Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2367/A-8/62-2022 – Österreichische Staatsbürgerschaft nur als Endpunkt erfolgreicher Integration
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Collini(NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Wertes Mitglied der Landesregierung! Sehr geehrte Kollegenschaft! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte ÖVP! Bitte ... werfen Sie niemals mehr irgendjemand anderem Populismus vor. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei den NEOS und der SPÖ.) Denn nicht anders ist diese Aktuelle Stunde, die Sie hier eingebracht haben zu bewerten. Gerade in der Tonalität – wir haben es ja auch gehört vom Kollegen Heinreichsberger, der von Fließbandstaatsbürgerschaft ... da sind wir sowas von weit entfernt ... spricht – mit der Sie ein Bundesthema jetzt in den NÖ Landtag hereinbringen, das ist schlicht und einfach der Tatsache geschuldet, dass die Wahl vor der Tür steht ... das haben wir auch von Ihnen gehört ... (Unruhe bei Abg. Heinreichsberger, MA.) ... Kollege Heinreichsberger, dass Sie Politik by Marktforschung machen ... aber die Wahl steht vor der Tür und Ihnen laufen die Wählerinnen davon. (Abg. Weninger: Das ist gut so.) Sie täten gut daran, werte ÖVP, wenn Sie die tatsächliche Ursache des Vertrauensverlustes, den es hier gibt, ... wenn Sie dort ansetzen würden, anstatt solche Ablenkungsmanöver zu inszenieren. Ablenkung von den Korruptionssümpfen in der eigenen Partei in Ihrer Sobotka-ÖVP und anstatt endlich diese Sümpfe trocken zu legen, machen Sie lieber ganz billige Punkte an der rechten Flanke ... Ablenken vom eigenen Versagen in der Migrations- und Integrationspolitik. Ihr ehemaliger ÖVP-Bundeskanzler Kurz, dem die niederösterreichische ÖVP bis zum bitteren Ende die Stange gehalten hat, der war jahrelang Staatssekretär für Integration. Da war er zuständig. Die von ihm als Kanzler offensichtlich oder angeblich geschlossene Balkanroute, die steht derzeit via Serbien – hören wir auch tagtäglich – steht weit offen. Umso befremdlicher finde ich es, dass der niederösterreichische Kanzler Nehammer mit dem serbischen Präsidenten Vučić packelt – das hat man heute den Medien entnommen – überraschenderweise gemeinsam mit Orbán. Also all diese Entwicklungen sollten uns zu denken geben. (Abg. Kainz: Was hat das mit der Staatsbürgerschaft zu tun?) Jahrelang hat Ihre ÖVP die so dringend notwendigen Lösungen, die wir brauchen in Sachen Asyl und Migration, auf europäischer Ebene torpediert. (Abg. Kainz: Das war die letzte Aktuelle Stunde.) Ihr niederösterreichischer Abgesandter Innenminister Karner, der führt das krasse Missmanagement der vergangenen Jahre fort. Wir stellen Zelte auf, obwohl Asylquartiere leerstehen und wir haben die Zahl heute schon gehört: Die österreichischen Steuerzahlerinnen zahlen 40 Millionen Euro im Jahr (Abg. Kainz: Staatsbürgerschaft!) oder 110.000 Euro am Tag für zum Teil leerstehende Asylquartiere. Das ist Missmanagement made by ÖVP Niederösterreich Karner. (Abg. Kainz: Wir sind bei der Staatsbürgerschaft, Frau Kollegin.) So. Das ist die Politik der ÖVP, ganz egal, ob in Niederösterreich oder im Bund. Und der Machtzirkel der Sobotka-ÖVP ist immer der gleiche. Da hilft auch nichts darüber hinweg, wenn Sie jetzt versuchen sich von der schwarzen oder von der türkisen ÖVP zu distanzieren oder sich sogar vom eigenen Parteinamen jetzt