Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2261/A-8/57-2022 – Niederösterreich ist Kinderösterreich und Familienösterreich – blau-gelbe Betreuungsoffensive
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Ecker, MA(GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Landeshauptfrau! Werte Landesrätinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Freut mich, dass es so großes Interesse hier auch schon von Kindern gibt. Passenderweise diese Woche war Weltkindertag, vor zwei Tagen, und deswegen werde ich angesichts des Titels diese Rede auch dazu nutzen, um über Kinderrechte im Allgemeinen zu reden, weil zwischen dem, was dieser Titel suggeriert und was die Wirklichkeit in Niederösterreich ist, klafft doch eine gewisse Lücke. Zunächst aber zum Hauptthema hier, zu Bildung und Betreuung. Der Titel dieser Aktuellen Stunde zeigt schon eines: dass der Kindergarten als die erste und die wichtigste Bildungseinrichtung noch immer nicht in allen Köpfen angekommen sein dürfte, wenn hier wieder hauptsächlich von Betreuung die Rede ist. Dementsprechend ist leider auch die Realität in vielen Kindergärten, dass dort oft nicht genügend Zeit ist, um tatsächlich diese Bildungsfunktion auszuüben. Es war 2018 – ich kann mich noch sehr gut erinnern – einer meiner ersten Anträge hier herinnen im NÖ Landtag, wo ich einen besseren Betreuungsschlüssel gefordert habe für die Kindergärten. Ein besserer Betreuungsschlüssel bedeutet bessere Bildungschancen, aber auch eine bessere Betreuung für die Kinder. Seit ich diesen Antrag hier eingebracht habe, ist leider nichts in diese Richtung passiert. Jetzt – der Wahlkampf steht vor der Tür – gibt es große Ankündigungen. Es ist jetzt schon mehrmals gesagt worden – auch ich habe meine Zweifel, dass diese Ankündigungen tatsächlich dann Realität werden. Wenn man sich die Situation heute schon in vielen Kindergärten in Niederösterreich anschaut, kann ich mir nicht helfen, das als Wahlkampfgag zu bezeichnen, weil wir haben jetzt schon die Situation in vielen Gruppen, dass ein Stimmungsbild herrscht, wo große Frustration zu spüren ist, wo ein Personalmangel allgegenwärtig ist und wo Kolleginnen und Kollegen im Burnout landen, weil sie diesen Stress nicht mehr aushalten, der in den Gruppen passiert. Ein Grund ist der Personalmangel, der oftmals heute schon herrscht, wo in Gruppen seit Jahresbeginn keine eigene Kindergartenpädagogin gefunden werden kann, einfach weil diesen Job derzeit zu wenige junge Menschen annehmen wollen. Der Hintergrund ist ein hausgemachter. Man weiß einerseits, aufgrund der Pensionierungen, die derzeit natürlich höher sind, aufgrund der Geburtenpyramide, aber auch aus vielen anderen Gründen, dass wir einen Personalmangel in diesem Bereich haben. Schlechte Arbeitsbedingungen in drei Dimensionen sind hier der Hauptgrund, warum wir diese Probleme haben: zu große Gruppen und damit ständige Überlastung und Überforderung in den Kindergruppen, damit auch zu wenig Zeit für das Wichtigste – für die Bildungsarbeit, und bei den Kleinkindgruppen insbesondere, wo ja die Erweiterung auf 2-Jährige jetzt angekündigt wird, keine wirkliche Verbesserung des Betreuungsschlüssels, denn man muss sich vorstellen – und jede und jeder von Ihnen, die Kleinkinder zu Hause haben oder zu Hause hatten, weiß das – dass zwischen 2-jährigen und 3-jährigen Kindern ein sehr großer Unterschied ist, was die Betreuungsleistung betrifft und dementsprechend wird das nicht genügen, diese minimale Verringerung des Betreuungsschlüssels, um hier sicherzustellen, dass genügend Personal für die Kinder zur Verfügung steht. Der zweite Punkt: kaum Vorbereitungszeiten. Vor allem für die Pädagoginnen steht kaum Vorbereitungszeit zur Verfügung, dafür viel Bürokratie, die in dieser Vorbereitungszeit absolviert wird. Warum gibt es hier – wie es zum Glück jetzt an Schulen immer mehr der Fall ist, aber auch noch zu wenig – Supportpersonal? Warum gibt es nicht auch hier administrative Kräfte? Warum gibt es nicht auch hier Putzkräfte, die diesen Part übernehmen? Warum müssen das oft noch die Kinderbetreuerinnen machen, die eigentlich ganz andere Aufgaben haben? Drittens, auch wenn das nicht immer vorrangig ist: auch die Bezahlung. Für das, dass das unsere wichtigste Bildungseinrichtung ist, aber auch eine wichtige Betreuungseinrichtung, ist die Bezahlung einfach schlecht. Und Danksagungen und Klatschen ist hier dem Personal mittlerweile zu wenig. Das alles drängt Personen aus dem Beruf hinaus. Das alles bietet zu wenige Anreize, um Personen diesen Beruf schmackhaft zu machen. Das wird uns auf den Kopf fallen, wenn hier