Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2316/A-8/59-2022 – Leistbares Wohnen? Fehlanzeige! Die eigenen 4 Wände dürfen nicht zur Kostenfalle werden.
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Razborcan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Hoher Landtag! Für mich ist und bleibt die Politik ein Wettbewerb der guten Ideen. Ich glaube, so soll es auch sein. So können alle im Landtag vertretenen Parteien ihren Zugang zu den wichtigen Themen einbringen und so viel für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher weiterbringen. So schön, so gut. In Niederösterreich läuft es leider anders. Die ÖVP bestimmt mit knapp 50 % Wähleranteil 100 % der Politik in Niederösterreich. Das ist nicht zum Vorteil der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher. Leider ist sie nicht bereit, einen fairen Wettbewerb zuzulassen. Das manifestiert sich in den zahlreichen § 34-Anträgen. Das heißt auf gut Deutsch: Anträge werden grundsätzlich entweder sinnentstellt oder sie werden so dargestellt, dass der Eindruck entsteht, alle Ideen kommen alleine von der ÖVP. Ich bin aber persönlich sehr froh, dass jetzt bald Wahlen anstehen. Wir wissen zwar nicht, wann genau, weil sich die ÖVP das noch im stillen Kämmerchen ausmacht und wahrscheinlich den Wahltermin so legen wird, wie es für sie am günstigsten ist. Aber persönlich würde ich mir wünschen, dass der Wahltermin noch einige Zeit in der Zukunft liegt. Das wäre für die Niederösterreicherinnen und für die Niederösterreicher gut, denn es werden in letzter Zeit sehr viele gute Programme, Vorschläge präsentiert und durch die verstärkte Präsentation, wie sich die anderen so ein bisschen dieses Niederösterreich für die Zukunft vorstellen, kommt auch die ÖVP Niederösterreich langsam in die Gänge vor der Wahl. Ich möchte aber nicht verhehlen: Vieles, was in letzter Zeit geschehen ist, hat Niederösterreich weitergebracht. Wir liegen innerhalb von Österreich auf gutem Weg. Das ist auf der einen Seite der Verdienst der Politik, vor allem aber der vielen Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher, die mit ihrem Fleiß, mit ihrem Engagement beigetragen haben, ganz egal in welchem Bereich. Ich stehe auch nicht an, hier an dieser Stelle festzuhalten, dass natürlich auch die ÖVP in vielen Bereichen konstruktiv gearbeitet hat und mit ihrer Politik dazu beigetragen hat, Niederösterreich auf der Überholspur zu halten. Aber gerade in letzter Zeit oder vor allem im letzten Jahr haben die Sozialdemokraten in Niederösterreich für die brennenden Themen Lösungsansätze präsentiert und im Wettbewerb der guten Ideen liegt die Sozialdemokratie ganz klar voran. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei Abg. Ing. Ebner, MSc.) Der Kollege Ebner lacht ... (Abg. Ing. Ebner, MSc: Da musst du selber lachen.) ... aber es ist auch gut, wenn du nicht nur lachst, sondern wenn du sehr aufmerksam zuhörst, weil ...
Präsident Mag. Wilfing: Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen jetzt aufmerksam drei Minuten zugehört und Sie haben das Wort „Wohnen“ noch nicht einmal erwähnt, obwohl es hier um das Thema „Wohnen“ in der Aktuellen Stunde geht. Ich würde Sie bitten, dann zur Sache zu kommen.
Abg. Razborcan (SPÖ): Ja, Herr Präsident, das Problem der ÖVP liegt ganz einfach darin, dass Sie nie zuhören oder vielleicht auch teilweise nicht ausreden lassen. Ich habe 15 Minuten Zeit, ich glaube, ich werde es schon noch schaffen den Bogen zu spannen. Außerdem bin ich ...
Präsident Mag. Wilfing: Naja, wir haben schon die Regel bei uns, dass man zur Sache spricht und nicht über Fußball z. B., weil das können Sie auch 15 Minuten machen, sondern die Aktuelle Stunde heißt „leistbares Wohnen“ und ich würde Sie bitten zur Sache zu kommen. (Beifall bei der ÖVP und Heiterkeit bei der ÖVP.)