distanzieren wollen. So ... zur Staatsbürgerschaft: (Abg. Kainz: Genau. Jetzt sind wir da.) Es steht außer Zweifel, dass wir in Österreich Migration – und zwar Arbeitsmigration – brauchen, wenn wir unseren Wohlstand halten wollen. Gelungene Arbeitsmigration ist Teil der österreichischen Erfolgsgeschichte, weil ohne die fleißigen und arbeitssamen Hände aus Böhmen damals, aus dem ehemaligen Jugoslawien, aus der Türkei, aus den ehemaligen Ostblockländern und auch aus Italien z. B., wo meine eigenen familiären Wurzeln liegen ... ohne all diese helfenden Hände hätten wir niemals diese dynamische wirtschaftliche Entwicklung machen können, die dieses Land gemacht hat. (Kainz: Eh klar. Freunde, viele Freunde.) Gerade in Zeiten wie diesen, wo wir sehen, Arbeitskräftemangel überall, brauchen wir diese Hände ganz besonders. Da muss man einfach auch unterscheiden. (Abg. Kainz: Jetzt wird es entscheidend.) Menschen die hier eine Chance sehen und sich hier einbringen und arbeiten wollen in der Industrie, in Handwerksbetrieben, in der Pflege, in der Gastronomie bis hin zur IT-Branche ... Menschen, die hier arbeiten, die hier ihre Steuern zahlen, die hier ihren Beitrag leisten, damit es uns allen gemeinsam gut geht, damit wir unseren Wohlfahrtsstaat finanzieren können, wir unsere Pensionen finanzieren können, die brauchen wir. (Abg. Kainz: ja, aber?) Denn wenn der Wirtschaftsmotor stockt, dann tut er das mangels Mitarbeiterinnen bereits ... das tut er bereits in vielen Branchen, dann geht es uns allen zusammen nicht gut. (Abg. Ing. Ebner, MSc: Was hat denn das mit der Staatsbürgerschaft zu tun?) Aber die traurige Wahrheit ist: Österreich ist schlecht in qualifizierter Arbeitsmigration und auch das, auch das ist ein Versagen der ehemaligen Wirtschaftspartei ÖVP. Reden Sie einmal mit den Betrieben draußen, wie mühsam bis unmöglich es ist über die Rot-Weiß-Rot-Karte topqualifizierte Arbeitskräfte, Arbeitnehmerinnen hier nach Österreich zu bringen. Wir stehen, glaube ich, im Moment bei 5.000 Rot-Weiß-Rot-Karten pro Jahr in ganz Österreich. Also das ist ein Flop. Österreich braucht Zuwanderung. Darauf können wir uns einigen – und zwar kontrollierte Zuwanderung. (Abg. Kainz und Abg. Ing. Ebner, MSc: Vollkommen richtig.) Unsere Wirtschaft und somit unser aller Wohlstand braucht Arbeitskräfte (Abg. Kainz: Das soll das Ziel sein.) und jetzt kommen wir auch zur Staatsbürgerschaft: Wer unsere Werte teilt und ihren oder seinen Beitrag in und für unser Land leistet, der sollte auch die Chance haben, sich durch die Staatsbürgerschaft, die sie erreichen, zu integrieren. Er oder sie sollte die Chance haben, Österreicherin zu werden. (Unruhe bei Abg. Ing. Ebner, MSc.) Da möchte ich aber auch ganz klar sagen ... aber dann sagen Sie es auch klar: Vor dieser Art von Zuzug müssen wir auch keine Angst haben (Abg. Kainz: Na eh nicht, eh klar. Das hat ja mit Asyl nichts zu tun.) und da müssen Sie auch nicht jetzt mit dieser Staatsbürgerschaftsdiskussion Ängste schüren. Schon alleine, wenn ich das höre von dieser OGM-Umfrage ... das sind ja suggestive Fragestellungen. (Abg. Kainz: Das sind ja zwei verschiedene Paar Schuhe.) Ich finde das erschreckend, erschreckend (Unruhe bei Abg. Heinreichsberger, MA) diese jetzt aufkeimende, engstirnige, ausgrenzende Gartenzaunmentalität der ÖVP. Man könnte es nämlich auch ganz anders sehen. Man könnte es ganz anders sehen mit der