nicht schnell gegengesteuert wird. Ich prophezeie, dass nicht genügend Personal zur Verfügung sein wird, um diese angekündigte Reform umzusetzen, wenn nicht schnell und massiv gegengesteuert wird, wenn nicht schnellstens die Arbeitsbedingungen verbessert werden, wenn nicht schnellstens auch die Bezahlungen in diesem Bereich verbessert werden. Wir hatten hier einen Antrag dazu heute eingebracht. Der wurde leider abgelehnt. Ich bin der Meinung, hier muss drastisch und massiv und schnell gegengesteuert werden. (Beifall bei den GRÜNEN.) Kinderrechte – und das ist mir ein besonderes Anliegen – gehen weit über diesen Bildungsbereich hinaus. Die Rechte der Kinder sind in der Bundesverfassung geregelt und ich habe mir hier drei Punkte herausgesucht, auf die ich eingehen möchte. Im Artikel 1 steht (liest:)„Jedes Kind hat Anspruch auf Schutz und Fürsorge.“ Wenn ich mir – und das habe ich in den letzten Wochen und Monaten gemacht – das Verkehrsumfeld rund um Schulen und Kindergärten in Niederösterreich so anschaue, dann ist dieser Schutz oft nicht gewährleistet. Da rauschen Lkw mit 50, oft noch höher als die erlaubte Geschwindigkeit, 60, 70 km/h direkt an den Toren der Kindergärten in Niederösterreich vorbei. Das kann es doch nicht geben im Jahr 2022, dass wir diese Kinderrechte nicht ernst nehmen, den Schutz der Kinder ernst nehmen und hier endlich für ein sicheres Verkehrsumfeld vor den Schulen und Kindergärten sorgen in Niederösterreich. (Beifall bei den GRÜNEN.) Es gibt genug Anträge ... auch von Gemeinden ... die Gemeinden sind da schon viel weiter als das Land ... da gibt es genug Anträge, die 30 km/h – das ist das absolute Minimum – vor Bildungseinrichtungen fordern und nicht einmal das ist möglich. (Heiterkeit bei Abg. Aigner und Abg. Landbauer, MA.) Zweiter Punkt, ebenfalls Zitat aus der Bundesverfassung (liest:)„Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.“ Wir werden es heute noch detaillierter debattieren im Bericht präventive Menschenrechtskontrolle, aber eines ist ganz klar: Das, was die Volksanwaltschaft sagt in diesem Bericht – nicht ich im Übrigen, das sagt die Volksanwaltschaft – was da hervorgeht, dass dieses Normkostenmodell – im Übrigen auch von der SPÖ-Landesrätin abgefeiert und mitgetragen – dass hier Kinder und Jugendliche ganz massiv auf der Strecke bleiben in Niederösterreich. Ein Beispiel: Ein Kind in einer Landeseinrichtung, das dringend sozialtherapeutische Betreuung braucht – was früher möglich war, was früher klar war, dass es das bekommt – wird diesem Kind nun verweigert. Und die Therapie kann, wenn überhaupt – wenn sich jemand findet, der das spendet – über Spender finanziert werden, aber nicht eben durch die öffentliche Hand, deren Aufgabe das wäre. Die Folge ist, dass viele Kinder und Jugendliche, die das nicht müssten, in der Psychiatrie landen, dass viele Gewalt ausüben, letztlich dass viel Aggression in den Einrichtungen herrscht, bis hin zu Polizeieinsätzen, die dadurch entstehen und ähnlich wie beim Kindergartenpersonal auch da Überforderung, ständige Überlastung der Mitarbeiterinnen in den Einrichtungen und statt hier aufzustocken, investieren in unsere Kinder und Jugendliche, spart das Land durch dieses Normkostenmodell auf Kosten der Kinder und Jugendlichen. Das ist wirklich dramatisch, was in diesen Einrichtungen passiert. ÖVP und SPÖ sind in Niederösterreich hier verantwortlich, dass die Kinderrechte wahrlich mit Füßen getreten werden. (Unruhe bei Abg. Mag. Scheele.) Der dritte Punkt, ebenfalls aus der Bundesverfassung (liest:)„Jedes Kind hat Anrecht auf Wahrung seiner Interessen, auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit.“ Davon sind wir meilenweit entfernt, wenn man an die Klimakrise denkt. Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden viele Kinder und deren Nachkommen keine Zukunft mehr haben. (Unruhe bei Abg. Mag. Samwald.) Niederösterreich schafft es seit Jahrzehnten nicht, die CO2-Emissionen in dem Maß einzudämmen, wie das möglich wäre und wie das notwendig wäre und leistet damit noch immer einen Beitrag hier diese Zukunft der Kinder zu verbauen. (Abg. Schmidt: Das darf ja doch nicht wahr sein.) Mir hat im Rahmen des 100-Jahres-Matinées sehr gut gefallen der Blickwinkel von Philipp Blom, der dort gesprochen hat, uns als Vorfahren zu betrachten, die eine Verantwortung haben gegenüber den folgenden Generationen, gegenüber unseren Kindern. Diese Verantwortung vermisse ich hier herinnen zutiefst und das muss sich rasch ändern. Dankeschön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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