Zusammenfassung
Verhandlungsgegenstand
- VerhandlungsgegenstandLtg.-2262/A-8/58-2022 – EU-Sanktionen beenden – endlich aufs eigene Land schauen!
Video-Übertragung der Sitzung
Auszug aus dem Sitzungsbericht
Abg. Mag. Scheele (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wenn wir eine Gemeinsamkeit bei dieser sehr emotional geführten Diskussion feststellen können, dann die, dass wir uns einig sind, dass der Aggressionskrieg von Russland – manche sagen dann naiv von Putin – aber der Aggressionskrieg von Russland gegen die Ukraine zu verurteilen ist, dass das auch der Auslöser war für die Sanktionen, die Europa verhängt hat. Aber so zu tun wie wenn von Anfang an die Lösung klar gewesen wäre bei den Sanktionen ... können wir uns alle noch erinnern, so lange ist es nicht her ... es hat von Anfang an in fast allen politischen Gruppen Zweifel gegeben und auch heftige Reaktionen gegeben. Wenn man so nachliest: Der Wirtschaftskammerpräsident, ÖVP-zugehörig, aus Österreich hat Anfang September gesagt: „Bei der Verhängung der Sanktionen hat die Europäische Kommission nur mit einer Gehirnhälfte gedacht.“ Er hat gemeint, dass man zwar auf der einen Seite weitere Sanktionsschritte verhängt hat, aber auf der anderen Seite nicht die notwendigen Begleitmaßnahmen dazu diskutiert, beschlossen hat. Ich glaube – ich bin kein Fan des Wirtschaftskammerpräsidenten – aber damit hat er recht. Ich glaube, die Ursula von der Leyen kann ihr Geschäft nicht wirklich und vielleicht wäre es besser gewesen, hier jemand anderen an die Spitze von Europa zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.) Ich bin auch davon überzeugt, dass die Lösung nicht so einfach ist, zu sagen, wir schauen nur auf die Niederösterreicher, wir schauen nur auf Österreich und dann löst sich alles und wir haben günstige Energiepreise und wir haben wieder normale Weltmärkte. Dazu – wissen wir alle – ist das System viel zu verflochten. Aber ich glaube, dass man in einer Demokratie auch Dinge beim Namen nennen kann – auch wenn es eine Meinung ist, manchmal sind es auch Tatsachen – ohne dass man bezichtigt wird, dass man „Fake News“ verbreitet. Ich glaube, dass das ein wichtiges Element unserer Demokratie ist. Mich stört es, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir immer von westlichen Werten reden, von europäischen Werten, von der westlich-liberalen Demokratie. Weil warum soll jemand, der nicht im Westen lebt, gewillt sein, wenn wir nicht sagen, da geht es um allgemeine Menschenrechte, da geht es um Völkerrecht ... warum soll man sich daran halten, wenn man sagt, wir sind die Souveränen, wir sind die, die besser sind? Das heißt, ich glaube, wir müssen auch aufpassen in Richtung zukünftiger Konflikte zu vermeiden, dass wir uns nicht eurozentristisch auf einen Thron stellen, wo wir nicht hingehören, denn liebe Vorrednerinnen und Vorredner, ich kann mich sehr gut erinnern an 2003. Damals haben die USA gesagt, das ist „preemptive non-aggression“ und ihr wisst, die europäischen Hauptstädte waren voll mit Millionen von Demonstranten, weil sie diesen Völkerrechtsbruch der USA beim Einmarsch in den Irak bei der Bombardierung nicht akzeptiert haben. Und wir wissen heute, der überhebliche Westen hat mit „Fake News“ gearbeitet. Man hat das Argument hergenommen und hat gesagt: „Da gibt es Massenvernichtungswaffen und da müssen wir intervenieren.