Staatsbürgerschaft. Denn man könnte die Aussichten von Zuwanderern auf die österreichische Staatsbürgerschaft eben auch so sehen ... quasi wie eine Karotte vor der Nase als Instrument, das zugewanderte Menschen geradezu motiviert sich hier zu integrieren. Wenn die Staatsbürgerschaft Motivation für die Richtigen sein soll, dann muss sie auch erreichbar sein. Da kommen wir dann auch schon zum Punkt, weil das ist sie derzeit oftmals nicht. Und ich denke, viele Österreicherinnen und Österreicher wissen das gar nicht, denen ist es gar nicht bewusst, dass wir eines der strengsten Einwanderungsgesetze der Welt haben. Die Hürden sind enorm, dass man Österreicherin werden kann. Darum werden die Zahlen von der FPÖ, die da von der Überfremdung sprechen ... wenn alle, die herkommen, das Wahlrecht haben ... das ist absurd. Absurd. Wissen Sie, wie viele Niederösterreicherinnen im vergangenen Jahr die Staatsbürgerschaft bekommen haben, die österreichische, weil der Herr Königsberger ja so Angst hat, dass die Ausländer dann wählen dürfen? 1.351 Personen. Also nur, dass wir überhaupt einmal wissen auch von welchen Größenordnungen wir reden. Übrigens der Großteil dort Frauen und auch nicht diese bösen Männer, von denen Sie da immer sprechen. Fakt ist: Österreich gehört zu den restriktivsten Ländern der Welt, wenn es um Einbürgerung geht und darum darf man da auch schon einmal eine Diskussion hier vom Zaun brechen. Der „Migrant Integration Policy Index“ hat sich 56 Länder angeschaut und nur die Arabischen Emirate und Saudi-Arabien sind noch restriktiver als Österreich. Was muss man denn tun in Österreich, dass man überhaupt Staatsbürgerin werden kann? Man muss einmal mindestens 10 Jahre durchgehend in Österreich gelebt haben. Die Kosten für die Einbürgerung sind hoch. Die finanziellen Auflagen sind enorm. Die kann nicht einmal eine österreichische Durchschnittsfamilie über weite Teile erfüllen. Es können quasi wirklich nur Vermögende schaffen. Deutsch als Voraussetzung – natürlich ist das eine Selbstverständlichkeit. Aber nicht jedoch, dass die kleinste Verwaltungsstrafe hier ein Hinderungsgrund sein kann, weil wem von uns passiert das nicht, dass man das Auto einmal irgendwo falsch parkt. Auch aus demokratiepolitischer Sicht ist diese extrem restriktive Haltung schwierig, denn wer kein Österreicher, keine Österreicherin ist, kann natürlich auch nicht wählen – das haben wir vorhin diskutiert – ganz egal, wie lang er oder sie hier lebt. Und das ist gerade auch mit dem Blick auf das Thema „Integration“ kritisch zu sehen. Denn wenn jemand an der Gesellschaft nicht teilhaben kann, dann fühlt man sich auch weniger als Teil der Gesellschaft und man nimmt vielleicht auch weniger Verantwortung und fühlt sich dann in seiner Parallelgesellschaft, in der er sich befindet, wohler. Also: Sehen wir die Staatsbürgerschaft daher bitte als wichtiges Instrument einer gelingenden Integration, aber gestalten wir sie auch dementsprechend aus, dass sie erreichbar ist. Leider können wir das aber nicht hier im NÖ Landtag machen, obwohl die ÖVP das Thema hier heute thematisiert. Es ist aber Bundesmaterie. Was wir hier jedoch machen können heute: Wir können uns dazu bekennen, dass wir in einem chancenreichen und weltoffenen Niederösterreich leben wollen und dazu kann ich nur sagen: Ja, ich will. (Beifall bei den NEOS.)
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