Abg. Razborcan (SPÖ): Herr Präsident, wenn Sie aufmerksam zuhören, werden Sie den Bogen verstehen. Wichtig ist aber nicht nur, dass der Herr Präsident den Bogen versteht, sondern insgesamt die ÖVP, weil es, glaube ich, wichtig ist, dass man gewisse Dinge auch so aufbereitet und vorbereitet, damit Klarheit rüberkommt, dass es schon wichtig ist, Programme darzulegen. Wohnen ist eines der wichtigen Themen, aber ich glaube trotzdem, dass es notwendig ist zu sagen, dass wir mit den Themen ganz klar voranliegen. Das hat sich manifestiert in der Präsentation des „PflegePROgramms“, das leistbar, transparent und menschlich ist. Da gibt es 17 Punkte, die wir hier präsentiert haben ... geht von der Verbesserung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, über Anstellung pflegender Angehöriger und und und ... und wir wissen alle miteinander: Ein Bett allein pflegt nicht und das Klatschen von den Balkonen noch viel weniger. Ebenso – und jetzt noch ein kleiner Bogen – ist es mit dem „KinderPROgramm“, das einen Meilenstein in der niederösterreichischen Familienpolitik darstellt und da gibt es die „3 Gs“. Während die „3 Gs“ bei der ÖVP immer noch geimpft, getestet und genesen ist, ist es halt bei der SPÖ im „KinderPROgramm“ ganzjährig, ganztägig und gratis. Ich glaube, das ist auch wesentlich, weil – (Beifall bei der SPÖ.) und jetzt kommt schön langsam auch der Bogen – die ÖVP mitbekommen hat, dass die Sozialdemokratie für die wichtigen Herausforderungen der Zukunft Programme auf den Tisch legt. Und weil sie draufgekommen sind, dass das so wichtig ist, haben sie auch begonnen abzuschreiben. Das ist ja nichts Schlechtes, weil damit in der Familienpolitik das eine oder andere weitergegangen wäre (Heiterkeit bei Abg. Ing. Ebner, MSc), hätten sie aber wirklich und alles bis zum Schluss gelesen und aufgepasst, dann wären sie draufgekommen, dass da noch einiges fehlt. Warum erzähle ich das alles? (Abg. Mag. Hackl: Das frage ich mich auch.) Ich habe es schon eingangs erwähnt: Es ist wichtig, es ist ganz wichtig, weil wir eine Mehrheitspartei in Niederösterreich haben, dass diese Mehrheitspartei vor den Wahlen wieder in die Gänge kommt. Das ist uns gelungen und jetzt komme ich dann schon langsam auch zum Thema „Wohnen“, weil das auch ein brennendes Thema für die Zukunft ist. (Unruhe bei Abg. Mag. Zeidler-Beck, MBA, Abg. Heinreichsberger, MA und Abg. Ing. Huber.) Wenn die ÖVP genau zuhört, dann werden sie auch Teile, wahrscheinlich Teile dieses Programms, das die SPÖ in Zukunft vorstellen wird, übernehmen. Sie haben aufgepasst, weil ja unser Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl angekündigt hat, in den nächsten Tagen und Wochen ein komplettes „WohnPROgramm“ zu präsentieren. Dieses „WohnPROgramm“, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, wird am Tisch liegen ... zuerst komplett durchlesen, bis zum Schluss lesen und dann alles, was dann notwendig ist, zu überdenken, weil die ÖVP ist jetzt in Zugzwang gekommen. Und weil sie gehört haben: „Ah, die SPÖ kümmert sich um leistbares Wohnen.“ Was ist ihnen eingefallen? Es ist ihnen eingefallen, dass sie ein Bankenhilfsprogramm auf den Weg bringen, statt über leistbares Wohnen nachzudenken. In einer Nacht- und Nebelaktion ist angekündigt worden, 5 % Haftungsübernahme des Landes für Kredite für die Häuslbauer. Ein paar Anmerkungen dazu: Erstens wurde der 20%ige Eigenmittelanteil vom Finanzminister Brunner, der übrigens dem Vernehmen nach der ÖVP angehört, eingeführt und die Finanzmarktaufsicht hat das auch als gut empfunden. Jetzt – das war im August – wird der ÖVP-Finanzminister und die FMA gedrängt, wie gesagt, die erst heuer Anfang August verschärften Kreditlinien für die Eigenmittel und Häuslbauer wieder zu lockern. Zweitens stellt dieser Vorschlag eine Bankenförderung dar – ich habe es ja schon gesagt – und keine Eigenheimförderung, weil der Kredit muss ja sowieso zurückbezahlt werden. Das ändert für den Häuslbauer nichts, es sei denn, er wird zahlungsunfähig. Aber dann wird die Bank schadlos gehalten, der Häuslbauer hat selber nichts davon. Last, but not least und drittens, können die Banken durch den geringeren Eigenmittelanteil einfach höhere Kredite vergeben und verdient bei höheren Krediten? Nicht die Banken. Das heißt, der Häuslbauer hat von dem gar nichts. Für mich eine glatte Themenverfehlung, wahrscheinlich weil es schnell gehen hat müssen, weil die ÖVP in Zugzwang gekommen ist und deswegen bitte, Herr Präsident, immer alles bis zum Schluss anhorchen, sich das genau anzuschauen und dann kann man sich an einen Tisch setzen und dann werden wir vernünftige Lösungen für die Zukunft finden. Ganz anders unser Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl, der mit seinem Vorschlag zur Umfinanzierung nämlich von dem Hineinlassen von Hypothekarkrediten in die Wohnbauförderung aufhorchen hat lassen. Ein guter Vorschlag, wie ich meine. Was heißt das? Die geförderten Wohneinheiten haben in Relation zu den Baubewilligungen in letzter Zeit extrem abgenommen. Nachdem die Förderung im Bereich der Eigenheime im Wesentlichen zwischen der Zinsdifferenz von 1 % zum Marktzins steht, war für viele Häuslbauer die Wohnbauförderung unattraktiv, weil die Banken sehr günstige Kredite vergeben haben. Jetzt, nachdem aber die Europäische Zentralbank die Zinswende eingeleitet hat und viele junge Menschen in Niederösterreich vor steigenden Rückzahlungen bei den Krediten stehen, was für sie existenzgefährdend ist, aber trotzdem die Zinserhöhung noch lange nicht am Ende ist, genauso wie ein Ende der Teuerungswelle nicht abzusehen ist, ist hier einzugreifen ein Gebot der Stunde. Die aktuelle Förderrichtlinie sieht vor, dass nur bis zur Fertigstellungsanzeige die Möglichkeit ist Wohnbauförderungsmittel zu beantragen. Unser Vorschlag ist es – vor allem auch der Vorschlag unseres Landeshauptfrau-Stellvertreters Franz Schnabl – rückwirkend bis 2010 das aufzumachen, das heißt, dass auch jene einreichen können, die das bis jetzt nicht getan haben. Das ist ein Vorschlag, meine sehr geehrten Damen und Herren, der den Menschen in Niederösterreich, den Häuslbauern, den Wohnungskäufern hilft und nicht ein Bankenhilfspaket darstellt. (Beifall bei der SPÖ.) Eine weitere absurde Tatsache in der Wohnbauförderung ist, wenn ein Wohnhaus im großvolumigen Bereich ausfinanziert ist und damit die Objektförderung wegfällt. Wenn nämlich die Objektförderung wegfällt, gibt es auch keine Möglichkeit mehr, Subjektförderung zu bekommen – sprich Wohnbeihilfe und Wohnzuschuss fällt weg. Und jetzt soll mir einer erklären: Ein Mensch, der das beansprucht, weil er es einfach notwendig hat, kann überhaupt nichts dafür, dass dieses Haus jetzt ausfinanziert wird, kommt aber in Schwierigkeiten. In dem Fall wird Wohnen wirklich unleistbar. Das gehört meiner Meinung nach sofort geändert – ganz egal, ob jetzt Wahlen anstehen oder auch nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, die ÖVP sagt es immer: „Gemeinsam ins Land hineinschauen“ ... also lasst uns einmal gemeinsam ins Land hineinschauen. Wir haben massive Probleme mit Grund und Boden, mit den Preisen von Grund und Boden, vor allem, wenn man an die Westachse denkt, an die Südachse denkt oder grundsätzlich überhaupt rund um Wien, wo Grund und Boden so extrem teuer geworden sind, dass sich das breite Bevölkerungsschichten überhaupt nicht mehr leisten können. Gleiches gilt natürlich auch für die Genossenschaften, die Gründe ankaufen müssen und den Preis für Grund und Boden nicht mehr bezahlen können. Die Grund- und Baukosten steigen seit etlichen Jahren weit über die Inflationsrate, die Baukosten seit Anfang 2021 in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Aber wir haben ja die Möglichkeit entgegenzusteuern. Eine dieser Möglichkeiten ist es, bei den Widmungskategorien anzusetzen und die Menschen in Niederösterreich mit einem Anteil an den Übergewinnen durch Umwidmungen von Grundstücken mitpartizipieren zu lassen – Stichwort „Widmungskategorie gemeinnütziger Wohnbau“. Ich weiß schon, jetzt wird gleich wieder der Aufschrei kommen von der ÖVP: „Ja, das ist eine kalte Enteignung“ und was auch immer, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir hier in diesem Saal das alle noch einmal machen werden müssen, weil es uns nicht erspart bleibt. Wenn es bei der ÖVP ein bisschen länger dauert, macht nichts. Hauptsache wir werden es irgendwann einmal umsetzen. (Beifall bei der SPÖ.) Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir sind alle miteinander in Niederösterreich sehr viel unterwegs und kennen die Herausforderungen der Menschen in Sachen Teuerung. 12,2 oder sogar 12,5 % Inflation stellen in Österreich den höchsten Wert seit 70 Jahren dar. Neben Stromkosten, steigenden Lebensmittelpreisen, Heizkosten und explodierenden Spritpreisen sind gerade die Aufwendungen für das Wohnen Hauptpreistreiber. Aber ein Dach über dem Kopf ist das Mindeste, das wir als Politik unterstützen müssen. Die eigenen vier Wände dürfen nicht zur Kostenfalle werden – nicht in der Anschaffung, nicht durch Kreditzinsen, nicht durch Stromkosten und auch nicht durch Heizkosten. Wir brauchen in der Wohnbaupolitik ein umfassendes Konzept und keine kosmetischen Ansätze. Wir Sozialdemokraten werden in den nächsten Tagen ein „WohnPROgramm“ präsentieren und wünschen uns für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher, dass dieses Programm von der ÖVP wieder abgeschrieben wird. Aber bitte diesmal vollständig und dann kann die Wahl kommen – egal ob im Jänner oder erst im März nächsten Jahres. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
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