“ Viele haben von Anfang an gewusst, das ist falsch. Ich glaube, es geht auch um das zuzugeben, dass vielleicht auch der Westen auf einem Auge blind ist. Wenn wir es ernst meinen mit der Durchsetzung des Völkerrechtes, wenn wir es ernst meinen mit Menschenrechten, dann kann man diese nicht nur hervorziehen, wenn es Russland betrifft, sondern da muss man das kohärent in allen Bereichen anwenden. Dann hat man eine Glaubwürdigkeit und dann wird das auch mit der Weiterentwicklung funktionieren. (Beifall bei der SPÖ.) Ich bin nicht für die sofortige Abschaffung der Sanktionen. Aber ich sage es ganz offen: Ich bin dafür, Sanktionen und ihre Wirkung zu evaluieren. Und niemand hier – zumindest glaube ich das – hat die „Gscheitheit mit dem Löffel gefressen“. Und niemand hier weiß, ob es gescheit ist, auf der einen Seite zu sanktionieren und zu boykottieren und mit viel mehr CO2-Emissionen kommen die gleichen Rohstoffe zu uns, als sie sonst direkt gekommen wären. Also ich bin nicht jemand, der sich hinstellt und sagt: „Verschließen wir die Augen und alles ist gut.“ Aber so zu tun als wenn wir nicht ständig evaluieren müssen, wenn wir nicht auch sagen müssen: Wo ist die Perspektive für einen Frieden? Für mich sind es die ständige Schlechtmachung von der Neutralität in Österreich. Für mich sind es zusätzliche Waffenlieferungen nicht. Ich kenne keinen einzigen Konflikt, den ich – solange ich auf der Welt bin – miterlebt habe, der militärisch gelöst worden wäre. Das heißt, ich glaube zusätzlich zu Sanktionen, die evaluiert gehören, brauchen wir eine Perspektive, wo wir sagen: Da gehen wir hin in Richtung von der Sicherheit der Niederösterreicher, der Österreicher, der Europäer, der Russen, der Syrer, wo auch immer. Ich glaube, dass es notwendig ist und dass hier die Überheblichkeit von „da ist der Westen und wir sind die Besseren“ dafür abgelegt werden muss. Ich möchte wirklich noch eines sagen: Aus Spanien, der Vorsitzende einer kleinen Partei, von Podemos, hat am Anfang des Russlandkonfliktes gesagt, er ist entsetzt. Er hätte nicht geglaubt, dass er einen Krieg in Europa kommentieren und verurteilen muss. Das war für ihn nicht vorstellbar und er findet das schrecklich. Aber er will auch nicht wie ein Kindergartenkind behandelt werden von Medien und anderen Politikern, die tun als ob es den Krieg gebe, weil ein verrückter und ein schlechter Mensch im Kreml sitzt und nicht sieht, dass es Großmachtinteressen – die sind uns aus Österreich nicht recht, aber von Amerika und China und von Russland – und das zu ignorieren. Ich glaube, wenn wir weiterhin demokratisch auf Augenhöhe miteinander diskutieren und weiterhin auch daran beitragen wollen als Landtag eine Lösung, Lösungsansätze zu erwarten, dann bringt es meiner Meinung nach nichts, aufeinander hinzuhacken und zu glauben, der eine weiß alles und der andere nicht. Das heißt, in dem Sinne verschließen wir nicht die Augen vor Doppelmoral und Doppelbödigkeiten, die es in der Außenpolitik immer gegeben hat. Da ist man auch kein Verschwörungstheoretiker, wenn man das sagt. Mehr Kohärenz, Abschaffung dieses doppelten Bodens und auch den Mut, die Sanktionen zu evaluieren im Sinn „Was bringt es? Wie sind sie umsetzbar und wie wirken sie auf die eigene Bevölkerung?“ Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)
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Zur Person
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- Wohnbezirk:
- Baden
- Klub/Fraktion:
- Klub der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Niederösterreichs
- Wahlpartei:
- Sozialdemokratische Partei Österreichs