Selbstbeweihräucherung durch diese Aktuelle Stunde nichts ändern. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS und Abg. Ing. Huber.)
Abweichungen zwischen Text und Video möglich.
Zur Person
Kontaktdaten
- Wohnbezirk:
- Baden
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich