Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2261/A-8/57-2022 – Niederösterreich ist Kinderösterreich und Familienösterreich – blau-gelbe Betreuungsoffensive
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Collini(NEOS): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau! Werte Mitglieder der Landesregierung! Werte Kollegenschaft! Sehr geehrte Damen und Herren! Spüren Sie es? Nicht nur der Herbst, sondern auch die Landtagswahl steht vor der Tür. Und woran man das erkennen kann? Also unter anderem an den heutigen Aktuellen Stunden. Wir haben auf der einen Seite dann nachher noch eine Aktuelle Stunde vor uns von der FPÖ, Populismus in Reinkultur wird uns da erwarten (Abg. Ing. Mag. Teufel: Geh bitte.) und wir haben auf dieser Seite hier Versprechen, die wahrscheinlich brechen. Damit meine ich die medial groß angekündigte Kinderbetreuungsoffensive der ÖVP. Dass die Gefahr sehr groß ist, dass das Versprechen brechen wird, das haben wir auch gesehen, werte Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, da Sie unseren Antrag heute eingangs abgelehnt haben, indem wir gebeten haben, dass Sie diesen Vorschlag auch mit konkreten Zahlen und Plänen und Meilensteinen untermauern. Sie erzählen den Menschen, dass jetzt ein Turbo in der Kinderbetreuung gezündet werden soll. Ja, denke ich mir, gut so, weil auf der einen Seite freue ich mich ja und ich denke mir: Endlich kommt die ÖVP in die Gänge, endlich tut sich etwas in Sachen Ausbau der Kinderbetreuung in Niederösterreich. Endlich soll es für Familien und vor allen Dingen für die Frauen leichter werden. Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Das ist in Niederösterreich oftmals eine ziemliche Challenge und besonders im Bereich der Kleinkinderbetreuung ist es schwer bis gar unmöglich, einen Kinderkrippenplatz zu finden, geschweige denn zu finanzieren. Auf der anderen Seite frage ich mich schon auch, wie ernst kann man diese Ansage der ÖVP eigentlich nehmen? Und warum kommt die genau jetzt? Ist es nicht vielleicht eines jener Wahlversprechen, die sich gut vermarkten lassen und die tatsächliche Umsetzung steht jedoch auf einem anderen Papier? Jedenfalls detaillierte Pläne, das Papier mit den detaillierten Plänen kennen wir nicht. Und um auch eines ganz klar zu stellen: Also in der Sache haben Sie natürlich voll und ganz meine Unterstützung. Wir NEOS setzen uns seit Jahren unermüdlich für den Ausbau der Kinderbetreuung in Niederösterreich ein und ich freue mich auch, wenn unsere anhaltenden Thematisierungen, unser Dranbleiben hier auch etwas bewirkt und vielleicht auch ein Umdenken der ÖVP bewirkt und das ist natürlich toll für die Eltern in diesem Land. Allein mir fehlt der Glaube, dass das, was in den Presseaussendungen gut klingt auch wirklich so kommt. Mir fehlt der Glaube an die Ernsthaftigkeit, mit der die ÖVP in den nächsten Jahren das Angekündigte dann auch voranbringen will und auch voranbringen wird. Ich kann diese Zweifel auch sehr gut begründen. Wir NEOS haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Anträge und Ideen zur Verbesserung der Kinderbetreuung immer und immer wieder eingebracht. Und immer und immer wieder wurden diese von der ÖVP abgeblockt. Jetzt – just vor dem Wahltermin – eine Offensive. „Sorry to say“, aber das erinnert mich schon sehr stark auch an die Landarztgarantie von der Frau Landeshauptfrau im letzten Wahlkampf ... hat sehr gut geklungen, hat in der Realität aber keine zusätzlichen Ärzte in die Regionen gebracht. Oder: Die Pläne für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung mit Primärversorgungseinheiten. Von den angekündigten 14 Primärversorgungszentren, die wir vor einem Jahr bereits hätten haben sollen, sind es bis dato sechs – also nicht einmal die Hälfte davon. Sie können daher vielleicht nachvollziehen, woher meine Zweifel kommen. Ich bezweifle auch, dass dieses Vorhaben so, wie es angekündigt wurde, umsetzbar ist, denn vier Jahre lang, fast fünf Jahre lang, Anträge ablehnen, viel zu wenig zu tun und jetzt im letzten Jahr vor der Wahl dann Bewegung vortäuschen ... das geht sich dann einfach alles irgendwie zusammen nicht aus. So: Was sagen Sie oder was versprechen Sie? Dass es bereits ab nächstem September eine kostenlose Vormittagsbetreuung für alle Kinder bis sechs, also auch für Kleinkinder, geben soll. Das ist eine Ansage, die finde ich natürlich großartig. Doch schauen wir uns bitte einmal die Faktenlage an. Wir haben in Niederösterreich 573 Gemeinden. In 386 – also in fast 70 % - der niederösterreichischen Gemeinden gibt es derzeit keine Krippe. Fakt ist: Im Moment werden in Niederösterreich rund 2.600 Kinder in Krippen betreut. Pro Jahr kommen aber 15.000 Kinder auf die Welt. Also schon alleine dieser Zahlenvergleich zeigt doch, wo wir stehen. Wir sehen auch, dass der Andrang groß sein wird und er wäre auch stemmbar gewesen, hätte man in den vergangenen Jahren hier Prioritäten gesetzt. Aber so – wie soll sich das bis nächsten Herbst realistischerweise ausgehen, wenn weder die Infrastruktur da ist, noch ein Plan zur Finanzierung? Da gibt es noch einen Punkt: Die Kleinkinderbetreuung in Niederösterreich ist bis dato über private Träger organisiert. Das sind keine Landeskrippen. Wie wird man diese privaten Anbieter integrieren? Wer trägt die Kosten? Viele Fragen, keine Antworten. Und es wird auch versprochen, dass ab September 2024 die Kindergärten für Kinder ab zwei geöffnet werden sollen. Auch das eine Maßnahmen, die ich sehr begrüße. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass es hier eine Lücke gibt. Eine Lücke zwischen Ende der Karenzdauer, meistens nach zwei Jahren, und Eintritt in den Kindergarten mit zweieinhalb in Niederösterreich. Aber auch für dieses Vorhaben kennen wir keinen Finanzierungsplan für die Infrastruktur. Die zusätzlichen Kinder werden ja wohl auch Platz brauchen und auch wie das zusätzliche Personal rekrutiert und dann finanziert werden soll – das ist nicht klar. Was wir jedoch jetzt bereits kennen und wissen: Wir haben bereits jetzt weit und breit zu wenige Elementarpädagoginnen und die Gemeinden, die einen großen Teil dieser Kosten stemmen müssen – die Kosten für Infrastruktur, die Kosten für die Betreuerinnen – die stehen ja finanziell jetzt schon am Anschlag. Wie soll das gehen? Frau Bildungslandesrätin Teschl-Hofmeister, Sie haben eine umfangreiche Anfrage von mir dazu bekommen, weil ich wissen möchte, wie Sie sich das genau vorstellen. Heiße Luft, das dürfen die Windräder im Sommer gerne um sich verbreiten. Die Verantwortlichen in der Landespolitik ... von denen erwarte ich mir konkrete Schritte und ich wünsche mir auch Umsetzung und keine leere Wahlversprechen, weil derzeit – und das ist auch kein Geheimnis – gibt es in Sachen Kinderbetreuung in Niederösterreich noch sehr viel zu tun. Auch Herr Kollege Lobner ... ist er noch hier? ... auch wenn Sie in den schillerndsten Farben vorhin geschildert haben ... dieses blühende Kinderbetreuungsland in Niederösterreich, das wir hier offensichtlich haben ... Fakt ist: Niederösterreich liegt mit 25 durchschnittlichen Schließtagen noch immer im hintersten Feld im österreichischen Vergleich. Stimmt: Hier ist in den letzten Jahren sehr viel gelungen. Das muss man auch anerkennen, aber es gibt noch reichlich Luft nach oben. Die VIF-Kriterien haben vorher schon gehört: Derzeit werden nur drei von fünf Kindern in Einrichtungen betreut, die eine Vollzeitbeschäftigung beider Eltern erlauben. Also die Plätze, bei denen das möglich ist, sind in Niederösterreich sogar signifikant zurückgegangen, die Plätze, die den VIF-Kriterien entsprechen, den Kriterien für Vereinbarkeit von Familie und Beruf ... die sind signifikant zurückgegangen und wir haben in Niederösterreich den größten Rückgang aller Bundesländer. So schaut die Realität aus. Wir NEOS haben immer wieder auf den Ausbau der Kinderbetreuung gedrängt und deshalb begrüße ich auch den Vorstoß. Aber: Ich will sicherstellen, dass es auch tatsächlich passiert. Konkrete Ziele und Pläne, wie man dies erreichen soll, habe ich bis dato noch keine gesehen und Sie wollen sie offensichtlich auch nicht vorlegen, sonst hätten Sie unserem Antrag heute zugestimmt. Genau darum bleiben wir NEOS auch drauf auf unserer Forderung nach einem Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag, weil nur dann, wenn es einen Rechtsanspruch gibt, können sich die niederösterreichischen Familien und Frauen auch sicher sein und sich darauf verlassen, dass dieses Vorhaben ernst gemeint ist. Kollege Lobner, Sie haben vorher gesagt, dass Rechtsanspruch und Wahlfreiheit irgendwie etwas miteinander zu tun hätte ... also ich weiß nicht, wie das zusammenhängt. Vielleicht meinen Sie dann die Wahlfreiheit der Bürgermeisterinnen, ob sie eine Krippe eröffnen oder nicht? Wobei die Bürgermeisterinnen sind eh arm, weil die bleiben eh mit der Herausforderung picken und sitzen auf dem Thema, weil die müssen es ja finanzieren. Also ich meine die Wahlfreiheit der Familien und der Frauen. Wenn Sie jetzt wieder reflexartig sagen, das mit dem Rechtsanspruch das geht nicht, dann kann ich nur sagen: Meine Antwort ist so wie die von vielen Familien und vielen Frauen in diesem Land ... ich bin es leid zu hören, was nicht geht. Lassen Sie uns daran arbeiten und Lösungen finden, wie es geht und andere Länder wie Schweden, Dänemark, Norwegen und sogar Deutschland zeigen es, dass ein Rechtsanspruch ab dem ersten Geburtstag möglich ist. Erst dann darf sich Niederösterreich auch wirklich Kinderösterreich und Familienösterreich nennen. (Beifall bei den NEOS.)
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Zur Person
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- Wohnbezirk:
- Mödling
- Klub/Fraktion:
- Landtagsfraktion der NEOS Niederösterreich (ohne Klubstatus)
- Wahlpartei:
- NEOS – Das Neue Niederösterreich